Parlamentskorrespondenz Nr. 1230 vom 14.12.2011

Heinisch-Hosek zu Kindergeld:Kurzzeitvarianten sind zu bevorzugen

Gleichbehandlungsausschuss diskutiert frauenpolitische Themen

Wien (PK) – Der Gleichbehandlungsausschuss begann seine heutige Sitzung mit einer aktuellen Aussprache mit Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek über frauenpolitische Themen. Dabei kamen auch Fragen wie die Erfolge der Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommenssituation von Frauen und die aktuelle Debatte über eine Anhebung des Pensionsalter zur Sprache. Diskutiert wurde auch die Zukunft des Kinderbetreuungsgeldes, wobei Ministerin Heinisch-Hosek die Meinung vertrat, dass Kurzvarianten des Kindergeldes der Langzeitvariante vorzuziehen seien. Eine Neuregelung des Kindergeldes setze aber den erfolgreichen Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen voraus.  

Auf der Tagesordnung standen zudem mehrere Anträge der Opposition. Ein Antrag der Freiheitlichen nach Umsetzung eines Maßnahmenpaketes zur Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich wurde vertagt, der F-Antrag nach Erstellung einer Studie zum Thema Zwangsverheiratung wurde hingegen mit S-V-B-Mehrheit abgelehnt. Mit S-V-Mehrheit gegen die Stimmen der Oppositionsparteien vertagt wurden sodann sowohl der Antrag des BZÖ nach Zusammenfassung von Frauen- und Familienberatungseinrichtungen zu Kompetenzzentren, als auch zwei Anträge der Grünen betreffend Erstellung eines Gleichstellungsbericht bzw. die Einführung einer Geschlechterquote in Gremien im Einflussbereich des Bundes.

Heinisch-Hosek kritisch zu Langzeitvariante des Kindergeldes 

In der Aussprache mit Bundesministerin Heinisch-Hosek erläuterte die Ministerin die geplanten Schwerpunkte ihres Ressorts für das kommende Jahr. Heuer habe das Frauenministerium neun zusätzliche Einrichtungen der Frauenberatung mitfinanziert und damit einen Beitrag zu ihrem Fortbestehen geleistet. Sie zeigte sich zufrieden über den Ausbau der Frauenberatungseinrichtungen in Österreich. Was Maßnahmen der Frauenförderung betreffe, so könnten nur die schon bestehenden mit den Mitteln ihres Ressorts weitergeführt werden, alle weiteren Maßnahmen würden die Unterstützung anderer Ministerien brauchen. Eine wichtige Maßnahme sei, dass ab 2013 für alle gesetzlichen Maßnahmen die wirkungsorientierte Folgenabschätzung verpflichtend werde. Das stelle einen wichtigen Beitrag zum Gender-Mainstreaming dar, war die Ministerin überzeugt. Sie verteidigte die Maßnahme der verpflichtenden Gehaltsangabe in Stellenanzeigen, Der Sexismus-Beirat im Werberat werde gut aufgenommen und für seine Expertise geschätzt. Was die Frage von Frauen in Führungspositionen betreffe, so sah sie positive Signale von Seiten ATX-notierter Unternehmen für ähnliche Regelungen, wie sie in staatsnahen Betrieben bestehen.

Zur derzeit wieder diskutierten Frage der Anhebung des Pensionsalters für Frauen meinte die Frauenministerin, diese Anhebung werde sicher kommen, aber dann, wenn der Zeitpunkt dafür richtig sei. Das Thema müsse vor dem Hintergrund des tatsächlichen Pensionsantrittsalters gesehen werden. Sehr viele Frauen gehen derzeit aus gesundheitlichen Gründen früher in Pension. Hier müsse man ansetzen, da sonst die Gefahr bestehe, dass man das Problem nur vom Pensionsbereich in den AMS-Bereich verschiebe und die Altersarbeitslosigkeit erhöhe, sagte Heinisch-Hosek. Es gehe insgesamt darum, die Menschen länger in Beschäftigung zu halten, sie sei dazu auch in Gesprächen mit dem Sozialministerium. Fragen zum Gehaltsrechner beantwortete Heinisch-Hosek mit dem Hinweis, dieser sei ein Erfolg, da er niederschwellig angelegt sei, könne er aber natürlich nicht für jeden Einzelfall eine exakte Auskunft geben.

