Parlamentskorrespondenz Nr. 594 vom 05.07.2012

Künstler-Sozialversicherung - ein weiterhin schwieriges Terrain

Debatten über Salzburger Festspiele; FPÖ fürchtet um deutsche Sprache

Wien (PK) – Nach der Debatte über Bildungsfragen, standen kulturpolitische Themenstellungen auf der Tagesordnung des Nationalratsplenums. Zentraler Punkt dabei war das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz, wonach es Erleichterungen für in Pension befindliche KünstlerInnen gibt. Zugleich werden aber die Mittel des Künstler-Sozialversicherungsfonds befristet gekürzt, was zu harscher Kritik vor allem seitens der Grünen führte. Weitere Themen waren die Salzburger Festspiele sowie der Schutz der deutschen Sprache.

Soziale Lage von Kunstschaffenden weiterhin prekär

KünstlerInnen werden in Zukunft auch dann Zuschüsse aus dem Künstler-Sozialversicherungsfonds beziehen können, wenn sie bereits Anspruch auf Alterspension haben oder eine solche Pension beziehen und weiterhin künstlerisch tätig sind. Im gleichen Antrag der Abgeordneten Sonja Ablinger (S) und Silvia Fuhrmann (V) ist aber auch eine auf fünf Jahre befristete Reduktion der Abgaben der Betreiber von Kabelrundfunkanlagen (von 0,25 € auf 0,20 €) und Satellitenreceivern (von 8,72 € auf 6 €) vorgesehen, aus denen der Fonds seine Mittel bezieht, was vor allem von den Grünen scharf kritisiert wurde. Die FPÖ wiederum trat für die steuerliche Förderung von Kunstankäufen ein. Die Neuregelung passierte dementsprechend auch nur mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ mehrheitlich den Nationalrat.

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) erklärte, die FPÖ werde die vorliegende Gesetzesnovelle ablehnen. Mit der Besserstellung von KünstlerInnen, die bereits eine Pension beziehen oder Anspruch auf eine Pension haben, werde das grundsätzliche Problem, die prekäre soziale Lage vieler KünstlerInnen, nicht gelöst, sagte sie. Die FPÖ hat Unterreiner zufolge einen anderen Ansatz, sie fordert steuerliche Anreize für den Kauf von Kunstwerken und für Kunstsponsoring. Die Abgeordnete bekräftigt diese Forderung mit einem Entschließungsantrag.

Abgeordnete Sonja ABLINGER (S) meinte demgegenüber, die vorliegende Reform sei angesichts der prekären Einkommenssituation vieler KünstlerInnen notwendig und sinnvoll. Durch die Novelle werde sichergestellt, dass KünstlerInnen, die bereits eine Pension beziehen bzw. Anspruch darauf hätten, Zuschüsse aus dem Künstler-Sozialversicherungsfonds erhalten können. Die ebenfalls vorgesehene befristete Senkung der Fondsbeiträge wird ihr zufolge zu keiner Leistungskürzung führen. Eine steuerliche Förderung für Kunstankäufe lehnte Ablinger ab, damit würde ihrer Meinung nach nur marktgängige Mainstream-Kultur gefördert.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) erinnerte an die prekäre soziale Lage vieler Kunstschaffender, beklagte, es sei wieder nicht gelungen, eine Mindestsicherung für diese Gruppe zu garantieren, und sprach insgesamt von einem Armutszeugnis und Versagen der Politik. Heute sei kein guter Tag für die Kulturpolitik, resümierte er.

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) erwiderte, die Unterstützungsleistungen an KünstlerInnen seien sehr wohl erhöht worden, mahnte allerdings sorgsamen Umgang mit Steuergeldern ein. Sie begrüßte die vorliegenden Maßnahmen und meinte überdies, Reformen des Urheberrechts könnten ebenfalls einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Lage der KünstlerInnen leisten.

Abgeordnete Tanja WINDBÜCHLER-SOUSCHILL (G) forderte eine soziale Absicherung sämtlicher Kunstschaffender und verwies auf den Umstand, dass 37 % aller KünstlerInnen unterhalb der Armutsgrenze leben.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, warnte vor Missbrauch der Regelung und meinte, Pensionen sollten nur an jene geleistet werden, die auch Beiträge eingezahlt haben.

Bundesministerin Claudia SCHMIED bekräftigte, die soziale Lage der Kunstschaffenden sei ein besonderes Anliegen dieser Regierung, und betonte in diesem Zusammenhang, trotz Budgetkonsolidierung sei es gelungen, Kürzungen der Ermessensausgaben für KünstlerInnen zu verhindern. Allein über die Kunstförderung sei es aber nicht möglich, die Einkommen der KünstlerInnen abzusichern, gab sie zu bedenken. Schmied begrüßte, dass durch diese Novelle nun Zuschüsse nicht mehr gestrichen werden, wenn KünstlerInnen das Pensionsalter erreichen. Sie zählte darüber hinaus zahlreiche Verbesserungen für die Kulturschaffenden seit 2008 auf, so etwa die Ausweitung der Beiträge auf Unfall- und Krankenversicherung, die laufende Erhöhung der Beitragszuschüsse, Erleichterungen für das Erreichen der Mindesteinkommensgrenze und die Berücksichtigung auch von sozialen Komponenten bei Rückforderungen.

