Parlamentskorrespondenz Nr. 401 vom 16.05.2012

FPÖ verlangt Kurze Debatte zur Förderpolitik

Opposition übt Kritik an Landwirtschaftsminister Berlakovich

Wien (PK) – Zuwendungen seitens des Landwirtschaftsministeriums an den ÖVP-Bauernbund und ÖVP-nahe Plattformen waren nach dem Dringlichen Antrag Thema einer Kurzdebatte im Nationalrat. Die FPÖ hatte im Vorfeld die Besprechung der diesbezüglichen Beantwortung der schriftlichen Anfrage von Abgeordnetem Harald Jannach und seiner FraktionskollegInnen an Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich verlangt.

Abgeordneter Harald JANNACH (F) meinte, die Anfragebeantwortung des Landwirtschaftsministers sei "eine echte Frechheit". Gefragt wurde, wie die Landwirtschaft durch das Sparpakte belastet wird und in welchem Ausmaß die Förderungen des Bauernbundes und verschiedener ihm angegliederten Organisationen gekürzt werden. Die Beantwortung sei aber so nichtssagend ausgefallen, dass sie nur als "skandalöse Missachtung des Fragerechts" gewertet werden kann. Jannach vermutete deshalb, dass "Geldverschiebung in großem Stil" stattfinde, welche das Ministerium verschleiern wolle. Das Landwirtschaftsministerium werde als "Selbstbedienungsladen" des Bauernbunds benützt, etwa durch Zahlungen an das "Ökosoziale Forum". Das sei vielleicht gesetzlich gedeckt, aber moralisch und ethisch nicht vertretbar, so Jannach.

Gesellschaften wie die AMA, die sich jeder parlamentarischer Kontrolle entziehen, würden große Inserate in Zeitschriften und Zeitungen des Bauernbund schalten, sagte Jannach und verwies dazu auf eine umfangreiche Beilage in der Zeitschrift "News", die nichts anderes als eine persönliche Imagewerbung des Landwirtschaftsministers sei. Aufklärungsbedürftige Geldflüsse sah Jannach auch in Richtung Agrarverlag und meinte, die Verantwortlichen dieser Bauernbund nahen Organisationen sollten als Erste die Ethik-Seminare der ÖVP besuchen. Ein Landwirtschaftsminister sollte es jedenfalls nicht als zentrale Aufgabe ansehen, dem Bauernbund Geld "zuzuschanzen".

Bundesminister Nikolaus BERLAKOVICH hielt fest, dass Förderungen ausschließlich an Organisationen bezahlt würden, welche für die Bäuerinnen und Bauern tätig sind. Er verwahre sich gegen Behauptungen, jemandem Geld "zuzuschieben" oder "zuzuschanzen". Das Landwirtschaftsministerium unterstütze ausnahmslos alle Organisationen ungeachtet der politischen Zugehörigkeit. Auch SPÖ-Bauern, die Freiheitliche Bauernschaft, die Grünen Bäuerinnen und Bauern und die BZÖ-Bauernorganisation würden regelmäßig unterstützt. Alle Organisationen müssten die ordnungsgemäße Verwendung der Förderungen nachweisen, sonst komme es zu Rückforderungen. Die Freiheitliche Bauernschaft sei im Übrigen die einzige Organisation, die eine bereits im März des Vorjahres fällige Abrechnung noch immer nicht vorgelegt habe. Konkrete Zahlen über Förderungen habe er stets beantwortet, betonte Berlakovich. Viele das Sparpaket betreffende Punkte der Anfrage ressortierten zudem zum Finanzministerium und seien von diesem beantwortet worden.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) meinte, die Anfragebeantwortung des Ministers sei zweifellos etwas dürftig ausgefallen. Es sei das Recht aller Abgeordneten, Fragen zu stellen und die Verpflichtung des Ministers, diese zu beantworten. Die Anfrage habe sich nicht auf die Höhe der Förderungen, sondern auf geplante Kürzungen bezogen. Die davon betroffenen Organisationen seien sicher an diesen Auskünften interessiert, die Fragen sollten daher beantwortet werden. Bei einer Durchforstung der Förderungen sollte es auch möglich sein, Mittel freizumachen, um jene Bauern zu entschädigen, die durch ein Verbot von Maisbeizmitteln auf Neonikotinoid-Basis wirtschaftliche Nachteile hätten, meinte Gaßner abschließend. 

Abgeordneter Jakob AUER (V) sagte zur "rhetorischen" Frage Jannachs nach der Vereinbarkeit der Förderungen mit der Moral, diese lasse sich für die genannten Organisationen zweifellos bejahen. Allen Förderbeträgen stehe eine klare Leistung für die Bäuerinnen und Bauern gegenüber. Die FPÖ habe zudem keine Veranlassung, Kritik zu üben oder anderen Vorwürfe zu machen, solange sie im eigenen Bereich Probleme mit dem Nachweis der ordnungsgemäßen Verwendung von Fördermitteln habe.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) stellte einen Antrag auf Nichtkenntnisnahme der Schriftlichen Anfragebeantwortung von Bundesminister Berlakovich durch den Nationalrat. Abgeordneter Jannach habe in seiner Anfrage zwölf konkrete Fragen nach Kürzungen von Mitteln gestellt. Die Antwort sei völlig nichtssagend und in arroganter und überheblicher Weise erfolgt. Nur zu behaupten,  Kürzungen erfolgten "im entsprechenden Ausmaß", sei einfach zu wenig. Es stehe der Verdacht im Raum, dass Gelder an parteinahe Organisationen verschoben werden. Auch die Kürzung von Ermessensausgaben müsse beziffert werden.

Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G) beurteilte die Stellungnahme  des Ministers als "Angriff ist die beste Verteidigung". Das Parlament habe jedoch ein Interpellationsrecht. Drei Zeilen als Beantwortung von zwölf konkreten Fragen seien sicher nicht angemessen. Der Bauernbund und seine Organisationen erhielten zusammen über 90 % aller Förderungen, das könne nicht gerecht sein. Heikel sei auch, dass der Bauernbund neben Förderungen des Ministeriums auch Presseförderung für seine Zeitungen erhalte. Seiner Schätzung nach erhalte der Bauernbund zusätzlich mindestens 400.000 € pro Jahr über Inserate der chemischen Industrie. Wenn der Minister das Verbot der Neonikotinoid-Maisbeizmittel verhindere, obwohl in allen Nachbarländern Österreichs bereits ein solches ausgesprochen werde, sei das ein ausgesprochener Skandal. Es zeige sich daran, wessen Interessen der Minister tatsächlich vertrete.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) setzte sich kritisch mit der Rolle von Sektionschef Gruber im Landwirtschaftsministerium auseinander, der seiner Meinung nach im Namen des Bundesministers parlamentarische Anfragen völlig unzureichend beantworte. Minister Berlakovich solle sich fragen, ob er noch "Herr in seinem Ressort" ist. Nicht nur Abgeordnete der Opposition, sondern längst auch Funktionäre der ÖVP würden sich über die substanzlose Agrarpolitik von Bundeminister Berlakovich beklagen, sagte Abgeordneter Huber. Österreich brauche einen Landwirtschaftsminister, der sich für die Bauern einsetzt und Visionen für die Landwirtschaftspolitik hat – Minister Berlakovich sei aber nicht einmal bereit, zwölf einfache Fragen eines Abgeordneten zu beantworten, kritisierte Gerhard Huber.

Bei der Abstimmung blieb der F-Antrag auf Nicht-Kenntnisnahme der Anfragebeantwortung in der Minderheit und wurde abgelehnt.

(Fortsetzung Nationalrat)