Parlamentskorrespondenz Nr. 1204 vom 07.12.2011

Regierungsmehrheit verankert Schuldenbremse im Haushaltsrecht

Opposition fordert Taten der Regierung statt Schuldenbremsen-Rhetorik

Wien (PK) – Nachdem es mangels Verfassungsmehrheit im Nationalrat nicht möglich war, heute die von der Bundesregierung vorgeschlagene Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, verwies das Plenum die dazu vorliegende Regierungsvorlage einstimmig an den Verfassungsausschuss zurück. Dann verabschiedete der Nationalrat in namentlicher Abstimmung bei 168 abgegebenen Stimmen mit 102 Pro- gegen 66 Contravoten die Verankerung einer Schuldenbremse im Bundeshaushaltsgesetz. Damit wird das strukturelle Defizit des Bundes ab 2017 auf maximal 0,35 % des BIP begrenzt. Bei außergewöhnlichen Konjunkturschwankungen oder Naturkatastrophen gelten Ausnahmen. Höhere Defizite, die in solchen Fällen entstehen, müssen aber konjunkturgerecht zurückgeführt werden. Über eine Umsetzung der Schuldenbremse auch von Seiten der Länder und Gemeinden verlangte der Nationalrat auf Antrag von ÖVP und SPÖ mehrheitlich entsprechende Vereinbarungen mit den Bundesländern. Bei der im Verfassungsausschuss für 2012 einstimmig fixierten "Nulllohnrunde" für PolitikerInnen wurde per S-V-Abänderungsantrag eine Ausnahme für PolitikerInnenbezüge bis brutto 3.999 € vorgesehen. Abgelehnt wurde ein Antrag der FPÖ, die dafür eintrat, eine europäische Transferunion zu verhindern.

Abgeordneter Heinz-Christian STRACHE (F) hatte die Debatte mit Kritik an Bundeskanzler Faymann eröffnet, dem Strache vorwarf, bereits seit dem Gipfel des Europäischen Rates am 28. Oktober über die Absicht der Verankerung einer Schuldenbremse in den nationalen Verfassungen der EU-Staaten Bescheid wusste, aber bis heute nicht das Gespräch mit der FPÖ gesucht habe. Auch vonseiten der ÖVP sei man diesbezüglich erst gestern an ihn, Strache, herangetreten. Die einzige und beste Schuldenbremse wären der "sofortiger Rücktritt dieser Bundesregierung und Neuwahlen", denn diese hätte es verabsäumt, die Maastricht-Kriterien zu erfüllen und eine staatspolitisch verantwortungsvolle Haushaltspolitik zu leben.

Die Regierung führe eine "Placebo-Debatte", um den Oppositionsparteien die Schuld zuzuweisen, aber der wahre Grund für die Gefährdung des Triple A und dessen vermutliche Herabstufung Anfang nächsten Jahres seien das von den Regierungsparteien gemeinsam mit den Grünen beschlossene Haftungspaket des Europa-Rettungsschirms, die unverantwortlichen Spekulationsgeschäfte der österreichischen Banken in Osteuropa und eine Staatsverschuldung von 268 Mrd. € oder 89 % des BIP. Strache forderte die Regierungsparteien auf, endlich Sparsamkeit zu leben, konkrete Budgetmaßnahmen zu treffen und die Vorschläge des Rechnungshofpräsidenten zur Verwaltungs- und Gesundheitsreform umzusetzen.

Abgeordneter Josef CAP (S) erklärte, die Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung sei wichtig, damit Österreich nicht "von außen" aufgezwungen bekomme, wie es seinen Haushalt ausgeglichen zu gestalten habe, sondern national souverän darüber entscheiden könne.

Der Redner sprach von einer nicht akzeptablen "Themenverschiebung" durch die Opposition, denn es sei bekannt, dass der Staat im Sinne einer verantwortlichen Politik Schulden aufgenommen habe, um die Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise, verursacht durch Spekulanten auf Finanzmärkten und Banken, aufzufangen und einen Abbau des Sozialstaates zu verhindern. Aufgabe der Politik sei es nicht, zu kapitulieren und zu beobachten, wie die Märkte reagieren, sondern Aufgabe der Politik sei es, die Märkte zu zähmen und Regeln einzuführen.

