Parlamentskorrespondenz Nr. 961 vom 19.10.2011

Nationalrat gibt grünes Licht für Gaswirtschaftsgesetz

Dienstleistungsgesetz nach langem Anlauf beschlossen

Wien (PK) – Der Nationalrat beschloss heute auch das Gaswirtschaftsgesetz mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit sowie die ebenfalls seit langem anstehende Umsetzung der EU-Dienstleistungs-Richtlinie.

Das Gaswirtschaftsgesetz 2011 dient der Umsetzung des 3. Energie-Binnenmarktpakets. Damit soll nicht nur den Wettbewerb am Gasmarkt angekurbelt, sondern auch die Versorgungssicherheit erhöht und der Anbieterwechsel für Kunden erleichtert werden. Analog zur Stromwirtschaft sind etwa ausführliche Informationen auf Werbematerial und Rechnungen, eine gesetzliche Verankerung des Tarifkalkulators sowie die Einrichtung einer zentralen Beschwerdestelle bei der Regulierungsbehörde E-Control vorgesehen. Außerdem werden mit dem Gesetz die Grundlagen für die Einführung von intelligenten Mess-Systemen ("Smart Meters") geschaffen. Netzbetreiber und Gaslieferanten müssen in Hinkunft klar unterscheidbar sein.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) begrüßte die Stärkung der VerbraucherInnenrechte im Gaswirtschaftsgesetz sowie die Erleichterung des Lieferantenwechsels und die Neuerungen beim Unbundling auf dem Gassektor. Kritik übte Brunner am Angriff auf die Grundeigentümer im Zusammenhang mit der Errichtung neuer Gasinfrastruktureinrichtungen und sprach ihr Bedauern darüber aus, dass es nicht gelungen sei, den Anliegen der Bürgerinitiativen beim Thema Enteignung von Grundeigentümern zu entsprechen. Die Priorität in der österreichischen Gaswirtschaft liege immer noch bei fossilem Gas statt bei Biogas, klagte die Rednerin weiter und betonte angesichts der Situation bei der Erreichung der Kyotoziele, dass es hoch an der Zeit sei, fossiles Gas durch erneuerbare Energieträger zu ersetzen. Dem entsprächen die vorgelegten Änderungen des Gasgesetzes nicht, daher können die Grünen nicht zustimmen, argumentierte Brunner.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) bezeichnete die Vorlage als die innerstaatliche Umsetzung einer besonders wichtigen europäischen Initiative. Die BürgerInnen würden davon profitieren, da es zu mehr Wettbewerb führen werde. Das Gesetz sei daher zu begrüßen, unterstrich der Redner.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) konnte die Begeisterung seines Vorredners nicht teilen. Dieser Entwurf sei kein gutes Gesetz. Im Übrigen sei es bezeichnend, dass derlei Vorlagen heute durch das Plenum "gepeitscht" würden, da die Berichterstattung sich auf das Budget konzentrieren werde. Es habe von Seiten seiner Fraktion viele wichtige Impulse zu diesem Gesetz gegeben, sie seien jedoch von den Regierungsparteien nicht berücksichtigt worden. Daher könne das BZÖ diesen Entwurf auch nicht goutieren, sagte Widmann. Als Konsequenz aus dieser Entwicklung bringe er einen Entschließungsantrag ein, erklärte der Redner, in dem die seiner Fraktion wesentlichen Punkte festgehalten seien.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) zeigte sich verwundert über die Kritik Widmanns. Es sei dieser Entwurf ja nur der letzte Schritt eines mehrstufigen Verfahrens, sodass keineswegs behauptet werden könne, hier werde ein Entwurf überfallsartig vorgelegt. Man habe die europäischen Vorgaben optimal auf österreichische Anforderungen umgesetzt, sodass die Vorlage begrüßt werden könne, da man es mit einer sinnvollen Lösung zu tun habe, mit der man auf die Veränderungen auf dem internationalen Gasmarkt richtig reagiere. Schließlich brachte der Redner einen Abänderungsantrag ein, der redaktionelle Änderungen und Korrekturen terminlicher Natur beinhaltete.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) fand, dass der nun vorliegenden Gesetzentwurf eine solide Basis für eine akzeptable Lösung der in Rede stehenden Materie bilde. Da die Regierungsparteien den Ursprungsentwurf auch im Sinne seiner Fraktion abgeändert hätten, könne seine Partei dieser Vorlage heute zustimmen, erklärte der Redner.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER erläuterte den vorliegenden Entwurf und stellte diesen in einen energiepolitischen Gesamtzusammenhang. Man habe lange und sorgfältig darüber diskutiert, und es gebe genügend gute Gründe, diese Vorlage umzusetzen, stellte er fest, um sodann auf die Vorzüge des Entwurfs näher einzugehen, die seines Erachtens von einem Mehr an Wettbewerb über günstigere Tarife bis zu besseren Netzen reichten.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) unterstrich gleichfalls die positiven Aspekte der Vorlage und empfahl daher deren Annahme, werde mit diesem Gesetz doch die Versorgungssicherheit erhöht und mehr Wettbewerb ermöglicht. Man sei damit am Puls der Zeit, zeigte sich der Mandatar überzeugt.

