Parlamentskorrespondenz Nr. 254 vom 03.04.2012

Vorlagen: Wissenschaft und Forschung

Jahresvorschau des BMWF zu EU-Vorhaben 2012

Der Bundesminister für Wissenschaft und Forschung Karlheinz Töchterle hat dem Nationalrat auf der Basis des Arbeitsprogramms der Europäischen Kommission für das Jahr 2012 und des Achtzehnmonatsprogramms des Rates mit Gültigkeit bis Dezember 2012 einen Bericht über die zentralen EU-Themen im Bereich Forschung und Hochschulen vorgelegt. Wichtige Schwerpunkte sind die Vorschläge der Europäischen Kommission zum nächsten Rahmenprogramm für Forschung und Innovation (2014-2020) unter dem Titel "Horizon 2020" und die Verhandlungen über das neue EU-Bildungsprogramm "Erasmus für Alle", die bereits Anfang Jänner 2012 unter dänischer Präsidentschaft begonnen haben. Bis Juni soll eine Mitteilung der Europäischen Kommission (EK) zum Rahmen für den Europäischen Forschungsraum (EFR bzw. European Research Area ERA) vorliegen.

Vorhaben der Europäischen Kommission im Bereich Forschung

Die Europäische Kommission hat die Vorschläge für Horizon 2020 und alle Begleitprogramme Ende 2011 vorgelegt. Die forschungspolitischen Aktivitäten im Jahr 2012 werden sich auf drei Bereiche konzentrieren:

1. Den Rahmen für den EFR, um verbliebene Hemmnisse für sein effizientes Funktionieren über die Staatsgrenzen hinweg zu beseitigen und für Kohärenz und Koordinierung zwischen der EU und den Mitgliedstaaten zu sorgen. Bestehende Potenziale in den Bereichen Mobilität und Laufbahnmöglichkeiten von ForscherInnen, grenzüberschreitende Projekte von Organisationen, die Forschungen durchführen oder finanzieren, Forschungsinfrastrukturen, Wissensverbreitung und Zusammenarbeit mit Drittländern sollen besser genützt werden. Die EK wird dazu im Juni 2012 eine Mitteilung vorlegen, deren Vorschläge dann von Rat und Europäischem Parlament diskutiert und in der Folge von der Kommission in konkrete Vorschläge für legislative oder auch nichtlegislative Maßnahmen gegossen werden sollen.

2. Eine Mitteilung zum Stand der "Innovationsunion", welche die nächsten Schritte darlegt, mit denen Wachstum und Arbeitsplätze durch Innovation geschaffen werden sollen. Dazu gehört die Festlegung eines neuen Indikators zur vergleichenden Bewertung der Innovationsleistung der Mitgliedstaaten.

3. Mitteilung zur Verstärkung und Fokussierung der internationalen Zusammenarbeit in Forschung und Innovation. Diese soll detaillierte Ziele, Kriterien und Arbeitsgrundsätze für die Umsetzung, Verstärkung und Fokussierung von EU-Maßnahmen zur internationalen Zusammenarbeit im Zuge des "Horizon 2020" enthalten.

Österreich unterstützt grundsätzlich alle Maßnahmen, die helfen, den Europäischen Forschungsraum sowie die Innovationsunion zu verwirklichen. Die konkreten Maßnahmen, die im Rahmen des ERA von der EK vorgeschlagen werden, werden jedoch hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf das österreichische Forschungs- und Innovationssystem überprüft werden müssen, heißt es im Bericht. Dies gelte im Besonderen für Legislativvorschläge.

Den von der Kommission angekündigten Innovationsindikator wird Österreich daraufhin prüfen, ob er geeignet ist, die tatsächliche Innovationsleistung der Mitgliedsländer abzubilden. Das BMWF engagiert sich gemeinsam mit den anderen forschungsrelevanten

Ressorts seit längerer Zeit für einen mehrdimensionalen Indikator, der den komplexen Wirkungszusammenhängen von Innovationen gerecht wird. Die Kommission und die Mehrzahl der übrigen Mitgliedsstaaten präferieren jedoch einen einzelnen Indikator.

