Parlamentskorrespondenz Nr. 317 vom 19.04.2012

Ist Hürde für Beteiligung an Europäischer Bürgerinitiative zu hoch?

Kurze Debatte über eine Anfragebeantwortung durch Mikl-Leitner

Wien (PK) – Nach Behandlung des Dringlichen Antrags fand in der heutigen Sitzung des Nationalrats auch eine Kurzdebatte über die schriftliche Beantwortung 10263/AB der Anfrage 10412/J der G-Abgeordneten Daniela Musiol an die Innenministerin betreffend Ausstattungsgrad bei Reisepässen und Personalausweisen statt.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) sagte, der Hintergrund der Frage nach dem Ausstattungsgrad von Reisepässen und Personalausweisen sei demokratiepolitischer Natur. Für eine Unterstützung der Europäischen BürgerInneninitiative brauche man entweder Pass oder Personalausweis. Daher habe sie an die Innenministerin die Frage gestellt, wie viele ÖsterreicherInnen kein solches Dokument besitzen und damit von diesem demokratischen Instrument ausgeschlossen seien. Diese Antwort sei mit Hinweis auf hohe Verwaltungskosten einer Erhebung nicht genannt worden. Die vorliegenden Daten ließen aber darauf schließen, dass es um eine beträchtliche Zahl gehe. Es sei bedenklich, wenn die Innenministerin als oberste Wahlbehörde die gewünschte Information nicht besitzt oder nicht mitteilen wolle, bemerkte Musiol. Die Antwort, dass die Beantwortung einen zu hohen Aufwand fordere, ließ Musiol nicht gelten. Die Voraussetzungen für die Unterstützung einer Bürgerinitiative seien in den europäischen Ländern zudem unterschiedlich. Eine Lösung wäre, auch andere Identitätsnachweise zuzulassen. Allerdings sah Musiol wenig Bereitschaft von Seiten der Regierung, die Hürden für die BürgerInnen zu senken. Es sei dies eine Frage, wie ernst man es mit der direkten Demokratie meine, unterstrich Moser.

Bundesministerin Johanna MIKL-LEITNER betonte, dass alle Vorbereitungen für die Umsetzung der Europäischen Bürgerinitiative in Österreich im Gange seien. Was die von Abgeordneter Musiol geforderten Daten betreffe, so waren zum Stichtag 5. Februar 2012 6.393.430 Personen in Beitz eines Reisepasses und 726.251 Personen eines gültigen Personalausweises. Es könne aber nicht gesagt werden, wie viele beide oder keines der Dokumente besitzen. Die Zahl der Wahlberechtigten bei der letzten Europawahl habe in Österreich 6.233.368 österreichische BürgerInnen und 30.393 Personen mit anderen Unionsbürgerschaften betragen. Eine Abgleichung mit der Europa-Wählervidenz sei dabei aufgrund der mangelnden gesetzlichen Grundlage nicht möglich, daher könnten die von Musiol gewünschten Auskünfte, welche Wahlberechtigten weder Reisepass noch Personalausweis besitzen, nicht erteilt werden, hielt die Ministerin fest.

Abgeordnete Christine MUTTONEN (S) wies darauf hin, dass die Europäische Bürgerinitiative etwas weltweit Einmaliges sei, und die ersten in Vorbereitung seien. Es müsse aber dafür gesorgt werden, dass sie ein seriöses und anerkanntes Instrument werde und bleibe. Daher müsse sie einerseits unkompliziert, aber auch mit hohen Sicherheitsstandards konzipiert sein. Die Angabe der Passnummer sei dabei am besten geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen und Zweifel an der Korrektheit einer abgegebenen Stimmen auszuschließen. Natürlich sei das System noch verbesserungsfähig und Änderungsmöglichkeiten würden geprüft. Die Information, wie viele ÖsterreicherInnen Pass und Personalausweis besitzen, sei aber durchaus interessant und könne vielleicht doch noch eruiert werden, wünschte Muttonen.

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) meinte, die Europäische Bürgerinitiative sei ein noch nicht perfekter, aber guter erster Schritt zu mehr direkter Demokratie in der EU. Prinzipiell hätten alle ÖsterreicherInnen die Möglichkeit, eine solche zu unterschreiben und könnten sich dazu leicht einen Reisepass ausstellen lassen. Durch dieses Dokument lasse sich die für die Bürgerinitiative wichtige Rechts- und Datensicherheit herstellen. Es sei durch diese Regelung auch sichergestellt, dass man seine Unterstützung überall, nicht nur auf einem Magistrat geben könne. Natürlich werde man alles tun, um möglichst allen WählerInnen die Teilnahme zu ermöglichen.

Abgeordneter Harald STEFAN (F) entnahm den Aussagen der Innenministerin, dass also tatsächlich bis zu zehn Prozent der Bevölkerung nicht über das erforderliche Dokument verfügten und damit von diesem demokratischen Recht ausgeschlossen seien. Der Aufwand für die Bürgerinitiative sei zudem sehr hoch im Verhältnis dazu, dass sie im Grunde völlig unverbindlich sei. Bei einer Briefwahl hingegen seien die Hürden vergleichsweise weit geringer. Diese Diskrepanz sei für ihn nicht einsichtig. Problematisch sei auch die Erfassung der Daten von unterstützenden BürgerInnen, diese könnte sogar grundrechtswidrig sein. Für eine attraktive Gestaltung der Bürgerinitiative müsse man sie niederschwellig konzipieren, forderte Stefan, und die Frage der problematischen Datenerfassung lösen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) warf der Bundesministerin vor, Menschen von der politischen Teilnahme in Europa auszuschließen, weil diese Menschen, die sich Reisen nicht leisten können, auch darauf verzichten, einen Reisepass oder einen Personalausweis zu beantragen. Es sei nicht akzeptabel, diese BürgerInnen von der Teilnahme an der Europäischen Bürgerinitiative auszuschließen. Zudem verlangte der Abgeordnete, auch von der Innenministerin ordentliche Antworten auf seine Anfragen zu erhalten und untermauerte seinen Vorwurf mit Zitaten aus völlig unzureichend beantworteten parlamentarischen Anfragen durch Ministerin Mikl-Leitner.

    

Auch Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) hielt es für einen Missstand, dass mehr als 10% der ÖsterreicherInnen nicht an der direkten Demokratie in Europa teilnehmen können. Behinderte oder kranke Menschen, die nicht reisen können und daher keinen Reisepass brauchen, dürfen nicht von der direkten Demokratie ausgeschlossen werden, hielt der Abgeordnete mit Nachdruck fest. (Schluss Kurzdebatte/Fortsetzung Nationalrat)