Parlamentskorrespondenz Nr. 1033 vom 09.11.2011

Budgetausschuss debattiert österreichische Bildungsausgaben

Schmied: Neue Mittelschule bringt neue Lern- und Lehrkultur hervor

Wien (PK) - Der Budgetausschuss befasste sich in seiner Sitzung heute Vormittag mit dem Budgetvoranschlag des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur. Bei den Gesamtausgaben des Ressorts ist für 2012 eine Steigerung vorgesehen, es wird 8,015 Mrd. € betragen (2011 waren es ca. 7,701 Mrd. €). Die Einnahmen werden unverändert zu 2011 mit von 90,1 Mio. € angesetzt. Der Personalstand des Ressorts wird leicht zurückgehen auf 44.504 (gegenüber 44.811 im Jahr 2011).

Insgesamt investiert Österreich sehr viel in Bildung und ist bei den jährlichen Ausgaben pro Schülerin und Schüler bzw. Studierender/Studierendem im Ländervergleich überall im vorderen Drittel platziert. Bei den Ausgaben für VolksschülerInnen belegt Österreich im OECD-Vergleich Platz 6, im Bereich der Sekundarschulausbildung Platz 5.

Die angestrebten Ziele der Bildungspolitik in Österreich sollen zukünftig über Benchmarks ausgedrückt werden. Hier ist der Befund unterschiedlich. Bei der Zahl frühzeitiger Schul- und AusbildungsabbrecherInnen lag Österreich 2010 mit 8,3% bereits unter der von der EU angestrebten Benchmark von 10% und auch weit besser als das EU-Mittel. Bei der angestrebten Steigerung der Teilnahme von Erwachsenen am lebenslangen Lernen rangiert Österreich mit 13,7% jetzt bereits über dem EU-Mittel und nahe dem bis 2020 angestrebten Wert von 15%. Was allerdings den angestrebten Anteil von 30- bis 34-Jährigen mit einem tertiären Abschluss betrifft, befindet sich Österreich mit 23,5% (2010) derzeit noch ein gutes Stück unter dem EU-Mittel. Zudem soll laut EU-Vorstellungen bis 2020 ein Anteil von 40% erreicht werden. Auch der Prozentsatz von Fünfzehnjährigen, die schlechte Leistungen bei den drei Grundkompetenzen aufweisen, lag in Österreich 2009 weit über dem EU-Durchschnitt. Während hier laut Benchmark bis 2020 dieser Wert höchstens 15% sein soll, betrug der 2009 erhobene Prozentsatz beim Lesen 27,5%, in Mathematik 23,2%, in den Naturwissenschaften 21%.  

Bundesministerin Schmied: Neue Mittelschule ist zentrales Projekt

Als erstes Thema wurde in der Diskussion die Neue Mittelschule erörtert. Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) erfuhr dazu von Unterrichtsministerin Claudia Schmied, dass der zusätzliche Lehrereinsatz für die Neue Mittelschule mit 12,4 Mio. € budgetiert sei. Probleme der Integration von Kindern mit nicht deutscher Muttersprache gebe es vor allem an Pflichtschulen, konzedierte Schmied. Sie werde im Zuge der Umsetzung der Neuen Mittelschule darauf einwirken, dass die Schulaufsicht diesem Thema Beachtung schenke. Ihr gehe es um Qualität und nicht um das bloße Tempo in der Umsetzung.

Zum Thema Sprachförderung erfuhr Abgeordnete Edith Mühlberghuber (F), dass dazu 26,3 Mio. € budgetiert seien. Da die Maßnahme im nächsten Jahr auslaufe, wäre eine Novelle noch im Jahr 2012 notwendig, um sie fortführen zu können. Die Prognose der disponiblen Rücklagen des Ressorts bis Jahresende belaufe sich auf 220,5 Mio. €, diese werden in Personalausgaben fließen, erklärte Schmied.

Abgeordneter Martin Strutz (F) erfuhr auf seine Frage nach einer Novellierung des Privatschulgesetzes, dass eine solche derzeit nicht geplant sei. Schmied betonte, sie schätze Schulen in freier Trägerschaft als wichtigen Teil des Pflichtschulsystems sehr. Die Förderungen konnten in diesem Bereich in den letzten Jahren wesentlich angehoben werden.