Cap konstatierte die Angst der Opposition vor Verantwortung, denn sie habe keine durchdachten, kostenmäßig überlegten Alternativen für einen sozial gerechten Staatshaushalt. Abschließend appellierte Cap an die Oppositionsparteien, einen Dialog zu entwickeln, um einen nationalen Grundkonsens herzustellen. Entscheidend sei, die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten unter Wahrung der Sozialstaatsgrundsätze, der sozialen Gerechtigkeit und der österreichischen Identität.

Abgeordnete Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) warf der Regierung vor, zur Konsolidierung der Republik Österreich keinen Plan zu haben und konterte ihrem Vorredner auf den Vorwurf der Flucht vor Verantwortung, dass es in den letzten Tagen keinen seriösen Verhandlungsprozess gegeben habe, weil die Regierung nicht verhandlungsfähig sei.

Es gebe mit Strafsanktionen abgesicherte Vorgaben der EU, wie die Maastricht-Kriterien und den "Sixpack", der eine Reduktion des strukturellen Defizits um 0,75 % pro Jahr vorsehe. Dennoch sei die Regierung nicht fähig, ohne Schuldenbremse diese Vorgaben einzuhalten, kritisierte Glawischnig-Piesczek. Entgegen ihrer Schuldenbremsen-Rhetorik stehe die Regierung nicht für Sparmaßnahmen, wie etwa bei den Beamten-Gehaltsabschlüssen bzw. bei den Vorschlägen des RH-Präsidenten zur Verwaltungsreform zu sehen.

Unklar sei, so die Abgeordnete, in welche Richtung die Schuldenbremse Österreich führen soll, denn die ÖVP blockiere und sei strikt gegen vermögensbezogene Steuern. Die Grünen hätten ein Konzept, das einen Mix aus vernünftigem Sparen und einnahmenseitigen Maßnahmen beinhalte, unterstrich Glawischnig-Piesczek, und sie scheuten sich nicht, für unpopuläre Maßnahmen einzustehen. Glawischnig-Piesczek vertrat die Ansicht, dass sowohl über die Ausgaben- als auch über die Einnahmenseite zu reden sei, allerdings müsse auch Spielraum für Investitionen bleiben.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF führte aus, Österreich habe wie andere Staaten in den vergangenen Wochen und Monaten die schmerzliche Erfahrung machen müssen, dass man sich zu einem "Spielball" der Finanzmärkte mache, wenn man ständig über seine Verhältnisse lebe. Mittlerweile sei aber die Einsicht eingekehrt, dass dieser Weg "ins Verderben führt". Die Demokratie sei die beste Staatsform, sagte Kopf, sie habe aber einen Schönheitsfehler: Sie führe die PolitikerInnen in die "moralische Versuchung", Wähler mit geliehenem Geld zu "kaufen". Eine Schuldenbremse in der Verfassung könne diese Versuchung beschränken.

Kopf räumte ein, dass die ÖVP zuletzt selbst für höhere Schulden gestimmt habe. Dies ist seiner Meinung nach aber notwendig gewesen, um die Finanzkrise zu bewältigen, das Wachstum anzukurbeln und die Arbeitslosenrate niedrig zu halten. Zuvor sei die Schuldenquote in den Jahren 2000 und 2007 unter ÖVP-Regierungsführung jedoch von 67 % Prozent auf 59,5 % gesunken, skizzierte er. Nunmehr sei es das Ziel der Regierung, bis 2016/2017 einen ausgeglichenen Haushalt zu erzielen und bis zum Jahr 2020 die Schuldenquote wieder auf 60 % zurückzufahren.

Eine klare Absage erteilte Kopf "Steuerfetischisten", die trotz der  hohen Abgabenquote den SteuerzahlerInnen "noch mehr Geld aus der Tasche ziehen wollen". Das Budget sei durch "kluge Einsparungen" ohne neue Steuern zu sanieren, bekräftigte er. Dass mit der FPÖ keine Verhandlungen über die Schuldenbremse geführt wurden, begründete Kopf damit, dass sich Strache bereits vor vierzehn Tagen mit unerfüllbaren Forderungen disqualifiziert habe.

