Parlamentskorrespondenz Nr. 965 vom 20.10.2011

Heftige Debatte über Terrorismuspräventionsgesetz

Rechtliche Sicherheit für SoldatInnen bei Auslandseinsätzen

Wien (PK) – Der Nationalrat beschäftigte sich im weiteren Sitzungsverlauf mit dem Auslandseinsatzgesetz, dem Terrorismuspräventionsgesetz und mit einer Änderung der Notariatsordnung.

Mit einer Novelle zum Auslandseinsatzgesetz, die mit Mehrheit den Nationalrat passierte, soll klargestellt werden, dass für Handlungen österreichischer SoldatInnen, die sie auf einem Auslandseinsatz in Ausübung ihrer Befugnisse setzen, der Rechtfertigungsgrund der "Ausübung von Amts- und Dienstpflichten" in Betracht kommt.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) unterstützte die Auslandseinsätze des Bundesheeres, kritisierte aber, dieses Gesetz bringe keinerlei Rechtssicherheit, zumal es nicht über das hinausreiche, was ohnehin schon völkerrechtliche Grundlage sei.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) würdigte die Auslandseinsätze des Bundesheeres und meinte, diese Vorlage verdiene die Unterstützung im Sinne der Soldatinnen und Soldaten.

Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) schloss sich seinem Vorredner an und betonte, dieses Gesetz sei der beste Schutz, den das Parlament den Soldatinnen und Soldaten zur Verfügung stellen könne.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) begrüßte das Gesetz und sprach von einem Durchbruch, mit dem nun eine Rechtslücke geschlossen werde.

Abgeordneter Kurt LIST (B) kündigte die Zustimmung des BZÖ zum vorliegenden Gesetzentwurf an. Damit herrsche endlich Rechtssicherheit für österreichischen SoldatInnen im Auslandseinsatz, betonte er. Kritisch äußerte sich List hingegen zum Libanoneinsatz des österreichischen Bundesheeres. Er ortet ein enormes Sicherheitsrisiko.

Verteidigungsminister Norbert DARABOS zeigte sich über die Zustimmung von vier der fünf Parlamentsfraktionen zum vorliegenden Gesetzentwurf erfreut. Die Vorlage regle die Befugnisse österreichischer SoldatInnen im Ausland präzise, skizzierte er. SoldatInnen sollten keine persönlichen Nachteile erleiden, wenn sie in Ausübung ihres Mandats Waffen gebrauchen müssten oder Festnahmen durchführten. Generell äußerte sich Darabos stolz über die Auslandseinsätze des Heeres, die seiner Ansicht nach zu den Kernaufgaben des Heeres gehören. In diesem Zusammenhang verteidigte er auch den Libanon-Einsatz des Bundesheeres.

Abgeordneter Gerhard KÖFER (S) schilderte, er habe vor kurzem eine Gruppe von SoldatInnen verabschiedet, die sich für einen Auslandseinsatz gemeldet haben. Kein einziger unter ihnen sei demotiviert oder frustriert gewesen. Im Gegenteil: die SoldatInnen hätten ihrem Auslandseinsatz "entgegengefiebert". Ausdrücklich begrüßte Köfer auch die vorliegende Gesetzesnovelle, die für ihn ein wichtiges Signal ist. 

Auch Abgeordneter Günter KÖSSL (V) wertete die vorliegende Gesetzesnovelle als richtigen Schritt in die richtige Richtung und als wichtige rechtliche Absicherung der österreichischen SoldatInnen im österreichischen Auslandseinsatz. Die ursprüngliche Einwände des Innenministeriums sind ihm zufolge ausgeräumt worden.

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) begrüßte es, dass es gelungen sei, das Kontingent für den Libanon-Einsatz des österreichischen Bundesheeres rasch aufzustellen. Er führt dies nicht zuletzt auf die allgemeine Wehrpflicht zurück. Generell hielt Kunasek fest, die Einsätze hätten sich in den letzten Jahren verändert, daher sei die vorliegende Gesetzesnovelle wichtig. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf eine Sonderfinanzierung der Auslandseinsätze außerhalb des Heeresbudgets ab.

