Parlamentskorrespondenz Nr. 1206 vom 07.12.2011

Dienstrechtsnovelle 2012 und Beamten-Gehaltsabschluss beschlossen

Gratispraktika im öffentlichen Dienst werden verboten

Wien (PK) – Im Mittelpunkt einer Vielzahl weiterer  Verfassungsmaterien stand in der heutigen Plenardebatte auch eine umfangreiche Dienstrechts-Novelle 2011 zur Diskussion. Mit abgestimmt wurde ein S-V-Abänderungsantrag, der das Ergebnis der jüngsten Gehaltsrunde für den öffentlichen Dienst berücksichtigt: Anhebung der Gehälter um 2,68 % bis 3,36 % (2,95 % im Durchschnitt) und Abschaffung der Jubiläumszulage für Beamte, die bei der Pensionierung noch nicht 65 Jahre alt sind und weniger als 40 Dienstjahre haben. Die Altersgrenze von 40 Jahren für BeamtInnen fällt. Die mehrheitlich angenommene Novelle bringt mit der "Wistleblower"-Regelung einen besseren dienstrechtlichen Schutz für Beamte, die Verdachtsmomente auf Korruption melden und verbessert unter anderem auch die Chancen von Frauen bei der Bewerbung um Leitungsfunktionen. Weitergehende Vorschläge der Grünen dazu blieben in der Minderheit und wurden abgelehnt. Mit einer vom Ausschuss empfohlenen Änderung im Bundesbahngesetz reagiert der Nationalrat auf ein EuGH-Urteil. FPÖ-Anträge zum Dienstrechtsgesetz verfielen der Ablehnung durch die Mehrheit des Plenums: Sie galten einer Pauschalabgeltung nach der Reisegebühren-Verordnung für Polizeibeamte in Ballungszentren, Dienstfreistellungen für öffentlich Bedienstete, die Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr sind, der Öffnung des Bundes-Personal-Vertretungsrechts für Milizsoldaten und der Verfahrensbeschleunigung bei der Bewertung von Arbeitsplätzen im Verteidigungsressort.

Abgeordneter Werner HERBERT (F) erklärte, die FPÖ werde die Dienstrechtsnovelle ablehnen. Seiner Meinung nach geht diese an den wahren Bedürfnissen des öffentlichen Dienstes vorbei. Wirkliche Reformerfordernisse würde nicht berücksichtigt. Als Beispiel nannte er die Einführung eines speziellen Dienstrechts für bestimmte Berufsgruppen.

Ein von Herbert namens der FPÖ eingebrachter Entschließungsantrag zielt darauf ab, die Gruppenrechtsschutzversicherung für Exekutivbeamte, die Ende dieses Jahres ausläuft, zu verlängern. Die Exekutive brauche den Schutz der öffentlichen Hand bei der Abwehr ungerechtfertigter Anschuldigungen, argumentierte er.

Abgeordneter Otto PENDL (S) brachte einen Abänderungsantrag zur Dienstrechtsnovelle ein, mit dem der Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst in den Gesetzentwurf integriert wird. Er beurteilte die Gehaltserhöhung mit einer Bandbreite von 2,68 % bis 3,36 %, unter Berücksichtigung einer sozialen Komponente, als in Ordnung. Den öffentlich Bediensteten stehe wie allen anderen Berufsgruppen ein "gerechter und fairer Gehaltsabschluss" zu. Mit dem Abänderungsantrag wird überdies festgelegt, dass BeamtInnen künftig nach 35 Dienstjahren keine vorgezogene Jubiläumszulage erhalten, wenn sie in Frühpension gehen. Von den weiteren Punkten der Dienstrechtsnovelle hob Pendl das künftige Verbot von Gratispraktika im öffentlichen Dienst hervor.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) sprach von einer "sehr gelungenen Novelle" und lobte insbesondere einige positive Punkte aus frauenpolitischer Sicht. So wies sie auf die Anhebung der Frauenquote auf 50 %, die verpflichtende Gehaltsangabe bei Stellenausschreibungen und die Verbesserung der Entlohnung von Führungskräften in Teilzeit hin. Begrüßt wurde von ihr außerdem, dass das Höchstalter von 40 Jahren für neue BeamtInnen fällt, ein größerer Fokus auf Ökonomie und Betriebswirtschaft bei der Ausbildung von RichterInnen gelegt wird und unbezahlte Praktika im öffentlichen Dienst verboten werden. Kritisch äußerte sich Musiol hingegen zur eigenen Gehaltskurve für Bachelor-Abschlüsse.