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER warf der Bundesregierung Abgehobenheit vor und übte insbesondere Kritik an der mangelnden Verhandlungsbereitschaft von Vizekanzler Michael Spindelegger. "Wir waren bis halb zwölf Uhr in der Nacht hier", sagte er, es habe sich aber niemand bei ihm gemeldet. Für Bucher ist es überdies Tatsache, dass die ÖVP in den vergangenen 25 Jahren alle Budgets mitbeschlossen hat und damit auch für den jetzigen Schuldenstand mitverantwortlich ist.

Das BZÖ weise seit zweieinhalb Jahren konsequent darauf hin, dass Österreichs Bonität in Gefahr sei, betonte Bucher, "Österreich steht das Wasser bis zum Hals." Der Vorwurf an seine Partei, in der Frage der Schuldenbremse nicht verantwortungsbewusst zu agieren, geht seiner Ansicht nach ins Leere. Das BZÖ sei immer bereit gewesen "vernünftige Gesetze" zu beschließen und habe sich stets als verlässlicher Partner erwiesen, bekräftigte er. Ohne wirksame Sanktionen und eine gedeckelte Steuer- und Abgabenquote könne seine Fraktion einer Schuldenbremse aber nicht zustimmen. Bucher hob in diesem Zusammenhang neuerlich die Forderung hervor, das Budget ausgabenseitig zu sanieren.

Bundeskanzler Werner FAYMANN hielt fest, man könne unterschiedliche Analysen darüber anstellen, warum Österreich in die nunmehrige Situation geraten sei, es sei aber klar, dass das Land nur aus der Krise herauskommen werde, wenn man auf europäischer Ebene gemeinsam agiere. Österreich könne weder im Alleingang eine Finanztransaktionssteuer beschließen noch den Finanzmarkt regeln, veranschaulichte er. Deshalb habe er nicht mit einer Partei verhandelt, die Österreich in Wahrheit aus der EU herausführen und damit in den Abgrund schicken wolle. Ein Zerreißen der Euro-Zone hätte eine Rezession in Europa zur Folge, zeigte sich Faymann überzeugt.

Faymann räumte ein, dass sich für die österreichischen Forderungen wie etwa die Einführung einer Finanztransaktionssteuer und die Trennung zwischen Geschäfts- und Investmentbanken auf europäischer Ebene noch keine Mehrheit gefunden habe. Er werde aber weitere Gespräche führen, versicherte er. Durch seine hohe Wirtschaftskraft und seine niedrige Arbeitslosigkeit werde Österreich als starkes Euro-Land wahrgenommen. Faymann will außerdem, wie er ankündigte, mit dem BZÖ und den Grünen weiter über eine verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse verhandeln.

Finanzministerin Maria FEKTER erinnerte daran, dass die Euro-Staaten vereinbart hätten, bis zum Ende dieses Jahres Vorschriften zu erlassen, die auf ein strukturell ausgeglichenes Budget und eine langfristige Stabilität der Haushalte, vorzugsweise auf Verfassungsebene, abzielen. Österreich habe in diesem Sinn einen Vorschlag zur Verankerung einer Schuldenbremse in der Verfassung vorgelegt. Damit würde nicht nur eine mittel- und langfristige Stabilität und Haushaltsdisziplin gewährleistet, sondern auch sichergestellt, dass Länder, Gemeinden, Städte und die Sozialversicherung in den Konsolidierungspfad eingebunden seien. Die Länder hätten sich bereits bereit erklärt, ausgeglichen zu budgetieren und den Schuldenberg mittelfristig abzubauen, betonte die Finanzministerin.

Fekter wertete es in diesem Sinn als "sehr bedauerlich", dass sich keine der Oppositionsparteien zum angestrebten Konsolidierungspfad – Nulldefizit bis zum Jahr 2016, Abbau des Schuldenbergs auf 60 % des BIP bis 2020 – bekennen und eine verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse mittragen wolle. Damit riskiert die Opposition ihrer Meinung nach, dass Österreich sein Tripple-A-Rating verliert und höhere Zinsen zahlen muss. Das heiße aber nichts anderes, als dass das Steuergeld verstärkt in Richtung Banken und Finanzmarkt fließe, statt zu den Menschen zu gelangen, mahnte die Ministerin.

