Parlamentskorrespondenz Nr. 1199 vom 06.12.2011

Neue gesetzliche Grundlagen für Kranken- und Kuranstalten

Nationalrat setzt neuerlich starkes Zeichen gegen Gentechnik

Wien (PK) – Um ein besseres Verhältnis zwischen der Polizei und Angehörigen von Minderheiten ging es in der anschließenden Debatte im Plenum des Nationalrats.

Des Weiteren befassten sich die Abgeordneten mit einem großen Block an Gesundheitsthemen: darunter die Neuregelung für die Kranken- und Kuranstalten, das Zahnärztliche Assistenz-Gesetz, die Frage der Präimplantationsdiagnostik, der neuen psychoaktiven Substanzen und anderer Suchtgifte sowie der Gentechnik.

Den Abschluss der heutigen Sitzung des Nationalrats bildete der Bericht des Rechnungshofs, in dem die Kritik des Kontrollorgans im Vordergrund stand, dass sich Österreich drei nationale Wetterdienste - Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die Austro Control und den Militärischen Wetterdienst des Bundesheeres - leistet. Auch die Unübersichtlichkeit der Familienförderungen wird darin stark kritisiert.

Für ein besseres Verhältnis zwischen Polizei und Angehörigen von Minderheiten

Zunächst nahmen die Abgeordneten jenen Entschließungsantrag der Grünen in Verhandlung, der eine Änderung im Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) vorsieht, um einen besseren Schutz der Opfer von Menschenhandel und eine effizientere Verfolgung von Menschenhändlern zu ermöglichen. Dieser Antrag blieb jedoch in der Minderheit.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Alev KORUN (G), Rudolf PLESSL (S), Franz ESSL (V), Josef A. RIEMER (F), Gerald GROSZ (B), Sonja STESSL-MÜHLBACHER und Andrea GESSL-RANFTL (beide S).

In einem - einstimmig angenommenen - Entschließungsantrag fordern die Abgeordneten auf Basis eines Antrags der Grünen eine Studie, die Aufschluss über das Verhältnis von Polizei und Angehörigen von ethnischen, sprachlichen und religiösen Minderheiten in Österreich gibt.

Dazu meldeten sich die Abgeordneten Franz KIRCHGATTERER (S), Franz GLASER (V), Christian LAUSCH (F), Alev KORUN (G), Harry R. BUCHMAYR und Petra BAYR (beide S). Auch Bundesministerin Johanna MIKL-LEITNER ergriff in der Debatte das Wort.

Abgeordnete wollen über Präimplantationsdiagnostik weiter diskutieren

Anschließend stand die Neuregelung für die Kranken- und Kuranstalten zur Diskussion, die mit breiter Mehrheit angenommen wurde. Dadurch wird den Ländern eine weitestgehende Spezifizierung des Leistungsangebots ermöglicht. Intention ist, nicht nur die Flexibilität sondern auch die Qualität zu erhöhen.

Der Antrag des Abgeordneten Kurt Grünewald (G) betreffend begrenzter Zugang zur Präimplantationsdiagnostik wurde mit Stimmenmehrheit dem Justizausschuss zugewiesen.

Keine Zustimmung erhielt jedoch der Antrag des BZÖ, eine Anlaufstelle für CFS-PatientInnen (Chronic Fatigue Syndrom) zu errichten. Die Initiativen der Grünen sowie der FPÖ im Zusammenhang mit österreichischen Contergan-Opfern fanden ebenfalls keine ausreichende Unterstützung.

Zu Wort meldeten sich in dieser Debatte die Abgeordneten Andreas KARLSBÖCK (F), Sabine OBERHAUSER (S), Kurt GRÜNEWALD (G), Erwin RASINGER (V), Wolfgang SPADIUT (B), Erwin SPINDELBERGER (S), Norbert HOFER (F), Claudia DURCHSCHLAG, Karl DONABAUER, Franz Joseph HUAINIGG (sämtlich V) sowie Stefan MARKOWITZ (B). Auch Bundesminister Alois STÖGER gab zur Thematik eine Stellungnahme ab.

Neuer Lehrberuf Zahnärztliche Fachassistentin

Nach einer Diskussion, an der sich die Abgeordneten Johann HECHTL (S), Oswald KLIKOVITS (V), Andreas KARLSBÖCK (F), Kurt GRÜNRWALD (G), Kurt LIST (B) und Bundesminister Alois STÖGER beteiligt hatten, passierte das zahnärztliche Assistenzgesetz einstimmig das Plenum.

