Parlamentskorrespondenz Nr. 695 vom 06.07.2011

Gemeinden sollen enger kooperieren können

Initiative des Bundesrats passiert Nationalrat

Wien (PK) - Die österreichischen Gemeinden sollen schon bald enger auch in hoheitsrechtlichen Angelegenheiten zusammenarbeiten dürfen. Die diesbezügliche Initiative des Bundesrats passierte heute auch den Nationalrat mit der erforderlichen Zweidrittel-Mehrheit. Den Grünen ging das Gesetz zu wenig weit, vor allem wollten sie mehr Kontrollmöglichkeiten im Gesetz verankert wissen. Das BZÖ verlangte wiederum die Zusammenlegung kleiner Gemeinden.

Konkret wird mit dem heute vom Nationalrat beschlossenen Gesetzentwurf die derzeit in der Verfassung verankerte Beschränkung für Gemeindeverbände gestrichen. Damit können Kommunen in Zukunft auch hoheitliche, und nicht nur privatwirtschaftliche, Aufgaben gemeinsam erledigen, also etwa ein gemeinsames Meldeamt einrichten. Außerdem werden Vereinbarungen zwischen Gemeinden jedweder Art gestattet, wenn durch Landesgesetze die Rahmenbedingungen dafür geschaffen wurden. Auch für Gemeindeverbände und Gemeindevereinbarungen über Bundesländergrenzen hinweg braucht es grünes Licht der betroffenen Bundesländer.

Darüber hinaus werden mit dem Gesetzesantrag die verfassungsrechtlichen Grundlagen für eine sprengelübergreifende Zusammenarbeit von Bezirksverwaltungsbehörden gelegt. Dabei geht es vor allem um die Kompetenzkonzentration bei Verfahren, die nicht sehr häufig durchgeführt werden.

Ein Entschließungsantrag des BZÖ, der auf eine verpflichtende Zusammenlegung von Kleingemeinden unter 2.500 EinwohnerInnen abzielt, fand keine Mehrheit.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) sprach unter Bezug auf die Initiative des Bundesrates von einem Schritt in die richtige Richtung, dem aber durchaus weitreichendere folgen sollten. So wäre eine noch intensivere Zusammenarbeit in Richtung Zusammenschluss im Sinne einer echten Verwaltungsreform anstrebenswert. Dennoch werde ihre Fraktion der Vorlage nicht zustimmen, da die Bürgernähe dieser Initiative nicht erkennbar sei. Konkret brachte sie einen Abänderungsantrag ein, wonach den VertreterInnen aller Parteien ein Kontrollrecht über den Gemeindeverband eingeräumt werden sollte.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) hielt den Antrag des Bundesrates für sehr zielführend in Sachen Verwaltungsreform. Auch mit ansprechenden Einsparungen werde man rechnen dürfen, sodass dies genau die Richtung sei, in die es gehen müsse. Dem Abänderungsantrag seiner Vorrednerin erteilte er eine Absage, da dies zu einem zu großen Kreis an Kontrollbefugten führen würde, zumal die demokratiepolitische Legitimation ohnehin gegeben sei.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) meinte, man müsse sich ansehen, wie sich dieser Antrag des Bundesrates in der Praxis auswirkt. Real habe man schon bisher die verfassungsgemäße Möglichkeit zur Bildung solcher Gemeindezusammenarbeit, sie sei bislang nur nicht genutzt worden. Der vorliegende Antrag sei also nicht der große Wurf, vielmehr müsse man sich fragen, wie sich dieser Antrag überhaupt auf die Praxis auswirken werde.

Meine man es mit einer Verwaltungsreform wirklich ernst, dann könne man überlegen, den Bundesrat abzuschaffen, meinte Stadler. Zudem solle man die Städte mit eigenem Statut auflösen und der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft zuordnen. Dies werde übrigens, dem Diktat der leeren Kassen folgend, früher oder später ohnehin nötig sein.

Abgeordneter Reinhard LOPATKA (V) hielt seinem Vorredner zugute, dass man tatsächlich fragen könne, ob Städte mit eigenem Statut noch zeitgemäß seien. Man solle aber die Initiative des Bundesrats nicht kleinreden, dessen Vorschläge gingen in die richtige Richtung. Die Stärkung der Gemeindeverbände sei eine vernünftige Herangehensweise, man solle dem Bundesrat für diese Idee dankbar sein, schloss der Redner.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) stellte die Frage, wie schlecht es um die Länderkammer bestellt sein müsse, wenn ein solches Gesetzchen bereits so hymnisch gefeiert werde. Im Sinne einer echten Verwaltungsreform und einer Kosteneinsparung wäre es zweckmäßig, den Bundesrat entweder überhaupt abzuschaffen oder ihn zu verkleinern und mit Landtagsabgeordneten zu beschicken. Dies wäre fraglos effizienter, wie auch die Zusammenlegung von Gemeinden sich in manchen Fällen als sinnvolle Maßnahme erweisen könne.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) sagte, der Antrag des Bundesrats sei prinzipiell begrüßenswert, es müsse der Stillstand bei der Verwaltungsreform endlich überwunden werden. Sodann ging der Redner auf die Tätigkeit der Gemeinden ein und meinte dabei, eine Zusammenlegung von Gemeinden bringe nicht unbedingt eine Einsparung. In kleinen Gemeinden sei die Verwaltung überschaubar und vieles könne noch ehrenamtlich abgewickelt werden. Dies sei bei Großgemeinden eben nicht der Fall.

