Parlamentskorrespondenz Nr. 1226 vom 14.12.2011

Schuldenbremse in der Verfassung bleibt weiter umstritten

Nationalrat diskutiert Ergebnisse des EU-Gipfels vom 9. Dezember

Wien (PK) – Im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrats informierten heute Bundeskanzler Werner Faymann und Vizekanzler Michael Spindelegger mittels einer Erklärung die Abgeordneten über die jüngsten Beschlüsse des EU-Gipfels vom 9. Dezember zur Eindämmung der Schuldenkrise in Europa.

Nachdem sich die Staats- und RegierungschefInnen – mit Ausnahme des britischen Premierministers - darauf geeinigt hatten, in ihren Ländern eine so genannte Schuldenbremse in den einzelnen Verfassungen festzuschreiben, stand diese Frage auch heute wieder im Mittelpunkt der Diskussion. Am vergangenen Mittwoch, dem 7. Dezember, war ein diesbezügliches Verfassungsgesetz am Widerstand der Opposition im Nationalrat gescheitert. Die Schuldenbremse wurde einfachgesetzlich im Bundeshaushaltsrecht verankert. Die Regierungsfraktionen richteten nochmals einen eindringlichen Appell an die Opposition, sich der Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung nicht länger zu verweigern.

Faymann: Für die langfristige Stabilisierung der Eurozone braucht es weitere Schritte

Bundeskanzler Werner FAYMANN stellte in seinem Bericht über die Ergebnisse des Europäischen Rats vom 9. Dezember 2011 grundsätzlich fest, es müsse das Ziel sein, künftig nicht nur bei Krisen zusammenzutreten, um die nächsten Wochen und Monate zu gestalten, sondern in der EU eine Struktur zu schaffen, die Europa vor Spekulanten schützt, den Finanzmärkten einen Rahmen gibt und vor zu hohen Schulden bewahrt. Europa brauche einen Schutzschirm nach dem Vorbild der USA und Großbritanniens, zeigte sich der Bundeskanzler überzeugt.  

Es gebe viele gute Ideen zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in Europa, zunächst gehe es aber um kurzfristige Maßnahmen für den optimalen Einsatz der vorhandenen Mittel. Daher wird der Europäische Stabilitätsmechanismus auf Juli 2012 vorgezogen und zusätzlich überlegt, wie er mit noch mehr "Löschwasser" ausgestattet werden kann. All das werde für die langfristige Stabilisierung der Eurozone noch nicht ausreichen. Dafür werde noch viel mehr nötig sein. Entschieden wandte sich der Bundeskanzler gegen jede Strategie zur Zerstörung der EU und bekannte sich nachdrücklich dazu, den Euro zu stabilisieren und die Europäische Union zu stärken. Diese Entscheidung sei jetzt zu treffen.

Das Europa von morgen soll mehr Beschäftigung, mehr Schutz für sozial Schwache und mehr Wettbewerbschancen bringen. Die Menschen wollen einen Schutzschirm und sie wollen ein Europa, das seinen Wohlstand und seinen Lebensstandard verteidigt, sagte der Bundeskanzler. Daher wurde ein automatisches Defizitverfahren aufgrund von Bewertungen der Europäischen Kommission sowie eine Schuldenbremse im Verfassungsrang vereinbart. Die EU müsse stark genug sein, um den Finanzmärkten nicht die Finanzpolitik überlassen zu müssen. Österreich hat von der Eurozone und vom EU-Beitritt profitiert, seine Exporte steigern und Arbeitsplätze dazugewinnen können. Faymann zeigte sich überzeugt, dass die Europäische Union zu Beschlüssen kommen werde, die über die Eurozone hinausreichen. 

