Parlamentskorrespondenz Nr. 381 vom 10.05.2012

Klare Absage Fekters an Eurobonds und Aufschnüren des Fiskalpakts

Europäische Fiskalpolitik im Zentrum des Finanzausschusses

Wien (PK) – Die Zukunft der europäischen Finanzpolitik im Lichte des Machtwechsels in Frankreich war heute eines der zentralen Themen in der Sitzung des Finanzausschusses. Anknüpfen konnten die Abgeordneten in der Debatte dabei an einen Bericht des Ministeriums über das Legislativ- und Arbeitsprogramm der EU, den der Ausschuss mit S-V-F-Mehrheit zur Kenntnis nahm. Beraten wurde ferner ein Ressortbericht betreffend Produktpiraterie – Finanzministerin Maria Fekter warnte insbesondere vor den immer mehr um sich greifenden Medikamentenfälschungen - , ein Bericht betreffend Maßnahmen zum Spielerschutz sowie der Gebarungsbericht des Katastrophenfonds über den Zeitraum 2010/2011.

Der Ausschuss verabschiedete darüber hinaus Änderungen beim Pensionskassengesetz, die auf eine Attraktivierung der Pensionskassen abzielen, sowie Anpassungen bei Doppelbesteuerungsabkommen mit Kanada und Tschechien. Auf der Tagesordnung standen schließlich auch Anträge der Opposition, in denen die FPÖ das Thema Goldpolitik der OeNB zur Sprache brachte (1844/A(E)), bzw. ihre ablehnende Haltung gegenüber einer Europäischen Transferunion deponierte (1554(A)E)). Weiters machte das BZÖ auf die Doppelbesteuerung von PensionistInnen aufmerksam (1753/A(E)) und schlug eine Bewerbung des Ankaufs österreichischer Staatsanleihen durch die österreichische Bevölkerung vor (1814/A/(E)). Diese Anträge wurden mit S-V-Mehrheit vertagt.

Die Finanzpolitik der Union nach dem Sieg Hollandes

Auf Basis des entsprechenden EU-Vorhabensberichts debattierten die Abgeordneten über die Frage der zukünftigen Ausrichtung der Finanzpolitik der Europäischen Union, die vor allem durch den Machtwechsel in Frankreich, aber auch durch den Ausgang der griechischen Parlamentswahlen zusätzliche Brisanz erhielt.

Abgeordneter Christoph Matznetter (S) wollte insbesondere wissen, ob und inwieweit die Vorschläge des französischen Wahlsiegers Hollande bezüglich Ergänzung des Fiskalpakts um Wachstumsmaßnahmen Auswirkungen auf die österreichische Position im Ecofin haben werden.

Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) sprach ebenso wie Abgeordneter Rainer Widmann (B) die Zukunft einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer an, wobei der BZÖ-Mandatar allgemein betonte, Österreich sollte sich als Nettozahler in die Diskussion über die Fiskalpolitik der EU einbringen und nicht bloß den Vorgaben Deutschlands und Frankreichs "hinterherhoppeln".

Abgeordneter Martin Bartenstein (V) wandte sich mit Nachdruck gegen ein Aufschnüren des Fiskalpakts und betonte, stärkeres Wachstum könne nur im Wege von Strukturreformen und nicht durch das Eingehen neuer Schulden erzeugt werden.

Eine klare Absage an den Fiskalpakt kam hingegen von Abgeordnetem Werner Kogler (G), der zu bedenken gab, ein gleichzeitiges Durchziehen der Sparmaßnahmen in sämtlichen EU-Ländern würde ganz Europa in die Rezession stürzen. Er forderte demgegenüber Investitionen, aber auch eine höhere Eigenkapitalausstattung der Europäischen Investitionsbank, um Projektbonds zu finanzieren. In Sachen Finanztransaktionssteuer richtete er den Vorwurf an Fekter, das Parlament über die konkrete Ausgestaltung im Dunklen zu lassen. Eine Konstruktion nach dem Modell der britischen stamp duty werde jedenfalls nicht ausreichend sein.

Finanzministerin Maria Theresia Fekter ging, wie sie sagte, von einer Ratifizierung des Fiskalpakts durch Österreich aus und argumentierte, sämtliche Pflichten aus dem Pakt seien bereits gesetzlich verankert, eine Nichtratifizierung würde Österreich nun von den Vorteilen und Rechten ausschließen. Sie äußerte sich zudem überzeugt, dass der Fiskalpakt auf europäischer Ebene halten werde, und meinte, ein Aufschnüren wäre ein "hanebüchener Unsinn". Klar war für Fekter aber, dass Europa einen neuen Wachstumspfad brauche, der allerdings, wie sie warnte, nicht durch das Eingehen neuer Schulden finanziert werden dürfe. Den richtigen Weg in diese Richtung habe Österreich mit seinem Paket aus Haushaltskonsolidierung durch Reformen und Kostendämpfungen sowie Impulsen für die Zukunftsbereiche bereits vorgegeben, betonte sie. Die Ministerin appellierte an Brüssel, verfügbare Mittel einzusetzen, bei ineffizienten Ausgaben zu sparen und jene Töpfe der EU auszuschöpfen, die mit ihren Geldern Wachstum generieren können. Skeptisch zeigte sie sich hinsichtlich einer Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank, wobei sie bemerkte, sie könne sich schwer vorstellen, dass in den einzelnen Staaten noch einmal Milliardenbeträge in Richtung Brüssel geschaufelt werden.

