Parlamentskorrespondenz Nr. 930 vom 13.10.2011

IST Austria bereichert Österreichs Bildungs- und Wissenschaftssektor

Situation der Universitäten - Aussprache mit Bundesminister Töchterle

Wien (PK) - Der Wissenschaftsausschuss des Nationalrats befasste sich in seiner heutigen Sitzung mit dem Evaluierungsbericht über das Institute of Science and Technology Austria (IST Austria). Dieses befinde sich auf dem besten Weg, eine führende Forschungseinrichtung mit internationalem Ansehen zu werden. Notwendig dafür sei aber eine längerfristige finanzielle Absicherung des Instituts, lautete die überwiegende Meinung. Der Bericht wurde vom Ausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen.

Im zweiten Teil seiner Sitzung fand eine Aussprache mit Bundesminister Karlheinz Töchterle zu aktuellen Themen statt. Auf der Tagesordnung standen außerdem zwei Entschließungsanträge des BZÖ zum Thema Zugangsregelungen an den Universitäten (1697/A(E)) und Studiengebühren (1698/A(E)). Diese wurden dem Unterausschuss des Wissenschaftsausschusses zugewiesen.

IST Austria braucht einen erweiterten Planungshorizont

Erwin Neher (Max-Planck-Institut) als Vertreter des Evaluierungskomitees berichtete, dass die sechs im Komitee vertretenen WissenschaftlerInnen am 24. und 25. Jänner 2011 die Gelegenheit hatten, das im Zuge des Institutsaufbaus Erreichte zu beurteilen. Dem IST Austria konnte ein durchwegs positives Zeugnis ausgestellt werden, was die Qualität des wissenschaftlichen Personals, aber auch die Anwerbung von Studierenden betrifft. Die wissenschaftliche Vision des Instituts habe überzeugt.

Anzumerken sei aber, dass die Finanzierung derzeit nur bis 2016 sicher sei, es bestehe dadurch eine Planungsunsicherheit, die es den dort arbeitenden WissenschaftlerInnen erschwere, ihre Karriere mit angemessener Zuversicht verfolgen zu können. Die Frage des Zeithorizonts der finanziellen Absicherung sei zudem auch für die Einwerbung von Mitteln durch Spenden von Bedeutung. Schließlich hänge das Spendenaufkommen maßgeblich davon ab, wie stabil die zukünftige Entwicklung des IST Austria von potenziellen SponsorInnen eingeschätzt werde. Auch die Synchronisierung der Bautätigkeit sei in diesem Kontext im Auge zu behalten.

Thomas Henzinger (Präsident des IST Austria) zeigte sich über das Ergebnis der Evaluierung zufrieden. Ratschläge, wie etwa die Errichtung größerer Gebäudekomplexe, um die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu erleichtern, werde man umsetzen. Besonders wichtig sei allerdings die Erweiterung des Planungshorizonts.

Barbara Weitgruber (BMWF) wies auf die beträchtliche Anzahl von "European Research Council Grants" hin, die Wissenschaftlern des IST Austria zuerkannt wurden, die auch eine wichtige Benchmark für Exzellenz darstellten und zeigten, dass das Institut bereits jetzt sehr kompetitiv aufgestellt sei.

