Parlamentskorrespondenz Nr. 860 vom 30.09.2011

S-V-G-Mehrheit im Nationalrat für Ausbau des Euro-Schutzschirms

Kritik von FPÖ und BZÖ, Fekter: Österreich braucht stabilen Euro

Wien (PK) – Der Nationalrat hat in der heutigen Sondersitzung seines Plenums (120. NR) der Erweiterung des Euro-Haftungsrahmens zugestimmt. Eine Novelle des Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetzes ermächtigt die Finanzministerin, den derzeitigen Haftungsanteil Österreichs von 12,24 Mrd. € auf 21,64 Mrd. € zu erhöhen. In einer zeitweise überaus heftig geführten Debatte, in der sich die vorsitzführende Präsidentin Barbara Prammer veranlasst sah, die Sitzung kurz zu unterbrechen, um die Gemüter abzukühlen, begründeten FPÖ und BZÖ ihre Ablehnung einer Fortsetzung der Griechenlandhilfe mit der Rücksichtnahme auf nationale Interessen, insbesondere auf jene der Steuerzahler. Demgegenüber unterstrichen Ministerin Maria Fekter und SprecherInnen von SPÖ, ÖVP und Grünen, die die Novelle in namentlicher Abstimmung verabschiedeten, die Notwendigkeit, die Stabilität der Eurozone im Interesse der Wirtschaft, der Arbeitsplätze, der Pensionen und der Sparguthaben in Österreich zu sichern. Negativ fiel die namentliche Abstimmung über das Verlangen der FPÖ aus, die Novelle zum Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz einer Volksabstimmung zu unterwerfen.  

Strache (F) verlangt Volksabstimmung über Euro-Schutzschirm

 

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) verlangte die Abhaltung einer verbindlichen Volksabstimmung über das vorliegende Gesetz und brachte einen entsprechenden Antrag ein. Die Einbeziehung der Bevölkerung sei zwingend und notwendig, zumal der Rettungsschirmmechanismus auf eine Selbstentmachtung des Parlaments und der souveränen Nationalstaaten hinauslaufe, argumentierte er und warf der Regierung vor, Politik gegen die Interessen der Bevölkerung zu betreiben. Strache befürchtete, dass der heute beschlossene Haftungsrahmen schlagend werde und ohnehin nicht ausreiche. Es gehe nicht an, mit den Tätern, die dieses Fiasko verursacht haben, den Banken und Spekulanten, Solidarität zu zeigen, wo man doch angesichts der Verschuldung Österreichs jeden einzelnen österreichischen Steuercent für die Bewältigung der eigenen Probleme brauche, zeigte sich Strache empört. Statt gesundes Geld in ein kaputtes und korruptes System zu pumpen, wäre es besser, Griechenland im Rahmen eines "Haircut" Schulden zu streichen und das Land aus der Eurozone zu entlassen, lautete sein Vorschlag.

Kopf (V): Pleite Griechenlands wäre verheerend für Österreich

   

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) hingegen war von der Richtigkeit des heutigen Beschlusses überzeugt, gab aber zu, was man hier tue, sei nicht populär, es müsse aber getan werden. Seinem Vorredner warf er  vor, das Unpopuläre auf populistische Weise auszuschlachten und mit der Volksmeinung und dem Stammtisch zu spielen. Eine Abkehr von Griechenland, wie dies von Strache verlangt wird, hätte verheerende Folgen auch für die heimische Wirtschaft und würde den Spekulanten erst recht Tür und Tor öffnen. Die europäische Integration sei ein Friedensprojekt, für das es sich lohne, Opfer zu bringen, alles andere wäre mit noch größerem Schaden verbunden, stand für Kopf fest. Bei allen Rettungsmaßnahmen dürfe man aber nicht die Augen verschließen vor den Ursachen der Krise. Ständiges Schuldenmachen und Über-die-Verhältnisse-Leben haben dazu geführt, dass Staaten zum Spielball der Spekulanten werden konnten. Deshalb müsse man auch in Österreich Schluss machen mit der Politik des Schuldenmachens und bei strukturellen Defiziten sparen, etwa bei der ÖBB oder im Bereich des Pensionsantrittsalters, mahnte Kopf.

