Parlamentskorrespondenz Nr. 698 vom 06.07.2011

Nationalrat gibt grünes Licht für Rettungsgassen auf Autobahnen

Ab 2013 neue Bestimmungen für FührerscheinbesitzerInnen

Wien (PK) – Im Anschluss an verfassungsrechtliche Fragen widmete sich der Nationalrat verkehrspolitischen Themen. Das betraf einerseits die Möglichkeit, Rettungsgassen auf Autobahnen und Schnellstraßen bilden zu können. Außerdem werden ab 2013 neue Führerscheine der Klassen A und B auf 15 Jahre befristet, wobei die Verlängerung jeweils nur einen Formalakt darstellt. Darüber hinaus soll ein Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur eingerichtet werden.

Bahn frei für Rettungsgassen

Initiativen, die Bildung einer Rettungsgasse auf Autobahnen und Schnellstraßen bilden zu können, gab es mehrere, zuletzt auch in Form einer Petition, des Roten Kreuzes Niederösterreich. Auch die Feuerwehren sind überzeugt davon, dass die Einsatzkräfte mit der Rettungsgasse verletzten Unfallopfern schneller helfen könnten. Die Erfahrung habe gezeigt, dass bei Unfällen auf Autobahnen und Schnellstraßen oft der Pannenstreifen blockiert wird. In Zukunft werden die AutofahrerInnen deshalb verpflichtet, vorausschauend bereits dann, wenn der Verkehr zu stocken beginnt, zwischen den Fahrstreifen eine Gasse frei zu halten, durch die Einsatzfahrzeuge rasch zum Unfallort gelangen können.

Die Bundesregierung hat dieses Anliegen aufgegriffen und eine entsprechende Regierungsvorlage ausgearbeitet, die heute die Zustimmung aller Parteien fand. In einer vom Verkehrsausschuss beschlossenen Ausschussfeststellung wird festgehalten, dass der Pannenstreifen nur zur Bildung einer "Rettungsgasse" befahren werden darf.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) machte auf die Bedeutung des schnellen Eingreifens der Rettungskräfte nach Verkehrsunfällen aufmerksam und begrüßte aus diesem Aspekt die vorliegende Gesetzesänderung. Die Rettungsgasse werde helfen, Leben zu retten, war Heinzl sicher.

Abgeordneter Johann RÄDLER (V) äußerte sich im Sinn seines Vorredners und war ebenfalls überzeugt, dass die Rettungsgasse dazu beitragen werde, Menschenleben zu retten.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) schloss sich den zustimmenden Wortmeldungen an und argumentierte, gerade die ersten Minuten würden über Leben und Tod entscheiden. Erfreut zeigte sich Deimek über die Einbindung der Opposition bei der Behandlung des Gesetzes, wobei er an die Regierungsparteien appellierte, diesen Weg öfter zu gehen.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) unterstützte die Einführung der Rettungsgasse auch seitens ihrer Fraktion und drückte ebenfalls ihre Hoffnung auf einen gemeinsamen Weg auch bei anderen Verkehrsmaterien aus.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ an und drängte auf eine entsprechende Information der Bevölkerung über die neue Rettungsgasse.

Bundesministern Doris BURES begrüßte den einstimmigen Beschluss und wies auch ihrerseits auf die nunmehr geschaffene Möglichkeit eines schnelleren Einsatzes der Rettung zum Schutz von Menschenleben hin.

Abgeordneter Wilhelm HABERZETTL (S) erwartete sich durch die Rettungsgasse eine wesentliche Hilfestellung bei Rettungseinsätzen und wies auf entsprechende Erfahrungen in Deutschland und der Schweiz hin. Wichtig war für Haberzettl, dass der Ausschussfeststellung gemäß in Ausnahmefällen auch der Pannenstreifen genutzt werden kann.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) sah in der Rettungsgasse einen Beitrag zur Hebung der Verkehrssicherheit und begrüßte die Maßnahme mit Nachdruck.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) beklagte, dass bei manchen Schnellstraßen, so etwa auch bei der Weinviertler Schnellstraße, der Pannenstreifen eingespart wurde und dadurch die Einrichtung einer Rettungsgasse nicht möglich sein werde.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) sah durch die Einführung der Rettungsgasse eine langjährige Forderung der Blaulichtorganisationen erfüllt und bemerkte, damit werde eine weitere wichtige Maßnahme zur Hebung der Verkehrssicherheit beschlossen.

