Parlamentskorrespondenz Nr. 1018 vom 04.11.2011

Verwaltungsgerichte: Ostermayer hofft auf Fünf-Parteien-Einigung

Budgetausschuss setzt Beratungen über das Budget 2012 fort

Wien (PK) – Mit den Budgetkapiteln Bundeskanzleramt, Präsidentschaftskanzlei, VfGH und VwGH setzte der Budgetausschuss des Nationalrats heute seine Beratungen über den Haushaltsentwurf der Regierung für 2012 fort. Unter anderem ging es dabei um die geplante Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die Verwaltungsreform, die Anerkennung von Bachelor-Abschlüssen im Öffentlichen Dienst, Fragen der IKT-Sicherheit, die Presseförderung und die Volkgruppenförderung.

Staatssekretär Josef Ostermayer stellte dabei sowohl in Bezug auf das Volksgruppengesetz als auch in Bezug auf die Verwaltungsgerichte noch für heuer Gesetzentwürfe der Regierung in Aussicht. Die zum Teil deutlich steigenden Personalkosten in den Ressorts sind ihm zufolge in erster Linie auf eine einmalige technische Umstellung zurückzuführen: Das Gehalt für Jänner 2013 muss aufgrund des neuen Haushaltsrechts bereits 2012 budgetiert werden.

Die für den Öffentlichen Dienst zuständige Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek informierte die Abgeordneten unter anderem darüber, dass bisher rund 600 ehemalige Postbedienstete in den Bundesdienst gewechselt haben, davon etwas mehr als die Hälfte in das Innenressort zur Unterstützung der Exekutive. Auch bei der Aufstockung des Personalstandes der Polizei um 1.000 BeamtInnen bis zum Jahr 2013 ist man ihrer Auskunft nach im Zeitplan. Im kommenden Jahr sind dafür 200 zusätzliche Planstellen vorgesehen. Weiter kein Geld ist laut Heinisch-Hosek für eine große Besoldungsreform im Öffentlichen Dienst – mit höheren Einstiegsgehältern und einer späteren Abflachung der Gehaltskurve – vorhanden.

Die Opposition hinterfragte unter anderem die Kosten für den neuen Internetauftritt und die Facebook-Seite von Bundeskanzler Werner Faymann. So meinte etwa Abgeordneter Ewald Stadler (B), dass dafür die SPÖ aufkommen müsste. Laut Staatssekretär Josef Ostermayer hat die Entwicklung des "Social-Web" des Kanzlers einmalig 98.000 € gekostet, die laufenden monatlichen Kosten bezifferte er mit 1.880 €. Insgesamt sind neun Personen im Bundespressedienst damit beschäftigt. Ostermayer versicherte, dass streng zwischen den Aktivitäten Faymanns als Bundeskanzler und seinen Aktivitäten als SPÖ-Vorsitzender getrennt werde.

Die Ausgaben des Bundeskanzleramts sind im Budgetentwurf 2012 mit 344 Mio. € (plus 2,47 %), die Einnahmen mit 5 Mio. € veranschlagt. Dabei schlagen sowohl höhere Personalkosten als auch ein steigender ressortinterner Sachaufwand zu Buche. Allerdings werden zehn weitere Planstellen gestrichen und der Personalstand damit auf 1.045 reduziert (im Vergleich 2010: 1.091). Deutlich mehr Geld benötigt der Asylgerichtshof, unter anderem für die Rechtsberatung von Flüchtlingen. Im Bereich der Presse- und Parteienförderung ist hingegen ein Budgetminus zu verzeichnen. Die EFRE-Zahlungen (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) verringern sich um 6,8 Mio. € gegenüber dem Finanzjahr 2011.