Bucher (B): Griechenlandhilfe vergrößert Österreichs Schuldenberg

     

Abgeordneter Josef BUCHER (B) warf Kopf Angstpropaganda vor, bezeichnete die Argumente des VP-Klubobmanns als falsch und absurd und meinte, Griechenland sei angesichts seiner geringen Wirtschaftsleistung nicht in der Lage, eine Weltwirtschaftskrise auszulösen. Die Ausweitung des Haftungsschirms lehnte er mit Nachdruck ab und sprach von Veruntreuung von Steuergeldern. Die Regierung beschließe heute 29 Mrd. € an Haftungen – Geld, das Österreichs Steuerzahler nie mehr wieder sehen werden, das Österreich nicht habe und das bloß den Schuldenberg weiter anwachsen lassen werde. Bucher warnte überdies vor einer Nachschusspflicht im Vertrag und gab zu bedenken, dass keinerlei Haftungsgrenzen nach oben bestehen. Die Folgen der heute beschlossenen Maßnahmen werden jedenfalls eine Verschlechterung der österreichischen Bonität und eine Zunahme der Inflation sein, prophezeite er und forderte wie Strache die Abhaltung einer Volksabstimmung.

Krainer (S): Arbeit entlasten, Vermögen besteuern, Jobs schaffen

   

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) konterte, als Kärnten und die Hypo mit österreichischen Steuergeldern gerettet werden musste, habe es keinen Ruf von BZÖ und FPÖ nach einer Volksabstimmung gegeben. Er erinnerte weiters an das Jahr 2009, als Österreich selbst Opfer von Spekulanten wurde und das Zahlungsbilanzstabilisierungsgesetz einen ersten Rettungsschirm gespannt hatte. Nun sei es ökonomisch richtig, sich an dem gegenwärtigen Rettungsschirm zu beteiligen, um einen Dominoeffekt zu verhindern, betonte er. Für die Zukunft habe es nach Meinung Krainers aber auch darum zu gehen, der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit stärkeres Augenmerk zu widmen und die Steuergerechtigkeit durch eine Senkung der Besteuerung auf Arbeit und einer stärkere Besteuerung von Vermögen und Kapital zu erhöhen, stellte Krainer mit Nachdruck fest.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) erteilte dem Rettungsschirm eine Absage und bemerkte kritisch, die Regierung spiele mit dem österreichischen Volksvermögen russisches Roulette und agiere mit der Sturheit eines griechischen Esels. Was heute beschlossen werde, sei keine Rettungsaktion, sondern Selbstmord. Jene, die die Krise verursacht haben, werden nicht bestraft und kassieren vielmehr noch Belohnungen nach dem Motto "den Armen werde es genommen, den Spekulanten werde es gegeben", zeigte sich Kickl empört. Er warnte vor einer Ansteckungsgefahr durch den Rettungsschirm, "weil Österreich in Dinge hineingezogen wird, in die es nicht hinein gehört". Er drängte auf Abhaltung einer Volksabstimmung und übte heftige Kritik an den Grünen wegen deren Zustimmung zur Ausweitung des Haftungsrahmens.

Glawischnig: Banken und Spekulanten an Euro-Rettung beteiligen

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) bezeichnete die Vorschläge von FPÖ und BZÖ als wirtschaftspolitisches Harakiri und kritisierte, mit Forderungen wie "Zurück zum Schilling" würde man keine Sicherheit für die österreichischen Sparbücher bringen. Die Grünen nehmen mit ihrer Zustimmung zur Ausweitung des Haftungsrahmens ihre Verantwortung als Parlamentarier wahr, unterstrich sie und wies die Kritik von FPÖ und BZÖ scharf zurück. Darüber hinaus gelte es aber auch, sich auf europäischer Ebene für eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte einzusetzen, betonte Glawischnig-Piesczek und untermauerte überdies die Forderungen ihrer Fraktion nach Einführung einer Finanztransaktionssteuer und einer verpflichtenden Beteiligung von Banken und Spekulanten an den Rettungsschirmen.

