Parlamentskorrespondenz Nr. 395 vom 15.05.2012

Gedenken an Gefallene für Österreich - eine sensible Frage

Diskussion um Traditionspflege des Heeres in Krypta im Heldentor

Wien (PK) – In der heutigen Sitzung des Nationalrats wurde auch die Traditionspflege des Bundesheeres in der Krypta im Heldentor thematisiert. Die Grünen hatten im Vorfeld verlangt, über die Beantwortung der diesbezüglichen schriftlichen Anfrage an Verteidigungsminister Norbert Darabos eine Kurze Debatte durchzuführen.

Abgeordneter Harald WALSER (G) betonte zunächst, die Grünen schätzten die "klaren Worte" von Bundesminister Darabos gegen "rechte Umtriebe" in Österreich und auch gegen F-Klubobmann Straches Äußerungen bezüglich Deserteure im Zweiten Weltkrieg. Die Anfragebeantwortung des Ministers zu den Vorgängen in der Krypta beim Heldenplatz, wo jährlich von Burschenschaftern ein "Totengedenken" am 8. Mai abgehalten wird, sei jedoch unzureichend gewesen, bemerkte Walser. Der G-Mandatar nannte die in der Krypta aufliegenden Totenbücher, mit denen auch Mitgliedern der Waffen-SS gedacht wird, als Beispiel für den "unwürdigen Zustand" dieses Ortes. So scheine etwa der Vorarlberger Nationalsozialist Josef Vallaster, der als SS-Mitglied die Ermordung von 18.000 Menschen in Hartheim sowie grausamste Verbrechen in verschiedenen Konzentrationslagern zu verantworten hatte, in einem dieser Gedenkbücher auf.

Die Würdigung solcher Personen in der Krypta sei untragbar, konstatierte Walser, immerhin diene der Heldenplatz als Lokation für die Ehrenwache österreichischer SoldatInnen und für den Empfang von Staatsbesuchen. Eine Umgestaltung des Heldenplatzes durch eine internationale wissenschaftliche Kommission sehe er daher als äußerst notwendig an, so der Redner und verwies darauf, dass auch der Bundespräsident seine Unterstützung dafür zugesichert habe. Der Widerstand gegen das NS-Regime solle auf dem neugestalteten Heldenplatz eine zentrale Rolle spielen, ebenso wie das Gedenken an Deserteure und die Opfer des Nationalsozialismus, unterstrich Walser.

Verteidigungsminister Norbert DARABOS hielt fest, dass er die antifaschistische Haltung der Grünen teile, wie er es bereits mit vielen Maßnahmen in seiner Amtszeit gezeigt habe. So sei durch ihn Mitgliedern des Bundesheeres die Teilnahme am Gebirgsjägertreffen in Mittenwald untersagt worden und er habe ein Uniformverbot für Teilnehmende am Ulrichsbergtreffen sowie am Ball des Wiener Korporationsringes ausgesprochen. Zahlreiche Erinnerungsplaketten und Gedenktafeln an verschiedenen Kasernen, die Veränderung von NS-Fresken sowie die Unterstützung zu Studien über die Schrecken des nationalsozialistischen Terrorregimes zeugten ebenfalls von seinem vehementen Vorgehen gegen jede Verharmlosung der menschenverachtenden NS-Zeit.

Zu den Totenbüchern in der Krypta beim Heldenplatz sicherte Darabos eine Überprüfung zu, außerdem werde sich eine Arbeitsgruppe mit der Gestaltung dieser Räumlichkeit befassen. Die Burghauptmannschaft sei zudem dabei, nachzuforschen, ob in der Soldatenskulptur der Krypta vom Bildhauer tatsächlich eine Metallkapsel mit Nazi-Huldigungen versteckt worden war. Mit der Umgestaltung der Krypta und des Weiheraumes würden im Sinne der Aufarbeitung der NS-Verbrechen maßgebliche Schritte gesetzt, bekräftigte Darabos.

Abgeordneter Stefan PRÄHAUSER (S) dankte dem Bundesminister für seine klare Antwort zu den Maßnahmen, die in seiner Verantwortung zur Bewältigung des Nationalsozialismus gesetzt werden. Man müsse gemeinsam aus der Geschichte lernen, appellierte der S-Abgeordnete, und dürfe die NS-Schrecken niemals vergessen. Die kürzlich im Parlament stattgefundene Gedenkveranstaltung für die Opfer der NS-Zeit sei ein Bekenntnis der österreichischen Politik gegen jede Art von Diskriminierung gewesen, skizzierte Prähauser und sprach sich dafür aus, auf von den Nationalsozialisten erbaute Kasernen nicht zu verzichten, sondern sie mit entsprechenden Mahntafeln auszustatten.

