Parlamentskorrespondenz Nr. 959 vom 19.10.2011

Bildungspolitik - ein heiß umstrittenes Thema

Dringliche Anfrage der Grünen

Wien (PK) – Mittels einer Dringlichen Anfrage an den Bundeskanzler betreffend "budgetäre Vorkehrungen der Bundesregierung für Reformen im Bildungsbereich" urgierten die Grünen in der heutigen Sitzung des Nationalrats ausreichende Budgetmittel für diesen Sektor und eine rasche Umsetzung der im Regierungsprogramm 2008 angekündigten Reformschritte. Abgeordnete Eva Glawischnig-Piesczek kritisiert in der von ihr eingebrachten Anfrage insbesondere, dass ein modernes Dienst- und Besoldungsrecht für neu eintretende LehrerInnen noch immer fehlt, die Verwaltungsreform im Schulbereich mit der Einrichtung von Bildungsdirektionen noch nicht in Angriff genommen wurde und die Schullaufbahnentscheidung weiterhin am Ende der 8. Schulstufe getroffen werden muss. Außerdem fordern die Grünen eine Uni-Milliarde sowie eine innovationsorientierte Hochschul- und Forschungspolitik ein. Der Einhebung von Studiengebühren erteilen sie einmal mehr eine Absage.

In der Diskussion prallten die Auffassungsunterschiede der einzelnen Fraktionen aufeinander.

Glawischnig-Piesczek kritisiert: Bildung bleibt weiter auf Sparkurs

G-Klubobfrau Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK verwies eingangs der Begründung der Dringlichen Anfrage auf die Proteste junger Menschen, die sich für ihr Recht auf Bildung stark machten. Der Bundeskanzler habe zwar versprochen, 2011 zum Jahr der Bildung zu machen, doch sei nichts Entsprechendes wahrnehmbar geworden. Mit dem Budget für das nächste Jahr schreibe man im Gegenteil den Sparkurs in diesem Bereich fort. Die Grüne Fraktion wolle von Bundeskanzler Faymann heute wissen, was aus den bildungsbezogenen Versprechungen des letzten Jahres geworden ist. Glawischnig-Piesczek verwies in diesem Zusammenhang auf das angekündigte Bundesrahmengesetz für Kinderbetreuung, die angestrebte Aufwertung des Berufsbilds Kindergartenpädagoge/-in, das in Aussicht gestellte neue Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen, die anvisierte Verwaltungsreform im Schulbereich und die versprochene Uni-Milliarde.

Sie forderte Bundeskanzler Faymann vor dem Hintergrund der "Absage" und Verzögerung dieser Reformprojekte aber auch dazu auf, gegenüber Finanzministerin und Wissenschaftsminister ein "Machtwort" zu sprechen. Mit dem Budget, dessen Eckpunkte Fekter heute umrissen habe, schreibe man schließlich nur den "Bildungs-Sparkurs von Loipersdorf" fort. Den behaupteten Schwerpunkt Bildung könne man nicht herauslesen, wenngleich eine Kurskorrektur gefragt gewesen wäre. Für die Universitäten fehlten schließlich 2 Mrd. €, um das Ziel von 2% des BIP für diesen Bereich tatsächlich erreichen zu können, stand für die Grüne Klubobfrau außer Frage.

Den Vorstoß des Wissenschaftsministers in Richtung Studiengebühren konnte sie außerdem nicht nachvollziehen. Es gelte schließlich, den dazu bestehenden demokratischen Mehrheitsbeschluss endlich anzuerkennen, hielt Glawischnig-Piesczek in Richtung ÖVP fest. Diese Partei verwehre sich zwar gegen neue Steuern, doch befürworte sie Studienbeiträge, die nichts anderes als eine Steuer auf Bildung darstellten. Den Eindruck zu erwecken, dass die Universitäten durch die Einhebung derartiger Beiträge abgesichert werden könnten, sei außerdem unseriös, meinte die Grüne Klubobfrau, die ein "Aufschnüren" des vorliegenden Budgets forderte. Tue es die Bundesregierung nicht, werde sie mit "erbittertem Widerstand" ihrer Fraktion rechnen können, kündigte Glawischnig-Piesczek an.