Abgeordneter Karlheinz KOPF (V) kritisierte in einer Wortmeldung zur Geschäftsordnung das Agieren des "Hooligan-Sektors" in den Reihen des BZÖ, dessen Verhalten er im Rahmen einer Präsidiale diskutiert wissen wollte.

Abgeordneter Josef BUCHER (B) sprach von "verbaler Gewaltanwendung" seitens seines Vorredners und wies dessen Wortwahl auf das Schärfste zurück.

Fekter: Stärkung des Euro-Schirms ist ein wichtiges Signal für Europa

  

Bundesministerin Maria FEKTER erläuterte die eingeschlagene Strategie zur Bewältigung der Bankenkrise und verwies dabei darauf, dass Österreich auch seitens der EU geholfen worden sei, denn alleine hätte das Land den Bankenschirm nicht so effizient aufspannen können. Angesichts der Schuldenkrise Griechenlands sei es evident gewesen, den erfolgreichen Weg aus der Bankenkrise zu wiederholen. Österreich habe die Krise bislang gut gemeistert, erklärte die Finanzministerin und meinte, diese Stabilität wolle man halten, was aber nur gemeinsam möglich sei. Es gehe also bei der gegenständlichen Vorlage um weit mehr als nur um einen Rettungsschirm, es gehe vielmehr um die Absicherung der europäischen Stabilität.

Hilfe werde jedoch nur dann ausgezahlt, wenn die gestellten Bedingungen erfüllt seien, hielt Fekter fest, was durch umfassende Kontrolle kontinuierlich überprüft werde. Sodann ging die Rednerin auf die konkreten Details der geplanten Haftungen und des diesbezüglichen Haftungsrahmens ein. Stimme das Hohe Haus dieser Vorlage zu, dann setze man ein wichtiges Zeichen für Europa, erklärte Fekter, die daran erinnerte, dass man auch Kärnten geholfen habe. Im Übrigen sei nicht der Euro in der Krise, sondern lediglich einige Schuldnerländer, die nicht diszipliniert genug agiert hätten. Im Interesse der Überwindung der gegenwärtigen Lage sei es nun geboten, an einem Strang zu ziehen, damit die europäische Stabilitätsinfrastruktur schnellstmöglich zu wirken beginnen könne, denn dies sei auch im Interesse Österreichs und seines Wohlstandes.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) setzte sich eingangs mit den Vorgängen rund um die Hypo-Alpe-Adria-Bank auseinander und meinte, in dieser Causa habe der seinerzeitige Finanzminister die Unwahrheit gesagt. Dieser Kurs werde nun offenbar fortgesetzt. Wenn es gelte, Schulden auf den österreichischen Steuerzahler abzuwälzen, dann sei die Regierung groß da, doch wenn es darum gehe, den österreichischen Familien zu helfen, dann sei niemand da.

Hier werde Steuergeld verschwendet, der österreichische Handlungsspielraum für die Zukunft werde verspielt, und all das, ohne das Volk einzubinden. Das sei auf das Schärfste zu kritisieren, meinte der Redner. Was hier heute geschehe, sei ein "Sündenfall". Den Grünen warf Stadler vor, der Regierung für diese Vorgangsweise die "Räuberleiter" zu machen. Die Grünen seien "umgefallen" und unterstützten die Abwälzung von 30 Milliarden auf den österreichischen Steuerzahler, wofür sie sich schämen sollten. Der Redner brachte einen Abänderungsantrag auf Abhaltung einer Volksabstimmung in dieser Causa ein. Man müsse das Volk einbinden, und dann werde man sehen, was von den vorliegenden Plänen übrig bleibe.