Abgeordneter Hermann KRIST (S) befasste sich mit dem Heeresbudget und wies darauf hin, dass es bereits im Rahmen des Budgets 2011 gelungen sei, die Mittel für die Auslandseinsätze des Heeres um 5 Mio. € aufzustocken. Diese zusätzlichen Mittel werden ihm zufolge auch 2012 zur Verfügung stehen.

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) äußerte sich ebenfalls zustimmend zur vorliegenden Gesetzesnovelle. Im Zuge von Auslandseinsätzen könne es immer wieder zu Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen kommen, skizzierte er. Man brauche klare Rechtssicherheit für die SoldatInnen.

Die Änderung des Auslandseinsatzgesetzes wurde vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit verabschiedet. Der Entschließungsantrag der FPÖ betreffend Sonderfinanzierung der Auslandseinsätze des Heeres blieb in der Minderheit.

Terrorismuspräventionsgesetz bleibt umstritten

Das Plenum gab heute auch grünes Licht für das Terrorismuspräventionsgesetz. Miterledigt wurde damit das Strafgesetzbuch und die Strafprozessordnung.

Der vorliegende Entwurf schlägt Maßnahmen vor, die zur Verhinderung von Terrorismus bestimmte Vorbereitungshandlungen und Organisationshandlungen sowie die Ausbildung zu terroristischen Zwecken unter Strafe stellen. Dabei soll nicht nur das Unterweisen als aktive Handlung, sondern auch das Sich-Unterweisen-Lassen und das Verschaffen von Informationen zu terroristischen Zwecken erfasst werden. Darunter fällt zum Beispiel die Teilnahme an einem terroristischen "Trainingslager". Auch das Herunterladen von bestimmten Informationen aus dem Internet zum Zwecke der Begehung einer terroristischen Straftat soll nunmehr strafbar sein. Weiters werden Maßnahmen vorgeschlagen, um gegen die Radikalisierung durch Aufforderung zur Begehung von terroristischen Straftaten oder durch Gutheißung von terroristischen Straftaten effektiver vorgehen zu können. Gleichzeitig verfolgt der Entwurf das Ziel, einer Radikalisierung durch Aufruf zu Gewalt und Hass entgegenzuwirken und dabei auch einen wirksamen Schutz für bestimmte Gruppen oder Mitglieder dieser Gruppen vor rassistischer Verhetzung zu bieten.

Angenommen wurde ferner eine Entschließung, wonach eine wissenschaftliche Evaluierung der Anwendung des § 278a StGB seitens des Justizressorts durchgeführt werden soll. Diese Entschließung ist vor dem Hintergrund des so genannten Tierschützerprozesses zu sehen.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) anerkannte das Bemühen der Regierung, den Gefahren des Terrorismus durch neue gesetzliche Bestimmungen zu begegnen. Man müsse aber aufpassen, dass man Grund- und Freiheitsrechte nicht unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung beschneide, warnte er. Die Schraube werde in diesem Bereich immer weiter gedreht. Nach Meinung von Fichtenbauer hat die ursprüngliche Fassung des neuen Verhetzungsparagraphen in diesem Sinn auch zu Recht zu entrüsteten Reaktionen geführt.

Durch den von den Regierungsparteien in Aussicht gestellten Abänderungsantrag habe sich die Bestimmung aber "dramatisch verbessert", gestand der Abgeordnete zu. Nur ein "hauchfeines Element" trenne die FPÖ noch davon, der Vorlage als Ganzes zuzustimmen. Fichtenbauer kündigte in diesem Zusammenhang ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten seiner Fraktion in Zweiter und Dritter Lesung an.