Abgeordneter Werner Amon (V) sah ein gelungenes Bildungsbudget, das höchste, das Österreich je hatte. Er wollte wissen, welcher Betrag für Schulversuche in der Sekundarstufe 1 vorgesehen sei und welches Gesamtvolumen für die Neue Mittelschule. Bundesministerin Schmied wies darauf hin, dass die Neue Mittelschule 4.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der Sekundarstufe 1 schaffe. Ihr Ressort verfolge den Grundsatz, Schulversuche kostenneutral zu vergeben, es gebe daher kein eigenes Budget dafür. Prinzipiell sehe sie Schulversuche positiv, sie würden zur Flexibilität und mehr Selbstverantwortung einzelner Schulstandorte beitragen. Mit der Neuen Mittelschule hoffe sie, diese größere Selbstverantwortung auszuweiten, sodass Schulversuche letztlich reduziert würden. Für die Neue Mittelschule sind insgesamt rund 68 Mio. € budgetiert, die Kosten steigen nach einem Stufenplan bis zum Endausbau bis auf 230 Mio. €. Das derzeit teuerste Projekt sei noch vor dem Projekt Tagesbetreuung "Projekt 25", die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, betonte sie.

Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager (V) interessierte sich für eine genaue Aufschlüsselung der Kosten der Neuen Mittelschule nach Bundesländern. Obwohl immer von zusätzlichen Lehrerposten für die Neue Mittelschule die Rede sei, entstehe der Eindruck, dass es regional sogar weniger LehrerInnen gebe. Weitere Fragen der Abgeordneten richteten sich auf das Budget für Begabtenförderung, sowie die Früh- und Leseförderung. Cortolezis-Schlager wollte auch wissen, welche Budgetmittel durch Pensionierungen frei werden. Bundesministerin Schmied betonte dazu, dass die Zuweisung von Lehrerstellen nach den SchülerInnenzahlen erfolge. Es habe seit 2007 hier keine Kürzungen gegeben. "Projekt 25", die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, koste 2012 284 Mio. € zusätzlich. Davon entfallen 244 Mio. € auf Pflichtschulen. Von den 80 Mio. €, die für den Ausbau von Ganztagsschulen budgetiert sind, gehen 28 Mio. € in den Personalaufwand. Der Rest ist Anschubfinanzierung des Bundes für die Schulerhalter. Die Ansätze für Begabtenförderung werden fortgeschrieben, das Projektbudget für Leseförderung betrage 293.000 €. Sogenannte Struktureffekte durch Pensionierungen werden voraussichtlich nicht in dem Maße wirksam, wie sie das Finanzministerium prognostiziert. Sie werde Details dazu schriftlich nachreichen, versprach Schmied.

Abgeordneter Harald Walser (G) konnte den großen Wurf aus den Budgetzahlen nicht ablesen. Die Neue Mittelschule sei vor allem eine "Umbenennungsaktion" für Hauptschulen. In einzelnen Schultypen herrsche Lehrermangel, konstatierte der Abgeordnete, der auch unklare Budgetansätze beim Ausbau ganztägiger Schulformen sah. Bundesministerin Schmied hielt fest, dass sie zwar ein großes Budget zu verwalten habe, dieses aber mit nahezu 95% an Personal- und Mietkosten enorm hohe Fixkomponenten aufweise. Für die tatsächlich mögliche Flexibilität der Budgetgestaltung seien drei Faktoren maßgeblich, nämlich die Entwicklung der Schülerzahl, die vereinbarten bildungspolitischen Projekte und die Gehaltserhöhungen im öffentlichen Dienst. Die Neue Mittelschule sei keine bloße Umbenennungsaktion, sie bringe eine tatsächlich neue Lern- und Lehrkultur hervor, betonte die Ministerin. Auf Qualität werde dabei sehr viel Wert gelegt und diese durch eine Reihe von Maßnahmen abgesichert. Was die Planposten betreffe, so ergebe sich im Schuljahr 2011/12 aufgrund der Entwicklung der SchülerInnenzahl trotz zusätzlicher Einstellungen ein rechnerisches Minus an LehrerInnen. Auch bei LandeslehrerInnen gebe es ähnliche Entwicklungen.