Abgeordneter Otto PENDL (S) erklärte, wenn man die Sorgen der österreichischen Gemeinden ernstnehme, dann gehe man mit der Initiative des Bundesrates eindeutig in die richtige Richtung. Generell sollte man die damit verbundenen Fragen sehr sachlich und ausführlich diskutieren.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) zeigte sich als Bürgermeister über die Initiative des Bundesrats erfreut und sprach von einem richtigen Schritt in Richtung mehr Zusammenarbeit der Gemeinden. Der Lösung finanzieller Probleme auf Gemeindeebene diene nicht die Zusammenlegung von Gemeinden sondern deren Kooperation, zeigte sich der Abgeordnete überzeugt.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) sprach von einer sinnvollen Initiative des Bundesrats für mehr Kooperation zwischen Gemeinden. Weniger positiv sah der Redner die Möglichkeit, auch die Kooperation von Bezirkshauptmannschaften auszuweiten, an dieser Stelle liege für die FPÖ der Vorschlag näher, Bezirke zusammenzulegen. Gegen eine generelle Zusammenlegung von kleinen Gemeinden, wie es das BZÖ verlange, wandte der Redner ein, man solle gewachsene Strukturen erhalten.

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) warnte davor, alle Gemeinden über einen Kamm zu scheren, ohne auf geographische Verhältnisse und auf die Interessen der GemeindebürgerInnen Rücksicht zu nehmen. Die Menschen seien in ihren Gemeinden verwurzelt und betrachten sie als ihre Heimat. Die Ausweitung der Gemeindekooperationen stärke die Wettbewerbsfähigkeit der Regionen, sagte die Abgeordnete und bekannte sich nachdrücklich dazu, diese Kooperation auch über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.

Abgeordneter Johann SINGER (V) begrüßte den größeren Spielraum für die Gemeinden bei Kooperationen. Gemeindezusammenlegungen seien demgegenüber kein Allheilmittel für die Lösung von Finanzierungsproblemen im ländlichen Raum. Ausdrücklich positiv sah Singer auch die Einrichtung des Pflegfonds, von dem er sich eine finanzielle Entlastung der Gemeinden erhofft. Dem Bundesrat und seinem Präsidenten Gottfried Kneifel ist für die vorliegende Initiative zu danken, schloss Singer.

Abgeordneter Günther KRÄUTER (S) befasste sich einmal mehr mit der steirischen Reformagenda, die sich auch mit Gemeindestrukturen beschäftigt, wobei auf topographische, wirtschaftliche, finanzielle sowie demokratiepolitische Aspekte Rücksicht genommen werden soll. Kräuter tritt dafür ein, die Zahl der Gemeinden in der Steiermark zu reduzieren. Vom Bundesrat komme jedenfalls ein wichtiger Impuls für eine modernere, sparsamere, wirtschaftlichere und zweckmäßigere kommunale Verwaltung, die Milliarden an Einsparung in den kommenden Jahren bringen wird.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) empfahl seinem Vorredner mehr Selbstkritik gegenüber dem schärfsten Sparparket, das in der Steiermark auf Kosten der BürgerInnen geschnürt wurde. Er kritisierte insbesondere das Missverhältnis der beiden Sparpakete, die Voves und Schützenhofer einerseits für die steirischen BürgerInnen und andererseits für die PolitikerInnen des Landes schnürten. Was Kräuter als Reformpartnerschaft verkaufen möchte, verdiene weder auf Bundeseben noch auf Landeseben den Titel "Reformpartnerschaft", sagte Grosz. 

Bei der Abstimmung wurde in Zweiter Lesung ein Abänderungsantrag der Grünen abgelehnt. In Dritter Lesung passierte der Gesetzesantrag des Bundesrates den Nationalrat mit der für Verfassungsnormen erforderlichen Zweidrittelmehrheit. Der BZÖ-Antrag betreffend Verwaltungsreform blieb in der Minderheit und wurde abgelehnt.

(Fortsetzung Nationalrat)