Parlamentskorrespondenz Nr. 377 vom 09.05.2012

Hammerl: EU-Friedensperspektive wird mit Kroatien vervollkommnet

Europakonferenz des Bundesrats im Grazer Landhaus

Wien (PK) – Kroatien, das zukünftige 28. Mitglied der EU stand heute im Zentrum der Europakonferenz des Bundesrats, zu der heuer am Europatag Bundesratspräsident Gregor Hammerl in die Landstube des Grazer Landhauses geladen hat. Er unterstrich in seiner Rede die Bedeutung grenzüberschreitender regionaler Partnerschaft und betonte, dass sich gerade die Steiermark immer als Brücke zu seinen Nachbarn verstanden habe. Das gelte insbesondere auch für Kroatien.

Hammerl hatte für dieses Thema prominente Referenten gewinnen können, allen voran EU-Kommissar Johannes Hahn, der über "Regionale Partnerschaften in Europa" sprach, Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger, dessen Ausführungen unter dem Titel "Europa den Menschen näher bringen" standen, und den Präsidenten der Republik Kroatien, Ivo Josipovic, der "Kroatiens Weg in die EU" näher beleuchtete.

Begrüßt wurden die Gäste auch vom Präsidenten des steiermärkischen Landtags, Manfred Wegscheider, sowie von Landeshauptmann Franz Voves und Landeshauptmann-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer. An der Podiumsdiskussion nahmen Europalandesrat Christian Buchmann, die Rektorin der Karl Franzens Universität Graz, Christa Neuper, der Vorstand der Styria Media Group AG, Klaus Schweighofer, und der Verleger Lojze Wieser teil.

Hammerl: Europa eine Seele durch aktive Nachbarschaftspolitik geben

Aktive Nachbarschaftspolitik sei immer ein wichtiges Thema im steirischen Landtag gewesen, sagte Bundesratspräsident Gregor Hammerl im Rahmen seiner Begrüßungsrede. Die Steiermark, am Schnittpunkt von vier großen europäischen Kulturkreisen – dem deutschen, dem slawischen, dem romanischen und dem pannonischen – gelegen, sei stets darum bemüht gewesen, eine Brückenfunktion zu jenen Regionen im Südosten einzunehmen, die nun wieder ins Zentrum Europas rücken. In den letzten beiden Jahrzehnten habe man sich stets als "Anwalt und Dolmetsch" Sloweniens und Kroatiens auf ihrem Weg in die Demokratie, Souveränität und nach Europa verstanden und sich daher auch sehr früh für die völkerrechtliche Anerkennung und für deren EU-Beitritt eingesetzt.

Heute werde die aktive Nachbarschaftspolitik mit den Projekten "ARGE Alpe Adria" und "Zukunftsregion", die von den Landeshauptleuten Josef Krainer und Waltraud Klasnic ins Leben gerufen worden sind, fortgesetzt. Es gelte, die vielfältigen Verbindungen politischer, kultureller und wirtschaftlicher Natur zu pflegen und auszubauen, bekräftigte Hammerl. "Mittel- und Zentraleuropa definieren sich nicht nur über die nordöstliche Achse Wien-Bratislava-Prag-Budapest-Krakau, sondern auch über die südöstliche Achse der europäischen Kulturhauptstädte 2003 und 2012 und unmittelbaren Nachbarstädte Graz und Maribor mit Zagreb und Ljubljana und eigentlich auch Sarajewo und Belgrad", stellte er fest.

Der Bundesratspräsident warb eindringlich für das Friedensprojekt Europa und erinnerte an die schmerzvolle Geschichte des letzten Jahrhunderts. "Es ist tatsächlich eine großartige historische Perspektive, wenn man daran denkt, wie viel schreckliches Grauen und sinnloses Leiden und Morden sich im 20. Jahrhundert gerade im südosteuropäischen Raum zugetragen hat", sagte er. Hammerl ging dabei auf die Schrecknisse der beiden Weltkriege sowie auf die verhängnisvollen Folgen mit der rassischen und ethnischen Verfolgung und Vernichtung ein und streifte in seinem Rückblick den Zerfall Jugoslawiens sowie die furchtbaren Auseinandersetzungen in den 1990er-Jahren.

Heute knapp 100 Jahre nach Sarajewo könne man in einem vereinten Europa, gekennzeichnet durch Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Achtung der Menschenrechte, trotz aller schmerzlichen Rückschläge, schwierigen Probleme und Krisenerscheinungen gemeinsam an einer hoffnungsvollen und positiven Zukunft arbeiten. Mit dem EU-Beitritt Kroatiens werde die europäische Friedensperspektive weiter vervollkommnet, nachdem 2004 unter anderen zentraleuropäischen Nachbarn auch Slowenien und Ungarn Teil der EU geworden sind.

Es sei gerade angesichts einer Krise, wie wir sie heute erleben, mehr denn je notwendig, Europa eine Seele, einen tieferen Sinn zu vermitteln, appellierte Hammerl am Ende der Konferenz unter Anspielung auf ein Zitat des ehemaligen Kommissionspräsidenten Jaques Delors. Die europäische Einigung werde nicht ausschließlich aufgrund juristischer Geschicklichkeit oder wirtschaftlichen Sachverstands gelingen. Man müsse sich daher bewusst sein, dass es eines verstärkten Bemühens gerade um diese Grundlagen bedarf, auf denen ein gemeinsames Europa aufbauen könne. Ein wesentlicher Aspekt dabei sei ein reger Austausch unter Nachbarn, bekräftigte Hammerl. (Schluss)

  


Format