Spindelegger: Das Krankheitsbild, das es zu bekämpfen gilt, heißt Überschuldung

Vizekanzler Michael SPINDELEGGER räumte einleitend ein, man könne mit den Ergebnissen des letzten Gipfels der Staats- und RegierungschefInnen keinen Schönheitswettbewerb gewinnen, es seien aber Entscheidungen in die richtige Richtung getroffen worden. So sei es richtig, bei Verstößen gegen die Maastricht-Defizitregeln automatische Sanktionen vorzusehen, sagte der Vizekanzler und bekannte sich nachdrücklich zu einer Politik des Schuldenabbaus in Europa. Es sei allen klar, dass man nicht auf Dauer mehr ausgeben könne, als man einnehme. "Das Krankheitsbild, das es zu bekämpfen gelte, heißt Überschuldung". Das gelte auch für Österreich, das höchste Bonität genieße. "Weil das so bleiben soll, führt kein Weg am Schuldenabbau vorbei", bekräftigte Spindelegger und appellierte an die Oppositionsparteien, die Schuldenbremse in der Verfassung zu verankern, "um auch künftigen Regierungen einen entsprechenden Rahmen vorzugeben".

Das Abseitsstehen Großbritanniens bei den jüngsten Beschlüssen bedauerte der Vizekanzler und bekannte sich zu der Absicht, Großbritannien wieder in die EU zurückzuführen. Die 27, bald 28  Mitgliedstaaten sollen an einem Strang ziehen. Er, Spindelegger,  sei strikt gegen ein "Europa unterschiedlicher Geschwindigkeiten", er sei auch gegen ein EU-Direktorium zweier Länder, bemerkte er und unterstrich die Notwendigkeit, dass auch die kleineren Länder in der Europäischen Union entsprechend gehört werden. Die Gemeinschaftsmethode soll in Zukunft gestärkt werden, forderte Spindelegger, der sich auch für effizientere und rascher entscheidende Gremien in der EU aussprach und dabei von dem Grundsatz abgehen möchte, dass jedes Mitgliedsland in jedem Gremium vertreten sein muss. Die EU braucht laut Michael Spindelegger vier Sicherheiten: Stabilität, Wohlstand, Nachhaltigkeit und Frieden.

Die Runde der Klubobleute

Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) warf der Regierungsspitze vor, in Brüssel darauf verzichtet zu haben, österreichische Interessen zu vertreten. Statt dessen habe Faymann nur Befehle der Deutschen Bundeskanzlerin abgeholt. Den Bundeskanzler erinnerte Strache an sein Versprechen aus dem Jahr 2008, über wichtige Vertragsänderungen Volksabstimmungen abzuhalten. Jetzt habe er offenbar Angst davor, das Volk mitbestimmen zu lassen – er nehme sich offenbar selbst nicht mehr ernst, sagte Strache.

Der FPÖ-Klubobmann registrierte nicht nur eine Schuldenkrise, sondern auch eine Demokratiekrise in Europa und verwahrte sich dagegen, die Menschen "weiter anzuschwindeln". Die Schuldenbremse hänge mit der EU eng zusammen, sie sei eine Folge des Euroschutzschirms, für den Österreich schon jetzt mit 21 Mrd. € hafte. Die Schuldenbremse müsse eingeführt werden, um die österreichischen Haftungen auf 60 Mrd. € ausweiten zu können. Dem gegenüber bekannte sich Strache nachdrücklich dazu, der Bevölkerung endlich die Wahrheit zu sagen und von der Vorstellung abzurücken, sechs gesunde Volkswirtschaften könnten in der Europäischen Union auf Dauer 21 schwache Volkswirtschaften durchfüttern. "Es ist fahrlässig, gesundes Geld in ein kaputtes System zu pumpen", schloss der FPÖ-Klubobmann.

