Parlamentskorrespondenz Nr. 211 vom 20.03.2012

Vorlagen: Unterricht und Kultus

Regierung legt Neufassung des Israelitengesetzes vor

Wien (PK) - Die Bundesregierung hat dem Nationalrat den Entwurf eines Bundesgesetzes vorgelegt, mit dem die Regelung der äußeren Rechtsverhältnisse der Israelitischen Religionsgesellschaft geändert wird (1689 d.B.). Das Gesetz ersetzt die 36 Paragraphen des bisher (in der Fassung einer Novelle von 1984) geltenden Israelitengesetzes des Jahres 1890 durch ein nunmehr 25 Paragraphen umfassendes neues Regelwerk. Durch dieses sollen einerseits die Rahmenbedingungen für das Zusammenwirken von Staat und Israelitischer Religionsgesellschaft auf eine moderne Grundlage gestellt und neu strukturiert werden. Gleichzeitig soll dabei auch die bisherige Regelungsdichte zurückgenommen werden.

Kernstück des Gesetzes ist daher die Anerkennung der Israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich. Sie ist, wie auch bisher schon der Fall war, die äußere Form, in der das Judentum als Religionsgemeinschaft in Österreich anerkannt wird. Sie fungiert als Körperschaft öffentlichen Rechts, die ihre inneren Angelegenheiten selbständig ordnet und verwaltet. Im Unterschied gegenüber dem bisher geltenden Israelitengesetz existiert diese Religionsgesellschaft aber nicht mehr nur als abstrakte Größe, die jeweils in Form der einzelnen territorialen Kultusgemeinden rechtlich in Erscheinung tritt. Die Israelitische Religionsgesellschaft soll in Zukunft einen tatsächlichen Dachverband über den einzelnen Kultusgemeinden Österreichs darstellen. Sie hat die Interessen ihrer Mitglieder, soweit sie über den Wirkungsbereich einer Kultusgemeinde hinausreichen, zu vertreten und ihre Verfassung, die Statuten der Kultusgemeinden, deren Änderungen sowie die Änderung in der Zusammensetzung der Organe dem zuständigen Regierungsmitglied vorzulegen. Die Religionsgesellschaft erhält dazu von staatlicher Seite jährliche finanzielle Zuwendungen, die sich aus einem festen Betrag von jährlich 308.000 € und den Ersatz der jeweiligen Bezüge von 23 Bediensteten der Kultusgemeinden zusammensetzen.

Die Kultusgemeinden sind definiert als selbständige Körperschaften öffentlichen Rechts, die für die Gewährleistung der religiösen Bedürfnisse ihrer Mitglieder und für die Bereitstellung der dafür erforderlichen Einrichtungen zu sorgen haben. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Bundesgesetzes bestehende Kultusgemeinden bleiben in ihrem Bestande unberührt. Für die Neugründung einer Kultusgemeinde ist vorgesehen, dass deren Bestand und wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit gesichert sein muss.

Das Gesetz regelt das Namensrecht und den Schutz der religiösen Bezeichnungen der Israelitischen Religionsgesellschaft, der Kultusgemeinden sowie aller daraus abgeleiteten Begriffe. Die Religionsgesellschaft hat unter anderem ein Begutachtungsrecht zu allen rechtsetzenden Maßnahmen, die ihre äußeren Rechtsverhältnisse betreffen. Sie hat das Recht auf religiöse Betreuung ihrer Mitglieder in besonderen Einrichtungen (Bundesheer, Haftanstalten, Krankenanstalten, Versorgungs-, Pflege- oder ähnlichen Anstalten). §9 regelt das Recht auf Religionsunterricht und Jugenderziehung, die durch die Religionsgesellschaft bzw. durch die Kultusgemeinden und ihre Mitglieder erfolgen. Für diese Bestimmungen bedarf es aufgrund Art. 14 Abs. 10 B-VG einer Zweidrittelmehrheit.

Den wichtigsten jüdischen Feiertagen (Neujahr/Rosch Haschana, Versöhnungstag/Jom Kippur, Laubhüttenfest/Sukkot, Beschlussfest/Schemini Atzeret, Torafreudenfest/Simchat Tora, Fest der ungesäuerten Brote/Pessach, Wochenfest/Schawuot) sowie dem Schabbat wird der Schutz des Staates gewährt. Das Gesetz räumt der Religionsgesellschaft auch das Recht auf das Betreiben religiöser Tauchbäder und auf Herstellung von Wein, Fleischprodukten und anderen Nahrungsmitteln gemäß ihren innerreligiösen Vorschriften ein.