Zu einer lebhaften Diskussion führte die Haltung der Bundesministerin zum Kindergeld. Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) bezog sich dabei auf jüngste Aussagen der Ministerin in einem Interview und fragte, ob sie tatsächlich wünsche, dass die Langzeitvariante des Kindergeldes gestrichen werde, weil eine Betreuung von Kinder durch Kinderbetreuungseinrichtungen besser wäre. Ihr Fraktionskollegin Heidemarie Unterreiner meinte, es entstehe der Eindruck, dass die Betreuung der Kinder in der Familie abgewertet werde, das könne sie nicht befürworten. Abgeordnete Daniela Musiol (G) hingegen sah die Langzeitvariante des Kindergeldes als Auslaufmodell an, seine Beliebtheit sinke auch stark. Abgeordnete Christine Marek (V) wollte wissen, welchen Zusammenhang die Ministerin zwischen Kindergeld und Kinderbetreuungseinrichtungen herstelle.

Bundesministerin Heinisch Hosek meinte darauf, dass Österreich eines der wenigen Länder wäre, das ein solches Langzeitmodell noch anbiete. Sie stimmte auch der Meinung von Abgeordneter Ursula Haubner (B) zu, dass die Modelle des Kinderbetreuungsgeldes sehr kompliziert geworden seien, man müsste über Vereinfachungen nachdenken. Sie halte an der Meinung fest, dass das dreijährige Kinderbetreuungsgeld in vieler Hinsicht eine ungünstige Variante sei, da auch der Wiedereinstieg ins Berufsleben schwieriger werde, je länger die Karenzzeit dauere. Ein Grund für seine Beliebtheit liege sicher auch im Fehlen von Betreuungseinrichtungen. Es werde erst zu überprüfen sein, ob die Maßnahmen zu deren Ausbau greifen, sobald dies der Fall sei, werde man auch über die Langzeitvariante des Kindergeldes diskutieren müssen.

Die Fragen an die Ministerin stellten die Abgeordneten Gisela Wurm (S), Claudia Durchschlag (V), Carmen Gartelgruber (F), Judith Schwentner (G), Martina Schenk (B), Renate Csörgits (S), Gabriele Binder-Maier (S), Christine Marek (V), Katharina Cortolezis-Schlager (V), Heidemarie Unterreiner (F), Daniela Musiol (G) und Ursula Haubner (B).

Freiheitliche fordern Maßnahmenpaket für Frauen

Vertagt wurde der Antrag von F-Abgeordnete Carmen Gartelgruber betreffend ein Maßnahmenpaket zur Verbesserung der Situation der Frauen in Österreich (1667/A(E)) . Es gehe dabei um echte Wahlfreiheit bei der Kinderbetreuung, die Berücksichtigung von Kinderbetreuungszeiten sowie der Zeiten der Pflege naher Angehöriger bei der Gehaltseinstufung in Kollektivverträgen, meinte Gartelgruber. Weiters forderte sie wirksamere Förderprogramme für den Wiedereinstieg ins Berufsleben, außertourliche Gehaltsrunden für Frauen, Bildungsmaßnahmen, welche die Handlungskompetenzen stärken, und die bessere steuerliche Berücksichtigung der Kinderbetreuungskosten als außergewöhnliche Belastung.