Abgeordneter Heribert DONNERBAUER (V) räumte ein, dass es bei der Terrorismusbekämpfung stets um eine Gratwanderung gehe. Seiner Ansicht nach sind die neuen Bestimmungen im Strafgesetzbuch aber sehr präzise formuliert. Es gehe darum, die vorsätzliche Anleitung von terroristischen Straftaten und die Gutheißung von Terrorakten unter Strafe zu stellen. Damit wolle man ein klares Signal setzen, dass bereits bei der Anstiftung zu und der Vorbereitung von Terrorakten mit Österreich "nicht zu spaßen" sei, erklärte er. Donnerbauer hofft, damit Terrorakte präventiv verhindern zu können.

Zum so genannten Verhetzungsparagraphen legte Donnerbauer einen Abänderungsantrag der Koalitionsparteien vor, um, wie er erklärte, Bedenken hinsichtlich der Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte Rechnung zu tragen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) warf den Regierungsparteien vor, mit dem vorliegenden Gesetz "sicherheitspolitischen Aktionismus" vorzutäuschen. Seiner Meinung nach geht es in erster Linie nicht um die Verhinderung von terroristischen Straftaten, sondern darum, die Überwachung auszuweiten. Er sieht die Gefahr, dass Leute, die sich aus harmlosen Motiven, wie etwa Neugierde oder Recherchen, Terroranleitungen im Internet beschaffen, in das Überwachungsvisier der Ermittlungsbehörden geraten. Auch in den Verdacht der Gutheißung einer terroristischen Straftat könne man leicht kommen, warnte er.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) appellierte an seinen Vorredner, "die Kirche im Dorf zu lassen". Seiner Ansicht nach ist es im Zuge der Verhandlungen geglückt, die Formulierung der neuen StGB-Bestimmungen deutlich zu verbessern und die Normen präzise zu fassen. Nur wer tatsächlich Terrorakte anstrebe, könne bestraft werden, bekräftigte er. Durch die nunmehrige Formulierung des Verhetzungsparagraphen ist Jarolim zufolge außerdem sichergestellt, dass die Bestimmung nicht dazu verwendet werden könne, politische Kritik als Verhetzungstatbestand zu verfolgen.

Abgeordneter Ewald STADLER (B) legte namens des BZÖ einen Entschließungsantrag und einen Abänderungsantrag vor. Zum einen geht es ihm darum, die Verjährungsfrist für sexuellen Missbrauch minderjähriger Kinder abzuschaffen, wobei er in diesem Zusammenhang auf die jüngst aufgetauchten Vorwürfe im Verantwortungsbereich der Wiener Jugendwohlfahrt verwies. Zum Zweiten drängt das BZÖ darauf, dass die im Inland anerkannten Kirchen und Religionsgemeinschaften vom Tatbestand der Hetze ausgenommen werden, sofern sie nur Glaubens- und Sinnlehren widergeben.

Der ÖVP warf Stadler vor, die Grund- und Meinungsfreiheit einschränken zu wollen, wobei er Justizministerin Beatrix Karl als schwächste Justizministerin seit langem bezeichnete.

Justizministerin Beatrix KARL nahm eingangs ihrer Wortmeldung zum Vorwurf von Abgeordnetem Stadler Stellung, das Justizministerium habe ein Schreiben an BZÖ-Abgeordneten Gerald Grosz an Abgeordnete des ÖVP-Parlamentsklubs weitergeleitet. Sie erinnerte daran, dass es Abgeordneter Stadler gewesen sei, der sie im Justizausschuss gefragt habe, wie es dazu kommen könne, dass Abgeordneter Grosz strafrechtlich verfolgt werde, weil er Zeugenaussagen aus dem Rechnungshof-Unterausschuss an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Daraufhin habe sie umgehend eine Prüfung des Sachverhalts veranlasst.

Karl räumte ein, dass der Staatsanwaltschaft im gegenständlichen Fall tatsächlich ein Fehler passiert sei. Sie habe sofort reagiert und veranlasst, Grosz nicht mehr als Beschuldigten zu führen, weil der ihm vorgeworfene Tatbestand nicht erfüllt gewesen sei. Es gebe keinen Anlass zu vermuten, dass das daraufhin verfasste Schreiben an Grosz vom Justizministerium an den ÖVP-Klub weitergeleitet worden sei, sagte Karl, schließlich werde darin ein Fehler eingestanden, der dem Ansehen der Justiz nicht gerade diene. Es entziehe sich ihrer Kenntnis, wie es dorthin gelangt sei. Man habe Grosz gegenüber jedenfalls Bedauern über das Ungemach zum Ausdruck gebracht.

