Parlamentskorrespondenz Nr. 863 vom 03.10.2011

Bundesrechnungsabschluss 2010: Defizit geringer als erwartet

Primärsaldo verbessert, aber erst 2013 wieder positiv

Wien (PK) – Der Rechnungshof hat dem Nationalrat kürzlich den Bundesrechnungsabschluss 2010 (III-263 d.B.) vorgelegt. Dem umfangreichen Dokument ist zu entnehmen, dass die Ausgaben des Bundes 2010 mit 67,287 Mrd. € um 2,170 Mrd. € (– 3,1 %) unter jenen im Jahr 2009 (69,457 Mrd. €) lagen. Gleichzeitig nahmen aber auch die Einnahmen mit einer Gesamtsumme von 59,434 Mrd. € gegenüber dem Vorjahr um 2,942 Mrd. € oder 4,7 % ab. Das Defizit betrug 7,853 Mrd. €, um 773 Mill. € (+ 10,9 %) mehr als im Jahr 2009 (7,080 Mrd. €). Es lag aber um 5,323 Mrd. € oder 40,4 % unter der Annahme des Voranschlags (– 13,176 Mrd. €). Maßgeblich dafür waren in erster Linie geringere Ausgaben für Finanzierungen und Währungstauschverträge (– 2,337 Mrd. €) und höhere Abgabenerträge (+ 1,185 Mrd. €) gegenüber dem Voranschlag. Die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben lag bei 2,8 % des BIP. Der Primärsaldo des Bundes (Defizit bereinigt um den Zinsaufwand für die Staatsschuld) blieb mit – 3,067 Mrd. € negativ. Der Bund musste 2010 nicht nur den Zinsaufwand, sondern auch operative Ausgaben durch weitere Schulden finanzieren. Das Bundesfinanzrahmengesetz 2012 bis 2015 und der Strategiebericht 2012 bis 2015 zielen auf einen positiven Primärsaldo im Jahr 2013, erfährt der Leser des Bundesrechenrechenabschlusses 2010.

Die Finanzschulden des Bundes stiegen 2010 um 5,4 % auf 185,932 Mrd. €, die Netto-Neuverschuldungsquote lag bei 3,3 % des BIP. Die Haftungen erhöhten sich um 3,7 % auf 129,130 Mrd. €, die Verpflichtungen in künftigen Finanzjahren betrugen brutto 105,406 Mrd. €. Vorbelastungen auf Grund der Vereinbarungen über die Rahmenpläne zu Investitionen der ÖBB–Infrastruktur AG in Höhe von 42 Mrd. € blieben unberücksichtigt, stellte der Rechnungshof fest.

Der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung nahm im Vorjahr um 551 Mill. € (+ 7,2 %) auf 8,206 Mrd. € zu. Der Nettobeitrag des Bundes zur Pensionsversicherung war um 1,061 Mrd. € (+ 14,9 %) höher als 2009. Das Defizit aus der Gebarung der Arbeitsmarktpolitik erhöhte sich um 234 Mio. € (+ 23,2 %) auf 1,243 Mrd. €. Die Gesamtverbindlichkeiten des Reservefonds für Familienbeihilfen gegenüber dem Bund stiegen auf 3,696 Mrd. €.

Der Gesamtstaat (Bund, Länder, Gemeinden, Sozialversicherung) lag sowohl beim öffentlichen Defizit mit 4,64 % des BIP (Referenzwert 3 %) als auch beim öffentlichen Schuldenstand mit 72,26 % des BIP (Referenzwert 60 %) deutlich über den Werten des Stabilitäts- und Wachstumspaktes der EU. Der Rechnungshof betont daher das Ziel einer nachhaltigen Budgetgebarung und plädiert für strukturelle Konsolidierungsmaßnahmen unter Einbeziehung aller Gebietskörperschaften, vor allem in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales.

Erfolge der Haushaltsführung im Jahr 2010

 

Gemäß Bundeshaushaltsgesetz hat die Bundesregierung nachhaltig geordnete Haushalte anzustreben und zugleich das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht sicherzustellen. Dieses Ziel wird mit einem ausgewogenen Verhältnis zwischen hoher Beschäftigung, stabilem Geldwert, Wachstum und außenwirtschaftlichem Gleichgewicht beschrieben. Mit Ausnahme der Preisstabilität verzeichnete die Budgetpolitik bei allen diesen Kriterien im Jahr 2010 positive Abweichungen gegenüber den Vergleichsdaten des Jahres 2009.  

Das reale BIP-Wachstum beschleunigte sich nach der Rezession des Jahres 2009 (– 3,9 %) 2010 auf 2,1 % im Jahresdurchschnitt und lag um 1,6 Prozentpunkte über der Annahme bei Budgeterstellung. Der Beitrag der Konsumausgaben zum realen BIP-Wachstum betrug 0,5 %. Die Bruttoinvestitionen stiegen real um 3,4 % auf 62,295 Mrd. € (2009: 58,414 Mrd. €) und erhöhten das reale BIP um 0,7 %. Der Anstieg der Nettoexporte trug 1,2 % zum BIP-Wachstum bei.

Allerdings lag die Preissteigerung mit 1,9 % (2009: 0,5 %) über dem bei der Erstellung des Bundesvoranschlags zugrunde gelegten Wert von 1,1 %.

Bei der Budgeterstellung erwartete die Regierung einen Beschäftigungsrückgang von 0,6 %. Tatsächlich stieg die Zahl der unselbständig Beschäftigten um 0,8 %. Im Jahresdurchschnitt 2010 waren 3,6864 Mio. Menschen erwerbstätig, 3,26 Mio. davon unselbständig. Die Beschäftigungsquote stieg von 71,6 % im Jahr 2009 auf 71,7 % im Jahr 2010. Die Arbeitslosenquote sank auf 6,9 % (2009: 7,2 %) laut nationaler Definition) oder auf 4,4 % (2009: 4,8 %) laut Eurostat (internationale Definition). Der Budgeterstellung im März 2009 hatte die Regierung eine Arbeitslosenquote von 8,2 % (nationale Definition) oder 5,8 % (internationale Definition) zugrunde gelegt.

Nach dem Rückgang der Exporte im Jahr 2009 (– 20,2 %) stiegen die Ausfuhren 2010 um 16,7 % auf 109,373 Mrd. € (2009: 93,739 Mrd. €).

Die Importe der Güter betrugen 113,652 Mrd. € (2009: 97,574 Mrd. €) und waren um 16,5 % höher als im Vorjahr. Der seit 2002 bestehende Leistungsbilanzüberschuss lag 2010 bei 3,1 % des BIP (2009: 2,7 % des BIP).

Ein wichtiger Parameter für die langfristige Nachhaltigkeit der öffentlichen Finanzen ist ein positiver Primärsaldo. Er wird aus dem Saldo des Allgemeinen Haushalts durch Abzug der Zinsen errechnet. 2010 war der Primärsaldo des Bundes mit minus 3,067 Mrd. € negativ, zeigte aber eine positive Entwicklung gegenüber 2009 (-5,990 Mrd. €). Der Bund musste nicht nur den Zinsaufwand, sondern auch operative Ausgaben durch weitere Schulden finanzieren. Das Bundesfinanzrahmengesetz und der Strategiebericht 2012 bis 2015 sehen einen positiven Primärsaldo ab 2013 vor. (Schluss)