Parlamentskorrespondenz Nr. 397 vom 16.05.2012

Innenministerin Mikl-Leitner in der Fragestunde des Nationalrats

Kriminalitätsstatistik, Organisationsreform, Cyber-Security

Wien (PK) – Nationalratspräsidentin Barbara Prammer eröffnete die heutige Nationalratssitzung, die mit einer Fragestunde zu Themen aus dem Innenressort begann.

Vor Eingang in die Debatte wurde Franz WINDISCH (V) als neuer Abgeordneter angelobt, der Abgeordnetem Ferdinand Maier nachfolgt, nachdem dieser sein Mandat zurückgelegt hatte.

In einer Wortmeldung zur Geschäftsbehandlung forderte Abgeordneter Josef BUCHER (B) die Mitglieder der Bundesregierung auf, Bericht darüber zu erstatten, wie es nun mit Griechenland weitergeht. Wie man wisse, sei dort die Regierungsbildung gescheitert, was auch massive Auswirkungen auf den Euro habe. Es wäre im Interesse der österreichischen Steuerzahler und Steuerzahlerinnen, informiert zu werden, welche Pläne und Konzepte die Bundesregierung in dieser Frage nun hat. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer stellte daraufhin fest, dass ihr kein Wunsch auf Abgeben einer Erklärung der Bundesregierung vorliege. Abgeordneter Josef Bucher (B) beantragte sodann, dass der Tagesordnungspunkt vier, der den Bericht der Finanzministerin über die EU-Jahresvorschau 2012 zum Inhalt hat, vorgereiht wird. – Der Antrag fand bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Fragestunde mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner

Frage des Abgeordneten Otto PENDL (S):

Wie stellt sich die aktuelle Kriminalitätsentwicklung im Jahr 2012 dar?

Antwort:

Ihr Ressort habe vor wenigen Tagen die aktuelle Kriminalitätsstatistik präsentiert, erklärte Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER, wobei man zwischen dem kurzfristigen und dem langfristigen Trend unterscheiden müsse. Langfristig gesehen, könne man einen Abwärtstrend feststellen, und zwar insgesamt minus 10 %. Wenn man das erste Quartal 2011 mit dem ersten Quartal 2012 vergleicht, dann sei ein Anstieg auf einem sehr niedrigen Niveau (plus 2,2 %) zu verzeichnen. Aufgrund der verstärkten Kontrollen könne man einen rasanten Anstieg im Bereich Internetkriminalität sehen (plus 80 %), der Fahndungsdruck werde weiter aufrecht erhalten. Es werde dabei eine Strategie auf zwei Ebenen verfolgt, erläuterte die Innenministerin, die sich einerseits auf die Präventionsarbeit konzentriere und andererseits in der Umsetzung einer österreichweiten Cyber Stratgie zum Ausdruck komme.

Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Nikolaus PRINZ (V) hin, stellte Mikl-Leitner zufrieden fest, dass sich die Schwerpunktaktionen, wie z.B. im Kfz- oder Einbruchsbereich oder im Bereich der Schlepperkriminalität, als Erfolgsgeschichte erwiesen haben. Bezüglich einer Frage des Abgeordneten Peter WESTENTHALER (B) räumte die Innenministerin ein, dass es immer mehr Wiederholungstäter gibt. Ihrer Ansicht müsse ganz klar zwischen Einbrüchen im Privatbereich, wo es nicht nur um einen materiellen, sondern auch einen emotionalen Schaden geht, und Einbrüchen im gewerblichen Bereich unterschieden werden. Für Einbrüche in private Haushalte sollte es dann auch höhere Strafen geben. Was die Bekämpfung der Jugendkriminalität angeht (Zusatzfrage von Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL, G), so sei dies ein besonderes Anliegen von ihr, es gebe daher auch zahlreiche Präventionsmaßnahmen (z.B. Bündnis gegen Gewalt). Abgeordnetem Josef JURY (F) teilte die Ministerin mit, dass es österreichweit eine durchschnittliche Aufklärungsquote von 42 % gibt. Da die großen Städte natürlich die Brennpunkte für die Kriminalität seien, würden in diesem Bereich auch verstärkte Anstrengungen unternommen, die dann auch zu mehr Anzeigen führen.

Frage des Abgeordneten Günter KÖSSL (V):

Welches Einsparungspotential ergibt sich aus den von Ihrem Ressort geplanten Organisationsänderungen?