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) sprach von großen Herausforderungen, vor denen die EU stehe. Es gehe nicht darum, Griechenland zu helfen, sondern darum, den Euro zu retten, und das sei zutiefst im Interesse Österreich. Hier gehe es um unser Vermögen, unterstrich der Redner, der betonte, dass, wenn es gelänge, die Euro-Zone zu spalten, künftig jedes Euro-Land einzeln gejagt werde, und das könne ja niemand wollen.

Abgeordneter Harald VILIMSKY (F) kritisierte die Tatsache, dass angesichts einer solch bedeutsamen Thematik weder der Bundes- noch der Vizekanzler anwesend seien. Wenn man einen Entschluss von solcher Tragweite fassen wolle, dann sollte die Regierungsspitze im Hause anwesend sein. Die geplante Vorgangsweise sei verfehlt, das ganze Projekt sollte gestoppt werden. Dies würden auch immer mehr Politiker erkennen, das österreichische Parlament sollte sich dieser Erkenntnis anschließen. Der Euro sei keine Erfolgsstory, vielmehr sei ganz Südeuropa durch diese Währungspolitik ruiniert worden, weshalb man es zumindest ermöglichen solle, die ganze Angelegenheit einer Volksabstimmung zu unterziehen, damit die EU wieder auf den demokratischen Weg zurückgeführt werde.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) stellte den Antrag auf Teilnahme des Bundeskanzlers an der aktuellen Debatte. Diesem Antrag schloss sich der Abgeordnete Werner KOGLER (G) an. Der Antrag erhielt nicht die erforderliche Mehrheit.

Abgeordnete Heidrun SILHAVY (S) votierte für die Annahme des vorliegenden Entwurfs, betonte aber die Notwendigkeit eines sozial verträglichen Vorgehens in der gegenwärtigen Lage. Dieses habe sich in Österreich bewährt, es müsse auch auf europäischer Ebene Leitfaden des Handelns sein. Die Vorschläge von FPÖ und BZÖ seien nicht zweckdienlich, so die Rednerin, welche die Finanzministerin bat, sich dafür einzusetzen, dass auch in Griechenland konjunkturfördernde Maßnahmen gesetzt würden, gehe es doch nicht nur um Stabilisierung, sondern auch um Verteilungsgerechtigkeit.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) erklärte, die Gelder, die man Griechenland zur Verfügung stelle, seien mittlerweile so groß wie das gesamte Einkommenssteueraufkommen in Österreich. Das heiße, jede Österreicherin und jeder Österreicher könnte ein Jahr lang brutto für netto verdienen, würde man das Geld nicht so zum Fenster hinauswerfen. Der Redner zeigte sich davon überzeugt, dass die Regierung, die so bürgerfern agiere, bei den nächsten Wahlen definitiv abgewählt werde. Den Grünen warf der Redner vor, sie agieren heute bürgerfeindlich, sie seien damit "Beitragstäter".

Abgeordneter Werner KOGLER (G) meinte, es entstehe bei ihm der Eindruck, die Regierung habe in der Frage der Eurokrise bereits abgedankt. Auch die Finanzministerin habe nichts als ein "dürres Communiqué" vorgelegt. Es bestehe sicher kein Grund zur Panikmache, die Debatte sei aber in eine entscheidende Phase eingetreten. Es sei daher enttäuschend, wenn nicht klar werde, welche Position die österreichische Regierung in Brüssel vertrete. Aus Sicht der Grünen gebe es zweifellos Krisenerscheinungen, die aber bewältigbar seien. Allerdings müsse man hier transnational vorgehen. Ohne die Union wäre die Krise noch stärker, man dürfe die EU nicht aus Populismus schlecht reden. Was die Instrumente zur Krisenbewältigung angehe, vertreten die Grünen eine andere Haltung als die Regierung, sagte Kogler. Es sei notwendig, die Finanzspekulanten in die Verantwortung zu nehmen. Das könne aber nur im Verband aller Staaten gelingen. Die Union brauche dazu wirksame Instrumente, diese erforderten aber eine demokratische Rückkoppelung. Derzeit sei das Europäische Parlament nicht eingebunden. Solange das so sei, kämpften die Grünen für eine stärkere Rolle der nationalen Instrumente.