Klubobmann Josef CAP (S) stellte seinem Vorredner die Frage, welche Alternativmodelle er für die Lösung der aktuellen europäische Probleme vorlegen könne. Eine Teilung der Eurozone sei jedenfalls kein Konzept. Es würde zu Massenarbeitslosigkeit führen und die Reichen noch reicher machen, da deren Auslandsguthaben weiter an Wert gewinnen würden. Eine solche Entwicklung könne niemand wollen. Auch ein Austritt Österreichs aus der Eurozone komme nicht in Frage. Viel zu eng seien die wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland, um über einen solchen Schritt sinnvoll nachdenken zu können, meinte Cap. Ernst zu nehmen sei allerdings die Demokratiefrage in Europa. Auch sei bei der Sanierung der Haushalte auf die wirtschaftlichen Verteilungswirkungen zu achten, sagte Cap und warnte vor jenen, die die Schuld an der Verschuldung dem Sozialstaat zuweisen wollen. Cap betonte die Notwendigkeit, die Finanzmärkte zu regulieren und erinnerte an das vehemente Eintreten des Bundeskanzlers für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Dabei gehe es auch um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit Europas gegenüber China, den USA und bald auch Indien. Verteilungsgerechtigkeit sei dabei ein Produktivfaktor. Wettbewerbsfähig sei nur, wer über sichere Pensionen, ein gutes Gesundheitssystem und über eine stabile Währung verfügt. 

Klubobfrau Eva GLAWISCHNIG-PIESCZEK (G) zeigte sich enttäuscht vom Ergebnis des jüngsten EU-Gipfels, unterstrich ihrerseits die Notwendigkeit, die Finanzmärkte zu regulieren und warnte davor, nur die Finanzmarktkrise wahrzunehmen, die aktuellen Tendenzen der Enddemokratisierung zu übersehen und die Verschärfung der Klimakrise aus den Augen zu verlieren. Diese Krise gefährde die Wirtschaft Europas und das Leben von Menschen in vielen Ländern. Glawischnig-Piesczek warnte überdies davor, sich nur mit Haushaltsfragen zu beschäftigen und auf Beschäftigungspolitik zu verzichten. Bei der Finanztransaktionssteuer gehe nichts weiter, die Regierung beschränke sich darauf, "nachzubeten was Merkl und Sarkozy vorgeben" und setze sich nur dann mit der Opposition auseinander, wenn es darum gehe, Zweidrittelmehrheiten zu finden, kritisierte die Klubobfrau der Grünen.

Klubobmann Karlheinz KOPF (V) nannte die Europäische Union ein faszinierendes und richtiges Objekt zur Sicherung von Frieden und Wohlstand, auch wenn man zugeben müsse, dass bei ihrer Einrichtung und Ausgestaltung Fehler gemacht wurden. Da Österreich von der EU und vom Euro profitiert hat wie kein anderes Land in Europa, habe es

ein besonderes Interesse daran, die Europäische Union und die Eurozone zu stabilisieren. Es gebe keine Währungskrise, sondern eine Schuldenkrise der Mitgliedsstaaten. Die Aufgabe laute, mit einer Politik Schluss zu machen, die Wohlstand auf Kosten der nächsten Generation zu uns transferiert. "Wir sind an einem kritischen Punkt angelangt", sagte Kopf und mahnte politische Verantwortung für die Zukunft der Europäischen Union und der Eurozone ein. Das Wort "Kaputtsparen" könne er schon nicht mehr hören, sagte der ÖVP-Klubobmann und zitierte Notenbankgouverneur Nowotny der sich für eine Sparpolitik ausspricht, auch wenn diese Politik die Konjunktur kurzfristig dämpfen werde. In den Gesprächen mit den Oppositionsparteien sei die ÖVP nicht bereit, über

Vermögenssteuern, eine Abgabenquote oder die EU-Mitgliedschaft zu diskutieren - worüber er zu reden bereit sei, sei aber mehr direkte Demookratie, schloss Kopf.

