Parlamentskorrespondenz Nr. 1078 vom 17.11.2011

Schmied: Unterrichtsbudget sichert Fortführung der Reform

Verwaltungsreform bringt Effizienzsteigerung aber wenig Einsparungen

Wien (PK) – Das Kapitel Unterricht (Untergliederung 30) gab einmal mehr Anlass, im Rahmen der Budgetdebatte über die zahlreichen Reformmaßnahmen im Schulbereich zu diskutieren. Während sich Bundesministerin Claudia Schmied und die RednerInnen der Koalitionsparteien zufrieden über die umgesetzten und geplanten Reformen zeigten, forderte die Opposition weitergehende Schritte ein und kritisierte die Lösungen als unzureichende Kompromisse. Hinsichtlich der geforderten Verwaltungsreform im Schulbereich warnte die Ministerin vor zu großen Erwartungen. Diese diene der Effizienzsteigerung, große Einsparungen könnten aber dadurch nicht erzielt werden.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) redete einer Strukturreform im Bildungsbereich das Wort, denn nur so könne eine positive Veränderung der heimischen Bildungslandschaft ins Werk gesetzt werden. Er brachte einen Entschließungsantrag betreffend Schulorganisationsreform ein und forderte die Abschaffung der Bezirksschulräte. Ein weiterer Entschließungsantrag zielte auf eine Stärkung der AHS ab, gehe es doch um die Förderung des Leistungsgedanken, erklärte der Redner.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) votierte gleichfalls für die Abschaffung der Bezirksschulräte und setzte sich dann mit den Inhalten des Bildungs-Volksbegehrens auseinander, das von einer beachtlichen Zahl an Stimmberechtigten unterfertigt worden sei. Es brauche eine Bildungsoffensive, um fit für die Zukunft zu sein, unterstrich der Mandatar. Die Ministerin habe die richtigen Schritte gesetzt, dieses Budgetkapitel verdiene daher Unterstützung.

Abgeordneter Harald WALSER (V) ortete Bewegung in den Reihen der ÖVP, setzten sich doch Teile dieser Partei mittlerweile auch für eine gemeinsame Schule der 10- bis 14jährigen ein. Das zeige, dass der "schwarze Bildungsbeton" bröckle. Er sei also zuversichtlich, dass die Bildungsvorstellungen seiner Fraktion sich auf Sicht durchsetzen könnten. Man solle also an einem Strang ziehen und gemeinsam die Gemeinsame Schule Wirklichkeit werden lassen. Auch die Reform der Schulverwaltung sollte endlich in Angriff genommen werden, schloss der Redner.

Abgeordneter Werner AMON (V) freute sich über die Weiterentwicklung der Hauptschulen, die Umsetzung der neuen Mittelschule und die Beibehaltung der Gymnasien, was einen schönen Erfolg der Regierung darstelle und was die Opposition ruhig anerkennen könne, sagte Amon. Im Regierungsprogramm stünden eine Menge an wichtigen bildungspolitischen Projekten an, und diese würden auch konsequent umgesetzt. Sodann befasste sich der Redner mit dem Bildungs-Volksbegehren, das eine ordentliche Behandlung im Parlament erfahren solle. Er sei aber gegen eine Sonderbehandlung des Volksbegehrens, denn das wäre unfair gegenüber den anderen Volksbegehren.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) attestierte der Ministerin, dass sie ihre Ziele auch umsetze. Das verdiene, egal wie man zu den jeweiligen Punkten stehe, Anerkennung. Gleichwohl sei man mit Kompromissen konfrontiert, die letztlich die richtigen Antworten auf die Herausforderungen in der Bildungspolitik schuldig blieben. Das gelte auch für das vorliegende Budget, blieben doch die längst erforderlichen Reformen auch weiterhin aus, erklärte die Rednerin, die einige der aktuellen Baustellen im Bildungsbereich darlegte. Ein zeitgemäßes Bildungssystem dürfe den Kindern nicht ihre Chancen rauben und die Pädagogen nicht frustrieren. Daher habe sie auch das Bildungs-Volksbegehren unterschrieben, schloss die Rednerin.

Bundesministerin Claudia SCHMIED rechtfertigte ihr Reformprogramm im Bildungsbereich und ging auf die einzelnen Schritte dieses Programms im Detail ein. Daran orientiere sich auch das vorliegende Budget, das darauf abziele, das heimische Bildungssystem auf die aktuellen Herausforderungen abzustellen. Denn was immer man tun wolle, man sollte es bald tun, zitierte die Rednerin den Komponisten Beethoven. Die Schule sei die gemeinsame Verantwortung der Politik, und man dürfe nicht vergessen, welch wichtigen Stellenwert eine entsprechende Bildung heute habe. Gegenüber den Forderungen zur Verwaltungsreform im Schulbereich stellte die Ministerin klar, dass man damit keine Milliardenbeträge einsparen könne. Die Abschaffung der Bezirksschulräte bringe zum Beispiel lediglich 5 Mio. €, rechnete sie vor. Verwaltungsreform bringe Effektivität, aber man könnte diese nicht unter dem Aspekt der Liquidität diskutieren.

