Parlamentskorrespondenz Nr. 1043 vom 10.11.2011

Hundstorfer: ArbeitnehmerInnen länger im Erwerbsleben halten

Budgetausschuss diskutiert Kapitel Arbeit und Soziales

Wien (PK) – Nach Beendigung der Beratungen über das Unterkapitel Justiz setzten sich die Mitglieder des Budgetausschusses heute Vormittag eingehend mit den im Bundesvoranschlag 2012 für die Bereiche Arbeit und Soziales vorgesehenen Mitteln auseinander. Dabei kamen die Abgeordneten vor allem auf die Entwicklung des heimischen Arbeitsmarkts, den Reformbedarf in Hinblick auf das Pensionssystem, die Neuerungen auf dem Gebiet der Pflege und die Integration behinderter Menschen ins Erwerbsleben zu sprechen.

Die Budgetentwicklung im Überblick

Die im Bundesvoranschlag 2012 für den Arbeits-, Sozial-, Konsumentenschutz- und Sozialversicherungsbereich vorgesehenen Ausgaben belaufen sich auf rund 19,44 Mrd. €, was einem Anstieg gegenüber dem Vorjahr (rund 17,95 Mrd. €) gleichkommt. Die Einnahmen steigen zeitgleich von rund 4,88 auf rund 5,13 Mrd. €.

Hundstorfer: AMS-Schulungen dienen nicht Beschönigung der Statistik

Die jüngsten Entwicklungen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt standen im Zentrum zahlreicher Fragen, die von Seiten der Abgeordneten Herbert Kickl (F), August Wöginger (V), Birgit Schatz (G), Renate Csörgits (S), Franz Riepl (S), Sigisbert Dolinschek (B) und Andreas Karlsböck (F) an Arbeits- und Sozialminister Rudolf Hundstorfer gerichtet wurden.

Dieser informierte die MandatarInnen darüber, dass das vorliegende Budget vom "worst case"-Szenario in Hinblick auf die Beschäftigungsentwicklung ausgehe: Dementsprechend könne man optimistisch sein, dass mit den für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen veranschlagten Mitteln auch tatsächlich das Auslangen gefunden werden könne. Als in diesem Kontext besonders wichtige Initiative hob Hundstorfer das Programm "Fit to work" hervor, mit dem man ArbeitnehmerInnen länger im Erwerbsleben halten wolle. Zu seinem Ausbau stünden 2012 rund 27 Mio. € zur Verfügung.

Was Initiativen zur Förderung von Frauen am Arbeitsmarkt anbelange, setze man Impulse, um Wiedereinsteigerinnen und ältere Arbeitsnehmerinnen zu unterstützen. Außerdem wolle man Frauen zum Nachholen von Lehrabschlüssen und zur Öffnung gegenüber technischen Berufen motivieren, informierte Hundstorfer.

Menschen mit Migrationshintergrund gelte es überdies, Qualifizierungsmaßnahmen und Sprachförderung zukommen zu lassen. Hundstorfer gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass es sich hierbei um eine sehr inhomogene Gruppe handelt: Schließlich verzeichne man hier überproportional viele ArbeitnehmerInnen mit akademischem Abschluss, aber auch überdurchschnittlich viele ohne berufliche Qualifikation. Mit der von Abgeordnetem Herbert Kickl (F) angesprochenen erweiterten Erhebung von Daten betreffend den Migrationshintergrund von Personen, die beim AMS arbeitslos gemeldet sind, ziele man darauf ab, Maßnahmen für MigrantInnen der zweiten und dritten Generation, die meist schon die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, treffsicherer zu gestalten.