Als mittelgroßes Land habe Österreich zudem ein natürliches Interesse daran, bei der Kooperation mit Drittländern die beschränkten Ressourcen mit europäischen Partnerländern zu bündeln, um dadurch seine Sichtbarkeit und seinen Aktionsradius auf dem internationalen Parkett zu erhöhen, betont das BMWF.

Vorhaben der Europäischen Kommission im Bereich Hochschulbildung

Einen wichtigen Schwerpunkt der Arbeiten der Europäischen Kommission im Hochschulbereich im Jahr 2012 betrifft das Legislativvorhaben der Verordnung zum neuen EU-Bildungsprogramm "Erasmus für Alle" (2014-2020). Der Vorschlag zur neuen Generation der EU-Bildungsprogramme 2014-2020 wurde am 23. November 2011 veröffentlicht.

"Erasmus für Alle" soll zu den Zielen der EU-2020-Strategie und des Strategischen Rahmens für die europäische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der allgemeinen und beruflichen Bildung (ET2020), zum erneuerten Rahmen für die Europäische Zusammenarbeit im Jugendbereich (2010-2018), zur nachhaltigen Entwicklung der nicht-EU Länder im Bereich der Hochschulbildung und zur Entwicklung der Europäischen Dimension des Sports beitragen. Für diese allgemeinen Ziele sieht die Kommission in ihrem Verordnungsvorschlag ein Programmbudget von 19,3 Mrd. € vor. Das Programm umfasst drei Schwerpunkte: Individuelle Lernmobilität, Förderung von Innovation und bewährten Verfahren sowie die Unterstützung politischer Reformen.

Österreich begrüßt laut Bericht die vorgeschlagene Erhöhung des Budgets, da ohne Investitionen in die Bildung die Ziele der EU-Strategie "Europa 2020" und des bildungspolitischen Rahmens ET 2020 nicht zu erreichen seien. Besonders unterstützt werden alle Aktivitäten, die die Mobilität der Studierenden, der Lernenden und Lehrenden sowohl in Europa als auch in den Drittstaaten fördern, weil sie wesentlich zum Erwerb von zusätzlichen Kompetenzen und dadurch auch zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit beitragen.

Die Europäische Kommission plant zudem 2012 eine Veröffentlichung der Mitteilung zur Internationalisierung der Hochschulbildung. Diese soll aktuelle Entwicklungen berücksichtigen, etwa die Tatsache, dass immer mehr Hochschuleinrichtungen Studierende aus Drittstaaten aufnehmen und ein verstärkter Austausch von Studierenden, MitarbeiterInnen, Projekten und Wissen unter den Hochschuleinrichtungen stattfindet. Bereits jetzt besteht eine enge Zusammenarbeit im akademischen Bereich und in der Forschung. Die Mitteilung wird sich auch mit der Internationalisierungsstrategie des Hochschulbildungssektors in der EU befassen.

Österreich vertritt die Haltung, dass die Fragen der asymmetrischen Mobilität im Hochschulsektor von hoher Bedeutung sind. Daher wird die Mitteilung der Europäischen Kommission zur Internationalisierung der Hochschulbildung mit großem Interesse erwartet.

Das Achtzehnmonatsprogramms des Rates im Bereich Forschung

Ein dominierendes Thema der Ratspräsidentschaften Dänemarks und Zyperns werden die Verhandlungen über den Finanzrahmen 2014-2020 sein. Daneben werden die wesentlichen Weichenstellungen für die großen Programme der EU für die Jahre 2014-2020 (gemeinsame Argarpolitik, Strukturfonds, Forschung und Innovation, Bildung, etc.) erfolgen.