Die Ministerin ging abschließend auf die laufenden Reformprojekte ein und nannte unter anderem die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, wofür 284 Mio. € im Budget 2012 zur Verfügung stehen, sowie die Neue Mittelschule, für die 2012 68 Mio. € veranschlagt seien. Im Endausbau koste diese neue Schulform 238 Mio. €. Als weitere Reformschritte nannte Schmied unter anderem den Ausbau der ganztägigen Schulformen, Lehre und Matura, Matura Neu und Kunst macht Schule. Mit all diesen Programmen würden rund 10.000 Arbeitsplätze gesichert, unterstrich Schmied. Für die nächste Zeit kündigte sie ein Gesetzespaket an, durch das die Neue Mittelschule ins Regelschulwesen übergeführt werden soll, die Reform der Oberstufe verankert wird und auch die Integration behinderter SchülerInnen über die 9. Schulstufe hinaus erfolgen soll. Besonders hob sie die Pläne für ein neues Dienstrecht für die Pädagogischen Akademien hervor.

Abgeordnete Andrea GESSL-RANFTL (S) zeigte sich zufrieden mit dem vorliegenden Budget, da alle wichtigen Reformvorhaben damit finanziert werden könnten. Dadurch würden die richtigen und wichtigen Zukunftsschritte gesetzt, war die Rednerin überzeugt.

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) monierte eine Novellierung des Privatschulgesetzes. Interessiert zeigte sich der Redner an der Entwicklung der religiösen Schulen in Österreich. Er brachte einen Entschließungsantrag betreffend Verknüpfung von Familienbeihilfe an erfolgreich absolvierte Deutschkurse ein.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) wies die Aussage von Grün-Abgeordnetem Harald Walser zurück, wonach es in Österreich einen "Bildungsnotstand" gebe. Es werde ständig Geld in die Hand genommen, um das Bildungssystem weiter zu verbessern, sagte sie. Franz verwies etwa auf die Senkung der Schülerzahlen in den Klassen, die Ausweitung der Ganztagsbetreuung und die Einführung einheitlicher Bildungsstandards. Auch die Neue Mittelschule und die modulare Oberstufe wertete sie als wichtige Reformschritte. Franz machte allerdings geltend, dass die Schule keine Sozialeinrichtung sei. Zudem sieht sie keinen Sinn darin, alle SchülerInnen, unabhängig von ihren Fähigkeiten und Talenten zur Matura zu führen. Hohe Wertschätzung verdienen ihrer Meinung nach die LehrerInnen.

Abgeordneter Dieter BROSZ (G) räumte ein, dass es in den letzten Jahren im Bildungsbereich Verbesserungen gegeben habe. Von einem modernen Bildungssystem ist man seiner Meinung nach aber noch weit entfernt. So stünden die Eltern nach wie vor vor der zentralen Frage, in welche Schule sie ihr Kind nach der Volksschule schicken sollten. Diese frühe Selektion von SchülerInnen führt seiner Meinung nach zu Bildungsnachteilen für Kinder aus sozial schwachen Familien. Kein Verständnis äußerte Brosz außerdem für den Widerstand der ÖVP, zur Behandlung des Bildungs-Volksbegehrens einen eigenen Ausschuss einzusetzen.

Abgeordnete Rosa LOHFEYER (S) begrüßte die Fortführung der Bundesförderung für den Ausbau der schulischen Tagesbetreuung an Pflichtschulen und an AHS. Durch diese Förderung würden die Gemeinden wesentlich unterstützt, meinte sie. Nach Auffassung von Lohfeyer bringt eine Ganztagsschule nicht nur zahlreiche Vorteile für die Kinder und mehr Chancengleichheit, sie unterstütze die Eltern auch bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Bildung sei ein "geeigneter Schlüssel" gegen Armut, unterstrich Lohfeyer und bekräftigte in diesem Zusammenhang auch die Forderung der SPÖ nach Einführung einer "Millionärssteuer", um notwendige staatliche Aufgaben zu finanzieren.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) ging auf die Aktion einer Gruppe von Privatpersonen ein, die auf eigene Kosten einen Roman Kafkas mit einer Unmenge von Rechtschreibfehlern an die Schulen verschickt habe, um auf notwendige Änderungen im Bildungssystem aufmerksam zu machen. Petzner schloss sich der Forderung nach einer umfassenden Bildungsreform an und warf der ÖVP vor, diese zu verhindern. Österreich habe zwar, so Petzner, das fünftteuerste Schulsystem innerhalb der OECD, das Geld komme aber nicht dort an, wo es ankommen solle: im Klassenzimmer. Im Konkreten forderte er unter anderem die Abschaffung der Bezirksschulräte, eine Verbesserung der Lehrerausbildung und einen Eignungstest für angehende LehrerInnen.