Die im Rahmen eines Rechnungshofberichts an Schulungs- und Vergabepraxis des AMS geübte Kritik konnte Hundstorfer nicht nachvollziehen. Was etwa im Bereich der IT eingefordert worden sei, passiere bereits seit 1994, erläuterte der Sozialminister. Anregungen des Rechnungshofs nehme man aber grundsätzlich ernst: Alle Maßnahmen unterlägen dementsprechend einer ständigen Evaluierung, versicherte er. Das AMS bemühe sich außerdem, "immer besser zu werden". Dementsprechend versuche man auch, Maßnahmen zu verschieben und zu konzentrieren. Scharf zurück wies Hundstorfer den von Seiten der FPÖ vorgebrachten Vorwurf, AMS-Schulungsmaßnahmen dienten lediglich der Beschönigung der Arbeitslosenstatistik: Er habe "es nicht notwendig, etwas zu verstecken", ließ Hundstorfer wissen, denn alle Zahlen lägen "offen auf dem Tisch".

Was die Öffnung des Arbeitsmarkts am 1. Mai 2011 für ArbeitnehmerInnen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten betrifft, seien rund 19.800 Personen nach Österreich gekommen, um hier einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Die meisten dieser Menschen stammten dabei aus Ungarn, Polen und der Slowakei. Der von mancher Seite prophezeite Ansturm sei damit aber ausgeblieben. Das vor diesem Hintergrund verabschiedete Gesetz zur Verhinderung von Lohn- und Sozialdumping bewähre sich in der Praxis: Die eingehobenen Strafzahlungen flössen direkt ins Budget.

Bei den Anträgen, die bislang auf Erteilung einer "Rot-Weiß-Rot-Karte" eingebrachten wurden, handle es sich vor allem um sehr qualifizierte ArbeitnehmerInnen, informierte Hundstorfer. Dabei gehe es auch nicht ausschließlich um ProfisportlerInnen, sondern auch um TechnikerInnen und in Gesundheitsberufen tätige Menschen.

Kurzarbeit werde derzeit äußerst sparsam eingesetzt, informierte Hundstorfer, das spiegle sich natürlich auch im Budget wider. Sollten hinkünftig wieder höhere Aufwendungen für Kurzarbeitsbeihilfen erforderlich sein, habe man aber Vorkehrung getroffen.

Mindestsicherung ermöglicht Reintegration ins Erwerbsleben

Was die von Seiten der Abgeordneten Herbert Kickl (F), August Wöginger (V) und Johann Hechtl (S) angesprochene Bedarfsorientierte Mindestsicherung anbelangt, sei es gelungen, ca. 14.000 ehemalige BezieherInnen erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu reintegrieren, erläuterte der Minister. Rund 29.000 EmpfängerInnen befanden sich (mit Stand Ende Oktober 2011) außerdem in Schulungsmaßnahmen, die eine Wiedereingliederung ins Erwerbsleben ermöglichen sollten.

Rund 34.000 Menschen mit Behinderung sind arbeitssuchend

Für Maßnahmen betreffend die Verbesserung der Situation behinderter Menschen am Arbeitsmarkt interessierten sich insbesondere die Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig (S), Franz-Joseph Huainigg (V), Helene Jarmer (G) und Sigisbert Dolinschek (B).

Sozialminister Hundstorfer räumte ein, dass die Krise vor allem integrative Betriebe schwer getroffen habe. Zwei davon befänden sich noch immer in einem längerfristigen Reorganisations- und -strukturierungsprozess, erläuterte er.

Die Zahl der arbeitslos gemeldeten Menschen mit Behinderung belaufe sich derzeit auf 34.000, womit man eine Abnahme um 2.000 Fälle gegenüber dem Vorjahr verzeichne. Die finanziellen Mittel für die Förderung Behinderter blieben mit 160 Mio. € gegenüber 2011 konstant. Im Hinblick auf das ebenfalls angesprochene Thema der persönlichen Assistenz verwies Hundstorfer auf die Einrichtung einer Arbeitsgruppe mit den Ländern. Derzeit würden 345 Personen, die persönliche Assistenz am Arbeitsplatz benötigten, mit rund 4,5 Mio. € gefördert, skizzierte er.