Regierung will neues Volksgruppengesetz noch heuer vorlegen

Im Rahmen der Diskussion über das Budget des Bundeskanzleramtes wurde von den Abgeordneten unter anderem die Verwaltungsreform (Abgeordneter Werner Herbert, F), die Presseförderung (Abgeordneter Wolfgang Gerstl, V), die Volksgruppenförderung (Abgeordneter Gabriel Obernosterer, V, Abgeordneter Wolfgang Zinggl, G), der neue Internetauftritt des Bundeskanzlers (Abgeordneter Wolfgang Gerstl, V, Abgeordneter Dieter Brosz, G, Abgeordneter Stefan Markowitz, B, Abgeordneter Ewald Stadler, B), das Thema Datenschutz und IKT-Sicherheit (Abgeordneter Johann Maier, S) und Fragen des öffentlichen Dienstes (Abgeordneter Werner Herbert, F, Abgeordneter Johann Singer, V, Abgeordneter Otto Pendl, S, Abgeordnete Angela Lueger, S) angesprochen. So vermisste Abgeordneter Herbert etwa konkrete Budgetposten für die Verwaltungsreform. Abgeordneter Maier wies angesichts der steigenden Cyber-Kriminalität auf die Bedeutung von internationaler Zusammenarbeit im Bereich der IKT-Sicherheit hin.

Staatssekretär Josef Ostermayer machte im Rahmen der Beantwortung der Fragen geltend, dass laufend Reformen im Bereich der Verwaltung vorgenommen würden. Unter anderem wies er auf vereinbarte Personalreduktionen und Projekte im Bereich E-Government hin. So ist es ihm zufolge etwa durch die in Loipersdorf gefassten Regierungsbeschlüsse zu einer Reduktion des budgetären Aufwands des Bundeskanzleramts von 3,7% gekommen. Den aktuellen Stand der Rücklagen des Bundeskanzleramts bezifferte Ostermayer auf eine Frage von FPÖ-Abgeordnetem Walter Rosenkranz mit 26 Mio. €, die ihm zufolge aber bis 2014 verbraucht werden. Dazu kommen Rücklagen aus EFRE-Mitteln, die jedoch lediglich ein "Durchlaufposten" seien.

Die Kürzung der Presseförderung werde teilweise durch Mittel des Digitalisierungsfonds kompensiert, erklärte Ostermayer. Derzeit ist auch eine Evaluierung der Presseförderung im Laufen: Man will prüfen, ob das Ziel der Presseförderung, mediale Vielfalt zu sichern, mit der jetzigen Form der Förderung erreicht wird.

In Bezug auf das neue Volksgruppenrecht stellte Ostermayer einen Gesetzentwurf der Regierung noch für heuer in Aussicht. Er will zuvor aber noch letzte Gespräche mit den Volksgruppen führen. Ein wesentliches Ziel sei es, den Volksgruppen mehr Autonomie bei der Verteilung der Fördermittel einzuräumen, allerdings gebe es dagegen Widerstände, skizzierte der Staatssekretär. Eine Inflationsanpassung der Volksgruppenförderung im kommenden Jahr erachtet er auf Grund der Budgetknappheit für nicht machbar.

Für allgemeine Regierungsinformation sind im Budget des Bundeskanzleramtes laut Ostermayer im Jahr 2012 3,82 Mio. € veranschlagt, etwas weniger als 2011. Dazu kommen 0,7 Mio. € für die Bewerbung von E-Government. Hinsichtlich des geplanten Medientransparenzgesetzes drängte Ostermayer auf einen Beschluss noch im heurigen Jahr.

Was die IKT-Sicherheit anlangt, wies Ostermayer darauf hin, dass das Bundeskanzleramt hier eine Koordinierungsfunktion habe und international gut vernetzt sei. So arbeite man etwa mit der Europäischen Agentur für Netzsicherheit zusammen. Es gebe immer wieder Hacker-Attacken gegen Ministerien, schilderte der Staatssekretär, diese hätten bislang jedoch abgewehrt werden können.