Abgeordneter Josef JURY (F) hielt die Vorlage für akzeptabel, mahnte aber weitere Schritte ein, um dieses Themenfeld wirklich und dauerhaft einer befriedigenden Lösung zuzuführen.

Bei der Abstimmung wurde das Gaswirtschaftsgesetz in Fassung des S-V-Abänderungsantrages mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen. Der Entschließungsantrag des BZÖ blieb in der Minderheit.

Umsetzung der Dienstleistungs-Richtlinie nun durch einfaches Gesetz  

Die Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie (Dienstleistungsgesetz) harrt seit zwei Jahren seiner Beschlussfassung im Nationalrat. Die Vorlage passierte zwar den Wirtschaftsausschuss im September 2009, aber nur mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP, womit eine Zweidrittelmehrheit im Plenum nicht gewährleistet war. Die Opposition begründete ihre Haltung damals mit dem Vorwurf der "Regierungsblockade", sie verknüpften das Thema neben inhaltlicher Kritik unter anderem auch mit der Frage der Einsetzung von Untersuchungsausschüssen als Minderheitenrecht.

Durch die Vorlage eines Abänderungsantrags der Koalitionsparteien, wodurch das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit nicht mehr gegeben war, passierte das Dienstleistungsgesetz mehrheitlich mit den Stimmen von SPÖ und ÖVP das Plenum. Die EU-Richtlinie wird nun durch ein einfaches Bundesgesetz und neun Ländergesetze umgesetzt.

Beim Dienstleistungsgesetz geht es um Regeln für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden, die Einrichtung eines einheitlichen Ansprechpartners für Kunden und Betriebe und um Anpassungen im Preisauszeichnungs- und Konsumentenschutzgesetz.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) sagte, man habe diesen Entwurf ja schon einmal abgelehnt, daran habe sich nichts geändert, da die Kritikpunkte nach wie vor gegeben seien.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) meinte hingegen, würde man diesen Entwurf heute beschließen, dann käme man einem funktionierenden Binnenmarkt wieder einen Schritt näher. Österreich würde von dieser Maßnahme fraglos profitieren. Sodann brachte der Mandatar den bereits avisierten Abänderungsantrag ein.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) erklärte, seine Fraktion habe sich ob der Erfahrungen mit dem Ausbleiben einer Regelung, wonach Untersuchungsausschüsse ein Minderheitenrecht würde, dazu entschlossen, das vorliegende Gesetz abzulehnen. Es gebe keinen sachlichen Zusammenhang zwischen den beiden Materien, aber die Grünen müssten sich gegen die Vorgangsweise der Regierungsparteien wehren.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) betonte, man müsse diese Materie hier beschließen, da sonst eine Klage vor dem europäischen Gerichtshof drohe. Darunter würde der heimische Steuerzahler zu leiden haben, und das könne man nicht verantworten. Dies umso mehr, als der Binnenmarkt die Chance schaffe, dass ganz Europa bald unsere hohen Standards habe.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) äußerte hingegen die Befürchtung, dass die Umsetzung dieser Vorlage zu einem weiteren Rückgang von Arbeitsplätzen führen werde. Zudem sei die rechtliche Umsetzung der Materie keine kluge Lösung gewesen, beklagte der Redner.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER stellte den vorliegenden Entwurf vor und erläuterte dessen Inhalte, dabei auch auf den wirtschaftspolitischen Hintergrund der Initiative eingehend. Die Vorlage sei eine Chance für die heimischen Betriebe, man solle sie auch nützen. Der Minister forderte die Opposition auf, der Vorlage zuzustimmen, denn dem Bürger werde das Gesetz nützen und den Oppositionsfraktionen nicht schaden.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) schloss an seinen Vorredner an und votierte gleichfalls für die Annahme der Vorlage.

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) meinte, die Grünen hätten Bedenken, ob die von SPÖ und ÖVP gewählte Vorgangsweise verfassungsrechtlich halten werde. Zudem sei zu beklagen, dass man es hier mit einer vertanen Chance zu tun habe, denn mit etwas gutem Willen hätte man eine Lösung gefunden, die von einer breiten Basis hätte getragen werden können.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER replizierte, die Vorteile dieser Richtlinie würden von 26 EU-Staaten sehr wohl gesehen. Den Grünen warf er vor, bloß aus taktischen Gründen ihre Zustimmung zu verweigern und Österreich dadurch auf internationaler Ebene zu blamieren.  (Fortsetzung Nationalrat)