Klubobmann Josef BUCHER (B) sah es positiv, dass die Regierungsspitze über den jüngsten EU-Gipfel dem Nationalrat berichtet, die heutigen Erklärungen des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers seien "aber völlig danebengegangen", meinte Bucher. Den BürgerInnen solle offenbar weiterhin Geld aus den Taschen gezogen werden, um es an Banken, Spekulanten und marode EU-Mitgliedstaaten zu überweisen. Die Bundesregierung habe kein Konzept zur Bewältigung der Krise. Sie betreibe Panikmache und setze auf die Angst der Menschen. Es fehle völlig an klaren Vorstellungen und an Zukunftskonzepten, die Regierung sei unfähig, den Menschen Hoffnung zu geben. Das BZÖ verlange demgegenüber ein Ende der Schuldenpolitik und Strafen für PolitikerInnen, die Schulden machen. Weiters gehe es darum, endlich Reformen in Richtung eines schlanken Staates herbeizuführen und die diesbezüglichen Vorschläge des Rechnungshofs umzusetzen. Das BZÖ verlange auch, eine Steuerbremse in der Verfassung zu verankern. Die Menschen brauchen eine Perspektive, die ihnen diese Regierung auch deshalb nicht geben könne, weil sie völlig unglaubwürdig sei. Sie habe soeben erst neue Schulden in der Höhe von 9 Mrd. € für 2012 beschlossen, rede aber gleichzeitig von einer Schuldenbremse, kritisierte Josef Bucher.    

Die weitere Diskussion

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) forderte die Opposition auf, staatspolitische Verantwortung zu zeigen und konstruktiv daran mitzuarbeiten, die Schuldenkrise, die durch die Finanzkrise hervorgerufen wurde, zu bewältigen. Man müsse dabei europäisch vorgehen, denn allein gegen die anderen werde man nicht erfolgreich sein, resümierte die Rednerin. Es gelte, den Euro zu stärken, wozu auch die Finanzwirtschaft in die Ziehung genommen werden müsse, etwa in Form der Finanztransaktionssteuer.

Abgeordneter Herbert KICKL (F) hielt fest, dass die "Schuldenbremse" seitens der SPÖ erst vor ganz kurzer Zeit entdeckt wurde, denn die Budgets seien 2011 wie 2012 Schuldenbudgets. Vielmehr trommle die SPÖ nur deshalb für die "Schuldenbremse", weil ihr dies in Brüssel befohlen worden sei. Die SPÖ habe mit dieser Kehrtwende ihre Glaubwürdigkeit endgültig verwirkt, zeigte sich der Redner überzeugt.

Mit dieser undemokratischen EU würde in Österreich die Zukunft keineswegs gesichert, die "Schuldenbremse" diene nicht dem heimischen Arbeitsmarkt oder dem heimischen Bildungssystem, sondern allein einem Machttransfer hin zu Brüssel, und dafür sei seine Partei nicht zu haben. Meine man es mit der Demokratie ernst, dann sei es unumgänglich, eine Volksabstimmung über diese Frage abzuhalten, denn das Volk habe das Recht, seine Meinung kundzutun, schließlich müsse es ja auch die Konsequenzen tragen.

Abgeordneter Martin BARTENSTEIN (V) erklärte hingegen, die Regierungsparteien wollten gemeinsam mit den europäischen Partnern die Krise bewältigen, während die FPÖ in Wirklichkeit aus Europa ausscheiden wolle. Man verpflichte sich in europäischem Rahmen zu einer grundlegenden Haushaltsdisziplin, womit man nicht nur die aktuelle Krise bewältigen, sondern auch künftigen Krisen vorbeugen werde. Und natürlich, so schloss Bartenstein, sei es unumgänglich, die "Schuldenbremse" in die Verfassung zu verankern, und im Interesse des Landes sollten die Oppositionsparteien diesen Weg mitgehen.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) zeigte sich zufrieden darüber, dass die Regierung Erklärungen zum Gipfel abgebe, schränkte aber ein, dass es wünschenswert wäre, wenn die Regierung schon vor einem Gipfel das Gespräch mit der Opposition suchen würde. Das Problem sei zudem, dass die Regierung in sich uneinig sei. Man brauche also gar keine "Schuldenbremse", denn die Regierung stehe ohnehin schon auf einer Bremse.