Bachelor-Abschluss wird künftig im Öffentlichen Dienst anerkannt

Fragen zum Dienstrecht beantwortete Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek. Sie wies unter anderem darauf hin, dass bisher 330 Postbedienstete in das Innenministerium gewechselt hätten. Diese Bediensteten schlagen sich bei den Exekutiv-Planstellen nicht nieder, da sie ihre Verwaltungsplanstellen behalten haben. Weitere 270 Postbedienstete arbeiten laut Heinisch-Hosek mittlerweile im Justizministerium, bei der Fernmeldebehörde des Verkehrsministeriums und im Finanzministerium, wo sie bei der Bekämpfung illegaler Beschäftigung und Sozialbetrug eingesetzt werden.

Derzeit auf Eis liegen die Verhandlungen über eine Besoldungsreform im Öffentlichen Dienst. Wie Heinisch-Hosek erklärte, ist – auf Basis von Erfahrungen im Land Niederösterreich – mit einem zusätzlichen Personalaufwand von fast 300 Mio. € in den ersten Jahren zu rechnen, sollten höhere Einstiegsgehälter eingeführt werden. Diese Mittel seien aber nicht vorhanden. Aktuell verhandelt werde aber über ein neues Dienstrecht für LehrerInnen.

Eine derzeit in Begutachtung stehende Dienstrechtsnovelle bringt Heinisch-Hosek zufolge einige wichtige Änderungen für den öffentlichen Dienst. So sei etwa vereinbart worden, jene rund 200 bis 300 Bediensteten, die neben ihrer Tätigkeit einen Bachelor-Abschluss erworben haben, besser einzustufen. Für sie gilt künftig eine eigene Gehaltskurve, die zwischen Matura und Masterstudium angesiedelt ist. Zudem stünden den Betroffenen alle Funktionen, bis hin zum Sektionschef, offen, sagte Heinisch-Hosek. Gleichzeitig stellte die Ministerin klar, dass es für neu eintretende Bundesbedienstete mit Bachelorabschluss eine automatische Anerkennung der akademischen Ausbildung gebe, wenn sie auf einem entsprechenden Arbeitsplatz eingesetzt würden.

Um Frühpensionen im Bereich der Exekutive zu vermeiden, wird es nach Information von Heinisch-Hosek in Zukunft möglich sein, sich bei Dienstunfähigkeit für den Außendienst ohne wesentliche Gehaltseinbußen in den Innendienst versetzen zu lassen. 

Endgültig Schluss machen will Heinisch-Hosek mit unbezahlten Praktika im Öffentlichen Dienst. Für PraktikantInnen mit akademischem Abschluss ist in Hinkunft bei einer einjährigen Beschäftigung ein Gehalt von 1.300 € im Monat, bei 3 monatiger Beschäftigung ein Gehalt von 900 € monatlich vorgesehen.

Nichts abgewinnen konnte Heinisch-Hosek dem Vorschlag von BZÖ-Abgeordnetem Ewald Stadler, die Gleichbehandlungssenate in das neue Bundesverwaltungsgericht zu integrieren. Sie wies darauf hin, dass die Gleichbehandlungssenate nicht als Rechtsmittelinstanzen, sondern als Schiedsinstanzen konzipiert seien.

Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit spätestens 2015

Am Beginn der Sitzung hatte sich der Budgetausschuss mit dem Budget der Präsidentschaftskanzlei, des Verfassungsgerichtshofs und des Verwaltungsgerichtshofs beschäftigt. Für die Präsidentschaftskanzlei sind im Jahr 2012 laut Budgetentwurf Ausgaben in der Höhe von 8,1 Mio. € veranschlagt. Das ist ein Plus gegenüber dem Voranschlag 2011 von 0,5 Mio. €  bzw. 6,6%. Auch für den Verfassungsgerichtshof (12,7 Mio. € nach 11,6 Mio. € im Jahr 2011) und den Verwaltungsgerichtshof (16,9 Mio. € nach 15,6 Mio. € im Jahr 2011) sind höhere Budgetmittel vorgesehen. Grund dafür sind unter anderem die Übersiedelung des VfGH in ein neues Amtsgebäude und die damit in Zusammenhang stehende räumliche Konzentration des VwGH an einem Standort sowie EDV-technische Modernisierungen. So soll etwa im VwGH der elektronische Rechtsverkehr eingeführt werden. Zu Buche schlagen auch Vorarbeiten für eine große internationale Konferenz der europäischen Verfassungsgerichte in Wien.