Abgeordnete Andrea KUNTZL (S) sah vor allem in der Abschaffung der Pensionsklausel einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der sozialen Situation der KünstlerInnen. Die Absenkung des Beitrags wiederum bezeichnete sie als Kompromiss, wobei sie ihre Hoffnung ausdrückte, dass diese auch an die KonsumentInnen weitergegeben werde.

Abgeordnete Claudia DURCHSCHLAG (V) wertete die Absenkung der Beiträge zum Fonds angesichts des hohen Vermögensstandes im Topf als durchaus berechtigt und im Sinne der KonsumentInnen gelegen.

Abgeordnete Anna HÖLLERER (V) versicherte, der Fonds sei ausreichend dotiert, die Zuschüsse zur Sozialversicherung der KünstlerInnen werde es auch weiterhin geben, die soziale Absicherung sei damit gewährleistet.

Bei der Abstimmung wurde die Vorlage in Dritter Lesung mehrheitlich angenommen. Der Entschließungsantrag der FPÖ blieb hingegen in der Minderheit.

Schmied: Kein Anlass für gesetzliche Änderungen bei Salzburger Festspielen

Auch die Salzburger Festspiele waren heute Thema im Nationalrat. Grundlage dafür boten Anträge des Abgeordneten Wolfgang Zinggl (G). Dieser fordert einerseits eine rechtliche Evaluierung der Festspiele nach dem Vorbild der Evaluation des Bundestheaterkonzerns (1828/A[E]) sowie eine Reform der Unternehmensstrukturen der Salzburger Festspiele (987/A[E]). Beide Anträge blieben aber in der Minderheit.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) bemängelte das Festspielfondsgesetz als veraltet und intransparent und kritisierte, es sei nicht einmal klar geregelt, wer die Festspiele nach außen vertritt. Der Kultursprecher der Grünen vermisste zudem auch eine Berücksichtigung der OECD-Leitlinien hinsichtlich Kontrolle. Er erinnerte an die vom Rechnungshof festgestellten Mängel und forderte eine Reaktion des Gesetzgebers.

Abgeordnete Christine LAPP (S) erwiderte, der Rechnungshof habe bei seiner Prüfung keinerlei Malversationen festgestellt. Zahlreiche Empfehlungen des Berichts seien bereits umgesetzt worden. So gebe es jetzt betriebliches Controlling, personelle Entflechtung, mehr Transparenz sowie eine Umsetzung des Corporate-Governance-Prinzips.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (B) unterstützte den Antrag der Grünen, sprach ebenfalls von einem veralteten Gesetz und kritisierte darüber hinaus die 100%ige Ausfallsgarantie als Diskriminierung anderer Festspiele in Österreich. 

Abgeordnete Silvia FUHRMANN (V) stellte fest, die Tatsache, dass bisher bereits mehr als siebzig Empfehlungen des Rechnungshofs umgesetzt wurden, zeige, wie ernst man den Kontrollbericht nehme.

Abgeordneter Josef JURY (F) wies die Kritik der Grünen scharf zurück und bemerkte, Zinggl werde es nicht gelingen, den Wind aus den Segeln dieses Flaggschiffs der österreichischen Kulturpolitik zu nehmen.

Bundesministerin Claudia SCHMIED betonte mit Nachdruck, der Rechnungshof habe keinerlei Malversationen bei den Salzburger Festspielen festgestellt. Sie verwies ebenfalls auf die zahlreichen bereits umgesetzten Rechnungshofempfehlungen und fügte an, weder seitens des Bundes noch aus Sicht des Ministeriums gebe es derzeit Anlass, gesetzliche Änderungen vorzunehmen.

Gefährden Anglizismen die deutsche Sprache?

Des Weiteren diskutierten die Abgeordneten über drei Initiativen der FPÖ. Seitens des ehemaligen Abgeordneten Gerhard Kurzmann und der Abgeordneten Heidemarie Unterreiner lagen Anträge (404/A und 1801/A[E]) zum Schutz und Erhalt der deutschen Sprache vor. Unterreiner setzt sich darüber hinaus auch dafür ein, das weltweit einzigartige Relieffries "Heroon von Trysa", das sie kunsthistorisch mit dem Pergamonaltar oder dem Ishtar-Tor vergleicht, öffentlich auszustellen (1800/A[E]). Keines der drei Anliegen fand eine entsprechende Mehrheit.