Er sei im Übrigen gar nicht davon überzeugt, dass die gewählte Vorgangsweise in Europa zielführend sein werde, stehe doch zu befürchten, dass sich die geplanten Maßnahmen als kontraproduktiv erwiesen und die Krise real noch verschärften. Es wären seiner Meinung nach ganz andere Schritte erforderlich, um wirklich ein Europa der Zukunft zu bauen, und dazu zählten eine Vertiefung der Union ebenso wie eine Demokratisierung. An die Adresse der ÖVP richtete der Redner die Botschaft, sie möge ihre Blockadepolitik aufgeben, damit man endlich zu substantiellen Verhandlungen kommen könne.

Abgeordneter Kai Jan KRAINER (S) bezeichnete die nicht regulierten Märkte, das mangelnde Gleichgewicht zwischen den Staaten und die ungleiche Verteilung der Vermögen in Europa als Ursachen der Krise. Auf all diese Fragen habe die Sozialdemokratie die richtigen Antworten gegeben. Ein Instrument dafür sei eben die "Schuldenbremse", mit der man auch auf europäischer Ebene die Krise bewältigen könne. Und der ungleichen Verteilung der Vermögens müsse durch mehr Gerechtigkeit begegnet werden, schloss der Mandatar.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) kritisierte die Ideenlosigkeit der Regierung, die man an seinem Vorredner ablesen könne, der nach dem Gipfel dieselbe Rede wie vor dem Gipfel gehalten habe. Zur Bewältigung der Krise brauche es weder "Marx noch Murks", die Regierung solle das Land mit ihren verkorksten Ideologien verschonen und sich nicht länger auf Worthülsen und Placebos beschränken, das werde nämlich niemanden beeindrucken. Vielmehr brauche es glaubhafte Maßnahmen für Österreich und Europa, vor allem aber dürfe man sich nicht länger von Rating-Agenturen erpressen lassen. Wenn man nicht gegen die Brandstifter effizient vorgehe, dann werde das Feuer der Krise immer wieder neu auflodern, warnte der Redner.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) erklärte, es gebe keine Alternative zur Europäischen Union und zum Euro, und von beidem habe Österreich massiv profitiert. Zudem habe Österreich die Krise gut gemeistert, und diesen Weg müsse man weitergehen. Es brauche mehr Europa und eine gemeinsame Strategie zu mehr Haushaltsdisziplin, um den Euro abzusichern. Da müsse man die eigenen Befindlichkeiten hintan stellen, um gemeinsam die Zukunft Österreichs entsprechend abzusichern. Daher solle auch die Opposition Verantwortung für das Land und seine Menschen übernehmen.

Abgeordneter Johannes HÜBNER (F) warnte vor einer "inhaltslosen Verschlagwortung der Politik", denn dies führe dazu, dass sich die Menschen mehr und mehr von der Politik abwendeten. Die Regierung ergehe sich in Phrasen und drehe stets dieselbe Walze. Es gehe aber um echte Antworten, und dazu sei es nötig, zu einer stabilen Währungspolitik zurückzufinden. Im Übrigen dürfe man nicht ohne die Legitimation durch die Bevölkerung Österreichs Zukunft mit derartigen Hypotheken belasten, wie die Regierung dies plane.

Abgeordnete Laura RUDAS (S) votierte für ein soziales Europa, wozu es entsprechende Finanzmarktregulierungen, eine aktive Arbeitsmarktpolitik und eine eigene europäische Rating-Agentur als Gegengewicht zu den amerikanischen Agenturen brauche. An die FPÖ gerichtet, erklärte die Rednerin, es sei nicht sinnvoll, darüber abzustimmen, ob man löschen dürfe, wenn es brennt. Eine solche Politik werde es mit der SPÖ nicht geben.

Abgeordneter Alexander VAN DER BELLEN (G) sagte, man müsse sehen, dass von der bisherigen Entwicklung vor allem Deutschland profitiert habe, denn das europäische Fluchtkapital, das sich aus Griechenland, Italien oder Spanien zurückgezogen habe, fließe nach Deutschland, sodass es dort die niedrigsten Zinsen seit mindestens 200 Jahren gebe. Der Gipfel selbst habe auf die Finanzmärkte allerdings keinen Eindruck gemacht, es bestehe also kein Grund zur Euphorie.