Werde die notwendige Zweidrittelmehrheit für die verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse tatsächlich verfehlt, stellte Fekter als Alternative eine einfachgesetzliche Regelung und den Abschluss von gesonderten Vereinbarungen mit den Ländern, Städten und Gemeinden in Aussicht.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) sprach von einem "absoluten Trauerspiel der Bundesregierung" und wertete es als "Skandal", dass sich Bundeskanzler Werner Faymann Verhandlungen mit der FPÖ verweigert habe. Die FPÖ habe niemals den Austritt Österreichs aus der EU gefordert, unterstrich er.

Gradauer bezweifelt allerdings ohnehin, dass es der Regierung mit der Schuldenbremse ernst ist. Seiner Ansicht nach handelt es sich nur um ein "Placebo", das auf Druck der EU und der Rating-Agenturen zustande gekommen sei. Schließlich seien trotz der Diskussion über die Schuldenbremse massive neue Schulden im kommenden Jahr beschlossen worden. Gradauer appellierte an die Koalition, die Sparvorschläge des Rechnungshofs aufzugreifen, und nannte in diesem Zusammenhang etwa die Reform der zersplitterten Schulverwaltung, die Zusammenlegung der Wetterdienste und die Zusammenlegung von Polizeidienststellen in Wien.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) meinte, die Frage der Schuldenbremse sei kein österreichisches, sondern ein europäisches Thema. Es sei richtig, dass man keine Schuldenbremse brauche, um das heimische Budget zu konsolidieren. Das habe die Politik auch in der Vergangenheit bewiesen und die Schulden vor der Finanzkrise sukzessive zurückgeführt.

Man brauche die Schuldenbremse aber als europäisches Instrument, zeigte sich Krainer überzeugt. Wenn eines der 17 Euro-Länder sich nicht an die Spielregeln haltet, müssten die anderen dafür zahlen, mahnte er. Was die konkreten Sparmaßnahmen betrifft, sprach sich Krainer für einen "guten Mix" aus einnahmen- und ausgabenseitigen Maßnahmen aus.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) verwahrte sich gegen die verfassungsrechtliche Verankerung einer Schuldenbremse "im Blindflug". Auch die Grünen seien dafür, die Schulden abzubauen, sagte er, die Regierung könne sich aber keine Zustimmung zu einem Verfassungsgesetz erwarten, wenn sie nicht gleichzeitig sage, wo gespart werde. Vor allem angesichts der Politik der ÖVP erachtet er einen "Blankoscheck" als gefährlich.

Kogler fürchtet, dass als einzige Konsequenz der Schuldenbremse "fantasielose Kürzungen" übrig bleiben, wenn die ÖVP weiter wie bisher "Reiche, Superreiche, Millionenerben und Stiftungsgünstlinge" verteidige und Verwaltungsreformen gleichzeitig am Widerstand ÖVP-dominierter Länder oder an anderen scheitern. Schließlich sei, so Kogler, die ÖVP auch in der Vergangenheit immer dabei gewesen, wenn es ums Blockieren gegangen sei.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) zeigte kein Verständnis für die Sparvorschläge der Opposition und verwahrte sich gegen eine "Hatz" auf BeamtInnen. Auch LehrerInnen und PolizistInnen hätten eine Inflationsabgeltung ihrer Gehälter verdient, unterstrich sie. Sie selbst regte an, bei den ÖBB zu sparen und ein Bonus-Malus-System zur Eindämmung von Frühpensionierungen einzuführen. Tamandl machte außerdem geltend, dass sich die kumulierten Kosten der von der FPÖ im Nationalrat eingebrachten Anträge auf 10 Mrd. € belaufen würden. Eine verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse ist aus ihrer Sicht sinnvoll, um auch die Länder und die Gemeinden in den Sparkurs einzubinden.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) übte vor allem Kritik an der ÖVP und warf ihr "desolates Krisenmanagement" vor. Während sich Bundeskanzler Werner Faymann bemüht und selbst telefoniert habe, hätten sich weder Vizekanzler Michael Spindelegger noch Finanzministerin Maria Fekter auch nur eine Sekunde Zeit genommen, um mit BZÖ-Klubobmann Josef Bucher zu verhandeln, skizzierte er. Überdies habe die ÖVP nach dem Motto "friss Vogel oder stirb" agiert. Das BZÖ sei aber nicht bereit, einen "Blankoscheck" für das größte Belastungspaket der Zweiten Republik auszustellen. Unverständlich ist für Westenthaler auch, dass ÖVP-Klubobmann Kopf über hohe Schulden und das Hochsteuerland Österreich "philosophiert", ohne auf sich selbst einen Finger zu richten.