Damit wird die Tätigkeit und Ausbildung von zahnärztlichen Ordinationshilfen in Österreich geregelt und nicht nur ein eigener Gesundheitsberuf geschaffen, sondern außerdem auch sichergestellt, dass AbsolventInnen des neu geschaffenen Lehrberufs Zahnärztliche Fachassistenz am Patienten tätig werden dürfen. Die Prophylaxeassistenz wird dabei als erweiterte Qualifikation der Zahnärztlichen Assistenz normiert und kann durch Absolvierung einer entsprechenden Weiterbildung, die neben einer theoretischen Ausbildung 80 Stunden Praxis vorsieht, erworben werden.

Maßnahmen gegen neue psychoaktive Substanzen

Einstimmig passierte dann ein "Bundesgesetz über den Schutz vor Gesundheitsgefahren im Zusammenhang mit neuen psychoaktiven Substanzen" den Nationalrat. Zuvor war von Abgeordnetem Johann Maier (S) noch eine Druckfehlerberichtigung vorgenommen worden.

Mi dem Gesetz liegt erstmals eine gesetzliche Regelung vor, die es erlauben soll, der Erzeugung, der Inverkehrbringung und dem Handel mit "legalen Alternativen" zu international kontrollierten Suchtmitteln adäquat zu begegnen. Die vorliegende Gesetzesinitiative sieht dabei nicht nur die Schaffung justizstrafrechtlicher Tatbestände vor, durch die Erzeuger und Händler von "Legal Highs" abgeschreckt bzw. zur Verantwortung gezogen werden sollen, sondern ermöglicht der Exekutive auch raschen Zugriff auf die Substanzen. Eine Beschlagnahmung ist allein dann unzulässig, wenn der Verfügungsberechtigte einen rechtmäßigen Verwendungszweck glaubhaft machen kann und Gewähr dafür bietet, dass die Substanz nicht zur Erreichung einer psychoaktiven Wirkung im oder am menschlichen Körper verwendet wird. Der Gesundheitsminister soll außerdem durch Verordnung festlegen können, auf welche Substanzen die Maßnahmen des gegenständlichen Gesetzes anzuwenden sind. Eine Unterstellung der Substanzen unter das Suchtmittelgesetz erfolgt nicht, denn damit ginge, wie der Entwurf ausführt, nicht nur eine Kriminalisierung der Erzeuger und Händler, sondern auch der vielfach jugendlichen KäuferInnen einher.

In diesem Zusammenhang wurde auch über drei Entschließungsanträge der Opposition diskutiert, die jedoch alle abgelehnt wurden: In einem FPÖ-Antrag wurde auf die gefährlichen Substanzen Gamma-Hydroxybutyrat (GHB) und Gamma-Butyrolacton (GBL), auch als "liquid ecstasy" bekannt, hingewiesen. Die Antragsteller forderten eine bessere Information der Öffentlichkeit sowie eine strenge Beschränkung der Abgabe.

Für ein sofortiges Verbot von "Lava red" und "Monkey go bananas" sprach sich das BZÖ in einem Entschließungsantrag aus. Diese beiden Drogen, die aus verschiedenen getrockneten Pflanzenteilen und Aromastoffen bestehen und eine viel stärkere Wirkung als Cannabis zeitigen, gelte es nach dem Suchtmittelgesetz und nicht nur nach dem Arzneimittelgesetz zu verbieten, heißt es in der Begründung.

Ebenfalls in der Minderheit blieb der Entschließungsantrag des BZÖ, in dem gefordert wurde, dass bei Medikamenten, die in der Lage sind, Sucht zu erzeugen, ein dementsprechender Warnhinweis "suchterzeugend" auf der Verpackung aufgedruckt wird, analog zu dem bereits bestehenden Warnhinweis "beeinträchtigt die Verkehrstüchtigkeit".

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN, Wilhelm HABERZETTL (S), Kurt GRÜNEWALD (G), Erwin RASINGER (V), Wolfgang SPADIUT (B), Erwin KAIPEL (S) und Gertrude AUBAUER (V) sowie Gesundheitsminister Alois STÖGER. Sie begrüßten einhellig die Intention, die Herstellung und den Verkauf gesundheitsgefährdender psychoaktiver Substanzen einzudämmen.

Parteien unisono für Beibehaltung der Gentechnik-Anbauverbote

Einmal mehr sprechen sich alle fünf Parlamentsparteien dezidiert für die Aufrechterhaltung der österreichischen Gentechnik-Anbauverbote aus. Die Bundesregierung wird in einem  - einstimmig beschlossenen - Fünf-Parteien-Entschließungsantrag ersucht, die österreichischen Gentechnik-Anbauverbote vehement zu verteidigen, weiterhin durch wissenschaftliche Argumente zu untermauern und alle Rechtsmittel bis hin zum Europäischen Gerichtshof auszuschöpfen, damit auch in Zukunft keine gentechnisch veränderten Pflanzen in Österreich angebaut werden. Es müsse auch sichergestellt werden, dass die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) das Vorsorgeprinzip konsequent anwendet und Forschungsergebnisse der Mitgliedstaaten gleichwertig berücksichtigt werden. Überdies wird die Regierung aufgefordert, weiterhin auf EU-Ebene gegen die Zulassung von gentechnisch veränderten Organismen zu stimmen, im Sinne des Schutzes einer gentechnikfreien Landwirtschaft eine unabhängige und dem Vorsorgeprinzip verpflichtete Risikoforschung im Bereich der Agro-Gentechnik in Österreich zu fördern und weitere Forschungsprojekte in Auftrag zu geben sowie auf EU-Ebene dafür einzutreten, dass das Selbstbestimmungsrecht der Regionen Europas auf eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion endlich anerkannt wird. Miterledigt wurde damit der Entschließungsantrag der Grünen zum gleichen Thema.