In der Diskussion betonte Abgeordneter Walter Rosenkranz (F), dass das Ergebnis der Evaluierung an sich erfreulich sei, es zeige sich, was im Forschungsbereich erreicht werden könnte, wenn man bereit sei, Geld in die Hand zu nehmen. Allerdings bestand für ihn ein gewisser Zweifel daran, ob nicht doch ein zu starkes Naheverhältnis von Prüfern und Geprüften bestanden habe. Er brachte daher einen Antrag ein, der eine begleitende Kontrolle und Evaluierung des Zeitraums 2010 bis 2012 von Seiten des Bundesministeriums für Wissenschaft forderte, die nach den vom FWF aufgestellten Begutachtungsregeln vorzunehmen sei.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) unterstrich, es handle sich um ein erfreuliches Evaluierungsergebnis, und plädierte dafür, dass es auch an den Universitäten planbare Karrieremöglichkeiten für den wissenschaftlichen Nachwuchs geben sollte. Sein Fraktionskollege Alexander Van der Bellen unterstützte dies und meinte außerdem, der Antrag von Abgeordnetem Rosenkranz sei ein Misstrauensvotum gegen international renommierte WissenschaftlerInnen und als solches nur peinlich. Auch Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) sah den F-Antrag als entbehrlich. Sie thematisierte die langfristige Absicherung der Spitzenforschung des Instituts und der Karrieremöglichkeiten für SpitzenforscherInnen in Österreich.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) vermisste in dem Bericht konkrete Zahlen und Daten, und fragte nach den Schwerpunktsetzungen, welche das Institut in den nächsten Jahren vornehmen wolle. Auch Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) interessierte sich für die Entwicklungsperspektiven der Institution, diese sollten aber nicht auf Kosten der Universitäten gehen.

Ausschussobmann Martin Graf (F) sprach sich für den Antrag von Abgeordnetem Rosenkranz aus. Es sei selbstverständlich, dass auch kritisches Nachfragen von Seiten des Ausschusses möglich sein müsse.

Erwin Neher wies, wie auch Thomas Henzinger, jeden Vorwurf einer Befangenheit der Evaluierungsgruppe zurück. Man habe sich an international übliche Standards gehalten, stellte er fest. Henzinger sprach sich für eine Finanzierungszusage bis mindestens 2021 aus. Diese Verpflichtung würde dem IST Austria ein Wachstum von rund 10% jährlich ermöglichen und das Ziel einer dauerhaften Größe von rund 100 Forschungsgruppen erreichbar machen, damit könne man im internationalen Vergleich bestehen. Barbara Weitgruber merkte an, es sei um die Evaluierung der wissenschaftlichen Leistung gegangen, es entspreche den internationalen Gepflogenheiten, dass diese nicht von einem Ministerium oder Beamten, sondern von einem wissenschaftlichen Rat beurteilt werde. Was den Entwicklungsplan betreffe, so sei das Institut erst in seiner Aufbauphase, man verfüge für diese selbstverständlich über strategische Leitlinien. Ein Entwicklungsplan werde daraus in der weiteren Ausbauphase entstehen.

Bundesminister Karlheinz Töchterle zeigte sich erfreut über das Evaluierungsergebnis. Das IST Austria sei ein wichtiger Knotenpunkt im österreichischen Wissensnetz. Vor allem könnten auch die  Rekrutierungsstrategie und das Karrieremodell des IST Austria für den österreichischen Hochschulbereich vorbildlich wirken, zeigte sich der Wissenschaftsminister überzeugt.

Der Antrag der FPÖ blieb in der Minderheit und wurde damit abgelehnt. Der Bericht wurde vom Ausschuss mehrheitlich zur Kenntnis genommen und damit enderledigt.

Rahmenbedingungen für die heimischen Hochschulen

Bundesminister Karlheinz Töchterle berichtete eingangs der aktuellen Aussprache, dass es seitens der Finanzministerin entsprechende Zusagen zur Finanzierung des tertiären Sektors gebe, sodass für die zukünftige Ausgestaltung des Hochschulbereichs immer noch die Erreichung des Zwei-Prozent-Zieles bis 2020 Richtschnur bleibe. Die Verteilung der Mittel erfolge gemäß des Hochschulplans, der als Prozess begriffen werden müsse. Die gesetzliche Grundlage hierzu habe sich ungeachtet ursprünglicher Skepsis als großer Wurf erwiesen, der auch weltweit Nachahmung gefunden habe. Das Instrument der Leistungsvereinbarung werde weiter geschärft – dies auch eine der Bedingungen der Finanzministerin -, um die Universitäten qualitativ weiter zu bringen. Insgesamt basiere der Prozess auf vier Säulen: die Konzeption, die Finanzierung, ein Bauleit- und ein Infrastrukturplan. Weitere Details zum Thema werde er noch im Herbst publik machen, kündigte der Minister an, der meinte, auf dieser Basis könnten die Universitäten optimistisch in die Zukunft sehen.