Zweiter Nationalratspräsident Fritz NEUGEBAUER (V) führte aus, der Gesetzentwurf enthalte einige wesentliche Punkte, die auch als Signal an die Privatwirtschaft gesehen werden könnten. Als Beispiel nannte er etwa den Schutz für "Whistleblower", die Hinweise auf Korruptionsverdachtsfälle geben. Weiters ist ihm zufolge vorgesehen, Disziplinarverfahren zu beschleunigen, unentgeltliche Praktika abzuschaffen und die Mindestgröße für PolizistInnen zu streichen. 

Zum Gehaltsabschluss merkte Neugebauer an, es sei wichtig, die Massenkaufkraft zu stimulieren. Ein wesentlicher Teil der Exekutive erhalte eine Gehaltserhöhung über der Inflationsrate, hielt er zudem in Richtung FPÖ fest. Insgesamt ist die Gesetzesnovelle seiner Darstellung nach "in guter sozialpartnerschaftlicher Kultur" verhandelt worden.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) betonte, das BZÖ lehne die vorliegende Gesetzesnovelle ab. Seiner Ansicht nach ist der Gehaltsabschluss im vorgesehenen Ausmaß ein falsches Signal. Damit fielen für den Staat im Jahr 2012 Zusatzkosten von 304,9 Mio. € und in den Folgejahren von 328,3 Mio. € an. Insbesondere die Erhöhung der hohen Beamtengehälter wäre für ihn nicht erforderlich gewesen. Kritisch setzte sich Windholz auch mit den vorgesehenen Änderungen im Disziplinarrecht auseinander.

Allgemein bekräftigte Windholz, dem BZÖ gehe es um eine schlanke Verwaltung und eine Modernisierung des Staates. Er ortet einen enormen Reformstau in diesem Bereich und regte auch eine Abschaffung der Amtstitel an.

Beamtenministerin Gabriele HEINISCH-HOSEK hielt fest, die Dienstrechtsnovelle sei ein weiterer Schritt zur Verwaltungsreform. Österreich sei im Vergleich der OECD-Staaten schon jetzt im unteren Drittel bei der Zahl der öffentlich Bediensteten, betonte sie. In den letzten Jahren sei die Anzahl der Beschäftigten um 10.000 Personen gesunken. Gleichzeitig sei Österreich seit 2006 "Europameister" was das E-Government betrifft. Der öffentliche Dienst in Österreich sei modern, sehr serviceorientiert und effizient, zeigte sich Heinisch-Hosek überzeugt. Sie verteidigte in diesem Sinn auch den Gehaltsabschluss und wies darauf hin, dass 60 % der BeamtInnen die Teuerungsrate abgegolten bekämen bzw. eine höhere Gehaltserhöhung erhielten.

Mit der Dienstrechtsnovelle werden laut Heinisch-Hosek auch etliche Maßnahmen zur Anhebung des faktischen Pensionsantrittsalters im öffentlichen Dienst und weitere Schritte zur Harmonisierung des Dienstrechts für Vertragsbedienstete und für BeamtInnen gesetzt. Überdies seien beschleunigte Verfahren im Disziplinarrecht, ein besserer Schutz für Whistleblower und eine Anhebung der Frauenquote vorgesehen. Durch die eigene Gehaltskurve für Bachelor-Abschlüsse will Heinisch-Hosek BeamtInnen motivieren, in weiterer Folge einen Master-Abschluss anzustreben.

Abgeordnete Angela LUEGER (S) wies die Forderung nach einer "Nulllohnrunde" im öffentlichen Dienst zurück und betonte, dafür gebe es keinen Anlass. Ausdrücklich begrüßt wurde von ihr auch die Abschaffung der Gratispraktika im öffentlichen Dienst. Der Staat sei damit ein gutes Vorbild für die Privatwirtschaft, erklärte sie.

