Parlamentskorrespondenz Nr. 770 vom 09.08.2011

Bundeswettbewerbsbehörde legt Tätigkeitsbericht vor

Spritpreise und Ökostrom weiterhin im Visier der Wettbewerbshüter

Wien (PK) – Der nunmehr vorliegende Tätigkeitsbericht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) über das Jahr 2010 (III-256 d.B.) ermöglicht einen Überblick über die vielfältigen Aktivitäten der beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit eingerichteten Organisationseinheit zur Sicherstellung eines funktionierenden Wettbewerbs und zur Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen und -beschränkungen. Breiten Raum nehmen auch dieses Jahr wieder die "Dauerbrenner" Treibstoffpreise und Ökostrom ein, die Gegenstand von Untersuchungen und Analysen seitens der BWB waren.

Anstieg der Spritpreise im Wochenverlauf

Aufgrund der anhaltenden Aktualität des Themas hat die BWB den Treibstoffmarkt aus verschiedenen Blickwinkeln durchleuchtet und dabei zunächst den Einfluss des Wochentages, der Feiertage und des Ferienbeginns auf die Spritpreise in Österreich einer eingehenden Untersuchung unterzogen. Die Wettbewerbshüter konnten dabei allgemein Preissenkungen bei Benzin und Diesel jeweils an den Montagen und in abgeschwächter Form auch an den Dienstagen  feststellen, denen Preiserhöhungen von Mittwoch bis Freitag sowie eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang an den Wochenenden  gegenüberstanden. Eine statistische Bestätigung für eine Spritpreiserhöhung vor Feiertagen konnte hingegen nicht gefunden werden, der Bericht weist aber auf signifikante Schätzungen hin, denen zufolge es nach Feiertagen überall zu Preissenkungen kommt. Der Ferienbeginn wiederum hat keine nennenswerten Auswirkungen auf die Preissituation, was der Bericht allerdings damit erklärt, dass diese Effekte bereits in den Preiserhöhungen an Freitagen und den Preissenkungen an Montagen aufgefangen werden, zumal der Urlauberreiseverkehr ja üblicherweise an den Wochenenden stattfindet.

OMV-Richtpreise haben lediglich Informationswert

Die BWB befasste sich in ihren Untersuchungen auch mit den Auswirkungen der von der OMV veröffentlichten Richtpreise auf die Tankstellenpreise und kommt dabei zunächst grundsätzlich zu dem Ergebnis, dass diese Richtpreise von der OMV nur in unregelmäßigen zum Teil sehr weit auseinanderliegenden Abständen aktualisiert werden. Auch würden nicht die OMV-Tankstellenpreise den Richtpreisen, sondern vielmehr die Richtpreise mit einer zeitlichen Verzögerung den Tankstellenpreisen angepasst, heißt es weiter, wobei der Bericht die Vermutung äußert, dass diese Richtpreise lediglich der Konsumenteninformation dienen. Faktum war für die Wettbewerbshüter auch, dass die OMV mit ihren Richtpreisen gegenüber anderen Majors am Markt preisbestimmend wirkt. Beim Zusammenhang zwischen den Spritpreisen von Diskontern und den OMV-Richtpreisen wiederum konnte die BWB feststellen, dass Preiserhöhungen bei Diskonttankstellen durch Erhöhungen der Richtpreise initiiert, Senkungen der Richtpreise hingegen durch Preissenkungen bei Diskontern veranlasst werden.

Sprit an Autobahntankstellen teurer

Bezüglich der Entwicklung der Verkaufsmargen an Autobahn- und Nicht-Autobahntankstellen leitete die BWB aus ihrer Analyse den Schluss ab, dass das durchschnittliche Preisdifferenzial zwischen Nicht-Autobahn- und Autobahntankstellen über die Zeit an Niveau zugenommen hat. So seien die Retail-Margen an Autobahntankstellen höher und volatiler als an Nicht-Autobahntankstellen, geben die Verfasser des Berichts zu bedenken und weisen auf eine Zunahme der Margen an Autobahntankstellen von 8,25 Cent bei Super-Benzin und 7,15 Cent bei Diesel im Zeitraum von 2004 bis 2010 hin – ein Wachstumstrend, der an Tankstellen abseits der Autobahnen nicht abgelesen werden konnte.

BWB kritisiert unverständliche Stromrechnungen

Ein Abriss des Berichts widmet sich dem Wettbewerbsbelebungspaket Strom, wobei die BWB abermals ihre Forderung nach verständlichen und transparenten Stromrechnungen deponiert. In diesem Zusammenhang wird auf eine entsprechende Umfrage des Vereins für Konsumenteninformation verwiesen, deren Ergebnis der Bericht als "wenig erstaunlich" bezeichnet. Demnach verstehen knapp 60 % der Befragten ihre Stromrechnung nicht, auch ein Umstieg auf umweltfreundlichere Produkte wird kaum angedacht, da diese zu wenig bekannt sind, bzw. die Zusammensetzung des Stroms nicht erkenntlich ist. Als "bezeichnend" kommentiert die BWB überdies den Umstand, dass drei Viertel der Befragten nicht wahrnehmen können, ob und wann sich der Strompreis verändert hat. Auch würden 60 % der Konsumenten aus der Rechnung nicht den Anteil des Stromverbrauchs und den Anteil der Netzkosten entnehmen können. Inwiefern die rechtliche Trennung von Netzbereitstellern und Stromlieferanten zum Konsumenten durchgedrungen ist, könne daher in Frage gestellt werden, heißt es dazu kritisch im Bericht. Die größte Verwirrung herrsche aber über die Begriffe in der Stromrechnung, beklagt die BWB und gibt zu bedenken, dass vor allem Schlagworte wie Gebrauchsabgabe oder Netzverlustentgelt nur für eine kleine Minderheit verständlich seien. Der Bericht empfiehlt daher, die in der Rechnung angeführten Tarifbestandteile stark zu reduzieren, so etwa auf Begriffe wie Energiekosten, Netzkosten, Energieabgabe und Umsatzsteuer.

Ökostromförderung: BWB fordert mehr Transparenz über Kosten

Beim Thema Ökostrom greift der Bericht die Kritik auf, wonach die Energieversorgungsunternehmen in der Vergangenheit unter dem Titel Mehraufwendungen für Ökostrom höhere Beträge als die tatsächlich angefallenen Kosten aus der Zuweisung von Ökostrom ausgewiesen haben. Der genaue Umfang dieses nicht durch Kosten gedeckten Aufschlags könne durch die BWB aber nicht abschließend ermittelt werden, heißt es dazu. Insgesamt sei der Tatbestand unbefriedigend, stelle aber keinen Verstoß gegen Rechtsnormen dar und könne daher auch nicht bekämpft werden. Die Wettbewerbshüter führen die Problematik auf das gegenwärtige System der Förderung von Ökostrom zurück und schlagen entsprechende Reformen vor, um Transparenz über die tatsächlichen Kosten der Ökostromförderung zu erzielen. Als Eckpunkte eines neuen Systems kann sich der Bericht die Aufbringung der Fördermittel durch eine verbrauchsabhängige Abgabe sowie die Bewertung des anfallenden Ökostroms zu Marktpreisen bzw. die unmittelbare Verwertung am Markt vorstellen. (Schluss)


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