Der Bund setze in Hinblick auf die Integration behinderter Menschen außerdem noch einen weiteren Schritt: Personen mit einer Behinderung im Ausmaß von über 70% sollen künftig auch außerhalb des Stellenplans aufgenommen werden können, informierte der Sozialminister. Sein Ressort versuche dabei in jeder Hinsicht eine Vorbildfunktion zu übernehmen. So habe man etwa eine Übererfüllung der Beschäftigungspflicht zu verzeichnen und zeige Bemühungen auf dem Gebiet der integrativen Berufsausbildung.

Invaliditätspensionen sind das Hauptproblem

Besonders interessiert zeigten sich MandatarInnen auch am Thema Pensionen. Die Abgeordneten August Wöginger (V), Karl Öllinger (G), Sabine Oberhauser (S), Sigisbert Dolinschek (B), Herbert Kickl (F), Karl Donabauer (V) und Erwin Spindelberger (S) erkundigten sich dementsprechend nach konkreten Reformüberlegungen des Ministers.

Hundstorfer informierte die Mitglieder des Ausschusses dabei auch über allgemeine Trends im Pensionsbereich: Das faktische Antrittsalter im Falle von Direktpensionen sei in der letzten Dekade sowohl bei Männern als auch Frauen um ein Jahr gestiegen. Eine problematische Entwicklung gebe es jedoch hinsichtlich der Invaliditätspensionen zu verzeichnen, wo das Antrittsalter gesunken ist. Dieser Entwicklung gelte es gegenzusteuern, indem man Vorsorge dafür treffe, dass ArbeitnehmerInnen länger gesund im Erwerbsleben stehen können. Das auch von Seiten der Arbeitsinspektion getragene Programm "Fit to work" sei auf dieses Ziel hin ausgerichtet. Finanziell getragen werde die Initiative, die auch auf die Prävention psychosozialer Belastungen abstelle, von Sozialministerium, Sozialversicherung und Bundessozialamt. Dem Grundsatz "Rehabilitation statt Pension" bleibe man damit verbunden, versicherte Hundstorfer.

Pflege: Vereinheitlichung von Qualitätsstandards anzustreben

Was den von Seiten der Abgeordneten Oswald Klikovits (V), Christine Lapp (S), Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) und Sigisbert Dolinschek (B) angesprochenen Bereich der Pflege betrifft, strebe man für die nächste Finanzperiode die Vorlage eines Konzepts an, das unter anderem eine Vereinheitlichung der diesbezüglichen Qualitätsstandards sicherstellen soll, informierte Hundstorfer. Derzeit erfolge die Verteilung der Mittel ausschließlich nach dem Bevölkerungsschlüssel.

Das Pilotprojekt zur Pflegegeldeinstufung sei höchst erfolgreich verlaufen, konstatierte der Sozialminister. Dementsprechend sollen nunmehr jene 15% der Fälle, in denen es lediglich um die Bewertung eines veränderten Pflegeaufwands und damit eine höhere Pflegegeldeinstufung gehe, von diplomiertem Pflegepersonal begutachtet werden. 

Mit der restriktiveren Handhabung des Zugangs zu den Pflegestufen 1 und 2 habe man eine Dämpfung der Kostensteigerung um 21 Mio. € erzielt. Für die Pflegestufe 6 werde jetzt aber mehr als vorher aufgewendet, gab Hundstorfer zu bedenken.

Zu Qualitätssicherungszwecken wären außerdem rund 20.000 Hausbesuche durchgeführt worden, informierte der Minister.

Jugendbezogene Ausgaben erreichten ein Volumen von 622 Mio. €

Rechne man wirklich alle Mittel, die man für jugendbezogene Maßnahmen aufwendet, zusammen, so erreiche man 2011 ein Volumen von 622 Mio. €, erklärte Hundstorfer. Dass man einen leichten Anstieg bei den betrieblichen Lehrverträgen im ersten Lehrjahr habe verzeichnen können, sei außerdem ein positives Signal, stand für ihn außer Frage.

Der von Abgeordneter Ursula Haubner (B) angesprochene Anerkennungsfonds für besonderes freiwilliges Engagement soll sich nicht aus Budgetmitteln, sondern aus Schenkungen und Erbschaften speisen, schloss Hundstorfer. (Fortsetzung Budgetausschuss)