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) zeigte sich enttäuscht darüber, dass der Forderung der FPÖ nicht Rechnung getragen werde, öffentlich Bedienstete, die Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr sind, im Bedarfsfall freizustellen. Die Koalition zeige offenbar kein großes Herz für freiwilliges Engagement, bedauerte er.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) hielt in Richtung seines Vorredners fest, man müsse sich generell überlegen, wie man freiwilliges Engagement fördern könne. Es gehe aber nicht an, vom Staat, der auch betriebswirtschaftlich denken müsse, einseitige Maßnahmen zu verlangen. Es hätte auch niemand Verständnis dafür, wenn freiwillige Feuerwehrleute im öffentlichen Dienst anders als jene in der Privatwirtschaft behandelt würden.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) hob unter anderem die neue Schutzregelung für "Whistleblower" hervor. Seiner Auffassung nach ist es ein starkes Signal gegen Korruption und Amtsmissbrauch, wenn öffentlich Bedienstete, die Verdachtsfälle melden, besser vor Kündigung und Versetzung geschützt werden. Er forderte ähnliche Schutzregelungen in der Privatwirtschaft und sprach sich zudem für die Anschaffung einer speziellen Software aus, die es "Whistleblowern" ermöglicht, anonym mit Behörden zu kommunizieren.

Dem Abänderungsantrag zur Dienstrechtsnovelle werden die Grünen Steinhauser zufolge in Zweiter Lesung nicht zustimmen. Die Grünen seien zwar grundsätzlich für eine Anhebung der Gehälter von BeamtInnen, sie hätten sich aber einen Solidarbeitrag von SpitzenbeamtInnen erwartet, betonte er. Mittlerweile würden einige Sektionschefs mehr verdienen als Abgeordnete.

Abgeordneter Rudolf PLESSL (S) erklärte, die Regierungsfraktionen stellten sich der Verantwortung, auch in schwierigen Zeiten, während sich die Opposition teilweise in Forderungen ergehe, die schon längst von der Regierung umgesetzt seien.

Abgeordneter Mario KUNASEK (F) sprach von dringenden Problemen, etwa bei der Feuerwehr, die einer Lösung harrten. Die Regierungsfraktionen ergingen sich in Alibiaktionen, wo konkrete Maßnahmen erforderlich wären.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) unterstrich die Ausführungen seines Vorredners. Es bräuchte gerade bei der Feuerwehr flankierende Schritte, anders sei der dortige Dienstbetrieb nicht mehr aufrecht zu erhalten. Den Feuerwehren und damit der ländlichen Bevölkerung müsse dringend geholfen werden.

In einer tatsächlichen Berichtigung hielt Abgeordneter Werner HERBERT (F) fest, dass seine Forderungen bezüglich der Reisegebührenverordnung noch nicht erfüllt worden seien, weshalb er seinen Antrag aufrecht erhalte.

Die Änderung des BDG 1979 wurde in der Form eines S-V-Abänderungsantrages mehrheitlich angenommen. Die Novelle des Bundesbahngesetzes erhielt gleichfalls mehrheitlich die Zustimmung. Auch die übrigen Berichte des Verfassungsausschusses wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Der oppositionelle Entschließungsantrag fand keine Mehrheit.

EU-konforme Neuerungen im Vergabewesen des Bundes

Mehrheitlich verabschiedete EU-Anpassungen im Bundesvergabegesetz bringen höhere Schwellenwerte für Direktvergaben, Verwaltungsvereinfachungen und erweiterte Möglichkeiten für die zentrale Beschaffung. Ein spezielles Bundesvergabegesetz bei Beschaffungen für Verteidigung und Sicherheit berücksichtigt Besonderheiten bei der Beschaffung von Militärgütern und sensibler Ausrüstung.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) beklagte mangelnde Transparenz bei den Vergaberichtlinien, auch sei die ungenaue Abgrenzung zwischen zivilen und militärischen Gütern zu beklagen, weshalb seine Fraktion den Gesetzesentwurf ablehnen werde.

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) sah hingegen eine Vorlage, die eine angemessene Lösung für die diesbezüglichen Probleme biete. Es gebe eine Reihe von Verbesserungen, weshalb der Entwurf zu begrüßen sei.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) sorgte sich um die Nachhaltigkeit von Beschaffungsvorgängen und mahnte vom Bundeskanzleramt entsprechenden Einsatz ein. Da es zudem, zumal im Verteidigungsbereich, keine verlässlichen Instrumentarien gegen Korruptionsfälle gebe, lehne ihre Fraktion den Entwurf ab.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) zeigte sich hingegen zufrieden mit der Vorlage und empfahl deren Annahme.

Abgeordneter Kurt LIST (B) signalisierte Zustimmung zur Vorlage, da der Sicherheitsbereich künftig an ein EU-weites Vergaberecht gebunden sei, was vor allem dem Verteidigungsbereich nützen und positive Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich haben werde.  – Bei der Abstimmung wurde der Entwurf mehrheitlich angenommen. (Schluss BDG-Novelle/Fortsetzung Nationalrat)