Bei der jetzt zu beschließenden Maßnahme handle es sich um eine Ausweitung der Haftungen, nicht der Zahlungen. Sie sei sinnvoll, da dadurch Kredite billiger an die Krisenstaaten weitergereicht werden könnten. Allerdings sollten auch Banken und private Gläubiger in die Pflicht genommen werden, forderte Kogler. Dazu brauche es eine geregelte Abwicklung. Der EFSF biete die Möglichkeit, einen geordneten Schuldenschnitt durchzuführen. Ein ungeordneter Crash Griechenlands würde letztlich viel teurer kommen. Die Rettung der Hypo-Bank habe im Übrigen die österreichischen SteuerzahlerInnen bereits viel mehr gekostet, als Griechenland sie jemals kosten werde. Die Grünen fordern ein geregeltes Entschuldungsverfahren und ein europäisches Währungssystem, das für niedrige Zinsen sorgen könne, das sei machbar, zeigte sich der Redner überzeugt.  

Staatssekretär Andreas SCHIEDER legte ein grundsätzliches Bekenntnis zur EU und zum Euro ab. Österreich könne viele Probleme nicht alleine lösen, und die gemeinsame Währung habe viele wirtschaftliche Vorteile gebracht. Europa versuche jetzt, gemeinsam zu handeln und die erforderlichen Instrumentarien zu entwickeln. Die Betrachtung der Situation von Staaten, die außerhalb des Euro geblieben seien, zeige, dass diese dadurch der Krise nicht entkommen konnten. Europa sei zweifellos in einer wirtschaftlichen und politischen Krise, und der Haftungsschirm nicht die Lösung aller Probleme. Er sei aber eine notwendige Maßnahme, und die Bundesregierung übernehme mit der Haftung die Verantwortung dafür, damit der EFSF sich billiger finanzieren könne. Die tieferen Krisenursachen seien in ungezügelter Gier und im Neoliberalismus zu suchen. Die Finanztransaktionssteuer sei eine richtige Antwort, darüber hinaus brauche man auch Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung. Die Jugendarbeitslosigkeit müsse bekämpft werden. Schieder plädierte für einen neuen Konsens zu mehr sozialer Gerechtigkeit, aber für einen politischen Konsens für die notwendigen Maßnahmen.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) meinte, der heutigen Tag werde als der Tag in Erinnerung bleiben, an dem die Bundesregierung 29 Mrd. € leichtfertig verschenkt habe. Die Grünen machten ihr dabei die Räuberleiter. Die WählerInnen würden das bei der nächsten Wahl quittieren. Die Zustimmung zur Ausweitung der Haftungssumme komme nur den Spekulanten, den Banken und denen zugute, die sich nicht an die Spielregeln gehalten haben. Wer hier mitstimmt, wende sich gegen die Interessen der Österreicherinnen und Österreicher und vor allem gegen die Jugend. Die Bevölkerung werde im Regen stehen gelassen, das mindeste sei es, ihr die Möglichkeit zu geben, bei einer Volksabstimmung über die eigenen Steuergelder mitbestimmen zu können. 