Insgesamt hielt Westenthaler fest, das BZÖ sei offen für weitere Verhandlungen über eine verfassungsrechtliche Verankerung der Schuldenbremse, es müsse aber wirksame Sanktionen und eine gedeckelte Abgabenquote geben.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) warf der Regierung vor, in dieser Frage vollkommen uneinig zu sein. Seine Fraktion habe in dieser Angelegenheit einen eindeutigen und klaren Standpunkt, und sie sei nicht bereit, dieser Regierung einen Blankoscheck auszustellen.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) sah eine Situation, in der Rating-Agenturen anscheinend alle Regierungen in Geiselhaft halten. Es sei notwendig, dass alle Euro-Staaten einen gemeinsamen Finanzmarkt aufbauen. Dazu brauche es eine Neuregelung des Bankensystems, das Verbot von Leerverkäufe und Derivaten, Einschränkungen für Ratingagenturen ebenso wie Maßnahmen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung. Notwendig seien dazu sowohl ausgaben- wie einnahmeseitige Maßnahmen, um soziale Ausgewogenheit zu garantieren. Die Sozialdemokratie bekenne sich zur Schuldenbremse als wichtigem Signal, fordere aber auch antizyklische Maßnahmen und Gerechtigkeit und Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche.

Abgeordneter Alois GRADAUER (F) hielt in einer tatsächlichen Berichtigung fest, die Behauptung von Tamandl, er trete für das Zusperren von Wachzimmern ein, sei unrichtig. Er habe nur einen RH-Bericht zitiert, der die Einsparung von Verwaltungskosten fordert.

Abgeordneter Elmar PODGORSCHEK (F) bezeichnete die Schuldenbremse als "reines Placebo". Ein Verlust des Triple-A für Österreich wäre Schuld der Regierung, der Gewerkschaften und der Landeshauptleute, die alle verhinderten, dass tatsächlich gespart werde. Die Regierung könne von der Opposition nicht erwarten, dass sie "auf Zuruf" abstimme, wie sie es von ihr wünsche. Eine Schuldenbremse existiere im Übrigen bereits in Form der Maastricht-Kriterien. Niemand habe die Regierung jemals an deren Einhaltung gehindert. Die FPÖ verlange mehr direkte Demokratie, sagte Podgorschek. Er brachte einen Entschließungsantrag der FPÖ ein, der eine Deckelung der Managergehälter in staatsnahen Betrieben fordert. 