Abgeordneter Johannes SCHMUCKENSCHLAGER (V) nahm seine Wortmeldung zum Anlass, auf eine Novelle der StVO zu pochen, durch die den Gemeinden Kompetenzen zur Tempokontrolle auf Gemeindestraßen übertragen wird.

Abgeordneter Johann SINGER (V) zeigte sich als Funktionär des Roten Kreuzes erfreut über die Gesetzesänderung und wies auf die Notwendigkeit einer entsprechenden Information der Bevölkerung hin.

Abgeordneter Erich TADLER (o.F.) drückte seine Erleichterung über die Fertigstellung der zweiten Tunnelröhre des Tauerntunnels aus.

Die gegenständliche Regierungsvorlage wurde einstimmig angenommen.

Ab 2013 sind neue Führerscheine auf 15 Jahre befristet

Mit der 14. FSG-Novelle setzt Österreich die Richtlinie 2006/126/EG in nationales Recht um. Die Gesetzesänderung bringt neben diversen Umgestaltungen bei den Führerscheinklassen als wesentliche Neuerung die Befristung der Führerscheine für die Klassen A und B auf 15 Jahre mit sich. Betroffen sind davon alle ab 2013 neu erteilten Lenkerberechtigungen. Dabei handelt es sich um eine rein formale Verlängerung des abgelaufenen Führerscheins. Wenn man darauf vergessen sollte, führt dies nicht zu einem Verlust der Lenkerberechtigung und des Versicherungsschutzes. Es droht lediglich eine Verwaltungsstrafe im Ausmaß von zumindest 20 €. Alte Führerscheine, egal ob Papierscheine oder im Scheckkartenformat, bleiben bis zum Jahr 2033 gültig. Die Führerscheingesetz-Novelle wurde mehrheitlich beschlossen.

Mit dieser Materie standen auch der Antrag der FPÖ betreffend Senkung der Kosten bei der Verlängerung befristeter Lenkerberechtigungen sowie der Antrag der Grünen betreffend bürgerfreundliche Neuregelung der Kosten bei Führerschein-Befristungen zur Debatte, die jedoch keine ausreichende Unterstützung fanden.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) kritisierte, Lehrlinge und SchülerInnen, die das Moped wirklich brauchen, würden nun zur Kasse gebeten werden. Kein Verständnis zeigte er auch für die Regelung, die es 16jährigen erlaubt, eine 125cc-Maschine zu fahren. Auf den Unmut Deimeks stieß auch der in Umsetzung einer EU-Richtlinie vorgenommene obligatorische Austausch des Führerscheins nach 15 Jahren. Insgesamt führe diese Maßnahme bloß zu mehr Bürokratie und Verwaltung, klagte er.

Abgeordneter Anton HEINZL (S) erwartete sich von der Beschränkung der Gültigkeit der Führerscheine auf 15 Jahre ein wirksames Vorgehen gegen Fälschung und Missbrauch und stellte klar, mit der Erneuerung des Scheins sei keine ärztliche Untersuchung verbunden. Die Änderungen beim Motorrad-Führerschein wiederum interpretierte Heinzl als weiteren Beitrag zur Verkehrssicherheit. Positiv sah der Redner auf das nunmehr eingeführte Erfordernis eines Führerscheins für Mopedautos.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) kritisierte vor allem den Zugang von 16jährigen zu höheren Moped-Kubikklassen und befürchtete eine Zunahme der Zahl der Unfälle als Folge dieser Novelle. In der Geltungsbeschränkung der Führerscheine wiederum sah sie eine unnötige bürokratische Schikane für die BürgerInnen.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) betrachtete die Novelle unter dem Aspekt des kommenden gemeinsamen europäischen Führerscheins und sprach von einem Paket für mehr Sicherheit und weniger Bürokratie.

