Parlamentskorrespondenz Nr. 353 vom 02.05.2012

Pädagogische Hochschulen bekommen neues Dienstrecht

Verfassungsausschuss diskutiert über direkte Demokratie

Wien (PK) - Vom Verfassungsausschuss des Nationalrats mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und Grünen beschlossen wurde heute auch ein neues Dienstrecht für Pädagogische Hochschulen. Damit reagieren die Abgeordneten auf deren nunmehrigen Hochschulcharakter. Der Ausschuss folgte einem Gesetzesvorschlag der Regierung, anders als im Regierungsentwurf vorgesehen, soll das neue Dienstrecht aber erst mit dem Studienjahr 2013/14 voll wirksam werden. Die Koalitionsparteien begründeten einen entsprechenden Abänderungsantrag damit, dass die neuen Bestimmungen wesentliche Änderungen bei der Ressourcenbewirtschaftung und der Diensteinteilung bewirken, die Planungen für das kommende Studienjahr im Wesentlichen aber bereits abgeschlossen sind.

In Abkehr vom herkömmlichen Lehrerdienstrecht werden die Dienstpflichten für das Lehrpersonal an Pädagogischen Hochschulen künftig neu festgelegt, die Besoldungsbestimmungen vereinfacht und ein mehrgliedriges Verwendungsbild eingeführt. Der Zugang zur höchsten Verwendungs- bzw. Entlohnungsgruppe setzt einen facheinschlägigen Doktorgrad und eine wissenschaftliche Tätigkeit voraus, derartige Positionen können zudem ausschließlich im Wege eines Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahrens besetzt werden. Zudem werden mit dem Gesetzentwurf im Zusammenhang mit der bevorstehenden Überführung der Neuen Mittelschule in das Regelschulwesen sowie der Einführung der modularen Oberstufe Adaptierungen im Gehaltsgesetz vorgenommen und etwa die Abgeltung für die neue individuelle Lernbegleitung geregelt.

Die Abgeordneten Elmar Mayer (S) und Ferdinand Maier (V) erwarten sich ebenso wie Abgeordneter Harald Walser (G) eine wesentliche Verbesserung der Qualität der Ausbildung an den Pädagogischen Hochschulen, wobei Walser allerdings mehr Flexibilität und insbesondere die Einbeziehung der Kindergartenpädagogik wünschte.

Positive Ansätze konnte auch Abgeordneter Werner Herbert (F) erkennen, der vor allem das Ausschreibungs- und Bewerbungsverfahren und die besoldungsrechtlichen Passagen des Gesetzes begrüßte. Kritisch bemerkte er aber, dass viele Anregungen des Rechnungshofs nicht umgesetzt wurden, so etwa die einheitliche Aus- und Fortbildung für alle LehrerInnen oder die einheitliche Ressortzuständigkeit. Zudem befürchtete Herbert Einbußen bei der Qualität des Lehrbetriebs durch administrative Tätigkeiten.

Abgeordneter Ernest Windholz (B) forderte ebenfalls einen Abbau der Bürokratie und meinte, Lehrkräfte sollten sich mehr dem pädagogischen Bereich widmen können. Auf der besoldungsrechtlichen Ebene vermisste er eine stärkere Ausprägung des Leistungsgedankens und bemängelte, das Gesetz schreibe bloß das bisherige Dienstzulagenwesen fort. 

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek sprach von einem modernen Dienstrecht, das eine Aufteilung in Unterrichtsverpflichtung und Forschungstätigkeit vorsieht, eine Verbesserung der Qualität der Ausbildung ermöglicht und insgesamt kostenneutral ist. Zu den Änderungen im Gehaltsgesetz stellte sie fest, die zusätzlichen Kosten für das Lerncoaching würden in keinem Verhältnis zu jenen Kosten stehen, die durch das im Zuge der Oberstufenreform vermiedene Sitzenbleiben eingespart werden können.