Faymann: Für den Bildungsbereich gibt es im Budget ein Plus

Bundeskanzler Werner FAYMANN räumte ein, dass zwei Parteien, die eine Koalition bilden, unterschiedliche gesellschaftspolitische Anschauungen vertreten können. Ein "Machtwort" zu sprechen, sei dennoch nicht angebracht. Es gelte vielmehr einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Tatsächlich verzeichne man – alle aufgebrachten Mittel zusammengerechnet – sogar ein Plus im Bildungsbereich. Das sei in vielen anderen Staaten angesichts der schwierigen wirtschaftlichen und finanziellen Situation nicht selbstverständlich. Effizienzsteigerung und Konsolidierung in den einzelnen Ressorts – und hier auch im Bildungsbereich – hielt der Bundeskanzler aber für durchaus legitim. Da man 41 Regierungsvorlagen zum Thema Bildung vorlegen konnte, die durchaus wichtige Bereiche wie den Ausbau der Neuen Mittelschule und der Kinderbetreuung zum Gegenstand hatten, sei es auch nicht angebracht, von nicht wahrnehmbaren Bemühungen der Bundesregierung zu sprechen, hielt Faymann in Richtung Glawischnig-Piesczek fest.

Was das den Ausbau der Kinderbetreuung anbelange, habe man bereits entsprechende Schritte gesetzt, wenngleich es immer noch regionale Disparitäten gebe. Man arbeite allerdings daran, sie zu beseitigen, versicherte Faymann. Mit den Ländern wurden außerdem 15a-Vereinbarungen zum Ausbau ganztägiger Schulformen geschlossen, erinnerte er. Die Verschiebung der Schullaufbahnentscheidung ist und bleibe ein zentrales Anliegen der Bundesregierung. Der Ausbau der Neuen Mittelschule stelle dies eindeutig unter Beweis, zeigte sich Faymann überzeugt. Die Verhandlungen über das neue Dienst- und Besoldungsrecht dauerten angesichts der Komplexität und Vielschichtigkeit der Debatte wohl bis zum Sommer 2012: Der sozialpartnerschaftliche Zugang brauche zwar mehr Zeit, habe sich aber bewährt, meinte Faymann. Die verstärkte Autonomie der Schulen hinsichtlich Personalauswahl und Standortentwicklung werde in zahlreichen Fällen bereits schon mit Erfolg gelebt, wie die Unterrichtsministerin bestätigen könne. Außerdem gehe es auch, was die Beseitigung von Doppelgleisigkeiten im Bereich der Schulverwaltung anbelange, voran: Es gelte sie aber auch verfassungsrechtlich abzusichern, was man in Kürze vorhabe.

Das Ziel von 2% des BIP für den tertiären Sektor, das man bis 2020 erreichen wolle, bleibe aufrecht, stellte Faymann fest. Was das Thema Studiengebühren anbelange, sei man in der Koalition allerdings noch zu keiner gemeinsamen Position gelangt. Feststehe aber, dass die Hochschulbildung auch für sozial schwache und benachteiligte Gruppen zugänglich gemacht werden muss. Das Thema Chancengleichheit werde man deshalb nicht aus den Augen verlieren, meinte Faymann. Grundsätzlich sei jeder Universitätsabsolvent ein Gewinn für den Steuerzahler, daher müssten die entsprechenden Rahmenbedingungen geschaffen werden, wie man es mit dem in Ausarbeitung befindlichen Hochschulplan zu tun gedenke. Hinsichtlich der Förderung von Karrieren in Wissenschaft und Forschung verwies der Bundeskanzler auf die diesbezüglichen Förderprogramme.

Wettbewerbsfähigkeit sei aufs Engste mit dem Thema Bildung verknüpft. Er danke deshalb all jenen, die sich in Vergangenheit und Gegenwart für bildungspolitische Anliegen stark gemacht haben, schloss Faymann.

