Parlamentskorrespondenz Nr. 549 vom 27.06.2012

Die EU im Umdenkprozess

EU-Hauptausschuss beschließt bindenden Antrag zu Wachstumsimpulsen

Wien (PK) – Dass die Europäische Union vor wesentlichen Umwälzungen steht, darüber waren sich heute die Abgeordneten aller Fraktionen im EU-Hauptausschuss des Nationalrats einig. Die Analysen bzw. Schlussfolgerungen, die man daraus zog, unterschieden sich jedoch grundlegend voneinander, wobei eine Trennlinie zwischen SPÖ, ÖVP und Grünen einerseits und FPÖ und BZÖ andererseits erkennbar war. Während die Koalitionsparteien sowie die Grünen ein Mehr an Europa und die Einberufung eines neuen Konvents im Hinblick auf diesbezügliche Vertragsänderungen für notwendig erachten, sehen FPÖ und BZÖ das Projekt Euro als gescheitert an und warnen vor einer Transferunion. Der Fiskalpakt stieß aber auch bei den Grünen auf Ablehnung.

Mit S-V-G-Mehrheit beschlossen wurde ein Antrag auf Stellungnahme, in dem die Regierungsmitglieder verbindlich aufgefordert werden, auf EU-Ebene für konkrete Investitionsprogramme zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung einzutreten.

Die Diskussion, die im Vorfeld des Europäischen Rats am 28. und 29. Juni stattfand, bezog sich in erster Linie auf den Vier-Punkte-Plan, den Ratspräsident Herman Van Rompuy gemeinsam mit Kommissionspräsident José Manuel Barroso, EZB-Präsident Mario Draghi und Jean-Claude Juncker, dem Präsidenten der Euro-Gruppe, vorgelegt hat. Darin formulieren sie vier Bausteine für eine "stabile und wohlhabende Währungsunion", bestehend aus einer Bankenunion, einer Fiskalunion, einer engeren Verzahnung der Wirtschaftspolitik und der stärkeren demokratischen Legitimation der Eurozone. Der Bericht soll als Startschuss dienen, um bis Jahresende einen verbindlichen Fahrplan ("roadmap") zur Reform der Währungsgemeinschaft festzulegen. Dazu liegt auch der Zwischenbericht der sogenannten Zukunftsgruppe, einer "Privatinitiative", bestehend aus den AußenministerInnen von zehn Mitgliedstaaten, vor, der auch Vizekanzler Michael Spindelegger angehört.

Sowohl Bundeskanzler Werner Faymann als auch Vizekanzler Michael Spindelegger begrüßten das genannte Vier-Punkte-Programm als eine wichtige Diskussionsgrundlage. Es gehe darum, gemeinsam strenge Regeln zu erarbeiten, denn eine gemeinschaftliche Schuldenbewirtschaftung könne nur Hand in Hand mit einer berechenbaren kontrollierten Entwicklung gehen, sagte der Bundeskanzler. Nun sei der Zeitpunkt gekommen, um die Lehren aus dem Krisenmanagement der vergangenen Monate zu ziehen, betonte dazu Spindelegger. Es gelte, ein großes Konzept auf den Tisch zu legen und nicht immer nur augenblickliche Krisenbewältigung zu betreiben. Beide erwarten sich vom Gipfel ein deutliches Wachstumssignal, wofür Mittel von 120 bis 130 Mrd. € zur Verfügung stehen sollen. Sowohl Faymann als auch Spindelegger sprachen sich für die Einberufung eines Konvents aus, da bestehende Funktionsmängel der Union langfristig nur durch eine Systemänderung und damit auch durch eine Änderung der Verträge beseitigt werden können.

Ähnlich äußerten sich die Abgeordneten der Koalitionsparteien. In Europa sei ein massives Umdenken erkennbar, man habe begriffen, dass man ohne vernünftige Regeln nicht weiter tun könne, dass die Haushalte ohne Wachstum und Beschäftigung nicht zu sanieren sind, argumentierte Abgeordneter Josef Cap (S). Abgeordneter Reinhold Lopatka (V) zeigte sich zuversichtlich, dass die EU erstmals wieder in eine Phase tritt, in der über die strategische Ausrichtung und die Kompetenzen beraten wird, um die Union zu stärken und wieder als globalen Player zu positionieren. Auch Abgeordneter Werner Kogler (G) hat den Eindruck, die politische Elite wendet sich nun endlich politischen Strategiefragen sowie einer Wertungsfrage zu. Wichtig sei, sich nicht auseinanderdividieren zu lassen, eine Lösung werde aber nicht so einfach zu finden sein, sie gehe nur mit kleinen Schritten, meinte er. Kogler begrüßte in diesem Sinne auch die Unterstützung der Bundesregierung zur Einrichtung eines Konvents. Als einen Meilenstein bezeichnete es Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G), dass erstmals in einem EU-Papier die Notwendigkeit einer "parlamentarischen Unterfütterung", wie er es formulierte, all dieser Maßnahmen festgehalten wird.