Was die Finanztransaktionssteuer betrifft, versicherte Fekter, Österreich werde weiter dafür kämpfen. Wichtig sei es aber, dass diese Steuer nicht die reale Wirtschaft behindert, sondern vielmehr bloß die spekulative Ebene zur Kasse bittet. Mit Nachdruck wandte sie sich zudem gegen die Einführung von Eurobonds und meinte, es sei nicht einzusehen, die eigene Zinslast zu verschlechtern, nur damit andere Länder billigeres Geld bekommen können.

Sorge wegen ausufernder Produktpiraterie

Mit S-V-F-G-Mehrheit zur Kenntnis genommen wurde ein Bericht von Finanzministerin Maria Fekter zum Thema Produktpiraterie, wobei die Abgeordneten Heidrun Silhavy (S), Wolfgang Zanger (F), Peter Westenthaler (B), Martin Bartenstein (V) und Ruperta Lichtenecker (G) in ihren Debattenbeiträgen vor allem ihre Besorgnis über die starke Zunahme von via Internet vertriebenen gefälschten Medikamenten zum Ausdruck brachten und dabei auch ein Einwirken auf die Herkunftsländer der Plagiate forderten. BZÖ-Sprecher Westenthaler schlug zudem vor, Arzneimittelfälschung als Offizialdelikt strafrechtlich zu ahnden. Abgeordneter Maximilian Linder (F) wiederum wies auf die Fälschung von Tabakwaren und die damit einhergehenden Schäden für TrafikantInnen im Südkärntner Raum hin. 

Finanzministerin Maria Theresia Fekter teilte mit, man sei verstärkt bemüht, das Problem der Plagiate auf bilateraler Ebene mit den Herkunftsländern der Fälschungen anzugehen. So funktioniere die Zusammenarbeit mit China sehr gut, Indien hingegen habe bislang eine Kooperation abgelehnt.

Spielerschutz: Fekter will bestehende Maßnahmen evaluieren

Ein Ressortbericht über die Möglichkeiten der Einführung einer betreiberunabhängigen Spielerkarte, den der Ausschuss mit S-V-F-B-Mehrheit zur Kenntnis nahm, war Anstoß für eine Debatte des Ausschusses über den Spielerschutz. Finanzministerin Maria Theresia Fekter hatte in dem Papier auf die bestehenden Maßnahmen des Glückspielgesetzes zum Spielerschutz, etwa die elektronische Anbindung von Glückspielautomaten und Video Lotterie-Terminals an das Bundesrechenzentrum, hingewiesen, die juristische Problematik bezüglich Zwangsmaßnahmen und Fremdbegrenzungen ausgeleuchtet und für 2014 einen weiteren Folgebericht nach Vorliegen der Evaluierung der Spielerschutzmaßnahmen des Glückspielgesetzes angekündigt.

Die Spielerkarte sei als Informationsinstrument gedacht, das präventive Wirkung entfalten soll, präzisierte die Ressortleiterin in der Debatte den Abgeordneten Kai Jan Krainer (S) Roman Haider (F), Peter Westenthaler (B) und Ruperta Lichtenecker (G) gegenüber. Skeptisch äußerte sie sich zu Fremdbeschränkungen, die ihrer Einschätzung nach zu einem Ausweichen in die Illegalität führen würden. Auf die Ablehnung Fekters stießen auch Forderungen nach einem Glückspielverbot. Wichtig sei es vielmehr, Glückspiele in geordnete Bahnen zu leiten und damit kontrollierbar zu machen, argumentierte die Ministerin.

Gebarungsbericht des Katastrophenfonds

Einstimmig zur Kenntnis genommen wurde der Bericht des Katastrophenfonds über die Gebarung 2010/2011. Detailfragen zum Bericht stellten die Abgeordneten Kurt Gaßner (S), Roman Haider (F), Ruperta Lichtenecker (G) und Jakob Auer (V).

Pensionskassen sollen attraktiver werden

Die Vorlage einer Änderung des Pensionskassengesetzes, mit der Pensionskassen attraktiver gemacht werden sollen, passierte den Ausschuss mit S-V-Mehrheit. Kritik an der Regierungsvorlage kam von den Abgeordneten der Opposition. In der Debatte vertrat Abgeordneter Peter Westenthaler (B) den Standpunkt, er erkenne zu wenige Änderungen, um der Novelle zustimmen zu können. Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) vermisste Regelungen für bereits Anspruchsberechtigte, die bisher Verluste in Kauf nehmen mussten, Abgeordnete Ruperta Lichtenecker (G) fehlte es an konkreten Informationen für die Anleger. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) hingegen sah in der Novelle eine Reihe von Verbesserungen enthalten.