Der Personalstand bleibt in allen drei Obersten Organen im Wesentlichen unverändert, VfGH und VwGH müssen allerdings jeweils auf eine Planstelle verzichten.

Seitens der FPÖ sprach sich Abgeordneter Harald Stefan dafür aus, das Sessionensystem im Verfassungsgerichtshof zu überdenken. Er erwartet sich davon eine Beschleunigung der Verfahren. Seiner Ansicht nach wäre es außerdem sinnvoll, die Amtszeit von VerfassungsrichterInnen auf 10 oder 12 Jahre zu begrenzen.

Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) signalisierte Unterstützung der ÖVP für eine rasche Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der damit zusammenhängenden notwendigen Änderung von zahlreichen Materiengesetzen. Abgeordnete Daniela Musiol (G) betonte, den Grünen sei es wichtig, dass der Rechtsschutz der BürgerInnen durch die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit auf keinen Fall gefährdet sei. Abgeordneter Ewald Stadler (B) regte unter anderem an, jene Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate, die über keine Gerichtserfahrung verfügen, befristet an den Verwaltungsgerichtshof zu schicken, wo sie zum einen Erfahrungen sammeln und zum anderen mithelfen könnten, den Verfahrensrückstand abzuarbeiten.

Staatssekretär Josef Ostermayer verteidigte das Sessionensystem am Verfassungsgerichtshof und wies darauf hin, dass es keine Probleme mit der Verfahrensdauer am Verfassungsgerichtshof gebe. Die Verfahren würden rasch abgewickelt. Um die ansteigende Zahl von Asylfällen zu bearbeiten, gebe es zusätzliche Zwischensessionen.

Was die Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit betrifft, machte Ostermayer geltend, dass nach der grundsätzlichen Einigung mit den Ländern nun noch einige Punkte zu klären seien. So gehe es etwa um die Frage, wie lange Übergangszeiten man brauche. Schließlich müssten zahlreiche Gesetze geändert und Verfahrensrückstände abgebaut werden. Angedacht ist ihm zufolge eine Aufnahme der Tätigkeit der neun Landesverwaltungsgerichte und der zwei Bundesverwaltungsgerichte mit 1. Jänner 2015, er hofft allerdings noch, den Start auf 2014 vorverlegen zu können.

Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern sind durch die Neuordnung der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nicht vorgesehen, betonte Ostermayer. Eine Ausnahme seien fremdenpolizeiliche Angelegenheiten, wo es nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Einrichtung des Bundesamts für Asyl und Migration zu Kompetenzänderungen komme.

Außer Streit steht für Ostermayer der Grundsatz, dass das Recht der BürgerInnen durch die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht eingeschränkt werden dürfe. Vielmehr gehe es um schnellere Verfahren und damit auch um mehr Rechtssicherheit für die BürgerInnen, betonte er. Eine österreichweit einheitliche Rechtsprechung solle dadurch gesichert werden, dass die neun Landesverwaltungsgerichte und zwei Bundesverwaltungsgerichte in wichtigen Rechtsfragen einen Instanzenzug zum VwGH zulassen können.

Ostermayer will, wie er sagte, in den nächsten Tagen Gespräche mit allen Oppositionsparteien führen. Er hofft auf eine Fünf-Parteien-Einigung in dieser Frage. (Fortsetzung Budgetausschuss)