Parlamentskorrespondenz Nr. 440 vom 30.05.2012

Mehr Rechtssicherheit für Personen bei Auslandseinsätzen

Hauptausschuss genehmigt Verlängerung von Einsätzen am Westbalkan

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats genehmigte heute Verordnungen, die die Aufgaben und Befugnisse für österreichische Einsätze zu verschiedenen internationalen Missionen festlegen. Darüber hinaus wurde die Entsendung im Rahmen der operativen Reservekräfte in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo sowie die Entsendung zur Rechtsstaatlichkeitsmission im Kosovo (EULEX KOSOVO) verlängert.

Neues stellvertretendes Mitglied im Ausschuss der Regionen wird der Kärntner Landesrat Achill Rumpold. Er folgt damit Josef Martinz in dieser Funktion nach. Der Hauptausschuss wurde darüber von der Bundesregierung unterrichtet.

Aufgaben und Befugnisse bei Auslandseinsätzen per Verordnung festgelegt

In Umsetzung einer Bestimmung des Auslandseinsatzgesetzes werden nun die Aufgaben und Befugnisse österreichischer SoldatInnen und ExekutivbeamtInnen sowie anderer Personen, die sich im Rahmen internationaler Auslandseinsätze außer Landes befinden, durch Verordnungen umschrieben und abgegrenzt. Der Hauptausschuss befasste sich mit fünf diesbezügliche Vorlagen, die die Einsätze in Bosnien und Herzegowina (EUFOR ALTHEA-Verordnung), im Libanon (UNFIL-Verordnung), im Kosovo (KFOR-Verordnung), auf den Golanhöhen (UNDOF-Verordnung) und in Afghanistan (ISAF-Verordnung) betreffen. Sie orientieren sich an den jeweiligen Aufgabenstellungen der einzelnen Missionen der UNO und der EU.

Die Abgeordneten sahen durch die genannten Verordnungen mehr Rechtssicherheit für die entsendeten österreichischen Personen gegeben (Abgeordnete Heinz Christian Strache - F, Peter Fichtenbauer – F, und Stefan Prähauser – S). Auch Bundesminister Norbert Darabos schloss sich dieser Ansicht an und wies darauf hin, dass zum Beispiel SoldatInnen bei der Suche nach Kriegsverbrechern, bei der Errichtung von Sicherheitszonen und bei der Sicherstellung von Sachgütern besser abgesichert seien.

Lediglich die Grünen teilten diese Meinung nicht. Abgeordneter Albert Steinhauser (G) bezweifelte die Verfassungskonformität, da die Verordnungen es verabsäumten, an völkerrechtliche Rahmenbedingungen anzuknüpfen. Außerdem sind ihm die Bestimmungen zu wenig konkret, es fänden sich darin nur pauschale Aufzählungen, kritisierte er.

Die Verordnungen passierten demgemäß den Hauptausschuss mehrheitlich gegen die Stimmen der Grünen.

ÖsterreicherInnen weiterhin bei "ORF-Bataillonen" für "EUFOR ALTHEA" und "KFOR" sowie bei "EULEX KOSOVO"

Österreich wird den Einsatz von bis zu 230 Angehörigen des Bundesheeres im Rahmen der operativen Reservekräfte für die militärischen Operationen der EU in Bosnien und Herzegowina (EUFOR ALTHEA) sowie im Kosovo (KFOR) bis Ende 2013 fortsetzen. Zusätzliche 30 Personen können für vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten entsendet werden. Der Beschluss des Hauptausschusses über den entsprechenden Antrag des Außenministers erfolgte einstimmig.

Nach dem von NATO und EU im Sinn gemeinsamer Nutzung der Kräfte auf dem Westbalkan angewendeten Konzept der "Over-the-Horizon Reserves" werden derzeit zusätzlich zu den im jeweiligen Einsatzgebiet entsandten Kräften von EUFOR ALTHEA und KFOR zwei Bataillone an ihren Heimatstandorten als operative Reservekräfte (ORF) bereitgehalten. Diese Bataillone können bei Verschärfung der Sicherheitslage auf Anforderung des jeweiligen Operationskommandanten sowohl EUFOR ALTHEA als auch KFOR in kurzer Frist verstärken, sie sind außerhalb von Einsätzen bzw. Einsatzübungen keiner Operation spezifisch zugeteilt.

Die österreichischen Beteiligung erfolgt im Rahmen des deutschen ORF-Bataillons und ist auch künftig nicht im Rahmen der Entsendung der österreichischen Kontingente von EUFOR ALTHEA und KFOR vorgesehen. Wie es im Antrag des Außenministers heißt, nimmt die Bedeutung des "ORF-Konzepts" im Zusammenhang mit der Transformation der beiden EU-Missionen deutlich zu.

