Parlamentskorrespondenz Nr. 1048 vom 10.11.2011

Finanzministerin Fekter: Österreichs Triple A ist stabil

Weitere Themen: Gerechte Steuern, Schuldenbremse und Wachstumspolitik

Wien (PK) – Bevor der Budgetausschuss heute Nachmittag über den BFG-Entwurf 2012 und den dazu vorliegenden Abänderungsantrag abstimmte, hatte Finanzministerin Maria Fekter ihre Ressortansätze gegenüber den Ausschussmitgliedern zu vertreten. Das Budget des Finanzressorts umfasst insgesamt 8 Untergliederungen (15, 16, 23, 44, 45, 46, 51, 58). Für 2012 sind dort insgesamt Ausgaben von 21,0542 Mrd. € veranschlagt. Die größten Beträge gelten mit 8,8955 Mrd. € den Pensionen im Bereich des Bundes und mit 8,0342 Mrd. € der Finanzschuld. Der Aufwand für die Tilgung der Finanzschuld wird auf 18,2967 Mrd. € geschätzt, für die Verzinsung sind 7,7794 Mrd. € vorgesehen. Der Zinsaufwand steigt 2012 um 243 Mio. €, der Tilgungsaufwand um 3,8554 Mrd. €.

An Einnahmen erwartet die Finanzministerin insgesamt 50,6815 Mrd. €.  43,7368 Mrd. € kommen von den öffentlichen Abgaben und 2,3217 aus der Kassenverwaltung, bei der 408,625 Mio. € an Rücklagenentnahmen geplant sind.

Eingangs der Debatte vorgebrachten Zweifeln des Abgeordneten Elmar Podgorschek (F) an einer ausreichend realistischen Berechnung der dem Budgetentwurf zugrunde liegenden Lohnsteuer- und Körperschaftsteuereinnahmen sowie der Inflationsberechnung trat Finanzministerin Maria Fekter entgegen, indem sie die Berechnungsmethoden des WIFO erläuterte und darauf aufmerksam machte, dass die Inflationsrate mit 2,1 % für 2012 nicht zu niedrig angesetzt sei, weil die Rohstoffpreise infolge der gedämpften Konjunktur "nicht explodieren werden".

Den Abgeordneten Elmar Podgorschek und Maximilian Linder (beide F) teilte die Ressortleiterin auch mit, dass tatsächlich nicht alle Schulden der Gemeinden, insbesondere im außerbudgetären Bereich, bekannt seien, führte aber aus, dass die Umsetzung der "Sixpack"-Beschlüsse der Europäischen Union künftig auch für Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen strenge Informationspflichten über alle Schulden und Haftungen, auch im ausgegliederten Bereich, mit sich bringen. "Damit ein Fall wie in Kärnten nicht wieder passieren kann." Eine kleine Novelle zum Finanzausgleich, der bis 2014 gilt, liegt dem Haus bereits vor. Eine Reform des Finanzausgleichs werde von einer Arbeitsgruppe des Ressorts vorbereitet, erfuhren die Ausschussmitglieder.

Höhere Dividenden der Verbundgesellschaft und der Nationalbank seien dem Budgetentwurf 2012 aufgrund der von dort gemeldeten Gewinnprognosen zugrunde gelegt worden, teilte die Ministerin den Abgeordneten Wolfgang Zanger (F) und Peter Westenthaler (B) mit. Veränderungen bei den Ertragsanteilen durch die Gemeindereform in der Steiermark seien im vorliegenden Budgetentwurf noch nicht berücksichtigt, es gelte noch die alte Rechtslage, sagte Fekter.

"Apokalyptische Aussagen" über die Bonität der Republik Österreich und die Stabilität des Triple A-Ratings wies die Ressortleiterin vehement zurück, als Abgeordneter Alois Gradauer (F) sie auf diesbezügliche öffentliche Aussagen des Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, hinwies. Österreich habe eine sehr gute Beschäftigungslage, die Konsumnachfrage sei gut, die Steuereinnahmen wachsen und das Konsolidierungsprogramm werde laufend übererfüllt. Der vorliegende Budgetentwurf sei konservativ erstellt worden, hielt die Ministerin einmal mehr fest. Die Stabilität der österreichischen Staatsfinanzen werde durch keinerlei zusätzliche Risiken gefährdet. "Das Triple A-Rating ist stabil", fasste Fekter zusammen und hielt Felderers Aussagen über Auswirkungen der Lage in Italien auf Österreich, die auch BZÖ-Klubobmann Josef Bucher ansprach, die Ansicht ihrer Experten entgegen, von den italienischen Entwicklungen werden keine Bremswirkungen auf Österreich ausgehen. Zudem berichtete die Ministerin von der guten Aufnahme einer jüngst begebenen österreichischen Staatsanleihe auf dem Finanzmarkt.  