Abgeordneter Rainer Widmann (B) bezeichnete die Finanzierung als Grundsatzfrage und äußerte seine Besorgnis, dass die erforderlichen Mitteln auch künftig nicht bereitgestellt werden würden. Man sei nämlich weit vom Zwei-Prozent-Ziel entfernt. Konkret regte Widmann eine eigene Einschreibgebühr für Studierende aus Deutschland und generell Studiengebühren für Studierende aus Drittländern an. Allgemein sollte man über Studiengebühren ideologiefrei und entemotionalisiert diskutieren, denn sonst werde weiter Stillstand herrschen.

Abgeordnete Andrea Kuntzl (S) mochte nichts Negatives an einer ideologischen Herangehensweise finden, da dies ja lediglich bedeute, eine gewisse Frage im Lichte der eigenen Grundsätze zu bewerten. Es sei daher davor zu warnen, Ideologie per se negativ punzieren zu wollen. Sodann erläuterte sie, was aus sozialer Sicht alles gegen Studiengebühren spreche. Studienbeihilfen können ihrer Ansicht nach nicht so ausgebaut werden, dass sich die Gebühren rechnen würden. Im Übrigen habe es im Hohen Haus einen breiten Konsens zur weitgehenden Abschaffung von Studiengebühren gegeben, und man sollte nicht nach der Wahl etwas anderes beschließen als vor der Wahl. Dass der Minister ein Gesamtkonzept habe, sei erfreulich, es wäre jedoch wünschenswert, könnte er dieses auch dem Parlament zur Verfügung stellen.

Abgeordneter Kurt Grünewald (G) plädierte für einen fairen Wettbewerb im Interesse der heimischen Universitäten. Er verwies darauf, dass etwa die Schweiz dreimal mehr Gelder für die Forschung zur Verfügung stellt als Österreich. Zudem würden in der Schweiz auch Firmen den Studienbereich mitfinanzieren, was auch für Österreich überlegenswert sei. Investitionen in die Bildung seien prioritär, und dazu brauche es entsprechende Mittel. Es gelte also, aus dem Papier des "Weisenrates" die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Abgeordnete Elisabeth Hakel (S) meinte, entsprechende Ausgleichszahlungen innerhalb der EU-Staaten würden die Situation an den heimischen Universitäten deutlich entspannen. Sie wollte vom Minister konkret wissen, ob es in diesem Bereich bereits Initiativen gebe und ob allfällige Ergebnisse vorlägen.

Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) zeigte sich zufrieden mit dem Gesamtkonzept, das man nun Punkt für Punkt abarbeite. Das Zwei-Prozent-Ziel sei unbestritten und werde auch weiterhin angestrebt. Zudem seien die öffentlichen Förderungen in Österreich im prozentuellen Vergleich international vorbildlich. Ihr Fraktionskollege Peter Mayer plädierte für die Einführung von Studiengebühren unter Beachtung sozialer Ausgewogenheit. 

Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) sagte hingegen, es sei kein Ruhmesblatt, dass die österreichischen Universitäten in den internationalen Rankings auf den hinteren Plätzen rangierten. Konkret regte er an, vom Konzept der Finanzierung des Studienplatzes abzugehen und stattdessen die Studierenden selbst zu unterstützen. Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) befasste sich schließlich noch mit der inneren Verfasstheit der Universitäten.

In Beantwortung der aufgeworfenen Fragen hielt Minister Töchterle fest, dass die Frage der Ausgleichszahlungen innerhalb der EU wider Erwarten auf großes Interesse stoße, da auch andere Länder mit diesem Problem konfrontiert seien. Der Minister stellte die Überlegung in den Raum, es den Universitäten, analog zu den Fachhochschulen, zu erlauben, für Drittstaatsangehörige Studiengebühren in flexibler Höhe einzuheben. (Schluss)