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) sah Europa vor den größten Herausforderungen seit 1989 stehen. Europa bestehe aus 27 Staaten, die alle gleichberechtigt handeln könnten. Wolle Österreich daher im EU-Rat stärker auftreten wolle, müsse es eine gemeinsame Position vertreten, meinte Gerstl und warf der Opposition vor, den "Schulterschluss über die Parteien hinweg" zu verweigern, der notwendig wäre, um ein Zeichen an die Finanzwelt zu senden. Man werde die Schuldenbremse auf jeden Fall beschließen und damit den Investoren zu verstehen geben, dass Österreich seinen Schuldenrahmen begrenzen werde und für Stabilität der Finanzpolitik stehe.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) meinte, die von Abgeordnetem Cap wieder und wieder erhobene Forderung, dass die Politik die Finanzmärkte zähmen sollte, sei bisher nicht eingelöst worden. Offenbar hätten die Finanzmärkte die Sozialdemokratie gezähmt, nicht umgekehrt. Es fehle in Europa nicht an Schuldenbremsen, sondern an einem klaren Krisenmanagement, meinte Steinhauser. Deutschland lehne aus Eigeninteresse die Eurobonds ab und die EZB dürfe nicht jene aktive Rolle spielen, die sie im Grunde haben müsste. Der Rechnungshof habe bereits 599 Vorschläge für Einsparungen vorgelegt, hier könnte man ansetzen. Die österreichische Regierung scheue aber den ernsthaften Diskussionsprozess über sinnvolle Sparmaßnahmen und zeige keinen Sparwillen. Für Blankoschecks und Placebos stehe die Opposition jedenfalls nicht zur Verfügung, schloss Steinhauser.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) warf den Koalitionsparteien vor, keine gemeinsame Linie zu finden. Würde sie eine solche vertreten, hätte sie leicht die Zustimmung entweder der Grünen oder des BZÖ finden können. Die Bundesregierung sollte sich mit der Opposition auf ein Gesamtpaket für Einsparungen einigen, ohne den SteuerzahlerInnern in die Tasche zu greifen, sagte Scheibner. Er kündigte einen Abänderungsantrag des BZÖ an, der verlange, die Schuldenbremse an einen Sanktionsmechanismus zu koppeln, wie auch der Präsident des VfGH eingefordert habe. Ein Abweichen von den Schuldengrenzen sollte nur mit einer Zweidrittelmehrheit des Nationalrats möglich sein. Ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung wäre es, wenn mehr ÖsterreicherInnen dazu bewegt werden könnten, ihr Geld statt in niedrig verzinste Sparbücher in österreichischen Staatsanleihen anzulegen.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) meinte, die Grünen hätten der Regierung ihre Zustimmung deshalb verweigert, weil sie keine akzeptablen Einsparungskonzepte vorlege. Anstelle von Vermögens- und Erbschaftssteuern wolle sie bei Gesundheit, Pflege und Bildung sparen. Sie mache damit die Schuldenbremse zu einer "Zukunftsbremse". Die Grünen würden hier sicher nicht zustimmen, sagte sie und meinte zudem, der Vorschlag des Bundespräsidenten, die Opposition solle eine Verfassungsmehrheit für das Gesetz über die Schuldenbremse durch ihre Stimmenthaltung ermöglichen, sei demokratiepolitisch bedenklich und auch erklärungsbedürftig. 

Staatssekretär Andreas SCHIEDER zeigte sich enttäuscht darüber, dass sich keine Verfassungsmehrheit für die Schuldenbremse abzeichne. Man werde das Gesetz aber als einfaches Bundesgesetz beschließen und damit das entsprechende Signal an die Ratingagenturen und Finanzmärkte senden. In der Umsetzung des Gesetzes werde man die Gebietskörperschaften durch 15a-Vereinbarungen einbeziehen, um die Gesamtstabilität zu gewährleisten. Es gehe darum, durch Fiskaldisziplin die politischen Handlungsspielräume wiederzugewinnen, die in der Finanzkrise verloren gegangen sind. Dazu brauche man strukturverbessernde Maßnahmen in der Budgetpolitik, die sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig gesetzt werden müssten. Das werde jedenfalls auch vermögensbezogene Steuern, die keine wachstumsdämpfende Wirkung entfalten, umfassen müssen. Österreich bekenne sich zur Fiskaldisziplin, erwarte sich im Gegenzug aber auch eine Regulierung jener Finanzmärkte, welche die Krise erst ausgelöst haben. Österreich werde in Zukunft ausgeglichene Finanzen haben, war Staatssekretär Schieder überzeugt.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) erklärte, das BZÖ stimme der Schuldenbremse deshalb nicht zu, weil zentrale Probleme des Staatshaushaltes nicht angegangen würden. Diese lägen etwa in den Schulden der ausgelagerten Staatsbetriebe und einer zu hohen Steuern- und Abgabenquote. Alles, woran die Regierung denken könne, seien zusätzliche Belastungen für die Masse der SteuerzahlerInnen und den Mittelstand. Nur das BZÖ habe aufgezeigt, wie es auch anders gehen könnte. Dazu müsse aber der Reformstau in vielen Bereichen, wie etwa den Schulen, den ÖBB und im Gesundheitsbereich, aufgelöst werden. 