Zugleich räumte die Finanzministerin aber ein, dass Österreich hohe Schulden habe und berichtete über Gespräche der Koalitionsparteien zur Einführung einer Schuldenbremse, wobei sie sich gemeinsam mit VP-Abgeordnetem Günter Stummvoll dafür aussprach, diese Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern. Fekter appellierte an die Abgeordneten, in dieser Frage einen Konsens herbeizuführen.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) machte an dieser Stelle darauf aufmerksam, dass Österreich eine geringere Schuldenquote habe als Deutschland oder Großbritannien und bei der Defizitquote im Jahr 2012 nicht weit von der Erfüllung des Maastricht-Kriteriums von 3 % entfernt liege. Darauf reagierte die Finanzministerin allerdings mit der Feststellung, dass Österreich durchaus Anlass habe, sich beim Defizit- und Schuldenabbau anzustrengen. Für 2012 sei das Budget ausgewogen und nicht so ambitioniert erstellt worden, wie es die EU vorschlage, weil es galt, scharfe Bremswirkungen auf die Konjunktur zu vermeiden.

Eines Sinnes wusste sich die Finanzministerin mit S-Abgeordnetem Christoph Matznetter in der Kritik an Zwangspensionierungen bei der Post. Fekter warb um Unterstützung ihrer Bemühungen, steuerbegünstigte "golden handshakes" abzustellen. Sie habe sich schon als Innenministerin dafür eingesetzt, Postbedienstete bei der Polizei zu beschäftigen, sagte Fekter und berichtete von der erfolgreichen Übernahme ehemaliger Postbediensteter in das Finanzressort. Eine Verantwortung ihrerseits für die genannte Vorgangsweise bei der Post lehnte Fekter gegenüber Abgeordnetem Kai Jan Krainer (S) dezidiert ab.

In ihren weiteren Ausführungen informierte die Finanzministerin Abgeordneten Krainer über ihr Engagement bei der Berücksichtigung des Gender Budgetings in den Wirkungszielen ihres Ressorts, wobei sie festhielt, dass Gender Budgeting nicht einfach "Frauenförderung" bedeute, sondern den Abbau aller versteckten Diskriminierungen von Frauen. Dies sei Aufgabe der speziellen Beauftragten in allen Ministerien, hielt die Finanzministerin fest und informierte über bessere Qualifizierungsangebote, Karriereförderung und "gegenderte" Unterlagen für die Ausbildung von MitarbeiterInnen ihres Ressorts. Eine Diskriminierung von Frauen sah die Finanzministerin in den Gebühren für Eheverträge, die dazu führen, dass Unterhaltszahlungen wegen der hohen Kosten in solche Verträge nicht aufgenommen werden können. Die Ministerin warb um Unterstützung für ihren Vorschlag, diese Gebühren zu streichen. "Ich habe die Gender-Ziele fest im Auge", sagte die Ministerin. An der Formulierung der Wirkungsziele, die ab dem Budget 2013 gelten werden, werde derzeit noch gearbeitet.

Fragen des Abgeordneten Krainer über geplante Rücklagenentnahmen im Jahr 2012 beantwortete die Ressortleiterin mit dem Hinweis darauf, dass eine Rücklage ihres Ressorts für Lehrergehälter und für das Ziel eingesetzt werde, den Deutschunterricht im Rahmen von Integrationsbemühungen zu verstärken. Eine weitere Rücklagenauflösung zugunsten des Außenministeriums diene dem erhöhten EDV-Aufwand der Botschaften bei der Umstellung auf das neue Haushaltsrecht. 

Abgeordneten Werner Kogler (G) informierte die Ministerin über ihre Absicht, das Steuersystem einfacher und leistungsgerechter zu gestalten und Einkommensteuerzahler sowie Familien zu entlasten. An der Steuerstrukturreform, nach der sich Kogler in mehreren Fragen im Detail erkundigte, arbeite derzeit eine Expertengruppe, Mitteilungen über Ergebnisse wären aber noch verfrüht, sagte die Ministerin.

Abgeordneter Günter Stummvoll (V) warnte davor, durch eine öffentliche Diskussion über Steuererhöhungen dem Wirtschaftsstandort zu schaden oder durch Aussagen über Steuersenkungen unrealistische Begehrlichkeiten zu wecken, wobei Stummvoll an diesbezügliche  Aussagen der Budgetexperten erinnerte. Der Abgeordnete plädierte für interne Arbeit an der Steuerreform, für mehr Transparenz bei den sehr unterschiedlichen Mindestsicherungen der Bundesländer und für eine in der Verfassung verankerte Schuldenbremse. Große Unterschiede in der Mindestsicherung der einzelnen Bundesländern registrierte auch die Finanzministerin und sprach in diesem Zusammenhang Hoffnungen auf die Wirkung des Transparenzkontos aus. Ein klares Ja sagte Fekter zur Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung und zur Einbeziehung der Länder und Gemeinden im Wege des Stabilitätspakts. Bei außergewöhnlichen Ereignissen bestehe ohnedies die Möglichkeit, budgetär zu reagieren. Dies sei ausdrücklich auch in den EU-Bestimmungen für die Schuldenbremse so vorgesehen, informierte die Ministerin.