Besonderen Wert legen die Koalition sowie die Grünen auf Wachstumsimpulse und haben dazu einen gemeinsamen Antrag auf Stellungnahme eingebracht, der die Regierungsmitglieder beim kommenden Rat bindend auffordert, sich für Zukunftsinvestitionen aus Mitteln der Europäischen Investitionsbank und des EU-Haushalts einzusetzen, um nachhaltig Wachstum und Beschäftigung anzukurbeln. Die Gelder sollen insbesondere für den Klimaschutz, erneuerbare Energien, grüne Jobs und die Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene sowie für eine moderne Kommunikationsinfrastruktur verwendet werden. Die Abgeordneten fordern angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit weiters Investitionen in Bildung und Ausbildung und unterstützen den Einsatz von Projektbonds. Der Antrag wurde demnach auch mit den Stimmen der drei Parteien mehrheitlich angenommen.

Ganz anders fiel die Bewertung der FPÖ aus. Der Euro ist in dieser Form gescheitert, stellte Klubobmann Heinz-Christian Strache fest und befürchtete, mit dem ESM werde eine gewaltige "Bad Bank" geschaffen. Der EU-Abgeordnete Andreas Mölzer zeigte sich überzeugt davon, dass die EU die Krise nütze, um weitere Schritte zu einer Zentralisierung zu unternehmen. Dabei werde die FPÖ nicht mitmachen, konstatierte er. Generell verlangt die FPÖ eine Volksabstimmung über den ESM, da damit eine grundlegende Änderung der europäischen Verträge verbunden sei.

Der von den Freiheitlichen eingebrachte Antrag auf Stellungnahme, in dem sich die F-Abgeordneten darüber hinaus gegen eine Transferunion und für die Schaffung einer Hartwährungsunion ("Euro-Nord") aussprechen, wurde von SPÖ, ÖVP und Grünen mehrheitlich abgelehnt.

Auch das BZÖ und sein EU-Abgeordneter Ewald Stadler sprachen von einem Scheitern der Union. Die Pläne der EU bedeuten für ihn einen Wohlstandstransfer von Ländern, die Leistungen erbringen in jene, die diese nicht erbringen. Man belohne somit Staaten, die ihre Haushalte nicht in Ordnung halten, kritisierte Stadler.

Der B-Antrag auf Stellungnahme, in dem die Abgeordneten vor weiteren Souveränitätsverlusten Österreichs warnen und die Vergemeinschaftung der Schulden sowie die Aufgabe der nationalen Budgethoheit und letztlich die Gründung einer politischen Union ablehnen, blieb jedoch in der Minderheit.

Faymann und Spindelegger: Klare Regeln schaffen und neuen Konvent einberufen

In seiner einleitenden Stellungnahme betonte Bundeskanzler Werner Faymann, man werde beim kommenden Europäischen Rat gemeinsam klare, handfeste und realisierbare Projekte für Wachstum und Beschäftigung beschließen. Angesichts der hohen Jugendarbeitslosigkeit bestehe eine klare Verpflichtung für die Politik, konkrete Maßnahmen für die Förderung von Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Die angepeilten Mittel in der Höhe von 120 bis 130 Mrd. € sollen aus einer Kapitalerhöhung der Europäischen Investitionsbank sowie aus Projektbonds und einer Neuverteilung der Mittel aus den Strukturfonds kommen, die bisher nicht abgeholt worden sind.

Die Maßnahmen dazu müssten auf drei Ebenen erfolgen, ergänzte der Vizekanzler, und zwar zunächst auf nationaler Ebene, wo es einer wachstumsfreundlichen Haushaltskonsolidierung wie in Österreich bedarf. Auf europäischer Ebene seien vor allem eine Vertiefung des Binnenmarkts und die Schaffung eines Energiebinnenmarkts vordringlich. Notwendig hält Spindelegger aber auch die Förderung von Forschung und Innovation und erneuerte in diesem Zusammenhang seinen Vorschlag, einen Innovationsfonds für Klein- und Mittelbetriebe einzurichten. Für den Vizekanzler zählt aber auch die Stärkung der haushaltspolitischen Koordinierung und des Fiskalpakts zu einem wesentlichen Element der Wachstumsinitiative.