Bundesminister Norbert Darabos bezeichnete die Situation in Bosnien und Herzegowina als labil, aber nicht besorgniserregend. Er schätzte, dass die Mission noch mindestens drei bis vier Jahre dauern werde, jedenfalls müsse sie ordentlich zu Ende geführt werden, konstatierte er. Nach deren Beendigung hält er die Installierung einer Übergangsmission für notwendig, um das bosnische Heer so weit zu unterstützen, damit es seiner Aufgabe auch gerecht werden kann. Staatssekretär Wolfgang Waldner fügte hinzu, in Bosnien und Herzegowina sei noch eine innere Entwicklung notwendig.

Lediglich mehrheitlich und gegen die Stimmen der FPÖ passierte der Antrag des Außenministers den Hauptausschuss, Österreichs Beteiligung an der vom Rat der EU im Februar 2008 beschlossenen Rechtsstaatlichkeitsmission im Kosovo (EULEX KOSOVO) bis zum 30. Juni 2013 zu verlängern. Es werden somit auch weiterhin bis zu 25 Polizistinnen und Polizisten, bis zu 5 Angehörigen des Bundesministeriums für Justiz und bis zu zwei weiteren Zivilpersonen im Rahmen dieses Einsatzes tätig sein. Von letzteren soll eine Person über spezielle Fachkenntnisse im Bereich Menschenrechte, insbesondere Gender, verfügen.

Laut Information des Außenministeriums handelt es sich dabei um die bislang größte zivile Mission im Rahmen der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP). Insgesamt sollen daran bis zu 2.210 Polizei-, Justiz-, Zoll- und Verwaltungsexpertinnen und –experten sowie zusätzliche 1.233 lokale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen.

EULEX KOSOVO hat nach einem längeren Übergangsprozess im Dezember 2008 von UNMIK (United Nations Interim Administration in Kosovo), zu der Österreich seit Beginn der Mission im Jahr 1999 einen Beitrag leistet, die Aufgaben im Bereich der Rechtsstaatlichkeit übernommen. Hauptaufgabe ist die Unterstützung der kosovarischen Behörden beim Aufbau eines modernen, internationalen Standards entsprechenden Polizei-, Justiz- und Zollwesens. Darüber hinaus verfügt die Mission über begrenzte exekutive Zuständigkeiten, zum Beispiel bei der Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, bei der Verfolgung von Kriegsverbrechen und interethnischer Gewalttaten sowie bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung im Fall von Unruhen.

Die FPÖ (Klubobmann Heinz-Christian Strache) begründete die Ablehnung der österreichischen Beteiligung an EULEX mit dem Hinweis, dass es im Inland bei der Polizei einen großen Personalmangel gebe und man daher der Entsendung von ExekutivbeamtInnen nicht zustimmen könne. Demgegenüber machte Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) geltend, diesen Einsatz müsse man in Zusammenhang mit der Bekämpfung der Kriminalität sehen. In diesem Zusammenhang erinnerte Abgeordneter Christoph Hagen (B) daran, dass diese Kooperation besondere Bedeutung in Hinblick auf die Vermeidung von Dokumentenfälschung und Fahrzeugdiebstahl hat.

Durch die enge Zusammenarbeit habe es bereits große Fortschritte bei der Verfolgung von Straftaten gegeben. Die Truppe sei Garant dafür, dass die Situation im Kosovo nicht explodiert, stellte Abgeordneter Stefan Prähauser (S) dazu fest. Ein kurzfristiger Abzug wäre unverantwortlich, außerdem verfügten die österreichischen SoldatInnen und PolizistInnen über einen guten Ruf. Auch Abgeordneter Albert Steinhauser (G) nannte die Rechtsstaatlichkeitsmission EULEX im Kosovo einen sinnvollen Einsatz. Es seien vor allem jene Staaten aufgerufen, sich daran zu beteiligen, die selbst über ein hoch entwickeltes Rechtssystem verfügen. Als besonders wertvoll wertete er die Tätigkeit der Gender-Beauftragten, denn hier gehe es um Frauen- und Menschenhandel.

Staatssekretär Wolfgang Waldner betonte, die Stabilisierung des Westbalkans zähle zu den wichtigsten außenpolitischen Zielen. Die Sicherheit dort trage auch zur Sicherheit Österreichs bei, stellte er fest. Was die weitere Entwicklung des Kosovo betrifft, hänge diese stark vom Verhältnis zu Serbien ab, wo man erst die Politik unter dem neuen Präsidenten beobachten müsse.

Im Zusammenhang mit dieser Diskussion wurde einmal mehr die Idee artikuliert, die Einsätze nicht allein aus dem Heeresbudget zu begleichen. Klubobmann Heinz-Christian Strache hatte davor das karge Budget des Verteidigungsressorts zur Sprache gebracht, sein Klubkollege Peter Fichtenbauer argumentierte, die Auslandseinsätze seien nicht nur militärischer Natur, sondern beträfen auch die Außen- und Sicherheitspolitik. Daher könne dies nicht allein auf Kosten des Verteidigungsbudgets gehen. Bundesminister Norbert Darabos zeigte durchaus Sympathien für diese Forderung, meinte aber, die Auslandseinsätze, die im Jahr rund 77 Mio. € verursachen, seien aus dem Budget des Ministeriums zu finanzieren. (Fortsetzung Hauptausschuss)