Zum vorliegenden Gesetzentwurf merkte Karl an, es gehe nicht um die Einschränkung der Meinungsfreiheit und auch nicht um die Einschränkung von Spott und Hohn oder von Kabarett. Unter Strafe gestellt werde ausschließlich der Aufruf zum Hass und zur Gewalt. Das Strafrecht sei aufgefordert, hier Grenzen zu setzen. Es gehe nicht an, Aggression unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit zu schützen. Es bedürfe einer deutlichen Grenze für jene, die mit Terroranleitungen die Verführbarkeit anderer ausnutzten oder durch Hasspredigten zur Nachahmung aufstachelten. Wissenschaftliche Abhandlungen oder journalistische Recherchen seien, so Karl, nicht gefährdet. Ausdrücklich begrüßt wurde von der Ministerin auch die Aufforderung, § 278a StGB einer Evaluierung zu unterziehen.

Abgeordnete Karin HAKL (V) plädierte dafür, bei Taten, die eine terroristische Handlung bezwecken könnten, in jedem Fall ermitteln zu dürfen, denn Derartiges dürfe es in Österreich nicht geben.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erklärte, dass Verhetzung zu strafrechtlich relevanten Taten führe, weshalb man entsprechend dagegen vorgehen müsse. Die Neufassung des Paragraphen sei durchaus zeitgemäß und daher auch zu akzeptieren. Allerdings sei es jetzt wieder zu einer Aufweichung gekommen, und dies müsse hinterfragt werden. Allerdings könne insgesamt ein kleiner Fortschritt geortet werden, weshalb man der Vorlage zustimmen werde.

Die S-Abgeordneten Otto PENDL, Johann MAIER und Gerhard KÖFER zeigten sich zufrieden mit der Vorlage, weil durch sie Klarheit geschaffen werde, was im Interesse der BürgerInnen, aber auch der Exekutive sei. Zudem brachte Pendl einen Abänderungsantrag betreffend terminlicher Präzisierung der Vorlage ein, während Maier vor allem auf die begrüßenswerten Erweiterungen im Umweltstrafrecht verwies. Köfer sah diese Vorlage auch als Maßnahme gegen die Verführung der Jugend zu strafbaren Handlungen.

Die V-Abgeordneten Bernd SCHÖNEGGER und Michael HAMMER konstatierten, die Vorlage brächte ein Stück mehr Sicherheit für das Land und sei daher zu begrüßen. Der Staat habe seine BürgerInnen zu schützen, und dafür schaffe man einmal mehr die nötigen Grundlagen. Terrorismusprävention sei ein Gebot der Stunde, ergänzte Hammer.

Die Vorlage wurde in der Fassung des V-S-Abänderungsantrags mehrheitlich angenommen, der Abänderungsantrag des BZÖ fand keine Mehrheit, ebenso verfiel der BZÖ-Entschließungsantrag der Ablehnung.

Notariatsberuf steht künftig auch Staatsangehörigen aus EU- und EWR-Ländern offen

Einstimmig angenommen wurde schließlich die von SPÖ und ÖVP beantragte Änderung der Notariatsordnung. In Entsprechung eines EuGH-Urteils soll der Beruf des Notars nicht mehr österreichischen StaatsbürgerInnen vorbehalten sein, sondern auch Staatsangehörigen von EU- und EWR-Staaten sowie der Schweiz offen stehen.

Die Abgeordneten Heribert DONNERBAUER (V) und Ruth BECHER (S) warben für die Annahme der Vorlage, bei der es sich um eine Konsensmaterie handle.

(Fortsetzung Nationalrat)