Grundsätzlich begrüßte der Bundeskanzler das Vier-Punkte-Programm als eine wichtige Diskussionsgrundlage und befürwortete in diesem Zusammenhang auch die mittel- und langfristige Schaffung einer Bankenunion. Österreich trete für eine gemeinsame und unabhängige Bankenaufsicht, eine europäische Einlagensicherung und einen Bankenabwicklungsfonds ein, um die SteuerzahlerInnen zu entlasten, hielt er fest. Es gehe der Regierung auch darum, die Einhaltung der Fiskaldisziplin aufgrund klarer Regeln sicherzustellen. Nur dadurch sei eine gemeinsame Schuldenbewirtschaftung möglich, sagte er. Die Schutzschirme für den Euroraum seien ein erster Schritt gewesen, nun sollte man darüber nachdenken, den ESM mit einer Bankenkonzession auszustatten und einen gemeinsamen Tilgungsfonds einzurichten. Eine gemeinschaftliche Schuldenbewirtschaftung könne nur Hand in Hand mit einer berechenbaren Entwicklung gehen. Man müsse für richtige Präventionsmaßnahmen sorgen und mehr Mittel für die Abwehrkraft zur Verfügung stellen, so der Bundeskanzler.

Es gelte, endlich die großen Linien zu ziehen und ein Konzept zu erarbeiten. Nur Krisenbewältigung allein ist zu wenig, stellte Vizekanzler Michael Spindelegger fest. Dieser Diskussion müsse man sich in allen Facetten offen stellen und dazu gehören auch Vertragsänderungen in Richtung Kompetenzübertragungen zur Fiskalunion bis hin zur Frage der demokratischen Legitimation. Dieser Reformprozess habe im Wege eines Europäischen Konvents zu erfolgen, zeigte er sich überzeugt.

SPÖ: Vergemeinschaftung der Schulden kann Euroraum stabilisieren

Seitens der SPÖ wurde im Ausschuss das erwähnte Vier-Punkte-Programm positiv bewertet, und die RednerInnen setzten daran auch große Hoffnungen. "Es wird der absolut richtige Weg eingeschlagen", konstatierte Abgeordneter Josef Cap und betonte, dass es in erster Linie darum gehe, Regeln zu erarbeiten, die zu einem disziplinierten Umgang mit den einzelnen Haushalten führen. Deshalb seien auch ESM und Fiskalpakt in einem zu sehen. Man müsse Organisationsstrukturen schaffen, die krisenfest sind, was vor allem für exportorientierte Länder wie Österreich notwendig ist. Die Erweiterungsstrategie als Ersatz für Zukunftsprogramme habe sich als falsch erwiesen, analysierte Cap. Den Kritikern hielt er entgegen, man werde in den nächsten Tagen die Voraussetzungen für weitreichende parlamentarische Mitwirkungsrechte schaffen.

Ähnlich argumentierte sein Klubkollege Kai Jan Krainer, der das Ziel der Bankenunion befürwortete und die Auffassung vertrat, dass die Vergemeinschaftung der Schulden zu einer umfassenden Stabilisierung beitragen wird. Nur dadurch werde man die Frage der Refinanzierung bzw. der Verzinsung der Staatsschulden in den Griff bekommen, meinte er. Krainer hielt es darüber hinaus für notwendig, Mindeststeuersätze festzulegen, um den Steuerwettlauf zu beenden. Auch er setzte große Erwartungen in den Pakt für Wachstum und Beschäftigung als Beitrag zur Lösung der Krise. Seiner Erwartung nach könnte dadurch die Arbeitslosigkeit um rund 10 % gesenkt werden. Dezidiert sprach sich der SPÖ-Abgeordnete gegen eine Hartwährungszone aus, denn diese koste laut Berechnungen 10 % des BIP und führe zu einem massiven Ansteigen der Arbeitslosigkeit.