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) widersprach ihrem Vorredner. Es werde kein Geld nach Griechenland geschickt, sondern es würden nur Haftungen übernehmen und damit der Euro stabilisiert. Eine Pleite Griechenlands würde eine Rekapitalisierung der EZB erfordern, was Österreich teuer zu stehen käme. Durch die Wiedereinführung der Drachme würde Griechenland auch nichts gewinnen. Der Wegfall der Wechselkursschwankungen durch den Euro habe hingegen den Export begünstigt, argumentierte Tamandl. Ziel der EU müsse es sein, wirksame Sanktionen gegen Defizitsünder zu erhalten.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) stellte klar, seine Partei trete nicht gegen die EU auf, ihr gehe es um den Euro. Die Haftungen im Falle Griechenlands würden früher oder später schlagend werden. Deshalb trete das BZÖ für den richtigen Einsatz der Gelder der SteuerzahlerInnen ein. Bisher habe Österreich bereits 1,38 Mrd. € tatsächlich an Griechenland gezahlt. Es dürfe angesichts der Lage keine Denkverbote mehr geben. Besser wäre es, Griechenland mit einen "Haircut" aus der Eurozone zu entlassen und das Geld in Österreich zu investieren. Das BZÖ verlange daher eine Volksabstimmung zu dieser Frage.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) wies darauf hin, dass es heute um nicht anderes gehe, als den Haftungsrahmen auszuweiten. Es werde  dabei kein Geld überwiesen, sondern ein notwendiger Schutzwall um schwächere Mitglieder der EU gebaut, um sie vor spekulativen Angriffen zu schützen. Alleine werde Griechenland nicht aus der Krise kommen, würde man es aber alleine lassen, gefährde man damit auch andere Länder der EU und würde eine Schwächung des Euro riskieren, die langfristig tatsächlich die Sparguthaben und die Vermögen der ÖsterreicherInnen gefährden würde.  

Abgeordneter Edgar PODGORSCHEK (F) meinte, die Geschichte der EU in den letzten Jahren, ob Lissabon-Vertrag, Maastricht-Vertrag oder EZB-Vertrag, habe nur aus Vertragsbrüchen bestanden. Durch die Haftungsübernahmen habe man die Büchse der Pandora geöffnet, die EU sei auf dem Weg zu einem europäischen Bundesstaat. Das Parlament verliere dadurch die Budgethoheit. Die Freiheitlichen wollten ein von unten gestaltetes, nicht ein von Kommissaren gesteuertes Europa, sagte Podgorschek.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) erinnerte daran, dass das analoge Gesetz im deutschen Bundestag nur von der "Linken" abgelehnt worden sei. Die Gemeinsamkeit dieser Partei mit FPÖ und BZÖ sei, dass ihre Perspektive ebenfalls an den Landesgrenzen ende. Nur die Europäische Kommission habe die Möglichkeit, sich effektiv gegen große Konzerne wie Microsoft zu stellen. Die Entstehung der Union habe den Frieden in Europa gesichert, ein Zusammenbruch würde die Gefahr eines Wirtschaftskrieges heraufbeschwören. Der EFSF sei ein Kriseninterventionsmechanismus, der bald durch einen demokratisch besser abgesicherten Mechanismus abgelöst werden solle. Aus der Formulierung der vorliegende Novelle gehe übrigens nur unzureichend hervor, dass es neben der Ausweitung der Haftung auch um wichtige zusätzliche Maßnahmen gehe, bemängelte Van der Bellen. Aufgabe der Regierung sei es, ihre Bedeutung der Bevölkerung zu vermitteln.

