Parlamentskorrespondenz Nr. 583 vom 03.07.2012

Ein politisches Urgestein wird 80

Festakt zum runden Geburtstag von Robert Lichal

Wien (PK) – Ursprünglich wollte er Schauspieler werden – aber es kam wie so oft anders, und Robert Lichal landete auf der gegenüberliegenden Seite des Rings, nämlich im Parlament und nicht im Burgtheater. Im Parlament, wo er als Bundesrat begann, dann in den Nationalrat wechselte und schließlich Zweiter Präsident des Nationalrats wurde, fand heute ein Festakt anlässlich seines bevorstehenden 80. Geburtstags am 9. Juli statt.

Ob bzw. inwieweit Schauspielerei und Politik etwas Gemeinsames haben, darauf ging auch Nationalratspräsidentin Barbara Prammer im Rahmen ihrer Glückwünsche ein. Das Parlament sei auch eine wichtige Bühne, sagte sie, man dürfe aber beides nicht miteinander verwechseln, warnte sie gleichzeitig. Die Leidenschaft, sich 100%ig für eine Sache einzusetzen, wie das Lichal immer getan habe, und sein hohes Maß an Identifikation mit den jeweiligen Aufgaben, das verbinde den Schauspieler mit dem Politiker, warf der Zweite Nationalratspräsident, Fritz Neugebauer, in seiner Festrede ein. Wer hingegen als Politiker jemand anderem nur etwas vormache, der sei ein schlechter Politiker, betonte er und hob insbesondere die Fähigkeit des Jubilars hervor, eine klare Sprache zu führen und nicht in den "Politiksprech" zu verfallen.

Allgemein wurde die Geradlinigkeit, Standfestigkeit, Wertehaltung und Kompromissfähigkeit Lichals gewürdigt, der immer offen für andere Meinungen sei. Selbstverständlich ging man auch auf seine Spitznamen "Revolver-Hofrat", Raketen-Django" oder "Rambo" ein und unterspickte dies mit humorvollen Anekdoten.

Lichal selbst appellierte an alle, die Würde des Hohen Hauses zu wahren und sprach von einem "verheerenden Bild", das Abgeordnete oft über die Fernsehbildschirme vermitteln. Er rief aber auch dazu auf, das "Spiel mit dem Bundesheer" zu beenden.

Zahlreiche Gäste waren gekommen, um Robert Lichal zu beglückwünschen. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer durfte neben Vizekanzler Michael Spindelegger, unter anderem auch Bundesministerin Beatrix Karl, die ehemaligen Zweiten PräsidentInnen des Nationalrats Marga Hubinek und Heinrich Neisser, den ehemaligen Dritten Nationalratspräsidenten Werner Fasslabend sowie den ehemaligen Innenminister Karl Schlögel, die ehemaligen VolksanwältInnen Ingrid Korosec und Herbert Kohlmaier sowie Botschafter Ludwig Steiner begrüßen.

Für die musikalische Umrahmung sorgte das Koehne Quartett.

Prammer: Kompromissfähigkeit ist Lebensbestandteil der Demokratie

Die Nationalratspräsidentin zitierte aus der Abschiedsrede Lichals im Plenum und griff dabei sein leidenschaftliches Plädoyer, wie sie es formulierte, für eine harte und emotionale Auseinandersetzung heraus. Wichtig sei dabei immer, dass man nicht beleidigend wird und die Würde des Hauses nicht verletzt, merkte sie an und beleuchtete dabei auch kritisch die aktuelle Situation mit dem Hinweis, dass die PolitikerInnen heute durch die Live-Übertragungen wesentlich mehr als bisher unter ständiger Beobachtung stehen. Sie brach einmal mehr eine Lanze für die Kompromissfähigkeit als "Lebensbestandteil der Demokratie". Niemand könne seine Position zur Gänze umsetzen, bemerkte sie, es komme auf das richtige Maß an, und das sei eine Kunst, die es immer aufs Neue zu erlernen gelte.

Kopf: Lichal ist ein Urgestein der ÖVP

Als einen Menschen "mit dauerhafter Wertehaltung" charakterisierte ÖVP-Klubobmann Karlheinz Kopf das Geburtstagskind. Lichal sei immer für eine klare Sprache gestanden, auf ihn konnte und könne man sich verlassen, man habe bei ihm immer gewusst, woran man ist. Er sei ein "Urgestein" der ÖVP im besten Sinne des Wortes, nämlich "dauerhaft, standfest, beständig und tragend. Lichal habe "Wind gemacht" und sei auch immer wieder Wind gewesen, der die Dinge in Bewegung bringt. Er  habe die Sachverhalte wortgewaltig auf den Punkt bringen können, was auch manchmal Probleme nach sich gezogen habe. Beeindruckend sei die große Überzeugungskraft Lichals und dessen Humor, so Kopf.

Spindelegger: Lichal - ein Konservativer, der menschliche Qualität ausstrahlt

Lichals Geradlinigkeit habe auch ihn von Anfang an beeindruckt, hielt  Außenminister und Vizekanzler Michael Spindelegger, der einstmals Sekretär des heute Geehrten war, in seiner Laudatio fest. Er sei immer ein untadeliger Demokrat gewesen, der sich anderen Meinungen gegenüber stets aufgeschlossen gezeigt habe, unterstrich der ÖVP-Parteiobmann und zitierte Lichals Grundsatz: "Sage, was du tust, und tue, was du sagst" als ein vorbildliches Motto. Lichal sei ein Konservativer, der menschliche Qualität ausstrahle, betonte Spindelegger, jemand, der Härte gezeigt habe, aber auch politisches Gespür. Sein Einsatz habe immer dem größeren Ganzen gegolten.