Abgeordnete Gabriele Tamandl (V) unterrichtete die Bundesministerin über eine hohe und zuletzt weiter verbesserte Steuermoral der Österreicher – die Steuerschulden haben einen historischen Tiefststand, erfuhr der Ausschuss - und berichtete von Bemühungen mit der Innenministerin und der Justizministerin, beim Kampf gegen die organisierte Kriminalität auch illegale Gewinne und hinterzogene Steuern einzuziehen.

Abgeordneter Josef Bucher (B) bezweifelte unter Berufung auf die Aussagen des Vorsitzenden des Staatsschuldenausschusses, dass Österreich seinen Konsolidierungspfad einhalten könne und warnte erneut vor Gefahren für die Bonität Österreichs. Fekters Antwort auf Buchers Frage, wann Österreich bei der Schuldenquote das Maastricht-Limit von 60 % am BIP erreichen werde, lautete: "Im Jahr 2020. Wir werden einen ambitionierten Sparkurs einschlagen. Ich bin nicht bereit, budgetäre Probleme in die Zukunft zu verschieben", sagte Fekter mit Nachdruck. Sollten außerbudgetäre Schulden, etwa im Bereich der BIG, der ASFINAG oder bei der ÖBB-Infrastruktur aufgrund von EU-Bestimmungen künftig in das Budget aufgenommen werden müssen, wäre dies nicht dramatisch, sagte die Ministerin, es handle sich dabei um bekannte Verbindlichkeiten. 

Sollte neues Geld für Banken notwendig sein, verwies die Ministerin darauf, dass 6 Mrd. € aus dem Bankenpaket noch zur Verfügung stehen. Um einer allfälligen Kreditklemme entgegenzuwirken, plädierte die Ministerin gegebenenfalls dafür, das 2009/10 bewährte Interbankmarkt-Stabilisierungsgesetz, wieder in Kraft zu setzen. Die Volksbanken AG sei die Zinsen für staatliches Partizipationskapital von 93 Mio. € pro Jahr zweimal schuldig geblieben, erfuhren die Abgeordneten.

In einer zweiten Verhandlungsrunde räumte die Finanzministerin gegenüber Abgeordnetem Roman Haider (F) ein, dass es bei gutem Wirtschaftswachstum leichter sein werde, das 60 Prozent-Konsolidierungsziel bei der Schuldenquote bis 2020 zu erfüllen.

In ihren Antworten auf Fragen der Abgeordneten Petra Bayr (S) nach der Rolle internationaler Finanzinstitutionen bei der Überwindung der Weltwirtschaftskrise berichtete die Ressortleiterin über die gute Zusammenarbeit mit internationalen Finanzinstitutionen und über den großen Nutzen, den es für die österreichischen Betriebe habe, sich dort zu engagieren. Einerseits habe Österreich in diesen Organisationen Mitentscheidungsmöglichkeiten, andererseits profitiere die Wirtschaft von Projekten, bei denen das gute Know-how österreichischer Unternehmen auf den Gebieten erneuerbarer Energieträger, Umwelttechnologie und bei der nachhaltigen Energie- und Wasserversorgung zur Geltung kommen. Österreich profitiere daher auch von der Anhebung der Qualitätsstandards bei internationalen Entwicklungsprojekten, sagte die Finanzministerin.

Abgeordneter Kurt Gaßner (S) erfuhr von der Finanzministerin, der abgestufte Bevölkerungsschlüssel im Finanzausgleich habe dazu beigetragen, dass es den Gemeinden mittlerweile finanziell wieder besser geht. Die Ertragsanteile der Gemeinden an den Steuereinnahmen nehmen kräftig zu. Fekter denkt darüber nach, den Ländern und Gemeinden Steuerhoheit im Bereich der Grundbesteuerung einzuräumen, erfuhr Gaßner, der sich dafür aussprach, Grundsteuereinnahmen den Gemeinden zuzugestehen.

Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) drängte auf die Verabschiedung eines Forschungsfinanzierungsgesetzes zur Unterstützung innovativer Unternehmen. Die Finanzministerin sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, die Deckelung bei der Forschungsprämie aufzuheben, um forschende KMU stärker zu fördern. Sie führe derzeit Verhandlungen mit dem Koalitionspartner, um noch offene Fragen beim Thema Kontrolle zu lösen. In der öffentlichen Forschungsförderung liege Österreich im internationalen Vergleich gut, stellte die Ministerin fest, meint aber, es bestehe Verbesserungsbedarf bei den Anreizen für den Einsatz privater Drittmittel.

Auf die Feststellung des Abgeordneten Peter Westenthaler (B), im Bereich der Kassenverwaltung seien 301 Mio. € durch Spekulationen verloren gegangen, reagierte die Finanzministerin, indem sie berichtete, dass die Finanzschuldenmanager aufgrund neuer gesetzlicher Bestimmungen Fremdwährungskredite, Credit Default Swaps und andere riskante Veranlagungen abgebaut haben und nun den Grundsatz einer konservativen Veranlagung von Kassenbeständen strikt einhalten. (Fortsetzung Budgetausschuss)