Endlich habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass der reine Sparkurs allein nicht zur Konsolidierung der Haushalte beiträgt, freute sich Abgeordnete Christine Muttonen. Um von den Finanzmärkten unabhängig zu werden, bedürfe es einer klugen Sparpolitik, einer gerechten Steuerpolitik und intelligenter Investitionen, fasste sie ihre Sicht der Dinge zusammen. Sie befürwortete daher den Einsatz von Projektbonds, Beschäftigungsprogramme und strengere Regeln im Bankenbereich. Zuversichtlich zeigte sie sich auch, dass die Finanztransaktionssteuer im Rahmen der verstärkten Zusammenarbeit eingeführt werden kann.

ÖVP: Rasch in konkrete Umsetzungsphase treten

Die Zeit für eine Debatte über die Zukunft Europas ist gekommen, unterstrich Abgeordneter Reinhold Lopatka (V). Er fand sowohl für das Vier-Punkte-Programm als auch für die Initiative der zehn Außenminister großes Lob und meinte, es sei entscheidend, in eine konkrete Umsetzungsphase zu treten. Das betreffe insbesondere die Pläne für die Banken, den Fiskalpakt und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Man müsse aber auch die Institutionenfrage klären, was nur in einem neuen Konvent geleistet werden könne.

Entscheidend sei, neben der Tagespolitik auch die Zieldefinitionen festzulegen, präzisierte der EU-Abgeordnete und Vizepräsident des Europäischen Parlaments Othmar Karas. Man werde heute dafür bestraft, was man 15 Jahre lang versäumt hat und was zur mangelnden politischen Stabilität geführt hat, analysierte er und vertrat die Auffassung, ohne politische Union werde es keine erfolgreiche Währungsunion geben. Der Appell von Karas ging vor allem dahin, Glaubwürdigkeit wieder zu erringen. Voraussetzung dafür sei eine "roadmap" für die nächsten fünf Jahre, wo man die kommenden Schritte detailliert festlegt. Auch er machte keinen Hehl daraus, dass man für eine Fiskalunion und eine Wirtschaftsunion Vertragsänderungen brauche, und dass man um eine demokratische Legitimation nicht herumkomme. Den Fehler bei der derzeitigen europäischen Bankenaufsicht ortete Karas in der Tatsache, dass diese lediglich in Krisenzeiten über ein direktes Durchgriffsrecht verfügt. "Wir brauchen eine Haftungsunion, einen Währungsfonds und einen Binnenmarkt", stellte er fest, "sowie einen Mix aus Sparen und Maßnahmen für Wachstum und Beschäftigung".

Für eine Stärkung des Europäischen Parlaments und der nationalen Parlamente sprach sich auch Abgeordnete Katharina Cortolezis-Schlager aus. Es brauche sowohl rascher und schneller Entscheidungen zur kurzfristigen Bewältigung der Krise, aber auch langfristiger Ziele, meinte sie in weiterer Folge und unterstützte die Idee eines neuerlichen Konvents. Cortolezis-Schlager hielt darüber hinaus die Einhaltung gemeinsamer Spielregeln für unabdingbar und meinte zum Thema Wohlstandstransfer, es gehe darum, in jedem Land Wohlstand zu schaffen. Wachstumsimpulse seien richtig zu setzen, appellierte ihr Klubkollege Martin Bartenstein, Infrastrukturinvestitionen müssten daher auf ihre Tauglichkeit überprüft werden.

Grüne: Währungsunion braucht parlamentarische Legitimation

Man dürfe es nicht bei den formulierten Schlussfolgerungen für den kommenden Rat belassen, sondern die Frage der Strategie und der Wertungen in Angriff nehmen, sagte G-Abgeordneter Werner Kogler. Die Bundesregierung müsse in der EU klare Worte sprechen, forderte er und begrüßte in diesem Zusammenhang auch den gemeinsam mit den Koalitionsparteien vorgelegten Antrag auf Stellungnahme. Auch er hielt die Einberufung eines Konvents für erforderlich, da man Vertragsänderungen brauchen werde. Im Sinne einer Strategieentwicklung sollte ein solcher möglichst bald einberufen werden, meinte er und vertrat die Auffassung, dass man in Richtung einer gemeinsamen europäischen Staatsanleihe gehen müsse. Kritik übte Kogler aus rechtlichen und ökonomischen Gründen am Fiskalpakt. Wenn sich dieser aber nicht aufhalten lasse, seien eben Investitionen erforderlich wie sie im Antrag genannt werden.

