Parlamentskorrespondenz Nr. 240 vom 29.03.2012

Nationalrat: Aktuelle Fragen an den Gesundheitsminister

ELGA soll ab Juli 2013 umgesetzt werden

Wien (PK) – Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete die heutige Nationalratssitzung, die mit einer Fragestunde zu Themen aus dem Gesundheitsressort begann.

Frage der Abgeordneten Sabine OBERHAUSER (S):

In den Medien wird darüber berichtet, dass man sich auf ein partnerschaftliches Zielsteuerungssystem im Gesundheitswesen geeinigt hat. Wie sehen Ihre Vorstellungen und Ziele für ein effizienteres Gesundheitssystem aus?

Antwort:

Bundesminister AloisSTÖGER bestätigte, dass es eine Einigung mit den Ländern über ein Zielsteuerungssystem gebe, wodurch eine gemeinsame Planung, Steuerung und Finanzierung möglich werde. Im Rahmen eines Vertrages wurden Versorgungsziele und Planungswerte fixiert, um entsprechende Versorgungsstrukturen für die Patienten vor Ort aufbauen zu können. Was die möglichen Sanktionen betrifft, die dann schlagend werden, wenn die Ziele nicht erreicht werden, befinde man sich erst in einem Diskussionsprozess (Zusatzfrage der Abgeordneten Martina SCHENK, B). Auf eine Zusatzfrage der Abgeordneten Sabine OBERHAUSER eingehend führte der Gesundheitsminister aus, dass ausreichend Mittel in die Prävention (z.B. nationaler Aktionsplan für Ernährung) fließen müssen, damit die Menschen gar nicht krank werden. Weitere Kostendämpfungseffekte erwarte er sich von der Umsetzung des elektronischen Gesundheitsaktes, vom Ausbau der Tageskliniken und der Verbesserung der präoperativen Diagnostik. Generell war STÖGER überzeugt davon, dass durch das Nutzen von Kostendämpfungspotentialen insgesamt mehr Geld im Gesundheitssystem vorhanden sein wird und die gute Qualität der österreichischen Gesundheitsversorgung gesichert ist (Zusatzfrage von Abgeordneten Andreas KARLSBÖCK, F). Dem Abgeordneten August WÖGINGER (V) gegenüber gab der Minister zu bedenken, dass in Wien bereits ein großer Schritt in Richtung Gesundheitsreform gemacht und ein Plan zur Optimierung der Krankenanstalten ausgearbeitet wurde. Was die generelle Zusammenarbeit der Sozialversicherungsträger betrifft, so habe er diese Kooperation immer unterstützt und gestärkt, versicherte der Bundesminister. Dem Abgeordneten Kurt GRÜNEWALD (G) gab STÖGER insofern Recht, als er auch der Meinung sei, dass die Gesundheitsplattformen in den Bundesländern unterschiedlich wirken. Ein Diskussionsprozess über eine Vereinheitlichung dieser Strukturen wurde bereits eingeleitet, erklärte STÖGER, und er gehe davon aus, dass ihn die Länder auch mittragen werden.

Frage der Abgeordneten Claudia DURCHSCHLAG (V):

Welche konkreten Kostenersparnisse sollen im Rahmen der geplanten Reform des Gesundheitswesens, bei der das Gesundheitswesen in jedem Bundesland gemeinsam mit der Krankenversicherung geplant, gesteuert und finanziert werden soll, durch die Verlagerung von Behandlungsleistungen aus den Spitalsambulanzen in den meist kostengünstigeren niedergelassenen Bereich österreichweit erreicht werden?

Antwort:

Der Bundesminister erinnerte zunächst daran, dass während seiner Amtszeit schon einige Punkte der Gesundheitsreform umgesetzt wurden, wie z.B. das Kostendämpfungsprogramm in den Kassen in der Höhe von 1,7 Mrd. € bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Leistungen. Generell müssen sich die weiteren Reformschritte daran orientieren, dass die richtige Leistung zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort erbracht wird. Mit dem Österreichischen Strukturplan Gesundheit 2010 habe er zudem versucht, die Flexibilitäten in den Krankenanstalten zu erhöhen, weil die Bedürfnisse der Patienten im Mittelpunkt stehen sollen. Dem von Abgeordneter Ursula HAUBNER (B) angesprochenen Anreizsystem für eine gesunde Lebensführung stand der Minister skeptisch gegenüber. Die Menschen sollen und wollen gesund bleiben - das ist Anreiz genug, war STÖGER überzeugt. Er ging dann abermals auf die zahlreichen Präventionsmaßnahmen, wie z.B. im Ernährungs- und Bewegungssektor oder im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung, ein. Ein weiterer Fokus liegt auf der patientenorientierten und praktischen Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten, die sich während des Studiums auch intensiver mit den Themen Prävention und chronische Erkrankungen befassen sollten (Zusatzfrage des Abgeordneten Kurt GRÜNEWALD, G). Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Andreas KARLSBÖCK (F) stellte der Ressortchef fest, dass Ärzte sehr wohl Ärzte anstellen können, wenn sie einen Bedarf nach dem Krankenanstaltengesetz feststellen lassen. Der Abgeordneten Renate CSÖRGITS (S) pflichtete STÖGER bei, wonach die Entwicklung der Gesundheitsausgaben - bis zum Jahr 2020 32 Mrd. €, d.h. eine Steigerung um 53 % - ein Riesenproblem sei. Primäres Ziel des Strukturpaketes sei es daher, dieser Tendenz entgegenzusteuern und trotzdem Gesundheitsleistungen auf höchstem Niveau anbieten zu können. Es werde jedenfalls angestrebt, dass der Anteil der Gesundheitsausgaben am BIP gleich bleibt.