Abgeordneter Franz Riepl (S) sah in dem Antrag Punkte, die bereits in Umsetzung seien, andere, wie etwa die Frage der Kollektivverträge und der Anrechnung von Karenzzeiten, müssten noch vorangetrieben werden. Außertourliche Gehaltsrunden für Frauen würden in der praktischen Umsetzung auf Probleme stoßen, sagte er, und stellte den Vertagungsantrag. Abgeordnete Christine Marek (V) schloss sich diesen Ausführungen an und unterstrich, es sei begrüßenswert, dass viele der erwähnten Maßnahmen bereits auf dem Weg seien.

Abgeordneter Judith Schwentner (G) meinte, das hier geforderte Programm sei mehr familien- als frauenpolitisch ausgerichtet. Es sei auch in den Konsequenzen nicht durchdacht, die Grünen würden es daher ablehnen. Abgeordnete Ursula Haubner (B) sah hingegen unterstützenswerte Punkte in dem Antrag, zweifelte aber, dass ein solches Gesamtpaket umsetzbar wäre. Antragstellerin Carmen Gartelgruber (F) verwies darauf, dass Studien belegten, dass gerade Frauen mit Kindern Gehaltsnachteile hätten. Hier wolle ihre Fraktion Anregungen geben. Sie freue sich, dass aus den Wortmeldungen die Zustimmung zu vielen Punkten erkennbar sei.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek sah eine Reihe wichtiger Punkte im Antrag angesprochen. Die Forderung nach "Extra-Lohnrunden" sei aber ein plakatives Schlagwort, sie ziele nicht auf, im Übrigen rechtlich nicht mögliche getrennte Gehaltsverhandlungen nur für Frauen ab. Gemeint sei vielmehr, dass auch zwischen den Lohnrunden die Einkommenssituation von Frauen eine genaue Evaluierung erfahren sollte.

F-Antrag betreffend Studie zum Thema Zwangsverheiratung abgelehnt

Die Erstellung einer Studie zum Thema Zwangsverheiratung forderte FPÖ-Abgeordnete Carmen Gartelgruber in ihrem Entschließungsantrag (1785/A(E) ) und verwies auf Ergebnisse einer Studie der Hamburger Lawaetz-Stiftung über Zwangsehen in Deutschland, die man sicher auf Österreich umlegen müsse. Jede Zwangsehe stelle eine schwerwiegende Verletzung der Grund- und Freiheitsrechte dar und sei mit den Grundwerten eines demokratischen Rechtsstaates nicht vereinbar.

Abgeordnete Claudia Durchschlag (V) stimmte Gartelgruber zwar zu, dass Zwangsverheiratungen in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürften, begründete aber die Ablehnung des Antrags mit dem Hinweis auf bereits existierende Studien, die das Thema ebenfalls umfassen. Wichtiger sei die Einrichtung von Notwohnungen für Betroffene. Das war auch die Meinung von Abgeordneter Heidrun Silhavy (S). Abgeordnete Judith Schwentner (G) hingegen sah sehr wohl Bedarf für eine Studie, auch deshalb, um durch klare Fakten einer demagogischen Vereinnahmung des wichtigen und heiklen Themas entgegenzuwirken. Abgeordnete Martina Schenk (B) wiederum bezweifelte den Wert einer Studie und meinte, Notwohnungen seien die wichtigere Maßnahme, deren Umsetzung aber zu lange auf sich warten lasse.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek nannte Zahlen zum Thema Zwangsverheiratung in Österreich, einschließlich der Dunkelziffer gehe man von insgesamt rund 200 Fällen pro Jahr aus. Die Umsetzung der Notwohnungen werde nächstes Jahr erfolgen, es gebe noch Auffassungsunterschiede über ihre Konzeption. Wichtig sei es jedenfalls, dass den Frauen Schutz durch Anonymität garantiert werden müsste, damit sie sich dem Zwang von Familienmitgliedern tatsächlich entziehen können.