Große Dissonanzen in der Bildungspolitik

Abgeordneter Harald WALSER (G) hielt fest, Bundeskanzler Faymann habe im Rahmen seiner Anfragebeantwortung nichts anderes getan, als die "Loipersdorfer Grauslichkeiten" zu beschönigen. Da bei den Bildungsausgaben eine sinkende Tendenz zu verzeichnen sei, könne man schließlich nicht von Erfolgen sprechen. Dass man die Neue Mittelschule nun ins Regelschulwesen überführen wolle, könne man außerdem nur als "Bankrotterklärung" bezeichnen. Schließlich wäre das eigentlich dahinterstehende Anliegen die Hinauszögerung der Schullaufbahnentscheidung gewesen. Kritik übte der G-Mandatar aber auch an der Tatsache, dass man vom Plan der gemeinsamen Ausbildung aller LehrerInnen abgerückt sei. Was das neue Dienst- und Besoldungsrecht anbelange, diskutiere man es schon zu lange. Die Ziele betreffend Ausbau der Nachmittagsbetreuung an Schulen habe man außerdem nicht erreicht. Die Bundesregierung solle deshalb die wahren Reformkräfte im Land unterstützen und ihre Ankündigungspolitik aufgeben, forderte Walser. Bundeskanzler Faymann dürfe außerdem Unterrichtsministerin Schmied nicht länger "im Regen stehen lassen", merkte er an.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) erinnerte an das langjährige Anliegen der Sozialdemokratie, das Bildungssystem vom Kindergarten bis zur Hochschule chancengerechter zu gestalten. Daher teilte sie die Ungeduld der Anfragesteller, machte aber zugleich darauf aufmerksam, dass es der Regierung trotz großer budgetärer Probleme gelinge, Fortschritte zugunsten der Bildung zu erreichen. Kuntzl begrüßte die Vereinbarung mit den Ländern zum Ausbau der Kindergartenplätze und der Nachmittagsbetreuung, die Ganztagsbetreuung, kleinere Schulklassen und die Entwicklung der Neuen Mittelschule. Beim Thema Studiengebühren sprach sich Kuntzl namens der SPÖ klar gegen finanzielle Hürden für höhere Bildung aus. Zu bedauern sei, dass der Wissenschaftsminister eine Eskalationsstrategie fahre und den Universitäten empfiehlt, von sich aus Studiengebühren einzuführen. Das sei rechtsstaatlich problematisch, sagte Kuntzl und warnte vor jeder Verunsicherung der Studierenden und der Familien. Energien, die derzeit in die Diskussion um Studiengebühren fließen, sollten sinnvollerweise für einen dringend notwendigen Hochschulplan eingesetzt werden, riet Abgeordnete Kuntzl.

Abgeordnete Katharina CORTOLEZIS-SCHLAGER (V) vermisste die Dringlichkeit in der Anfrage der Grünen und erinnerte an die ausführliche Ausschussdebatte über alle heute nachgefragten Themen in letzten Woche. Von Seiten der Regierung sei heute durch ausführliche Antworten dennoch klar zum Ausdruck gebracht worden, dass ihr  Bildung ein zentrales Anliegen ist, sagte die Rednerin. Bildungspolitische Versäumnisse ortete Cortolezis-Schlager hingegen im Verantwortungsbereich des Landes Wien, insbesondere auch bei der Entlohnung von KindergärtnerInnen. Vorbild sei hier die Steiermark, wo die Regierungsparteien gemeinsam an einem Strang ziehen – eine Politik, die auch in Wien gefordert sei.

Bei den Forschungsausgaben liege Österreich im öffentlichen Bereich über dem OECD-Durchschnitt, unter dem Durchschnitt allerdings bei privaten Aufwendungen. Österreich zähle zu den Ländern, die laut EU-Kommission ihre Bildungsausgaben am stärksten aufgestockt haben. Das ist Geld, das für die Jugend investiert ist, darauf können wir stolz sein, sagte die Abgeordnete und legte ein klares Bekenntnis für Studienbeiträge samt sozialer Abfederung ab. Es gelte, den privaten Anteil der Finanzierung der Universitäten und der Forschung zu steigern.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) apostrophierte die zitierte "Sachpolitik a la Steiermark" als "Kuhhandel" und wandte sich entschieden gegen Besitzstands-, Parteibuch- und Proporzdenken, insbesondere in der Bildungspolitik. Viele bildungspolitische Probleme könnten gelöst werden, wenn die Bundesregierung nicht Geld nach Europa fließen ließe und anstelle dessen in Zukunftsinvestitionen für die Bildung investierte. Rosenkranz kritisierte seinerseits den bildungspolitischen Stillstand und wies darauf hin, dass das österreichische Bildungssystem im internationalen Vergleich nach wie vor zu den teuersten zähle und sich dennoch dem Vorwurf ausgesetzt sehe, dass wenig herauskomme. Dennoch würde permanent Papier produziert statt Entscheidungen getroffen, etwa beim Lehrerdienstrecht. Zu beachten seien auch die hohen Kosten infolge der Migration, die im Bildungssystem Integrationsmaßnahmen notwendig mache. Eine Absage erteilte Rosenkranz schließlich der "Zwangstagsbetreuung" und unterstrich sein Credo für die Erziehung der Kinder in der Familie.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) registrierte einen zunehmenden Vertrauensverlust der Bundesregierung bei den BürgerInnen. "Man glaubt nicht mehr an die Problemlösungskapazität dieser Koalition", formulierte sie. Die Kritik an hohen Steuern, hohen Gebühren und am Reformstillstand wachse. Reformen wären notwendig, um Geld für wichtige Investitionen frei zu machen. In der Bildungspolitik drehe man lediglich an einzelnen Schräubchen - Kinderbetreuung, Zentralmatura, Neue Mittelschule –, bei der Strukturreform herrsche aber absoluter Stillstand. Haubners Kritik galt auch parteipolitisch besetzten Gremien in der Schulverwaltung der Länder. "Die Parteipolitik ist ein Grundübel unserer Politik", sagte sie und verlangte eine klarere und effiziente Verwaltung und ein besseres Schulmanagement. Auch das Bild des Lehrers sei zu korrigieren und das Ansehen der PädagogInneen zu verbessern. Voraussetzung dafür sei ein modernes Dienstrecht und eine bessere Auswahl sowie Ausbildung der PädagogInnen.