Frage der Abgeordneten Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F):

Wie wollen Sie noch vor dem Sommer eine Einigung mit den Ländern bezüglich einer Spitals- und Gesundheitsreform erzielen?

Antwort:

Gesundheitsminister Alois STÖGER erinnerte daran, dass er im November Vertreter der Länder

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der Sozialversicherungen und des Bundes zu Gesprächen eingeladen habe, wobei bereits Eckpunkte fixiert werden konnten: die Stärkung der Rolle des Bundes in den Bereichen Qualität und Transparenz sowie die Einführung eines Zielsteuerungssystems. Außerdem wurden in der letzten Bundesgesundheitskommission drei wesentliche Vereinbarungen getroffen, die den Status der Finanzierung, die Etablierung eines Planungs- und Steuerungstools sowie die Versorgungsstrukturen betreffen. Aufgrund dieser guten Basis gehe er davon aus, dass eine Einigung bis zum Sommer erreicht werden könne. Das bereits beschlossene Bundeskrankenanstaltengesetz erleichtere die Zusammenarbeit zwischen den Spitälern, führte STÖGER in Richtung der Abgeordneten Ridi STEIBL (V) aus; auch am angesprochenen Standort Güssing wurden bereits viele Veränderungen eingeleitet. Auch wenn in den einzelnen Krankenhäusern schon einiges passiert sei, soll die Kritik des Rechnungshofes natürlich dazu Anlass geben, noch mehr nachzudenken und noch mehr Kooperationen einzugehen. Was generell die finanzielle Ausstattung des Gesundheitssektors angeht, so müsse man jedenfalls danach trachten, dass nicht die Kosten von einem Sektor in den anderen verschoben werden. Gerade aus diesem Grund sei auch die Zusammenarbeit in der Planung, Steuerung und Finanzierung zwischen allen Beteiligten so wichtig, betonte STÖGER (Zusatzfrage des Abgeordneten Wilhelm HABERZETTL, S).

Bezüglich der zukünftigen Vorhaben seines Ressorts kündigte STÖGER an, dass er eine neue 15a-Vereinbarung über die Zukunft der Gesundheitsversorgung vorlegen wird, die u.a. eine Stärkung der Rolle des Bundes im Bereich der Kooperation enthalten wird (Zusatzfrage des Abgeordneten Wolfgang SPADIUT, B). Außerdem sollen noch viele Gesetze ausgearbeitet werden, die die Prävention und die Qualitätssicherung betreffen. Erst gestern sei ein Entwurf in die Begutachtung gegangen, der sich mit der Problematik von Schönheitsoperationen befasst.

Frage des Abgeordneten Kurt GRÜNEWALD (G):

Vertreten Sie die Auffassung, dass Sie als Gesundheitsminister über ausreichend verfassungsrechtliche Kompetenzen verfügen, um die dringend notwendige Gesundheitsreform gegenüber den Bundesländern umzusetzen?

Antwort:

Gesundheitsminister Alois STÖGER räumte ein, dass er sich ein einheitliches Spitalsgesetz für ganz Österreich wünsche. Aufgrund der Verfassungslage in Österreich werde er das Instrument der 15a-Vereinbarung nutzen, um eine österreichweite Steuerung und Planung zu etablieren. Wie bereits erwähnt, gebe es eine Zustimmung von Seiten der Bundesländer, dass die Kompetenz des Bundes in Fragen der Qualität, der Planung und Steuerung sowie der überregionalen Versorgung gestärkt werden soll (Zusatzfrage der Abgeordneten Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN, F). Dem Abgeordneten Erwin RASINGER (V) versicherte er, dass es dabei keineswegs um Zentralisierung gehe, sondern darum, sich die Bedürfnisse vor Ort anzuschauen und die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten – auch über Bundesländergrenzen hinweg - zu fördern.