Im Übrigen habe man erst vor zwei Wochen das Budget beschlossen, während der Regierung jetzt erst einfalle, dass man da etwas vergessen habe. Man müsse sich die Ursachen der Krise ansehen und darauf entsprechend reagieren, so hinsichtlich der Rolle der EZB und hinsichtlich der 17 isolierten Anleihenmärkte. Ziel müsse es also sein, mittels "Euro-Bonds" einen einheitlichen europäischen Anleihenmarkt zu schaffen, der nicht so angreifbar sei wie die nationalen Märkte, schloss der Redner.

Abgeordneter Reinhold LOPATKA (V) unterstrich, dass man bei der Konsolidierung darauf achten müsse, nicht den Wirtschaftsstandort zu gefährden. Österreich habe seine Chance genützt und eine Verbesserung der Arbeitsmarktlage erzielt. Und dass die heimische Politik richtig war, zeige sich auch daran, dass Österreich die niedrigste Arbeitslosigkeit in der EU vorweisen könne. Setzte man nun auf mehr Haushaltsdisziplin, so werde man mehr Stabilität erzielen, und das sei im Interesse des Landes.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) warf der Regierung vor, eine überhebliche und abgehobene Politik zu betreiben, die mit den wahren Problemen der Bevölkerung nichts zu tun habe. Demokratiepolitisch bedenklich sei auch die Vorgangsweise, dass eine Parlamentspartei gar nicht zu den Gesprächen über die Schuldenbremse eingeladen wird. Das BZÖ werde sich nur dann für dieses Instrument aussprechen, wenn es mit der Festlegung einer Steuerhöchstquote und der Einführung von Sanktionen verbunden wird, unterstrich Westenthaler. Eine gänzliche Selbstaufgabe ortete der B-Mandatar auch in der EU-Politik, da es durch die Reduktion der Kommissare noch weniger Einflussmöglichkeiten für unser Land geben würde.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) bedauerte die Vorgangsweise des britischen Premiers Cameron, der aus purem nationalem Egoismus – in diesem Fall für die City of London und für die Spekulanten – eine europäische Lösung torpediert habe. Allerdings gehe die Argumentation der Freiheitlichen, die den Schilling wieder einführen wollen, in dieselbe Richtung, gab der SPÖ-Redner zu bedenken. Abgeordnetem Bucher gegenüber merkte er an, dass das Defizit nur dann rasch abgebaut werden könne, wenn auch einnahmenseitige Maßnahmen durchgeführt werden.

Abgeordneter Gerald GROSZ (B) war der Auffassung, dass man nicht der EU oder dem Euro die Schuld für die aktuellen Probleme geben soll, sondern dass es derzeit eine Krise der jeweiligen nationalen Regierungen gebe. Auch die österreichischen RegierungsvertreterInnen seien nicht glaubwürdig, bemängelte Grosz, da man einerseits eine so genannte Schuldenbremse, die erst ab 2017 wirkt und überdies keine Sanktionen vorsieht, einführen will, vor kurzem aber eine Neuverschuldung in der Höhe von 10 Mrd. Euro beschlossen hat. Grosz kritisierte zudem, dass die Interessen Österreichs in Brüssel "mehr als schäbig" vertreten werden.  

Auch Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) beklagte, dass die Regierung vom Virus des Schuldenmachens befallen sei und erst vor kurzem zusätzliche Ausgaben beschlossen habe. Es seien aber noch immer konkrete Maßnahmen ausständig, um die dringend erforderlichen Reformprojekte umzusetzen. Was die europäische Politik anbelangt, so müsse man leider feststellen, dass der Euro keine Erfolgsgeschichte ist. Dies sehe man etwa auch am Beispiel Schweiz, die so klug gewesen sei, nicht den Euro zu übernehmen und nun auf allen Ebenen viel besser da stehe. Symptomatisch sei auch die Tatsache, dass die Bürgerinnen der maroden europäischen Länder, ihr Geld in die Schweiz transferieren, um es dort abzusichern. (Fortsetzung Nationalratssitzung)