Opposition urgiert mehr Direkte Demokratie

Weiters befasste sich der Verfassungsausschuss heute mit einem Diskussionsblock "Direkte Demokratie". Dazu lagen insgesamt sechs Oppositionsanträge – FPÖ-Anträge 1566/A(E), 204/A(E) und 1856/A(E), G-Anträge 151/A und 1689/A(E), BZÖ-Antrag 1688/A(E) – vor. Auf dem Tisch liegt unter anderem der Vorschlag, besonderes erfolgreiche Volksbegehren einer zwingenden Volksabstimmung zu unterziehen, zudem geht es etwa um die generelle Erleichterung von Gesetzesinitiativen des Volkes, mögliche Veto-Referenden gegen Gesetzesbeschlüsse, das elektronische Sammeln von Unterstützungserklärungen und die Abhaltung einer Volksabstimmung bei wichtigen EU-Vertragsänderungen. Daneben fordert die FPÖ die Beschränkung der Briefwahl auf AuslandsösterreicherInnen, die Grünen drängen auf ein Wahlrecht für alle AusländerInnen auf Kommunalebene.

Die Anträge wurden nach einer ersten Diskussionsrunde mit dem Argument vertagt, dass sich derzeit eine Untergruppe der Arbeitsgruppe "Parlamentarismusreform" mit dem Thema direkte Demokratie beschäftigt.

In der Debatte äußerten sich grundsätzlich alle Abgeordneten in Bezug auf einen Ausbau der direkten Demokratie offen. SPÖ-Klubobmann Josef Cap und ÖVP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl warnten aber davor, die notwendige Handlungsfähigkeit der Politik durch überschießende direktdemokratische Elemente einzuschränken. Man brauche in einer globalisierten Welt immer wieder rasche Entscheidungen, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, machte etwa Gerstl geltend. Mit mehr direkter Demokratie lässt sich seiner Ansicht nach die europa- bzw. weltweite Krise der Politik durch die zunehmende Abhängigkeit von Finanzmärkten außerdem nicht lösen. Zum Vorbild der Schweiz merkte Gerstl an, dort gebe es durch den Proporz in der Regierung eine andere Ausgangsbasis, die direkte Demokratie fungiere als Ausgleich dazu.

Zu den einzelnen Vorschlägen der Opposition äußerte sich Gerstl dennoch positiv, seiner Darstellung nach kann sich die ÖVP die Hälfte davon ebenfalls vorstellen.

SPÖ-Klubobmann Cap hob die Notwendigkeit hervor, die Wirksamkeit und die Effizienz des Parlaments auszubauen. Für ihn hat die repräsentativen Demokratie die schwierige Aufgabe, einen Interessensausgleich zwischen verschiedenen Gruppen herzustellen. Zudem müsse die Handlungsfähigkeit der Regierung, aber auch der Länder und der Gemeinden, gewahrt bleiben, unterstrich er.

Abgeordneter Norbert Hofer (F) sprach sich dafür aus, Gesetzesinitiativen des Volkes zu erleichtern. Er erwartet sich von einem solchen Schritt eine intensivere Auseinandersetzung des Parlaments mit Sachthemen. Hofer ist überzeugt, dass die Bevölkerung mit neuen Rechten verantwortungsbewusst umgehen würde. Die BürgerInnen seien reif genug, um Entscheidungen zu treffen. Tabu für Volksabstimmungen sollen nach Meinung Hofers Forderungen sein, die den Menschenrechten oder dem Völkerrecht widersprechen.

Abgeordneter Herbert Scheibner (B) meinte, er bekenne sich zur repräsentativen Demokratie. Ein Ausbau der direkten Demokratie dürfe nicht dazu führen, dass sich politische Entscheidungsträger auf das Volk ausreden. Scheibner zufolge braucht es aber neue direktdemokratische Elemente, es werde immer schwieriger, Menschen zu bewegen, ein Volksbegehren zu unterstützten, da sie das Gefühl hätten, mit einer Unterschrift nichts zu bewirken. Was die Arbeitsgruppe "Parlamentarismusreform" betrifft, äußerte Scheibner die Hoffnung, dass es bald zu konkreten Ergebnissen kommt.

Den Antrag der FPÖ betreffend Einschränkung der Briefwahl lehnt Scheibner mit dem Argument ab, dass sich das BZÖ grundsätzlich zur Briefwahl bekenne. Man müsse die Situation aber weiter beobachten, um Missbrauch zu verhindern.

Abgeordnete Daniela Musiol (G) sprach sich dafür aus, das Zusammenspiel zwischen repräsentativer Demokratie und direkter Demokratie zu überdenken. Die repräsentative Demokratie könne mehr direkte Demokratie auch als Chance sehen, aus der Krise herauszukommen, meinte sie. Wichtig ist für Musiol, dass direktdemokratische Elemente nicht von etablierten politischen Parteien instrumentalisiert werden, sondern die BürgerInnen die Möglichkeit erhalten, Gesetze von unten zu initiieren. Generell hielt sie fest, sie glaube nicht, dass mehr direkte Demokratie ein Rezept gegen Politikverdrossenheit ist, man könnte aber mehr Menschen die Gelegenheit geben, sich an Politik zu beteiligen.