Im Bereich Forschung werden die beiden Ratsvorsitze des Jahres 2012 ganz im Zeichen der Verhandlungen über die Vorschläge der Kommission für "Horizon 2020", das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation für die Jahre 2014-2020, einschließlich der damit unmittelbar zusammenhängenden Dossiers EIT (European Institute for Innovation and Technology) und ITER (International Thermonuclear Experimental Reactor) stehen. Die entsprechenden Vorschläge wurden Ende 2011 vorgelegt. Bei Prüfung der Legislativvorschläge soll vor allem auf die Einbindung der Strukturfonds sowie der regionalen Dimension geachtet werden.

Als wesentliche Elemente der Innovationsunion werden eine Erleichterung des Zugangs zu Kapital für F&E für Unternehmen, insbesondere KMU und die Ausrichtung des öffentlichen Beschaffungswesens auf innovative Produkte gesehen. Die Präsidentschaften unterstützten die Entwicklung eines integrierten Innovationsindikators.

Zur österreichischen Haltung wird darauf hingewiesen, dass Österreich unmittelbar nach Vorlage des Legislativpakets der Kommission für das "Horizon 2020" im Dezember 2011 eine breit angelegte Konsultation über die österreichische Verhandlungsposition begonnen hat. Unter Federführung des BMWF wird bis Februar 2012 die österreichische Verhandlungsposition für "Horizon 2020" erarbeitet. Nach der Annahme durch den Ministerrat wird das Positionspapier dem Parlament übermittelt werden. Bezüglich der österreichischen Position wird vom BMWF auf dieses in Entstehung befindliche Papier verwiesen.

Das Achtzehnmonatsprogramms des Rates im Bereich Hochschulbildung

Die europäische bildungspolitische Zusammenarbeit ist durch Reformen und Maßnahmen in der Hochschullandschaft geprägt, die notwendig sind, um bei den Herausforderungen im zunehmenden globalen Wettbewerb bestehen zu können. Bildung und Hochschulbildung sind durch das Bildungskernziel im Zentrum der Strategie "Europa 2020" verankert. Der Rat setzt folgende Schwerpunkte: Umsetzung der EU-2020-Strategie im Bildungsbereich, stärkere Verknüpfung zwischen dem strategischen Rahmen ET 2020 und der EU-2020-Strategie sowie die Festlegung der neuen Prioritäten für den zweiten Arbeitszyklus (2012-2014).

Eines der wichtigsten Vorhaben des Rates im Jahr 2012 betrifft die Verhandlungen zum neuen EU-Bildungsprogramm "Erasmus für Alle", die bereits Anfang Jänner 2012 unter dänischer Präsidentschaft begonnen haben. Der Vorschlag für eine Empfehlung im Hinblick auf die Förderung und Validierung des nicht formalen und informellen Lernens wird 2012 vorgelegt und verhandelt.

In die Verhandlungen zur Ausgestaltung der neuen Programmgeneration "Erasmus für Alle" des Rates 2012 bringt sich Österreich dem Bericht zufolge aktiv in die Verhandlungen ein. Eine akkordierte österreichische Position wird unter Koordination des BMUKK erarbeitet. Es werden alle Aktivitäten begrüßt, die die Internationalisierung der Hochschuleinrichtungen unterstützen und die Mobilität der Studierenden und Lehrenden in Europa, aber auch in den Drittstaaten fördern.

Das Programm ERASMUS ist für Österreich in 20 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte geworden, ist dem Bericht zu entnehmen. Seit Beginn der Teilnahme Österreichs am Erasmus-Programm mit dem Studienjahr 1992/93 haben über 62.000 aus Österreich hinausgehende Studierende einen ERASMUS-Auslandsaufenthalt absolviert (inklusive der Studienaufenthalte "zu Erasmus-Bedingungen" in der Schweiz und in Kroatien). Allein im Studienjahr 2010/11 waren es rund 5.400 Studierende.