Die Bedeutung, die der 8. Mai 1945, als das NS-Regime fiel, für Österreich und Europa hat, hob Abgeordneter Oswald KLIKOVITS (V) hervor. Er verwehrte sich deshalb gegen jede Diskussion über das Unrecht der NS-Terrorherrschaft. Die ÖVP habe immer versucht, an dieses Thema ordentlich heranzugehen, wie die Restitutionsbemühungen der Regierung Schüssel belegt hätten, führte Klikovits aus. Es sei wichtig, den Opfern höchsten Respekt zu zollen, bei den Tätern aber keine Beschönigung zuzulassen, forderte der V-Mandatar in Verbindung mit der Krypta beim Heldenplatz, denn niemals zu vergessen sei ein Auftrag an alle ÖsterreicherInnen.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) zeigte sich weitgehend einverstanden mit der Anfragebeantwortung durch Minister Darabos, verwies allerdings auf Sozialdemokraten der Ersten Republik, die den Anschluss Österreichs an Nazideutschland befürwortet hätten. Die FPÖ distanziere sich "in aller Schärfe" von den NS-Verbrechen, bekenne sich jedoch zur rechten politischen Sphäre, stellte Fichtenbauer klar. Er gab dabei auch seiner Entrüstung Ausdruck, dass seine Fraktion fortwährend in Verbindung mit Rechtsextremismus gebracht werde. Aus der Sicht Fichtenbauers stellten christliche Werte wie Vergeben, Verzeihen und Vergessen einen Teil der österreichischen und europäischen Kulturgeschichte dar, wobei die NS-Verbrechen zwar nicht vergessen werden sollten, es jedoch zu keiner Hetze in diesem Zusammenhang kommen dürfe.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) sagte, er könne die Hinweise seines Vorredners auf Otto Bauer und Karl Renner nicht verstehen. Es sei doch ein wesentlicher Unterschied, ob man den Anschluss Österreichs an Deutschland 1918 oder 1938 befürwortete. Das gleichzusetzen, sei ein Versuch der Relativierung, der mit dem behandelten Thema nichts zu tun habe. Bundesminister Darabos habe sich um eine Distanzierung des Bundesheeres von bedenklichen Formen der Traditionspflege verdient gemacht. Nun gehe es darum, auch die Symbolik der Krypta am Heldenplatz zu überdenken, wo immer noch unterschiedslos aller Angehörigen der Wehrmacht und der Waffen-SS gedacht werde. Wehrmachtangehörige würden als "Gefallene für Österreich" bezeichnet. Der Angehörigen des militärischen Widerstands hingegen, die tatsächlich für ihre Heimat Österreich gestorben seien, werde hingegen nicht gedacht. Die Krypta setze damit ein völlig falsches Signal. Der erste Schritt müsse sein, den Traditionserlass zu ändern und jeden Bezug auf Wehrmachtsoldaten zu entfernen. Weiter sollte die Krypta völlig neu gestaltet werden, forderte Steinhauser.

Abgeordneter Kurt LIST (B) warf Bundesminister Darabos ein gestörtes Verhältnis zur Traditionspflege vor. Er könne das sagen, denn er persönlich wisse als Offizier des österreichischen Bundesheeres sehr viel genauer Bescheid darüber, was tatsächlich der Inhalt dieser Traditionspflege sei. Sie beziehe sich etwa auch auf den reformorientierten steirischen Erzherzog Johann und auf das Pflichtbewusstsein und die Treue der Angehörigen der k.u.k Armee im Ersten Weltkrieg. Es finde eine bewusste Auseinandersetzung mit diesem blutigen Kapitel der Geschichte und ein Gedenken an die Gefallenen statt. Das BZÖ distanziere sich eindeutig von den Gräueln des Nationalsozialismus. Auch das Bundesheer müsse sich in jeder Hinsicht eindeutig von dieser Ideologie distanzieren, das sei selbstverständlich. Gleichzeitig spreche er sich aber für die Fortführung der Traditionspflege, wie sie jetzt geübt werde, aus.

(Schluss Kurzdebatte/Fortsetzung Nationalrat)