Zu den Anträgen der Oppositionsparteien hielt Musiol fest, es sei nicht sinnvoll, von der Briefwahl abzugehen. Ihrer Meinung nach wurden mit der letzten Wahlrechtsnovelle viele Probleme beseitigt. Voraussetzung für eine verstärkte Nutzung neuer Medien bei Abstimmungen ist für Musiol, dass die bestehenden Wahlgrundsätze eingehalten werden.

Abgeordneter Johannes Hübner (F) meinte, zentrale Frage sei, wie viel direkte Demokratie zugelassen werde. Seiner Auffassung nach geht es darum, dass im Wesentlichen das Volk bestimmt, was geschieht. Er sieht die repräsentative Demokratie in einer Vertrauenskrise, die gelindert werden könnte, wenn man der Bevölkerung die Gelegenheit geben würde, zwischen Wahlterminen über einzelne Sachfragen zu entscheiden.

Die bestehenden direktdemokratischen Instrumente in Österreich erachtet Hübner als teilweise ungeeignet. So lässt sich ihm zufolge das Volksbegehren in der geltenden Form nicht reformieren. Man müsse eine Regelung finden, die es der Politik nicht ermögliche, Ergebnisse von Volksbegehren zu ignorieren. Mit der Ausweitung der Briefwahl wurden laut Hübner bewährte Wahlgrundsätze in Frage gestellt, seiner Meinung nach soll eine Stimmabgabe in Österreich künftig nur noch in Wahllokalen, eventuell auch zu einem vorgezogenen Termin, möglich sein. Skeptisch äußerte er sich darüber hinaus in Bezug auf elektronische Wahlen und Abstimmungen über das Internet.

Staatssekretär Sebastian Kurz hielt fest, eine Demokratiereform sei ihm auch persönlich ein Anliegen. Viele der vorliegenden Ideen deckten sich mit seinen Vorschlägen. So könne er sich eine verpflichtende Volksabstimmung vorstellen, wenn 10% der Wahlberechtigten ein Volksbegehren unterzeichnen. Kurz plädierte außerdem für ein stärker personenbezogenes Wahlrecht und die Einbeziehung neuer Medien.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner hat laut Kurz die Wahlabteilung des Innenressorts beauftragt, diverse Vorschläge zur Demokratiereform, die öffentlich diskutiert werden, zu prüfen. Insgesamt betonte Kurz, es gehe bei der Frage repräsentative bzw. direkte Demokratie nicht um ein "Entweder-Oder", sondern um zusätzliche Instrumente.

EU-Vorhabensbericht zum Thema Gleichbehandlung

Vertagt wurde schließlich der gemeinsame Bericht von Bundeskanzler Werner Faymann und Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek über aktuelle EU-Vorhaben in ihrem Zuständigkeitsbereich. Zur Debatte standen dabei in der heutigen Sitzung Fragen der Gleichbehandlung, die insbesondere von den Abgeordneten Sonja Steßl-Mühlbacher (S), Angela Lueger (S), Johann Singer (V), Judith Schwentner (G) und Daniela Musiol (G) aufgeworfen wurden.

Bundesministerin Gabriele Heinisch-Hosek rechnet, wie sie sagte, erst für die nächsten Jahre mit konkreten Auswirkungen der verpflichtenden Einkommensberichte auf die Einkommenssituation der Frauen, meinte aber, was die richtigen Reaktionen auf diese Berichte betreffe, so verlasse sie sich auf die Gewerkschaften. Die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen bei Betrieben in öffentlichem Eigentum interpretierte sie als Zwischenschritt, wobei die Ministerin an ihrer Forderung nach einer gesetzlichen Quotenregelung auch für die Privatwirtschaft festhielt. Einer Meinung war Heinisch-Hosek überdies vor allem mit den Sprecherinnen der Grünen hinsichtlich der Ausgestaltung eines verpflichtenden Papa-Monats sowie der Ausweitung des Kündigungsschutzes nach der Geburt, verwies allerdings auf noch bestehende Widerstände seitens der Wirtschaft und kündigte weitere Gespräche mit den zuständigen Ressortkollegen an. (Schluss Verfassungsausschuss)