Abgeordneter Günter STUMMVOLL (V) warf den Oppositionsparteien vor, keine Verantwortung für die Zukunft Österreichs übernehmen zu wollen und nur zu versuchen, parteipolitisches Kleingeld aus einer schwierigen Situation zu schlagen. Er brachte einen Abänderungsantrag ein, der darauf abzielt, die "Schuldenbremse" als einfach gesetzliche Regelung zu beschließen. Weiter brachte er einen S-V-Entschließungsantrag ein, der zum Ziel hat, dass Bund, Länder und Gemeinden sich um eine gemeinsame "Stabilitätskultur" in ihrer Budgetpolitik bemühen. 

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) warf der Regierung vor, an "politischer Schizophrenie" zu leiden. Sie fordere die Schuldenbremse und sei dabei selber ein notorischer Schuldenmacher. Ihre Gesetzesvorlage würde darauf hinaus laufen, dass man erst ab 2017 die Schulden begrenzen würde. Er bringe, deshalb zwei Anträge seiner Fraktion ein, erklärte er. Darin werde die Sanierung des Staatshaushaltes gefordert und ein Sieben-Punkte-Programm des BZÖ vorgestellt, mit dem man tatsächliche Einsparungen erreichen könnte.  

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) hielt fest, dass derzeit alle Staaten Europas Maßnahmen treffen müssen, um mehr Vertrauen auf den Finanzmärkten herzustellen. Die Bestimmungen dazu sollten möglichst in der Verfassung verankert werden. Er könne nicht verstehen, warum die Opposition hier ihre Zustimmung verweigere. Es sei das ein unverantwortliches Verhalten, in dem nichts als Kleinkariertheit und enge Parteiinteressen zum Ausdruck kämen, sagte Wittmann.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) brachte einen S-V-Abänderungsantrag betreffend Nulllohnrunde für Politiker ein und betonte, man greife mit dieser Maßnahme auch auf die kommunale Ebene ein, was im Interesse der Gemeindevertreter nicht akzeptabel sei. Bis zu 3.999 Euro Politikereinkommen sollte daher ein Anpassungsfaktor greifen.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (B) meinte, die Schuldenbremse scheitere nicht an der Opposition, sondern an der Regierung, die nicht gewillt sei, diesbezügliche Ankündigungen um konkrete flankierende Maßnahmen zu ergänzen.

Abgeordneter Robert LUGAR (oF) lehnte die von der Regierung vorgeschlagene Vorgangsweise gleichfalls ab. Man brauche keine Schuldenbremse in der Verfassung, sondern im Budget, betonte der Redner.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) übte grundsätzliche Kritik an dem Abänderungsantrag der Regierungsparteien betreffend die Politikergehälter für Gemeindefunktionäre. Angesichts der angespannten Finanzlage wäre es vielmehr angemessen, dass die Kommunalpolitiker auf einen Teil ihrer Gehälter verzichteten. Alles andere wäre ein schlechtes Signal.

Bei der Abstimmung wurde ein S-V-Rückverweisungsantrag zur Änderung der Bundesverfassung einstimmig angenommen. Die Novelle zum Bundeshaushaltsgesetz 2013 erhielt in der Form eines S-V-Abänderungsantrages in einer namentlichen Abstimmung die erforderliche Zustimmung. 168 Abgeordnete gaben ihre Stimme ab, davon votierten 102 für und 66 gegen die Vorlage. Der Entschließungsantrag der Regierungsparteien über die Aufgabe der Länder bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen passierte gleichfalls mehrheitlich das Plenum. Die Novelle zur Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre wurde in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrag mit der erforderlichen Zweidrittelmehrheit angenommen, während der negative Bericht des Verfassungsausschusses zum FPÖ-Antrag 1750/A (E) mehrheitlich zur Kenntnis genommen wurde. (Schluss Schuldenbremse/Fortsetzung Medientransparenzgesetz)