Bundesministerin Maria Theresia Fekter verwies darauf, dass mit der Novelle auf die geänderte Situation auf den Kapitalmärkten reagiert werde, durch die BezieherInnen von Betriebspensionen hohe Abschläge bei den Ansprüchen, die man ihnen versprochen hatte, hinnehmen mussten. Man schaffe jetzt mehr Wettbewerb und Durchlässigkeit in der zweiten Säule der Pensionsvorsorge. Konkret sollen damit Anwärter auf Betriebspensionen künftig die Möglichkeit erhalten, zwischen verschiedenen Veranlagungsstrategien zu wählen, wobei eine Veranlagungs- und Risikogemeinschaft mit einer garantierten Anfangspension für die nötige Sicherheit sorge.

Änderungen bei Doppelbesteuerungsabkommen bringen mehr Transparenz

Schließlich genehmigte der Ausschuss mit den Stimmen von S,V und G Anpassungen bei Doppelbesteuerungsabkommen mit Kanada und Tschechien, die im Sinne der neuen OECD-Standards mehr steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft bringen sollen.

Anträge der Opposition vertagt

Ein Vorstoß der FPÖ, der von F-Abgeordnetem Elmar Podgorschek erläutert wurde, fordert, die Goldreserven der OeNB physisch auf österreichischem Hoheitsgebiet zu halten. Dieser wurde auf Antrag von Abgeordnetem Kai Jan Krainer (S) mit S-V-Mehrheit vertagt.

Ebenso vertagt die von Abgeordnetem Podgorschek eingebrachte Forderung der FPÖ, die Einführung des Europäischen Stabilitätsmechanismus zwingend mit einer Volksabstimmung zu verbinden und eine Transferunion zu verhindern. Dies wurde überdies mit dem Wunsch nach einer Rückkehr zum Schilling verbunden. Abgeordneter Konrad Steindl (V) hielt hingegen gerade letztere Forderung für unsinnig, da Österreich vom Euro stark profitiert habe, und beantragte die Vertagung des Antrags. Abgeordneter Rainer Widmann (B) meinte, die Forderungen würden der Linie seiner Fraktion entsprechen, bis auf die nach Wiedereinführung des Schilling. – Die Vertagung erfolgte mit S-V-Mehrheit.

Mit S-V-Mehrheit vertagt wurde ferner ein Antrag des BZÖ, in dem Abgeordneter Peter Westenthaler (B) auf eine unbürokratische Lösung der Doppelbesteuerungsproblematik für zahlreiche PensionistInnen als Folge einer Gesetzesänderung in Deutschland drängte.

Bundesministerin Maria Theresia Fekter erläuterte, es gehe hier um österreichische BezieherInnen deutscher Pensionen. Hier würden die Betroffenen bereits mit Information unterstützt, sie direkt anzuschreiben, sei aufgrund des Datenschutzes aber nicht möglich. Sie versprach, mit dem Österreichischen Seniorenrat Kontakt aufzunehmen, um Möglichkeiten der zusätzlichen Information zu erörtern.

Auch hinsichtlich einer BZÖ-Initiative betreffend eine spezielle Bewerbung des Kaufs österreichischer Staatsanleihen entschied der Ausschuss mit S-V-Mehrheit auf Vertagung. Die Abgeordneten des BZÖ Peter Westenthaler und Rainer Widmann, meinten dazu, es sei eine Grundsatzfrage, ob man österreichische Staatsanleihen im Ausland oder im Inland bewerbe und verkaufe. Japan fahre beispielsweise sehr gut damit, Staatsanleihen vor allem an die eigenen BürgerInnen zu verkaufen. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) verwies auf andere Voraussetzungen, die für Japan gegeben seien. Österreich sei Teil einer Währungsunion, es sei daher die wesentliche Frage, ob der Großteil der Anleihen im Euro-Raum platziert werden könne. Das sei der Fall. 

Die Finanzministerin machte darauf aufmerksam, dass die Form der direkten Bewerbung von Staatsanleihen über den Bundesschatz bereits 2003 auf Wunsch der Banken eingestellt worden sei. Außerdem könnte eine solche Bewerbung von den Finanzmärkten fälschlich so interpretiert werden, als hätte man kein Vertrauen in die Attraktivität der eigenen Anleihen auf dem internationalen Markt. Die OeBFA bewerbe bereits ein alternatives Produkt, durch das man über den Bundesschatz einen Anteil an einer Staatsanleihe zu einem garantierten fixen Zinssatz über eine bestimmte Laufzeit erwerben könne. Es handle sich dabei um eine juristisch etwas anders ausgestaltete Anleihe, bestätigte die Geschäftsführerin der OeBFA, Martha Oberndorfer.

Abgeordneter Westenthaler, der sich mit den Auskünften unzufrieden zeigte und die Kompetenz der Finanzministerin grundsätzlich anzweifelte, erhielt von Ausschussvorsitzendem Günter Stummvoll für die von ihm dabei gewählte Ausdrucksweise einen Ordnungsruf. (Schluss)