Frage des Abgeordneten Wolfgang SPADIUT (B):

Werden Sie im Rahmen der Gesundheitsreform dafür sorgen, dass die Österreicherinnen und Österreicher für dieselben Beiträge dieselben Leistungen und Ärzte dieselben Honorare erhalten?

Antwort:

Bundesminister Alois STÖGER stellte einleitend fest, dass es in Österreich an und für sich den gleichen Beitragsprozentsatz gebe. Außerdem gebe es im Allgemeinen Sozialversicherungsrecht, das zudem als Mindestbasis festgeschrieben ist, keine Unterschiede in Bezug auf das Leistungssystem. Er verfolge jedoch das ganz klare Ziel, Selbstbehalte abzubauen, da diese immer zu Lasten kranker Menschen gehen. STÖGER zeigte sich erfreut darüber, dass es bereits positive Signale in diese Richtung gebe. Was die Leistungen der ÄrztInnen betrifft, so vertrete er die Ansicht, dass es Unterschiede gibt, die auch in der Tarifordnung berücksichtigt werden müssen. Auf eine Frage des Abgeordneten Karl Öllinger (G) betreffend die Unterversorgung in manchen Regionen hin erklärte der Ressortchef, dass es zunächst darum gehe, Probleme sichtbar zu machen. So habe er etwa einen Kindergesundheitsdialog gestartet, um aufzuzeigen, ob alle Kinder in Österreich gut versorgt werden. Durch das Feststellen von Mängeln können dann die nächsten Schritte eingeleitet und Verbesserungen erzielt werden, war er überzeugt.

Frage des Abgeordneten Johann MAIER (S):

An der elektronischen Gesundheitsakte ELGA wird bereits seit mehreren Jahren gearbeitet. Wann wird die ELGA endlich zur Verfügung stehen?

Antwort:

Die technische Infrastruktur für ELGA stehe bereits zur Verfügung, gab der Gesundheitsminister bekannt, endgültig könne dann ab 1. Juli 2013 schrittweise gestartet werden

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Dafür fehle jedoch noch das ELGA-Gesetz, das zügig umgesetzt werden soll. Damit soll gewährleistet werden, dass die sensiblen Gesundheitsdaten auch richtig geschützt werden. Es müsse u.a. sichergestellt werden, dass nur die Ärzte auf Gesundheitsdaten 28 Tage lang zugreifen können. Außerdem sollen die Daten dezentral gespeichert werden. Die Patienten sollen zudem selber entscheiden können, ob man ihre Daten in einem elektronischen Gesundheitsakt aufnimmt oder nicht. Im Gesetz soll auch verankert werden, dass die Patienten das Recht haben, zu erfahren, wer auf ihre Daten zugegriffen hat.

Frage der Abgeordneten Anna HÖLLERER (V):

Wer soll im Zusammenhang mit der vorgesehenen Reform des Gesundheitswesens künftig die Versorgungs- und Finanzierungsverantwortung tragen, wenn sich in einem Bundesland die Krankenversicherung und die Landesregierung nicht einigen können: die Krankenversicherung, das Land oder der Gesundheitsminister?

Bundesminister Alois STÖGER zeigte sich überzeugt davon, dass die Partner im Gesundheitswesen den Menschen verpflichtet sind, weshalb er nicht davon ausgehe, dass die von Abgeordneter Höllerer befürchtete Situation eintritt. Sollte dies aber dennoch der Fall sein, so werden dann die Entscheidungen auf Bundesebene getroffen, stellte er die Rute ins Fenster.

Der Minister betonte gegenüber Abgeordnetem Gerald GROSZ (B) einmal mehr die hohe Qualität des österreichischen Gesundheitssystems, das durch die unterschiedlichen Sozialversicherungsträger gesichert wird. Grosz hatte zuvor die Zusammenlegung der 22 Sozialversicherungsanstalten gefordert. Auf die Forderung von Abgeordnetem Werner KOGLER (G), die Kompetenzen im Gesundheitswesen dem Bund zu übertragen, meinte STÖGER, er habe das Bundesverfassungsgesetz zur Kenntnis zu nehmen. Gleichzeitig ließ er aber Sympathie für dieses Anliegen erkennen, indem er mit Bedauern darauf hinwies, dass seine diesbezüglichen Versuche keine verfassungsmäßige Mehrheit gefunden haben. Abgeordnetem Johann HECHTL (S) versicherte er, dass kein Spital um seine Existenz Sorge haben muss, wenn dieses bereit sei, flexibel auf die Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Selbstverständlich sei es erforderlich, das innere Leistungsangebot im Interesse einer guten Versorgung der Region anzupassen. Er stellte weiters fest, dass auch aufgrund jüngster gesetzlicher Klarstellungen die Versorgung ländlicher Regionen mit Medikamenten durch Hausapotheken gewährleistet ist. (Schluss)