Abgeordneter Christoph HAGEN (B) erwiderte, durch die Novelle würde den BürgerInnen wieder einmal das Geld aus der Tasche gezogen, zumal mit der Neuausgabe des Führerscheins nach 15 Jahren Kosten verbunden seien. Kritik übte der Redner auch an der Erhöhung der Gebühren für Führerscheine und Fahrprüfungen.

Verkehrsministerin Doris BURES konnte der Idee der Befristung des Führerscheindokuments durchaus Positives abgewinnen: Schließlich sei so etwa die Erkennbarkeit des Betroffenen auf dem enthaltenen Foto gewährleistet, merkte sie an. Österreich schöpfe die für den Führerschein längst mögliche Gültigkeitsdauer von 15 Jahren aus, informierte Bures. Die Kosten, die sich dadurch für die InhaberInnen einer Lenkberechtigung ergeben, hätten ihre Grundlage im Gebührengesetz. Die Vereinheitlichung der in Europa bestehenden Führerscheindokumente erleichtere außerdem die Tätigkeit der Exekutive, gab Bures zu bedenken: So könnten etwa die Daten ausländischer RaserInnen leichter erfasst werden.

In Hinblick auf den Vorstoß, das Lenken von Kleinmotorrädern bereits ab dem 16. Lebensjahr zu ermöglichen, hielt die Ministerin fest, dass man dadurch keine Nivellierung der Verkehrssicherheit zu befürchten habe. Expertinnen und Experten seien schließlich der Meinung, dass die verbesserte Fahrausbildung sogar einen Beitrag zu mehr Sicherheit auf Österreichs Straßen leisten könne, schloss Bures.

S-Mandatar Josef AUER hielt fest, die Novelle bringe zahlreiche Verbesserungen und hoffte deshalb auf breite Zustimmung.

Abgeordneter Bernhard VOCK (F) meinte, Österreich spiele einmal mehr den "EU-Musterschüler". Dass die betroffene FahrzeuglenkerInnen aber die Kosten für die Neuausstellung des Führerscheins zu tragen haben, werde aus den Augen verloren. Vock kritisierte in diesem Zusammenhang vor allem die Tatsache, dass keine Begünstigungen für die Führerscheinklasse B vorgesehen sind. Das sollte möglich sein, zumal die Bundesregierung auch die griechische Rüstungsindustrie finanziell unterstützen könne, schloss Vock.

Sicherheitsmanagement für die Straßenverkehrsinfrastruktur

Mehrheitlich passierte sodann die Novelle des Bundesstraßengesetzes den Nationalrat. Damit erfolgt die Umsetzung einer EU-Richtlinie (2008/96/EG), mit der Instrumente des Sicherheitsmanagements der Straßenverkehrsinfrastruktur geregelt werden, wodurch eine Erhöhung der Sicherheit auf den zum transeuropäischen Straßennetz gehörenden Bundesstraßen erreicht werden soll. Darüber hinaus werden im INteresse der gebotenen Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit einige Straßenteile aus den Bundesstraßenverzeichnissen genommen. Durch die Einführung einer Verordnungsermächtigung zum Thema Gebühren soll der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Möglichkeit gegeben werden, für bestimmte in ihrem Zuständigkeitsbereich durchzuführende Verwaltungsverfahren Gebühren festzulegen, die den tatsächlichen internen Verwaltungsaufwand möglichst abdecken.

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) meinte, die Novelle beinhalte neben einigen positiven Punkten auch mehrere negative, weshalb seine Fraktion ihr nicht insgesamt nähertreten könne. Zustimmend äußerte sich der Redner zur Verbesserung des Sicherheitsmanagements und zur S31 im Burgenland. Die Verordnungsermächtigung für neue Gebühren lehne die FPÖ aber entschieden ab. Seine Fraktion werde deshalb eine getrennte Abstimmung verlangen, kündigte Deimek an.

