Parlamentskorrespondenz Nr. 217 vom 21.03.2012

Vorlagen: Justiz

EU-Jahresvorschau für den Bereich Justiz

Wie die Europäische Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2012 betont, besteht eine der größten Prioritäten der Europäischen Union in der Gewährleistung von Sicherheit und Rechtstaatlichkeit in einem Europa ohne Binnengrenzen. Die österreichische Justizpolitik bekennt sich zu dem vom Europäischen Rat am 12. Dezember 2009 gebilligten Stockholmer Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union. Insbesondere der darin enthaltene Ansatz der gegenseitigen Anerkennung von Gerichtsentscheidungen und Urkunden sei ein effizientes Mittel, um die Privatrechte der BürgerInnen über die Grenzen hinweg zu schützen und durchzusetzen und um die strafrechtliche Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten zu stärken und zu beschleunigen, heißt es in der Einleitung des Berichts der Justizminsterin auf der Grundlage des Legislativ- und Arbeitsprogramms der EU-Kommission für 2012 sowie des 18-Monate-Programms des polnischen, dänischen und zypriotischen Ratsvorsitzes (III-294 d.B.).

Aufgrund der großen Anzahl an Initiativen und Legislativvorhaben sollen in der Folge einige wenige erwähnt und näher beschrieben werden. Im Bereich des Zivilrechts ist beispielsweise vorgesehen, die Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums einer Revision zu unterziehen. Im Fall der geplanten Vereinheitlichung des internationalen Erbrechts gibt Österreich zu bedenken, dass die gewachsenen nationalen Traditionen ausreichend berücksichtigt werden sollen, um eine Komplizierung des Rechtsverkehrs zu vermeiden. Die Regelung sollte praxisnah und möglichst einfach zu vollziehen sein, dennoch angemessene Lösungen bieten, die auch mit den Systemen der anderen Mitgliedstaaten vereinbar sind, wird von österreichischer Seite betont. Ein weiterer Vorschlag betrifft den Bereich des Ehegüterrechts (und der vermögensrechtlichen Scheidungsfolgen), wo ein einheitliches und damit vorhersehbares Umfeld geschaffen werden soll, wenn die Ehe einen Auslandsbezug hat. Eine Änderung der Richtlinie über Pauschalreisen zielt wiederum darauf ab, den Schutz der Konsumenten (insbesondere bei Buchungen über das Internet) zu verbessern und für ausreichende Rechtssicherheit für die Unternehmen zu sorgen. Sehr skeptisch zeigt sich Österreich hinsichtlich der von EU-Kommissar Barnier geplanten Verordnung über die Europäische Stiftung, wo es um die Behebung grenzüberschreitender Probleme (insbesondere im Hinblick auf übermäßigen Verwaltungsaufwand oder rechtlicher Beschränkungen) geht.

Überdies plant die Kommission im Bereich des Strafrechts die Ausarbeitung von Rechtsakten zu folgenden Themenbereichen: die Stärkung der Verfahrensrechte von Verdächtigten und Beschuldigten in Strafverfahren, eine Strategie zum Kampf gegen Menschenhandel, Mindeststandards im Bereich des Drogenhandels, die Kontrolle neuer psychoaktiver Substanzen, eine Reform der Struktur von Eurojust, den Schutz finanzieller Interessen der EU (Mindeststandards für Betrug, Subventionsmissbrauch, Korruption, Geldwäsche etc.), eine neue EU-Drogenstrategie, neue Straftatbestände für Angriffe auf Informationssysteme, Mindeststandards für Opferrechte oder die Beschlagnahme und Einziehung von Vermögen im Zusammenhang mit der organisierten Kriminalität.

Das Bundesministerium für Justiz unterstützt grundsätzlich die von der Europäischen Kommission in ihrem Arbeitsprogramm für 2012 gesetzten Prioritäten ebenso wie die Anstrengungen Polens, Dänemarks und Zyperns, insbesondere in den Bereichen justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen, heißt es im Bericht. Bei der Fülle der zu erwartenden Rechtsakten wird weiterhin sehr darauf zu achten sein, dass diese – wie auch im Stockholmer Programm ausdrücklich vorgesehen - gründlich vorbereitet werden; zusätzlich muss die Kohärenz gewahrt bleiben und eine Verbesserung der Qualität der Rechtssetzung sowie eine Vereinfachung und Beschleunigung erfolgen. Besonders wichtig ist auch, keine finanziellen Mehrkosten für die Mitgliedstaaten zu verursachen. (Schluss)