Auf der Agenda standen noch vier weitere Oppositionsanträge, die jedoch keine Zustimmung fanden: Die Grünen treten für ein nationales Anbauverbot der umstrittenen Gentechnik-Kartoffel "Amflora " des deutschen Chemie-Konzerns BASF ein, die am 2. März 2010 die Genehmigung der Europäischen Kommission erhalten hat. Dieses Ansinnen war auch Inhalt eines BZÖ-Entschließungsantrags, in dem die Antragsteller sich auch für das Verbot drei weiterer von Seiten der EU-Kommission neu zugelassener genetisch veränderter Maissorten aussprachen. Die Grünen verlangen in einer weiteren Initiative, dass die Europäische Kommission ihren Vorschlag betreffend Selbstbestimmungsrecht der Mitgliedstaaten über den "Anbau von gentechnisch veränderten Organismen (GVO) auf ihrem Hoheitsgebiet" dahingehend verändert, dass Länder, Kommunen und Regionen ein unumstößliches und juristisch nicht anfechtbares Recht erhalten, sich als gentechnikfrei zu deklarieren. Überdies sollte sich die Bundesregierung nach Ansicht der Grünen auf EU-Ebene für die Aufrechterhaltung der Nulltoleranz für in der EU nicht zugelassene gentechnisch veränderte Organismen in Futter- und Lebensmittel einsetzen.

Zu Wort meldeten sich die Abgeordneten Rupert DOPPLER (F), Johann MAIER (S), Wolfgang PIRKLHUBER (G), Hermann SCHULTES (V), Gerhard HUBER (B) und Peter MAYER (V).

Vier Wetterdienste für ein Wetter und die Unübersichtlichkeit von Familienförderungen

Eine Fundgrube für die Abgeordneten stellt auch der Bericht des Rechnungshofs dar, der am Ende der heutigen Sitzung zur Debatte stand.

Seit mehr als 20 Jahren drängt der Rechnungshof darauf, die drei Wetterdienste - Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Austro Control, Militärischer Wetterdienst - zusammenzulegen. Von 2004 bis 2009 fielen zusätzliche Personalkosten von 13,4 Mio. € an. Überdies wurde 2006 mit der Austro-Control-Tochterfirma MeteoServe ein vierter bundeseigener Wetterdienst eingerichtet, kritisierte Rechnungshofpräsident Josef Moser in seinem Bericht an die Abgeordneten.

Im gegenständlichen Bericht sind auch die durchaus kritischen Prüfergebnisse zu familienbezogenen Leistungen, zu Einsatzgruppen zur Bekämpfung der Straßenkriminalität, zur Geldwäschebekämpfung und Vermögensabschöpfung sowie zur Wiener Hafen GmbH & Co KG enthalten.

Zu den einzelnen Prüfkapiteln im Rechnungshof-Bericht nahmen die Abgeordneten Christine LAPP (S), Hermann GAHR (V), Wolfgang ZANGER (F), Daniela MUSIOL (G), Martina SCHENK (B), Rosemarie SCHÖNPASS (S), Erwin HORNEK (V), Roman HAIDER (F), Stefan PRÄHAUSER (S), Anna FRANZ (V), Carmen GARTELGRUBER (F), Werner KOGLER (G), Gerald GROSZ (B) sowie Rechnungshofpräsident Josef MOSER Stellung.

Die Opposition forderte unisono eine Zusammenlegung der drei nationalen Wetterdienste – Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Austro Control, Militärischer Wetterdienst –, konnte sich mit einem gemeinsamen Entschließungsantrag aber nicht durchsetzen. Auch ein Rückverweisungsantrag der FPÖ blieb in der Minderheit. Er war von Abgeordnetem Zanger mit der Begründung eingebracht worden, dass nur VertreterInnen der Wetterdienste, nicht aber die zuständigen MinisterInnen bei den Ausschussberatungen anwesend gewesen seien.

Der Bericht des Rechnungshofs wurde vom Nationalrat schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen.

Eine weitere Sitzung des Nationalrats diente in der Geschäftsordnung vorgesehenen Mitteilungen und Zuweisungen. (Schluss Nationalrat)