Parlamentskorrespondenz Nr. 971 vom 20.10.2011

Nationalrat beschließt Korruptions-Untersuchungsausschuss

BZÖ-ÖVP-SPÖ-FPÖ-Antrag einstimmig angenommen

Wien (PK) – Nach Erledigung der Tagesordnung seiner 126. Plenarsitzung der laufenden Gesetzgebungsperiode beschloss der Nationalrat auf Antrag von BZÖ, ÖVP, SPÖ und FPÖ einstimmig die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) führte aus, es gehe darum, mit dem Untersuchungsausschuss einen "Reinigungsprozess" in Gang zu setzen, den das Land seiner Meinung nach dringend notwendig hat. Man müsse das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik, das verloren gegangen sei, wieder gewinnen. Die ÖsterreicherInnen erwarteten vom Parlament, dass es seine Kontrollaufgaben wahrnehme. Er forderte in diesem Sinn eine umfassende und schonungslose Aufklärung. Der Untersuchungsausschuss dürfe aber kein Ort für "parteipolitische Schlammschlachten" und die Profilierung einzelner Abgeordneter sein, mahnt er.

Petzner zufolge wird der Untersuchungsausschuss mit sieben Untersuchungsgegenständen einer der größten der Zweiten Republik sein: Gegenstand sind insbesondere fragwürdige Zahlungen der Telekom, die Buwog-Privatisierung, die Vergabe des Behördenfunknetzes, die Schaltung von Inseraten durch staatsnahe Betriebe, Inserate und Medienkooperationen von Ministerien, der Versuch der Lockerung des Glückspielmonopols und mögliche Geldflüsse im Zusammenhang mit der Verleihung von Staatsbürgerschaften.

Was die Frage des Vorsitzes betrifft, erklärte Petzner, das BZÖ beteilige sich nicht an "Postenschachereien". Seiner Fraktion sei es völlig egal, wer den Vorsitz führe. Er appellierte an die anderen Parteien, den Streit in dieser Frage zu beenden.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) fasste sich in seiner Wortmeldung kurz und betonte, es liege an den Abgeordneten, den Untersuchungsausschuss in einer sachlichen und würdigen Form abzuwickeln. Das Parlament stehe unter der Beobachtung der Bevölkerung, meinte er.

Abgeordneter Werner AMON (V) zeigte sich darüber erfreut, dass es gelungen sei, sich über die Inhalte des Untersuchungsausschusses zu einigen. Man werde auch gemeinsam einen Verfahrensanwalt bestellen und sich mit der Justiz abstimmen, um sich in der Arbeit nicht gegenseitig zu behindern, skizzierte er.

Die Vorsitzfrage ist Amon zufolge noch nicht geklärt. Er hofft, bis zur nächsten Plenarsitzung zu einer Einigung zu kommen, und verwahrte sich in diesem Zusammenhang dagegen, von "Postenschacher" zu sprechen. Es gebe mit Abgeordnetem Fichtenbauer und Abgeordneter Moser zwei Kandidaten, sagte er, für beide gebe es derzeit keine Mehrheit.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) führte aus, Aufgabe des Untersuchungsausschusses sei es, die politische Verantwortung für diverse Korruptionsaffären zu klären. Gleichzeitig wies er die Darstellung zurück, wonach die jetzige FPÖ in die Causen verwickelt sei: "Die Partei von HC Strache ist sauber", bekräftigte er.

Zur Vorsitzfrage merkte Rosenkranz an, es sei nicht legitim, dass eine Partei den Vorsitz für sich reklamiere. FPÖ-Abgeordneter Peter Fichtenbauer habe das Renommee, die Erfahrung und die notwendige Objektivität für dieses Amt, betonte er. Grün-Abgeordneter Moser sprach er diese Objektivität hingegen ab.

Abgeordneter Peter PILZ (G) stellte die Zustimmung der Grünen zum Untersuchungsausschuss in Aussicht. Es sei wichtig, dass es zu einem einstimmigen Beschluss komme, unterstrich er. Was die Vorsitzführung anlangt, sagte Pilz, es gehe nicht an, dass der Vertreter einer Partei, die für die meisten untersuchten Affären die politische Verantwortung habe, den Vorsitz übernehme. Auch "Kindesweglegung" bringe hier nichts, es brauche vollkommene Unbefangenheit. In Zusammenhang mit der Ablehnung von Grün-Abgeordneter Moser sprach Pilz von einer "blau-schwarzen Blockade".

Das Ziel des Untersuchungsausschusses fasste Pilz mit den Worten zusammen: aufklären, wiedergutmachen, neu beginnen. Er hofft auf die "schärfsten Korruptionsgesetze in der Europäischen Union" als Ergebnis der Beratungen.

Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses wurde vom Nationalrat einstimmig angenommen.

Im Anschluss an die 126. NR-Sitzung fand eine 127. Sitzung statt, die geschäftsordnungsmäßigen Mitteilungen und Zuweisungen diente. (Schluss)