Antwort:

Bei der Neustrukturierung ging es vor allem darum, Synergieeffekte auszunutzen und Doppel- und Mehrfachgleisigkeiten abzubauen, wodurch sich ein mittelfristiges Einsparungspotential in der Höhe von 8 bis 10 Mio. € ergibt, berichtete Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER. Es sei aber klar, dass für die Umsetzung der Reform in den ersten beiden Jahren eine Anschubfinanzierung (1,5 Mio. € bzw. 2 Mio. €) erforderlich sein wird.

Durch die Schaffung eines eigenen Bundesamtes für Fremden- und Asylwesen (Zentrale in Wien und Außenstellen in den Bundesländern) werde es möglich sein, noch rascher und professioneller zu arbeiten, war Mikl-Leitner überzeugt. Dadurch ergäben sich natürlich auch finanzielle Vorteile, denn schnellere Verfahren trügen dazu bei, Mittel einzusparen. Abgeordneter Martina SCHENK (B) gegenüber räumte sie ein, dass auch die Überstunden der Polizisten reduziert werden sollen. Andererseits müsse man aber auch bedenken, dass in den letzten Jahren verstärkt Personal aufgenommen wurde.

Frage des Abgeordneten Harald VILIMSKY (F):

Inwieweit sollen jene Finanzmittel, welche durch die sicherheitsbehördliche Strukturreform frei werden, zum Wohle der einzelnen Exekutivbeamten, wie zum Beispiel für eine bessere Entlohnung für Exekutivbedienstete in der polizeilichen Grundausbildung, verwendet werden?

Antwort:

Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER wies darauf hin, dass die österreichischen Polizeischüler und –schülerinnen im internationalen Vergleich sehr gut bezahlt sind. In den ersten beiden Jahren der Ausbildung erhalten sie ein Grundgehalt, ab dem 13. Monat kommt noch ein Teil der Zulage hinzu. Durch das Konsolidierungspaket ist auch das Innenressort verpflichtet, pro Jahr 50 Mio. € einzusparen, gab Mikl-Leitner zu bedenken, daher werde es in diesem Bereich zu keinen Veränderungen kommen können. Was die angesprochene "Ballungsraumzulage" betrifft, so werde diese Thematik im Rahmen des Gesamtpakets besprochen, informierte die Ministerin. Abgeordneter Gisela WURM (S) gegenüber versicherte sie, ein großer Schwerpunkt werde auf die Aus- und Weiterbildung der Polizistinnen und Polizisten gelegt. Die Ressortchefin hielt es zudem für entscheidend, dass Menschen aus verschiedenen Berufsgruppen den Polizeiberuf ergreifen, damit die Vielfalt der Gesellschaft auch in der Exekutive ihren Widerhall findet. V-Mandatar Johann SINGER wiederum teilte sie mit, dass im Jahr 2012 38 Mio. € für Ausrüstungsankäufe (z.B. Schutzhelme oder Neuanschaffung modernster kriminaltechnischer Geräte) veranschlagt seien.

Frage der Abgeordneten Alev KORUN (G)

: Bis wann werden Sie einen Gesetzesvorschlag zur Beseitigung der Lücke im Staatsbürgerschaftsgesetz vorlegen, die dazu führt, dass manche langjährige Österreicherinnen und Österreicher plötzlich die Staatsbürgerschaft verlieren?

Antwort:

Bezüglich der so genannten Putativ-Österreicher räumte Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER ein, dass es leider solche Fälle gibt, und zwar durchschnittlich pro Jahr drei bis fünf. Jeder einzelne Fall müsse natürlich im Detail geprüft und einer möglichen Lösung zugeführt werden. Sollte eine grundsätzliche gesetzliche Änderung erforderlich sein, müsse dies mit den in dieser Causa zuständigen Bundesländern abgestimmt werden. Persönlich sei sie sehr an einer baldigen Lösung interessiert, um den betroffenen Menschen Rechtssicherheit zu geben. Was konkrete Fälle betrifft, so bitte sie um Verständnis dafür, dass sie heute keine näheren Auskünfte geben könne.

Auf eine Zusatzfrage hin informierte die Ressortchefin, dass die Zahl der Einbürgerungen auf einem ungefähr konstanten Niveau sind. Im Jahr 2011 wurden insgesamt 6.754 Personen eingebürgert, im ersten Quartal 2012 kam es zu einem Anstieg von 14 %. Die meisten Personen kamen dabei aus folgenden Ländern: Türkei, Bosnien-Herzegowina, Serbien und Kosovo.