Abgeordnete Helene Jarmer (G) erfuhr, dass das Budget für barrierefreies Bauen 21,4 Mio. € betragen werde. Der für sonderpädagogischen Förderungsbedarf vorgesehene Budgetanteil sei eine Materie des Finanzausgleichs, sagte Ministerin Schmied, den sie nicht mitverhandle. Sie werde sich aber für die Erhöhung dieses Anteils einsetzen. Die UN-Konvention zur Sonderpädagogik werde schrittweise umgesetzt, als nächster Schritt werde die Integration in der 9. Schulstufe erfolgen, und das Ressort verfüge über einen Maßnahmenplan für die zweite Sekundarstufe.

Bildungsstandards und Neue Matura sind wichtige Meilensteine

Abgeordneter Elmar Mayer (S) erkundigte sich nach der konkreten Entwicklung bei der Festlegung der Bildungsstandards und wie man diese umsetzen wolle. Bundesministerin Schmied erläuterte dazu, dass Bildungsstandards eng mit dem Projekt Neue Matura verknüpft seien. Beide Projekte stellten wichtige Meilensteine der Bildungspolitik dar und würden in der öffentlichen Wahrnehmung unter ihrem Wert gehandelt. Konkret werde man 2012 ab der achten Schulstufe flächendeckend die Bildungsstandards in Mathematik testen. Im Juni 2014 werde es die standardisierte Matura erstmals an AHS, 2015 auch an anderen Schultypen geben. Im Jänner werde eine Verordnung zur Neuen Matura erlassen, begleitet von Informationen dazu. Wichtig sei es, im Bildungsbereich eine wertschätzende Kultur der Rückmeldung zu schaffen. Dazu brauche es auch eine Rückkoppelung mit den Pädagogischen Hochschulen. Die Bildungsstandards sollen eine Weiterentwicklung in positiver Richtung anregen und aufzeigen, wo man investieren muss, betonte die Ministerin. In diesem Zusammenhang sei auch die Individualisierung der Schulstandorte notwendig, sodass deren jeweilige sozioökonomischen Hintergründe Berücksichtigung finden.

Abgeordnetem Franz Riepl (S) wurde von der Ressortchefin bestätigt, dass die Lehre mit Matura ein Erfolgsprojekt sei. Im Budget seien dafür 12,4 Mio. € vorgesehen. Aktuell seien 7.742 Lehrlinge im Programm. Mit einzelnen Unternehmen gebe es bereits Vereinbarungen, sodass diese Rücksicht auf Lehrlinge nehmen, die sich auf Prüfungen vorbereiten, doch könnte das Zusammenwirken mit der Wirtschaft hier noch verbessert werden.

Gegenüber Abgeordneter Ursula Haubner (B) betonte die Ministerin, dass alle zentralen Projekte im Schulbereich eindeutig budgetiert seien und damit Planungssicherheit für alle Beteiligten gegeben sei. Die Schulaufsicht solle sich ihrer Vorstellung nach in Richtung Qualitätsmanagement entwickeln und vor allem im Bereich der Neuen Mittelschule gestärkt werden. Eine Reduktion des Budgets für Berufsschulen erkenne sie nicht, die Budgetzahlen spiegelten vielmehr die Entwicklung der SchülerInnenzahlen wider. Das Schulentwicklungsprogramm hat ein Budget von 1,7 Mrd. €. Dieses werde zu 70 % in Sanierungen bzw. Erweiterungen und zu 30 % in Neubauten gehen. Der Schwerpunkt werde dabei auf Berufsbildenden Schulen liegen. Für gestundete Mieten werde es bis einschließlich 2013 noch Zahlungen an die BIG geben, dann seien diese abgeschlossen. 2012 werden das 75 Mio. € sein. Die Förderungen für Alternativschulen gingen an die jeweiligen Dachverbände, sagte Schmied und versprach, Details dazu schriftlich nachzureichen. Leseförderung sei ein umfangreiches Thema, das aber auch gesamtgesellschaftlich in vielen Bereichen Berücksichtigung finden müsse.