Van der Bellen vermisste überdies noch Maßnahmen, welche die Märkte kleiner Länder vor Angriffen seitens der Finanzmärkte schützen könnten. Ein wichtiges Instrument dazu wären die Eurobonds. Die österreichische Regierung sollte diese nicht reflexhaft ablehnen, nur weil Deutschland sie ablehne, denn die österreichischen Interessen seien nicht immer deckungsgleich mit den deutschen. Ein Austritt aus der Eurozone würde einen Run auf die Banken und zahlreiche Konkurse auslösen.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) kritisierte, dass die Regierung nichts besseres zu tun habe, als "21,6 Mrd. € österreichisches Volksvermögen in den griechischen Schuldenturm" zu investieren. Gleichzeitig erkläre sie bei jeder Gelegenheit, dass kein Geld für Sozial- und Bildungsausgaben, für Pflege und Kultur zur Verfügung stehe. In Wirklichkeit handle es sich bei der Übernahme der Haftungen um ein weiteres verdecktes Bankenpaket. Ein Konkurs Griechenlands würde in erster Linie die dort engagierten Banken betreffen. Das Volk spüre bereits deutlich, dass die österreichische Regierung sich nur zu Steigbügelhaltern der europäischen Banken mache, und werde die entsprechenden Konsequenzen ziehen.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) wollte klargestellt wissen, dass es sich bei den 21,6 Mrd. €, über die man heute spreche, um einen Haftungsrahmen handle. Es gehe also nicht um die Ausbezahlung dieser Summe. Angesichts der Tatsache, dass man für die heimischen Exporte mit rund 90 Mrd. € hafte und auch diese Garantien nicht bzw. nur im geringsten Maße schlagend würden, gelte es "die Kirche im Dorf zu lassen", mahnte der V-Mandatar. Außerdem müsse man berücksichtigen, dass die heute zur Diskussion stehende Summe fast ident mit der Haftungssumme sei, die man für die Hypo Alpe Adria übernommen habe. Hier hätte die öffentliche Hand außerdem schon 2,5 Mrd. € an Zahlungen leisten müssen, stellte Bartenstein fest. Die jüngste WIFO-Prognose, die mit 0,8 % die niedrigste Wachstumsrate seit acht Jahren in Aussicht stelle, zeige, dass man es mit großen Herausforderungen zu tun habe. Es gelte deshalb richtig zu sparen und Privilegien wie die Hacklerregelung ehest baldig abzuschaffen. Was die Bewältigung der Eurokrise anbelange, könne niemand mit einer "Patentlösung" aufwarten, doch sei der Ansatz, den man mit der heute zu verabschiedenden Novelle verfolge, richtig, schloss Bartenstein.

F-Mandatar Johannes HÜBNER meinte, man müsse endlich eingestehen, dass man sich nur deshalb in einer Krise befinde, weil man den Euro als Zahlungsmittel eingeführt habe. Das werde von Bundesregierung und Grünen allerdings hartnäckig geleugnet. Das System der Haftungsaufnahme, das man mit dem heutigen Beschluss fortführe, sei außerdem das "schlimmste" und "teuerste" aller möglichen Systeme, zeigte sich Hübner überzeugt. Den Vergleich der Verpflichtungen, die man für die Hypo Alpe Adria eingegangen sei, mit dem EFSF wies der F-Mandatar aufs Schärfste zurück.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) vermisste verantwortungsvolles Handeln auf Seiten von FPÖ und BZÖ. Diese Parteien sollten nicht weiter auf Populismus setzen, sondern den Tatsachen "ins Augen blicken" und aufhören, den Spekulanten das Wort zu reden, forderte er. Da Österreich immens von der Europäischen Union profitiert habe, gelte es auch an diesem System festzuhalten und seinen Erhalt zu sichern, schloss Matznetter.

F-Mandatar Maximilian LINDER übte angesichts harter finanzieller Einschnitte im eigenen Land scharfe Kritik am Vorgehen der Bundesregierung. Es gelte deshalb das Volk selbst zu befragen, zeigte er sich überzeugt.

Abgeordneter Reinhold LOPATKA (V) hielt eine gemeinsame Kraftanstrengung für notwendig, um Griechenland zu retten. Die WIFO-Prognose falle zwar nicht positiv aus, doch verschlechtere sie sich zusätzlich, wenn es zu Staatsbankrotten in der Euro-Zone käme, konstatierte er. Es sei deshalb nicht einzusehen, dass einige Parteien die heutige Sitzung zum "Komödianten-Stadl" verkommen ließen. Dass man es in dieser Phase nicht geschafft habe, die Bewährungsprobe gemeinsam zu meistern, hielt Lopatka für schade.