Der Vizekanzler spickte seine Festrede auch mit einigen Anekdoten. "Keine Pressekonferenz ohne Überraschungen", so Spindelegger und erinnerte daran, wie Lichal öffentlich und durchaus publikumswirksam die "mannstoppende Bewaffnung der Polizei" gefordert hat, was ihm auch den Spitznamen "Revolver-Hofrat" eingebracht hat. Weil er sich als Verteidigungsminister mit all seiner Kraft für Lenkwaffen ausgesprochen hat, wurde ihm auch der Titel "Raketen-Django" zuteil. Lichal habe in seiner Ministerzeit dem Bundesheer seinen Stempel aufgedrückt, merkte Spindelegger an, er habe die Milizstruktur eingeführt und den Soldaten einen Stellenwert gegeben.

Neugebauer: Lichal in Wahrheit ein "patzweicher Mensch"

Ob Revolver-Hofrat, Raketen-Django oder Rambo, Lichal sei in Wahrheit ein "patzweicher Mensch", konstatierte der Zweite Präsident des Nationalrats, Fritz Neugebauer. Neugebauer ging insbesondere auf die Tätigkeit Lichals als Personalvertreter ein und meinte, in dieser Funktion sowie durch die Arbeit in der Sozialpartnerschaft habe er die besten Voraussetzungen für die Politik mitbekommen, denn da sei es gefragt, auf die unterschiedlichsten Bedürfnisse der Menschen einzugehen. Am Ende stehe immer der soziale Dialog und verantwortungsvolles Handeln. Auch Neugebauer würdigte die hohe Identifikation Lichals mit seinen jeweiligen Aufgaben, dessen Heimatbewusstsein und dessen gelebte Überzeugung, dass das Parlament jener Ort ist, wo man die Spielregeln gestaltet. Ihm sei es auch zu verdanken, dass die Milizstruktur in die Bundesverfassung aufgenommen worden ist, fügte Neugebauer hinzu.

Lichal: Apell, Würde des Parlaments zu wahren und Spiel mit dem Bundesheer zu beenden

Eine sehr nachdenkliche Note brachte dann der Jubilar selbst in die feierliche Stunde ein, indem er an die harten Jahre seiner Kindheit und Jugend – Bürgerkrieg in Österreich, Anschluss, Krieg, Besatzungszeit - erinnerte. "Das war Angst, das waren Sorgen" rief er den Gästen entgegen und übte harsche Kritik an der Panikmache der heutigen Zeit. Er habe kein Verständnis dafür, worüber heute gejammert wird, wetterte er.

Lichal betonte in seinen Dankesworten, wie sehr ihm das Parlament und das Bundesheer am Herzen liegen und knüpfte daran zwei Wünsche: Es sei viel Positives seit seiner Zeit geschehen, räumte er ein, aber das Präsidium des Nationalrats müsse etwas gegen das "verheerende Bild" tun, das so manche Abgeordnete vermitteln. Viele würden absichtlich nicht der Würde des Hauses entsprechen, griff er die Worte der Nationalratspräsidentin mit Verve auf. Und was das Bundesheer betreffe, so appellierte er an alle Funktionsträger, das "Spiel doch zu beenden". Man könne doch eine Institution nicht willentlich und wissentlich ruinieren, die Landesverteidigung brauche wieder ein Selbstwertgefühl. Was jetzt passiere, sei eine "Zumutung".

"Politik ist nichts anderes als die Notwendigkeit, das Zusammenleben der Menschen in einer Gemeinschaft zu gestalten", fasste Lichal abschließend zusammen.

Robert Lichal

Der ehemalige Zweite Präsident des Nationalrats und Verteidigungsminister Robert Lichal wurde 1932 in Wien geboren. Nach seinem Studium als Werkstudent an der Wiener Universität promovierte er 1965 zum Doktor iuris. Seine erste berufliche Station war in der Niederösterreichischen Landesregierung. Dort engagierte er sich bald in der Personalvertretung und übernahm ab 1973 zusätzlich wesentliche Aufgaben in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst, wie etwa die Funktion des stellvertretenden Obmanns. Als Vorsitzender des FCG fungierte Lichal von 1985 bis 1987, ab 1987 als Obmann des ÖAAB und gehörte des Weiteren auch dem ÖGB-Präsidium an.

Seine ersten Tätigkeiten im Bundesrat nahm Lichal ab 1976 wahr und wechselte drei Jahre später in den Nationalrat, wo er Sicherheitssprecher seiner Fraktion ÖVP wurde. Während seiner Amtszeit als Verteidigungsminister (1987-1990) setzte Robert Lichal zahlreiche Neuerungen im Sinne der Stärkung der nationalen Landesverteidigung durch. Als Lichal nach den Nationalratswahlen 1990 aus der Bundesregierung ausschied, bildete er eine Gesetzgebungsperiode lang mit Heinz Fischer und Heide Schmidt das Präsidium des Österreichischen Nationalrats. 1994 verabschiedete sich der heute immer noch rege am öffentlichen Leben teilnehmende Lichal aus der aktiven Politik.

HINWEIS: Fotos von dieser Veranstaltung finden Sie – etwas zeitverzögert – auf der Website des Parlaments (www.parlament.gv.at) im Fotoalbum. (Schluss)