Abgeordneter Hermann GAHR (V) machte sich für Schulen im ländlichen Raum stark und wies darauf hin, dass diese wesentliche Bildungsarbeit leisteten. Als zentrales Anliegen nannte er außerdem das Nachholen von Bildungsabschlüssen. Die Neue Mittelschule mit sechs zusätzlichen Stunden ist für ihn eine "Riesenchance" zur Weiterentwicklung der Hauptschulen, die auch die LehrerInnen vor neue Herausforderungen stelle. Was die Gesamtschule für die 10- bis 14-Jährigen betrifft, meinte Gahr, die Bevölkerung wolle keinen "Einheitsbrei".

Abgeordnete Martina SCHENK (B) betonte, es gebe einige positive Ansätze im Bildungsbudget. Viele Dinge seien aber nach wie vor unerledigt, hob sie hervor. Unter anderem vermisst sie eine Reform der Schulverwaltung, ein einheitliches Dienst- und Besoldungsrecht für LehrerInnen und eine einheitliche Lehrerausbildung unter Einbeziehung von KindergartenpädagogInnen. Die Schuld daran gab sie der ÖVP, die wie sie meinte, "betoniert und blockiert". Anlehnend an das von ihr unterstützte Bildungs-Volksbegehren sprach sich Schenk dafür aus, künftig die Initiierung und Unterstützung von Volksbegehren via Internet zu ermöglichen und bei 400.000 Unterstützungserklärungen eine verpflichtende Volksabstimmung durchzuführen.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) wertete den Vorwurf gegenüber ÖVP-Abgeordnetem Werner Amon, Reformen im Bildungssystem zu blockieren, als nicht gerechtfertigt. Man habe zuletzt in vielen Bereichen Kompromisse erzielen können, unterstrich er. Besonderes Lob äußerte Riepl für Unterrichtsministerin Claudia Schmied, die ihm zufolge unter anderem die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen, die Einführung von Bildungsstandards und eine bessere Studienberatung an Schulen initiiert habe. Als wichtig wertete er außerdem die vorgesehene Möglichkeit eines kostenlosen Nachholens von Bildungsabschlüssen.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) machte darauf aufmerksam, dass es in Österreich 27.000 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf gebe. 50% davon besuchen ihm zufolge Integrationsklassen, 50% eine Sonderschule. Huainigg sprach sich in diesem Zusammenhang dafür aus, die Ressourcen für eine schulische Integration zu bündeln. Viele SchülerInnen in Sonderschulen hätten Migrationshintergrund und würden nur deshalb eine Sonderschule besuchen, weil sie schlecht Deutsch können und aus bildungsfernen Schichten kämen, ist er überzeugt. Was die schulische Integration nach der achten Schulstufe betrifft, trat Huainigg dafür ein, auch landwirtschaftliche Schulen und Handelsschulen zu öffnen. Überdies forderte er, das Berufsfeld Lehrer auch behinderten Menschen zugänglich zu machen.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) wies auf Bemühungen hin, die Zahl der SchulabbrecherInnen ohne Bildungsabschluss zu senken. Österreich habe hier im EU-Vergleich zwar bereits jetzt einen guten Wert, skizzierte sie, 8,3% SchulabbrecherInnen seien aber nach wie vor zu viel. Muttonen forderte überdies bessere Angebote zur Berufsorientierung, um Jugendlichen den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erleichtern.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) führte aus, der Opposition werde es nicht gelingen, die Erfolge der Bundesregierung im Bildungsbereich "schlechtzureden". Bildung und Unterricht seien der Koalition sehr wichtig, in diesem Bereich werde nicht gespart, konstatierte er. So stünden im nächsten Jahr 313 Mio. € zusätzlich zur Verfügung. Bei der Berufsorientierung in den Schulen braucht es laut Lettenbichler eine höhere Professionalisierung und eine verpflichtende Weiterbildung der LehrerInnen.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) wertete die 400.000 Unterschriften das Bildungs-Volksbegehrens als wichtigen Rückenwind für Reformen im Bildungssystem. Ihrer Logik erschließe sich auch nicht, warum eine gemeinsame Schule ab 10 Jahren plötzlich zu einem "Einheitsbrei" werden solle, meinte sie. Ablinger gab zu bedenken, dass 10-jährige Kinder massiv unter Stress stünden, wollten sie die Aufnahmekriterien für das Gymnasium schaffen.

Abgeordneter Nikolaus PRINZ (V) hielt fest, jeder Euro, der in die Bildung investiert werde, erhöhe die Attraktivität des Standortes Österreich. Österreich sei bei den Bildungsausgaben vorne dabei, erklärte er, dennoch gebe es in einigen Bereichen Reformbedarf. Prinz begrüßte in diesem Sinn den schrittweisen Ausbau der Neuen Mittelschule und die modulare Oberstufe. Er sprach sich allerdings für die Beibehaltung der Wahlfreiheit bei der Schulwahl – bei gleichzeitiger Durchlässigkeit des Schulsystems – aus.

Abgeordneter Elmar MAYER (S) warb für eine gemeinsame Schule der 10- bis 14-Jährigen und zeigte sich über die Unterstützung des BZÖ für Reformen im Bildungsbereich erfreut. Das Bundesland Vorarlberg sieht er hier in einer Vorreiterrolle. Allgemein hielt Mayer fest, Schule brauche Optimismus.

(Schluss Unterricht/Fortsetzung Kunst und Kultur)


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