Sich über die Völker Europas Gedanken zu machen, sei durchaus legitim, zeigte sich Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) überzeugt. Man müsse sich aber auch die Frage stellen, was das Beste für Österreich ist. Im Falle Griechenlands gebe es schließlich keinen Ausweg mehr: Der südosteuropäische Staat sei de facto schon bankrott, auch wenn man dies mancherorts nicht wahrhaben wolle. Der Euro werde durch eine Insolvenz Griechenlands auch nicht gefährdet, wie namhafte ExpertInnen belegten. Was die von Bundeskanzler Faymann gepriesene Finanztransaktionssteuer anbelange, werde sie nichts bewegen, stellte Lugar fest, man sichere sich damit nur eine Beteiligung am "entfesselten Finanzkapitalismus", der überhaupt erst in die Krise geführt habe. Österreichische Interessen zu vertreten, wie es einige der Oppositionsparteien heute täten, sei alles andere als verwerflich, schloss Lugar.

S-Mandatar Kurt GASSNER meinte, keine der Fraktionen, die eine Volksabstimmung verlange, habe sich mit den Folgen auseinandergesetzt, die ein negatives Votum nach sich ziehen würde. Damit stelle man schließlich den Euro und die Europäische Union in Frage, was nicht im Interesse Österreichs sein könne. Der heutige Beschluss sei notwendig, um "die Katastrophe hintanzuhalten", obgleich man in Hinblick auf den ESM-Vertrag sicherlich noch zahlreiche Punkte zu diskutieren haben werde.

Den Vorwurf, dass man die Banken mit dem heutigen Votum schützen wolle, wies V-Abgeordneter Jakob AUER aufs Schärfste zurück. Läge die Bundesregierung mit ihrer Position zur Griechenlandkrise außerdem so falsch, stünde sie wohl alleine. Tatsächlich bestehe in der Europäischen Union aber Einigkeit bezüglich des Prozedere. Österreich habe vom Euro vor allem im Bereich der Exportwirtschaft ungemein profitiert, zeigte sich Auer überzeugt, der mahnte, dies auch in der gegenwärtigen Diskussion nicht aus den Augen zu verlieren. Schließlich gehe es nicht nur um Griechenland, sondern auch um den eigenen sozialen Wohlstand, schloss er.

Abgeordneter Michael SCHICKHOFER (S) zeigte Verständnis dafür, dass manche BürgerInnen nicht nachvollziehen können, warum man mit österreichischen Mitteln für Fehler einstehen müsse, die von griechischen Regierungen gemacht wurden. Angesichts der Tatsache, dass in Griechenland Menschen um ihre Existenz zittern müssten, sei es aber notwendig, den Wert internationaler Solidarität herauszustellen. Es liege außerdem im Interesse Österreichs, Griechenlands Wachstum wieder anzukurbeln und es langfristig aufrechtzuerhalten. Jede andere Lösung käme schließlich auch deutlich teurer, schloss Schickhofer.

Für V-Mandatar Michael IKRATH stand fest, FPÖ und BZÖ spielten "mit dem Feuer" und erinnerte an die Folgen der Insolvenz der amerikanischen Lehman-Investitionsbank. Gleiches werde auch passieren, wenn man Griechenland in die Pleite schicke, was angesichts der heutigen WIFO-Prognose niemand wollen könne, schloss der Abgeordnete.

S-Mandatarin Christine MUTTONEN erinnerte an die Abhängigkeit Österreichs vom Exporthandel. Diesen Sektor stabil zu halten und eine Million heimischer Arbeitsplätze zu sichern, sei aber nur möglich, wenn man den Euro aufrechterhalte. Der Schutzschirm, dessen Aufstockung man heute beschließe, leiste gute Arbeit und verhindere "Kettenreaktionen". Die Erfolge, die er etwa in Irland erzielt habe, gelte es nun auch für Griechenland zu ermöglichen.

Nach Ablehnung des BZÖ-Abänderungsantrags betreffend Verfassungsbestimmung wurde die Gesetzesnovelle in namentlicher Abstimmung bei 170 abgegebenen Stimmen mit 117 Ja- gegen 53 Nein-Stimmen angenommen. Der Antrag der Freiheitlichen, den Gesetzesbeschluss einer Volksabstimmung zuzuführen, wurde in namentlicher Abstimmung abgelehnt. (Schluss Euro-Schutzschirm/Fortsetzung Dringliche)