BZÖ will Vernetzung der Frauen- und Familienberatung

Die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP vertagten auch gegen die Stimmen der Opposition den Antrag von BZÖ-Abgeordneter Martina Schenk. Die Abgeordnete argumentierte für eine bessere Vernetzung von Frauen- und Familienberatungseinrichtungen als Kompetenzzentren (1678/A(E)) und meinte, aufgrund hunderter Familien- und Partnerberatungsstellen in Österreich bestehe ein regelrechter "Förderdschungel" in diesem Bereich. Der Antrag ziele einerseits auf Einsparungen ab, wolle andererseits aber effiziente Hilfe garantieren. Abgeordnete Judith Schwentner (G) bezweifelte die Sinnhaftigkeit einer solchen Zusammenlegung. Frauen- und Familienberatung würden sich in manchen, aber nicht in allen Bereichen überschneiden. Die Zusammenlegung würde eher auf Kosten des Angebots der Mädchen- und Frauenberatung gehen. Auch Ausschussvorsitzende Gisela Wurm meinte, so wie Abgeordnete Christine Marek (V), es müsste sehr genau überlegt werden, wo eine Zusammenarbeit sinnvoll wäre. Vernetzung finde bereits statt, meinte Marek, diese dürfe aber nicht erzwungen werden. Sie beantragte daher Vertagung. Abgeordnete Edith Mühlberghuber (F) sprach sich hingegen für den Entschließungsantrag des BZÖ aus.

Grüne wünschen Gleichstellungsbericht und Geschlechterquote im Bund

Vertagt mit S-V-Mehrheit gegen die Stimmen der Opposition wurde auch der Antrag von G-Abgeordneter Judith Schwentner. Sie begründete den Entschließungsantrag die Bundesregierung nach einem ressortübergreifenden Gleichstellungsbericht (1732/A(E)) mit dem Fortbestehen des Gender Pay Gap, der trotz vieler Maßnahmen zur Gleichstellung der Frauen am Arbeitsmarkt seit Jahren fortbestehe. Offenbar würden gleichstellungspolitischen Maßnahmen durch andere gesetzliche Maßnahmen wieder entgegengewirkt, meinte die Abgeordnete. Hier müsste ein Überblick geschaffen werden.

Abgeordnete Heidemarie Unterreiner (F) meinte dagegen, es fehle nicht an Studien, und sprach sich gegen den Antrag aus. Ähnlich argumentierte Abgeordnete Claudia Durchschlag (V), welche einen Vertagungsantrag stellte und auf Maßnahmen verwies, die bereits gesetzt würden. Auch Abgeordnete Martina Schenk (B) war gegen einen zusätzlichen Bericht, wichtiger wäre es ihrer Meinung nach, zu überlegen, ob man nicht bestehende Berichte zum Thema zusammenfassen könnte.

Grüne für verpflichtende Geschlechterquote staatsnaher Gremien

Ein weiterer von G-Abgeordneter Judith Schwentner eingebrachter Entschließungsantrag (1733/A(E)) wurde ebenfalls mit S-V-Mehrheit gegen die Stimmen von FPÖ, BZÖ und Grünen vertagt. Schwentner forderte für alle Gremien des öffentlichen Dienstes und in staatsnahen Einrichtungen bzw. Unternehmen eine Quote, wonach maximal 60 % der in einem Gremium vertretenen Personen dem gleichen Geschlecht angehören dürften. Die Durchsetzung dieser Quote verlange auch Sanktionen bei Nichteinhaltung und einen regelmäßigen Gremienbericht, wie es ihn in Deutschland bereits gebe, erläuterte Schwentner.

Abgeordneter Hermann Lipitsch (S) verwies darauf, dass  unterschiedliche Quoten in verschiedenen Bereichen bereits bestehen. Der Antrag lasse offen, wie man mit diesen umgehen solle, meinte er und beantragte Vertagung. Abgeordnete Carmen Gartelgruber (F) war grundsätzlich gegen Quotenregelungen und befürchtete, dass in der Praxis immer Parteipolitik gegenüber dem Kriterium Eignung den Ausschlag geben würde. Auch Abgeordnete Ursula Haubner war gegen verpflichtende Quoten, wichtiger sei die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Frauen. (Schluss)