Zur Frage der Diplomatenpässe gab Mikl-Leitner zu bedenken, dass nun die ParlamentarierInnen am Zug seien, um einen gemeinsamen Vorschlag auszuarbeiten (Zusatzfrage des Abgeordneten Gerald GROSZ, B).

Frage des Abgeordneten Peter WESTENTHALER (B):

Im Jahr 2011 gab es 15.616 Anzeigen wegen Einbrüchen in Wohnungen und Einfamilienhäusern. Wie erklären Sie, dass es noch immer nicht gelungen ist, die Zahl dieser Einbrüche entscheidend zu senken?

Antwort:

Innenministerin Johanna MIKL-LEITNER gab abermals zu bedenken, dass in dieser Frage zwischen dem langfristigen und kurzfristigen Trends zu unterscheiden sei. Es sei richtig, dass es derzeit einen geringfügigen Anstieg bei den Einbrüchen gegeben hat, aber langfristig betrachtet, hätten sich die Anzeigen von 2009 auf 2010 um ein Viertel reduziert. Der Anteil an ausländischen Tätern liege bei Einbruchs- und Kfz-Diebstählen bei 70 %, bestätigte die Ministerin. Aus diesem Grund sei im Jahr 2009 auch ein Masterplan (u.a. Soko Ost) ausgearbeitet worden, der sehr positive Auswirkungen gehabt habe und eine Erfolgsgeschichte darstelle. Weiters sei man von einer Grenzbalken- zu einer Grenzraumkontrolle übergegangen, was sich als sehr effizient erwiesen habe. Auf europäischer Ebene gebe es zudem das Instrumentarium der vorübergehenden Einführung von Grenzkontrollen, das ihrer Ansicht nach auch weiter bestehen soll.

Frage des Abgeordneten Johann MAIER (S):

Welche Schwerpunkte beinhaltet das österreichisch Cyber Security Gesamtkonzept?

Antwort:

Die Ministerin kündigte ein Konzept einer bundesweiten Strategie für Cyber-Security an. Grundlage werde zunächst eine Risiko-Matrix mit einem Cyber-Planspiel Anfang Juni sein. Zur Verhinderung von neuen Formen der Internet-Abzocke will MIKL-LEITNER darüber hinaus vor allem auch die Wirtschaft sensibilisieren, sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Auf eine Zusatzfrage des Abgeordneten Erwin HORNEK (V) sprach die Ressortleiterin von einem massiven Anstieg der Computerkriminalität und teilte mit, allein in den letzten drei Monaten seien 1.926 Delikte zur Anzeige gebracht worden. Es gehe nun vor allem auch darum, die Dunkelziffer aufzuhellen und die Betroffenen zu motivieren, Anzeige zu erstatten. Abgeordnetem Kurt LIST (B) versicherte die Ministerin, sie arbeite mit dem Verteidigungsministerium im Bereich des Schutzes der kritischen Infrastruktur eng zusammen. Den Vorwurf des Abgeordneten Albert STEINHAUSER (G), die Polizei habe keinerlei Kompetenz zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität, wies sie strikt zurück.

Frage des Abgeordneten Wolfgang GERSTL (V):

Welche Maßnahmen werden Sie im Rahmen der von Ihnen forcierten Aktion für ein sicheres Internet setzen?

Antwort:

Bundesministerin MIKL-LEITNER setzt, wie sie sagte, im Bereich sicheres Internet auf Sensibilisierung vor allem der Jugendlichen, wobei sie auf konkrete Projekte hinwies, deren Zielgruppe Kinder im Pflichtschulbereich sind. Die Ministerin zeigte sich im Übrigen offen für Diskussionen über eine Erhöhung des Strafausmaßes für Internet-Delikte, wie dies Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) in einer Zusatzfrage angeregt hatte. Von Abgeordnetem Albert STEINHAUSER (G) auf das Thema Vorratsdatenspeicherung angesprochen, erinnerte Mikl-Leitner, man habe bei der Umsetzung der Richtlinie das Mindestmaß an Speicherdauer angesetzt, auch würden nicht Inhalte, sondern nur Adressen gespeichert. Abgeordnetem Hannes FAZEKAS (S) gegenüber bekräftige die Ressortleiterin, Österreichs Exekutive habe im Cyber-Bereich kompetente ExpertInnen und nütze auch internationale Kontakte.

(Schluss Fragestunde/Fortsetzung Nationalrat)