Auch sein Klubkollege Abgeordneter Alexander Van der Bellen hielt es für "unerträglich", dass der Fiskalpakt mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann. Als einen "Meilenstein" begrüßte er aber die Festlegung im Vier-Punkte-Programm, wonach die Eurozone einer stärkeren parlamentarischen Legitimation - Van der Bellen sprach von einer "parlamentarischen Unterfütterung" - durch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente bedarf. Er befürwortete das Ziel einer Bankenunion, zeigte sich aber hinsichtlich der Fiskalunion aufgrund der Bedenken Deutschlands skeptisch. Die gemeinsame Wirtschaftspolitik ist seiner Meinung nach noch viel zu schwach ausformuliert.

FPÖ befürchtet EU-Zentralstaat

Völlig anders verliefen die Stellungnahmen und Analysen von FPÖ und BZÖ. F-Klubobmann Heinz-Christian Strache forderte einmal mehr eine Volksabstimmung über den ESM, da durch diesen die EU grundlegend geändert werde und damit die Einschränkung der Budgethoheit der nationalen Parlamente einhergehe. Mit dem ESM werde eine gewaltige "Bad Bank" geschaffen, konstatierte er, es gebe keinen parlamentarischen Einfluss auf dessen Wirkung. Strache befürchtete unter Hinweis auf namhafte Ökonomen, dass die Euro-Rettung sich zu einem Fiasko entwickeln und dass der Fiskalpakt eine steigende Inflation zur Folge haben werde. Abgeordneter Johannes Hübner machte darauf aufmerksam, dass Österreich in einer Haftungsunion auf der Zahler-Seite wäre und regte eine Berechnung über die anfallenden Kosten für Österreich an. Dies sei eine legitime Forderung, meinte dazu Bundeskanzler Werner Faymann, gleichzeitig müsse man dann aber auch Berechnungen vorlegen, was etwa ein Vertrauensverlust in Banken, ein Herausbrechen eines Staates aus der Eurozone, ein Nord-Euro etc. kosten würde.

Der FPÖ-Europaabgeordnete Andreas Mölzer warnte vor einem Zentralstaat Europa und mutmaßte, dass die EU die sich verschärfende Krise nütze, um einen zentralistischen europäischen Bundesstaat zu etablieren. Man beschreite offensichtlich den Weg in die Transfer- und Haftungsunion, kritisierte er und warf dem Außenminister vor, daran mitzuwirken, dass auch noch die Restsouveränität Österreichs verloren geht. Für ihn bedeute ein stärkeres Europa ein Europa der nationalen Vielfalt und ein demokratischeres Europa. Deshalb brauche man einen Rückbau in Richtung Staatenverbund. Den Wachstumspakt bezeichnete Mölzer als eine "inhaltsleere Sache".

BZÖ: Die EU hat versagt

Auch EU-Abgeordneter Ewald Stadler und Abgeordneter Stefan Petzner (beide B) teilten die Hoffnungen der Koalition nicht. Der Vizekanzler konterkariere mit seinen Aussagen seine eigene Finanzministerin, meinte Petzner, und Stadler zeigte sich davon überzeugt, dass das Vier-Punkte-Programm nicht umsetzbar sei, weil die City of London und damit Großbritannien nicht daran denke, dabei mitzuwirken. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel habe heute klipp und klar festgestellt, sie mit ihr werde es keine Eurobonds geben.

Die EU habe in der Währungskrise und in der Beschäftigungspolitik versagt, so sein Fazit, denn die hohen Arbeitslosenzahlen gebe es nicht erst seit der Finanzkrise. Die Segnungen der EU hießen Teuerung, Sozialabbau, Demokratieabbau und Schulden. Nun wolle man gerade diejenigen stärken, die für die Krise hauptverantwortlich sind, wetterte Stadler und ortete im "Konventsgerede" keinen einzigen Ansatz zur Lösung der Probleme. Auch er forderte eine Volksabstimmung über den ESM.

Seine Wortmeldung wurde vom Bundeskanzler "als ungerechtfertigte apokalyptische Ansicht" qualifiziert. Das BZÖ wolle offensichtlich die Zerstörung der EU, und wenn man die kritischen Stimmen von Wirtschaftswissenschaftlern richtig lese, dann wisse man, dass diese immer wieder effektive Instrumente einmahnen, um die Krise zu bewältigen. Eine gemeinsame Währung brauche mehr Verbindlichkeiten, stellte der Bundeskanzler abschließend unmissverständlich fest. (Schluss)