Eine Lanze brach Ursula Haubner schließlich für eine Verbesserung der Sprachförderung. Handlungsbedarf sah sie auch bei der Umsetzung der Schulautonomie, beim Nachhilfeunwesen und klagte über Unklarheiten in der Diskussion über die modulare Oberstufe – diese Regierung habe nichts übrig für ein weltoffenes Bildungssystem, schloss Haubner. 

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) befasste sich mit den Themen Kindergärten und Kindergrippen und hielt es gegenüber dem Bundeskanzler für evident, dass es durchgehend an Kinderbetreuungsplätzen fehle und der Ausbau einer qualitativ hochwertigen Kinderbetreuung zu langsam vorangehe. Eine Absage erteilte die Rednerin dabei Ausreden, mit denen sich die SPÖ auf den Koalitionspartner oder auf die Länder hinauszureden versuche. Die österreichischen Kinder hätten sich die bestmögliche Bildung verdient, es reiche nicht aus, sich zurückzulehnen und sich auf dem bisher Erreichten auszuruhen. Der Bund müsse seine Verantwortung in der Bildungspolitik wahrnehmen, auch gegenüber den Ländern und Gemeinden. In diesem Zusammenhang verlangte Musiol verpflichtende Qualitätsstandards für die frühkindliche Betreuung in ganz Österreich und eine entsprechende Entlohnung der KindergärtnerInnen. Den Mangel an KindergärtnerInnen in Wien erklärte die Rednerin mit der Praxis Niederösterreichs, KindergärtnerInnen abzuwerben. Ihr Entschließungsantrag richtete sich auf ein Bundes-Grundsatzgesetz für die Kinderbetreuung und die Ausbildung von KindergartenpädagogInnen.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) erinnerte an die zahlreichen Schulgesetze, die der Nationalrat in den letzten Jahren gemeinsam beschlossen hat. Tatsächlich herrsche ein gemeinsames Leitbild zur Förderung der Kinder und für die Chancengleichheit aller Kinder in Österreich. Denn es geht um die Kinder und die kommenden Generationen, hielt der Redner fest und bekannte sich dazu, alles zu unternehmen, um bildungspolitische Fortschritte zu erreichen. Mit kleineren Klassen werde heute Fehlentwicklungen der Vergangenheit entgegengesteuert und Fortschritte bringe auch die Neue Mittelschule. Dieses Modell nehme viele Zehn- Vierzehnjährige mit, die sonst auf der Strecke bleiben würden, meinte er. Ganz entscheidend ist die für Mayer auch die modulare Oberstufe. Damit würden Begabte gefördert, Schwächere "mitgenommen" und Klassenwiederholungen gemieden. Keine Rede von Stillstand und Selbstblockade und ähnlichen Schlagwörtern, auf die Elmar Mayer in der Schuldiskussion lieber verzichten möchte.