Abgeordneter Walter Rosenkranz (F) warf die Frage auf, warum die Ministerin sich für das Bildungsvolksbegehren ausspreche, wenn doch ihren eigenen Aussagen nach dessen Forderungen im Ressort bereits berücksichtigt werden. Bundesministerin Schmied erwiderte darauf, dass das Entscheidende die Umsetzung sei. Es brauche eine bessere Wahrnehmung der Themen der Bildungspolitik. Das neue Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen sei ein gemeinsames Regierungsprojekt, das in dieser Legislaturperiode hoffentlich noch abgeschlossen werde. Erfreulich sei aus ihrer Sicht die Haltung der Landeshauptleute zur Schulverwaltungsreform, insbesondere in der Frage, ob mehr Agenden der Schulverwaltung in Bundeskompetenz zu übergeben werden. Für die soziale Durchmischung der Klassen insbesondere in Wien würden ganztägige Angebote sicher einen Beitrag leisten, meinte Schmied auf die diesbezügliche Frage von Abgeordnetem Rosenkranz.

Abgeordnete Silvia Fuhrmann (V) erfuhr zum Zeitplan des neuen Dienstrechts von Bundesministerin Schmied, dass ihr Ressort dazu eine Reihe von Szenarien ausarbeite. Ziel sei es, in Koordinierung mit allen Beteiligten noch vor dem Sommer 2012 zu einer Vereinbarung zu kommen. Einen Alleingang ihres Ressorts werde es sicher nicht geben. Auch in der Frage des Ethikunterrichts gebe es eine breite Palette von Vorstellungen, über die man sich erst einig werden müsse. Seine flächendeckende Einführung würde 93 Mio. € kosten.

Abgeordneter Harald Walser (G) erfuhr von der Ministerin, dass die Steigerung des Budgets für Pädagogische Hochschulen sich daraus erkläre, dass hier Umschichtungen aus dem Landeslehrerbudget erfolgt seien, es handle sich also um eine korrektere Form der budgetären Darstellung. Für die Pädagogischen Hochschulen werde es demnächst ein neues Dienst- und Besoldungsrecht geben, das sei ein großer Erfolg.

Abgeordnete Rosa Lohfeyer (S) wollte wissen, wie der bedarfsgerechte Ausbau gangtägiger Schulformen und die optimale Förderung aller SchülerInnen erfolgen solle. Die Bundesministerin verwies dazu auf die Sammelnovelle, die dazu vor dem Sommer verabschiedet wurde. Ein wesentlicher Punkt werde die Information der Schulerhalter sein, welche Fördermöglichkeiten es in diesem Bereich gibt. Es gebe auch eine "verschränkte Form" der Ganztagsbetreuung, diese müsse angeboten werden, wenn 15 SchülerInnen dazu angemeldet werden. Hierzu können Förderungen für den Ausbau des Betreuungs- und Freizeitangebotes in Anspruch genommen werden, das müsse breiter kommuniziert werden. Ihr Ressort werde sich bemühen, vor allem die BürgermeisterInnen hier anzusprechen.

Die Frage von Abgeordneter Christine Muttonen (S) zielte auf die Berufsorientierung an Schulen. Sie erfuhr, dass es dazu ein Projektbudget von 215.000 € gebe. Wichtig seien verbindliche Maßnahmen, meinte die Ministerin. An den Neuen Mittelschulen habe man bereits Schüler-Eltern-Lehrergespräche eingeführt, die sich sehr bewährten und allgemeiner Standard werden sollten.

Abgeordnetem Stefan Petzner (B) gab die Ministerin bekannt, dass ihr Ressort für Werbemaßnahmen bis 1. Juli 2011 1,98 Mio. € aufgewendet habe. Für das Bildungsvolksbegehren, dessen Anliegen sie unterstütze, leiste ihr Ressort jedenfalls keine finanzielle Unterstützung. Ausgaben für Repräsentationen seien etwa Bewirtungsausgaben bei Preisverleihungen und anderen Anlässen aus dem Bildungs- und Kulturbereich. (Fortsetzung Budgetausschuss)