S-Abgeordneter Anton HEINZL hob die Tatsache hervor, dass es Bundesministerin Bures im Zuge von Verhandlungen gelungen sei, 519,4 Mio. € im Infrastrukturbereich einzusparen. Mit den Änderungen im Bundesstraßengesetz ermögliche man also den zielgerichteten Ausbau des Verkehrsnetzes bei sparsamem Ressourceneinsatz. Bures sei für diesen Einsatz zu danken, stand für Heinzl außer Frage.

Kritisch zum vorliegenden Gesetzesentwurf äußerte sich G-Mandatarin Gabriela MOSER. Sie konnte nicht nachvollziehen, warum man weiterhin an Schnellstraßenprojekten festhält, die sich angesichts des Evaluierungsmaßstabes als einsparungswürdig hätten erweisen müssen. Die Kostenreduktion, die mit dem heute zu beschließenden Bundesstraßengesetz einhergehe, sei zwar begrüßenswert, doch schöpfe man damit das Einsparungspotential, das Moser mit einer Milliarde Euro bezifferte, nicht aus. Die Umgehung der "strategischen Prüfung Verkehr", die man in Hinblick auf die nach wie vor geplanten Schnellstraßenprojekte anstrebe, charakterisierte die G-Abgeordnete außerdem als europarechtswidrig.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) meinte, die Einsparung von 519,4 Mio. €, die Verkehrsministerin Bures ausverhandelt habe, könne sich durchaus sehen lassen. Die von seiner Vorrednerin genannte Summe von 1 Mrd. € schieße angesichts des notwendigen Ausbaus der Verbindungen zu den Nachbarstaaten über das Ziel hinaus.

Von einer Aushöhlung des Generalverkehrsplans sprach B-Mandatar Christoph HAGEN. Ihm zufolge sei es nicht vorstellbar, dass sich die Verkehrssituation binnen kürzester Zeit derart verändert habe, dass der Bau einiger Verbindungen einfach verworfen werden könne. Gegen vernünftige Einsparungen wäre nichts einzuwenden, doch nehme man mit vorliegendem Entwurf eine Kostenreduktion zu Ungunsten des Infrastrukturausbaus vor, der das BZÖ nicht nähertreten könne.

Abgeordneter Peter STAUBER (S) konnte die Argumentation seines Vorredners nicht nachvollziehen: Zwar fordere man beständig Einsparungen, doch wolle man Maßnahmen zur Kostenreduktion schlussendlich nicht mittragen. Man konfrontiere die Bundesministerin im Gegenteil mit einem "riesigen Wunschkatalog", der angesichts knapper Budgets nicht realisierbar sei. Es gelte jedoch Prioritäten zu setzen, wie das BMVIT eindrucksvoll vorgezeigt habe, schloss Stauber.

Verkehrsministerin Doris BURES kam auf die Entstehungsgeschichte des zu heute beschließenden Gesetzesentwurfs zu sprechen, die in die Zeit der beginnenden Wirtschafts- und Finanzkrise zurückreiche: Damals habe sie sofort eine Überprüfung der geplanten Infrastrukturprojekte veranlasst, um die vorhandenen öffentlichen Mittel so effizient und kostengünstig wie möglich einsetzen zu können. Außerdem seien mit den Ländern kostenminimierende Vereinbarungen getroffen worden, skizzierte Bures. Die Projekte, die man nunmehr aus dem Bundesstraßengesetz herausnehme, hätten sich in dieser Dimension als nicht notwendig erwiesen. Man werde aber dennoch gute Verkehrslösungen zustande bringen, versicherte die Ministerin. Von einem Investitionsstopp in den Straßeninfrastruktur könne außerdem nicht die Rede sein: In den kommenden Jahren werde man eine Milliarde Euro in diesen Bereich investieren, wovon rund die Hälfte für Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit aufgewendet werde.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) hielt einige der im Gesetz nach wie vor beinhalteten Projekte für keineswegs umweltverträglich, zeigte sich allerdings vom Umstand, dass die S31 herausgenommen werde, erfreut. Diese Transitroute wäre von Vornherein unnötig gewesen, zeigte sich die G-Mandatarin überzeugt.

(Fortsetzung Nationalrat)