Abgeordneter Peter MAYER (V) befasste sich mit der Aussagekraft von Erfolgskennzahlen wie PISA-Testergebnissen oder Akademikerquoten. Deutlicher sei für ihn eine Parameter wie die Jugendarbeitslosigkeit, bei der Österreich einen europäischen Spitzenplatz einnehme, was bedeute, dass es um die Ausbildung in Österreich nicht so schlecht bestellt sein könne, wie oft behauptet werde. Gespart werden dürfe nicht bei den Familien, der Bildung und auch nicht bei Wissenschaft und Forschung, unterstrich der Redner und erinnerte an wichtige Fortschritte bei der Unterstützung der Familien. Studiengebühren hielt Mayer angesichts privater Kosten in der Berufsausbildung für gerechtfertigt. Besserverdiener seien durchaus imstande, einen Beitrag zur Finanzierung des Universtitätsstudiums ihrer Kinder beizutragen. Die ÖVP habe gute Lösungsvorschläge für die Finanzierung der Universitäten, schloss Peter Mayer.

Abgeordneter Christian HÖBART (F) unterstrich das Recht der jungen Menschen auf bestmögliche Ausbildung auf ihrem Weg in die Zukunft. Es gehe darum, gesunde, gut ausgebildete und leistungsorientierte junge Menschen heranzubilden. Jede Investition dafür diene dem Wirtschaftsstandort. Daher fordere die FPÖ einen modernen praxisorientierten Unterricht mit flächendeckenden Laptop-Klassen, aber auch mehr Sport. Wichtig sei auch die Lehre, von der heute kaum gesprochen wurde, obwohl klar sei, dass auch die Ausbildung der Berufsschullehrer zu verbessern sei. Die Akzeptanz der Lehrberufe sei zu fördern und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Schülerbegünstigungen sollen auch für Lehrlinge gelten, verlangte Höbart. Die Universitäten wiederum brauchten freien Zugang und einen Kraftakt im Sinne des Zwölfpunkteprogramms von Martin Graf. Bildungsinvestitionen sind die einzigen Investitionen, die man als sicher verzinst betrachten kann, schloss Christian Höbart.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) möchte kein Kind und keinen Jugendlichen auf dem Weg zu seiner besten Ausbildung zurücklassen. Das werfe aber die Frage auf, warum in den letzten Jahrzehnten so viele Kinder auf ihrem Bildungsweg auf der Strecke geblieben sind. Petzner vermisste Bildungspläne und wandte sich dann den Vorwürfen gegen Kleinkindpädagogen, schwarze Pädagogik und schwere Folter auf dem Wilhelminenberg in Wien zu. Auch an dieser Stelle müsse das Parlament Aufklärung betreiben und Betroffenen Gerechtigkeit und womöglich Entschädigung garantieren. Ähnliche Fälle seien auch aus dem Bereich des Bundeslandes Niederösterreich zu erwarten, sagte Petzner und warnte vor der Fortsetzung der bislang praktizierten Vertuschungsstrategie. Petzner erinnerte an den Bericht der Abgeordneten Carlson "Verwaltete Kinder" aus den siebziger Jahren, verlangte in einem Entschließungsantrag, diesen Bericht dem Parlament zuzuleiten und plädierte vehement dafür, die Verjährungsfrist bei Sexualtaten gegen Kinder aufzuheben.

Abgeordneter Kurt GRÜNEWALD (G) zeigte sich empört über Versuche, die Realität beim Thema Bildungspolitik zu verdrehen. Man dürfe "Wissenschaft und Forschung" nicht mit dem derzeitigen Bildungswesen gleichsetzen. Er sei dagegen, dass die Wirtschaftskammer für eine Meisterprüfung viel Geld einheben könne und wandte sich entschieden gegen die Wiedereinführung der Studiengebühren. Die Budgetreden der letzten Jahren ähneln seiner Meinung nach einander wie Plagiate, sagte Grünewald pointiert und forderte mehr Geld für die Universitäten. Wer von Jugendarbeitslosigkeit in Österreich und europäischen Vergleichen rede, sollte wissen, dass Schulabgänger in Finnland ohne Arbeit in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen – anders als in Österreich, wo Arbeitslosengeld nur bekomme, wer vorher gearbeitet habe. Scharfe Kritik übte Grünewald an der Aussage von Bundesminister Töchterle, Universitäten könnten Studiengebühren im Rahmen ihrer Autonomie einheben.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) sprach von der grauenhaften Situation der Kinder am Wilhelminenberg, warf Abgeordnetem Petzner aber zugleich vor, es sei ihm in erster Linie darum gegangen, Wien "anzupatzen". PädagoInnen, die mit Kindern und Jugendlichen unterwegs seien und ihnen engagiert einen Weg in die Zukunft weisen, verdienten Respekt, es sei daher zurückzuweisen, dass sie öffentlich abqualifiziert werden. Bildung ist wichtig für die Zukunftsgestaltung der jungen Menschen und frühkindliche Erziehung ein wichtiges Instrument, um Kindern den Bildungsweg zu erleichtern, hielt Abgeordnete Binder-Maier fest.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) stellte fest, die Grünen hätten bei der Budgetrede von Ministerin Fekter nicht aufgepasst und die klare Priorität für Forschung und Entwicklung überhört. Niemand könne ernsthaft behaupten, dass die Mittel für Bildung "mickrig" wären. Österreich gehe zielgerecht auf das 2%-Ziel zu, sagte Abgeordnete Franz. Zur PädagogInnenausbildung liege ein gutes Arbeitspapier vor, berichtete die Rednerin, die sich auch ausdrücklich für Errichtung einer Pädagogischen Hochschule in Vorarlberg aussprach. Wichtig sei auch ein neue Dienst- und Besoldungsrecht für Lehrerinnen und Lehrer. Nach dem VfGH-Erkenntnis können die Universitäten in ihrer Autonomie Studiengebühren einführen, merkte Franz schließlich auch zu diesem Diskussionspunkt an.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) unterstrich, seine Fraktion sei für Aufklärung aller Vorwürfe auf Kindesmissbrauch und für strenge Strafen bei Kindesmissbrauch. Studiengebühren sind für das BZÖ Teil einer zweckmäßigen Studienfinanzierung sowie ein Lenkungsinstrument gegen den Zustrom ausländischer Studierender. Keineswegs denke das BZÖ daran, Hürden für den Zugang österreichischer Studierender zu höherer Bildung aufzurichten. Studiengebühren gäben dem Studenten das Recht auf optimale Studienbedingungen, fügte  Widmann hinzu. Das sei die Lehre, die aus der Entwicklung des FH-Bereichs zu ziehen sei. Reiche sollten seiner Ansicht nach das öffentliche Bildungssystem nicht zu Lasten sozial Schwächerer gratis nützen können. Die Regierung und der Nationalrat müssten dafür sorgen, dass ProfessorInnen und Studierende an den Universitäten ihre Arbeit unter sicheren Bedingungen fortsetzen können. Die Universitäten brauchten in den nächsten Jahren eine Milliarde Euro, nicht eine Milliarde Schilling, von der Ministerin Fekter in ihrer Budgetrede gesprochen habe.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) erinnerte Abgeordneten Petzner daran, dass der von ihm verlangte Bericht schon Mitte der siebziger Jahre veröffentlicht wurde. Petzner habe nur versucht, politisches  Kleingeld aus dem Fall Wilhelminenberg zu schlagen. Hätte er sich wirklich für das Thema interessiert, würde er wissen, dass sich eine Historikerkommission und eine Sonderkommission bereits mit der Aufklärung befassen und ein Entschädigungsfonds für die Opfer eingerichtet wurde. "Bildung beginnt im Elternhaus und der Kindergarten ist eine Bildungseinrichtung", hielt Angela Lueger fest. Sie zeigte Verständnis für die Ungeduld der Grünen, forderte die AnfragestellerInnen aber auf, zu sagen, wo sie das Geld auftreiben wollen, das sie für das Bildungssystem fordern. Keine Rede könne von dem behaupteten Stillstand in der Bildungspolitik sein, meinte Angela Lueger, listete die jüngsten schulpolitischen Erfolge auf und befasste sich dabei insbesondere mit der positiven Entwicklung der "Neuen Mittelschule". Fortschritte forderte Angela Lueger auch für die Lehrlinge und unterstrich abschließend: "Die SPÖ steht für den Ausbau des Bildungssystems".

Bei der Abstimmung wurden der G-Entschließungsantrag betreffend bundeseinheitliches Grundsatzgesetz für die Kindergartenpädagogik ebenso abgelehnt wie der B-Antrag auf Vorlage des Berichts zum Thema "Verwaltete Kindheit". 

(Schluss Dringliche Anfrage/Fortsetzung Nationalrat