Abgeordnete Heidemarie UNTERREINER (F) rief zunächst dazu auf, die im Besitz des Kunsthistorischen Museums befindlichen Reliefplatten des Heroons von Trysa in einer gebührenden Art aufzustellen und dem Publikum zu präsentieren, und meinte, Wien würde durch dieses zusätzliche Glanzlicht als Kulturmetropole bereichert werden. Die F-Mandatarin nahm weiters zum Antrag ihrer Fraktion betreffend Schutz der deutschen Sprache Stellung und forderte eine gesetzliche Lösung, um gegen das Überborden von Anglizismen vorzugehen. Unterreiner empfahl dabei eine Regelung nach dem Vorbild des französischen Sprachgesetzes.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) meinte, es gebe keine Veranlassung, den Anträgen der FPÖ zuzustimmen. Der Erhalt der deutschen Sprache sei bereits in mehreren Gesetzen verankert. Ein zwanghaftes Verdeutschen von englischsprachigen Fremdworten sei ihrer Ansicht nach nur lächerlich. Zur Forderung nach mehr österreichischer Musik im Radio verwies sie auf ein bereits bestehendes Abkommen zwischen ORF und Österreichischem Musikrat, der Anteil liege jetzt bei etwa 30 %. Die Forderung, es sollte nur deutschsprachige Musik gespielt werden, sei überzogen, das würde viele erfolgreiche heimische Bands aus dem ORF ausschließen. Es sei auch nicht Aufgabe des Parlaments, Bundesmuseen vorzuschreiben, wann sie etwas auszustellen haben, außerdem gebe es bereits Überlegungen des Kunsthistorischen Museums, wie man das Heroon von Trysa der Öffentlichkeit präsentieren könne.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) meinte, der Antrag von Abgeordneter Unterreiner zur Pflege der deutschen Sprache sei erstaunlich engstirnig, er habe sie für mehr "open minded" eingeschätzt. Gerade die FPÖ erwecke in ihren Publikationen oft den Eindruck mangelhafter Beherrschung der deutschen Sprache, sagte er mit Verweis auf ein Inserat der Wiener FPÖ. Der Antrag sei nur lächerlich. Ernst nehmen könne er nur den Antrag zur Quotenregelung für österreichische Musik, das BZÖ habe einen gleichlautenden Antrag eingebracht. Die ständig stattfindende Aufnahme fremdsprachiger Begriffe lasse sich nicht durch Gesetze, Sprachbeiräte oder gar Verwaltungsstrafen reglementieren.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) stellte fest, der Antrag komme in verschiedener Form immer wieder. Das Thema sei an sich eines, das man ernst nehmen sollte. Die deutsche Sprache sei sicherlich nicht in Gefahr, wie der Antrag behaupte, es sei aber durchaus zulässig, sich auf sie zu besinnen, gerade in einer Zeit, wo die Beherrschung von Fremdsprachen für Beruf wie Freizeit immer wichtiger werde. Bevor man neue Bestimmungen festlege, sollte man fordern, dass bestehende Abmachungen wie die Verpflichtung des ORF zur Sendung heimischer Musik und heimischer Beiträge erfüllt werden. 

Abgeordneter Josef A. RIEMER (F) sagte, es gehe in dem Antrag um die Sprache als solche, als Trägerin von Information und Bildungsinhalten und wies auf den erschreckenden Rückgang des Wortschatzes bei GrundschülerInnen hin. Hier zeichne sich eine sprachliche Zweiklassengesellschaft ab, befürchtete er. Den Antrag, um den es gehe, habe offenbar niemand genau gelesen. Er ziele darauf ab, ein Gesetz zu schaffen, das ein Gebot zur Verwendung der deutschen Sprachen in Handel, Arbeit und Bildungswesen, in Druckwerken, Musik und Fernsehprogrammen postuliert. Vorbild sei das französische Sprachschutzgesetz, stellte Riemer klar.

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) meinte, es gebe keine Notwendigkeit, Sprachgebrauch gesetzlich zu normieren. Der Antrag sei nicht ernst zu nehmen, und selbst die FPÖ, die ihn unterstütze, verwende für ihre Publikationen eine große Mengen an englischen Fremdworten.

Abgeordneter Stefan MARKOWITZ (B) erklärte, das BZÖ werde den Antrag des BZÖ zum Heroon von Trysa unterstützen. Auch wenn man einem Direktor bzw. einer Direktorin keine Vorschriften über die Ausstellungspolitik machen könne, so sollte man sich doch für die Zukunft überlegen, wie man Kunstschätze, über die man verfüge, adäquat präsentieren könne, meinte er.

Abgeordneter Thomas EINWALLNER (V) wies darauf hin, dass der Antrag der FPÖ zur Musikquote längst veraltet sei. Es seien die Schulen, welche für die sprachliche Bildung der jungen Menschen in Österreich verantwortlich seien. Daher müsse dafür gesorgt werden, dass diese ihrer Aufgabe, die Jugend sowohl in ihrer Muttersprache als auch in Fremdsprachen so auszubilden, dass sie eine gute Grundlage für das Berufsleben haben, nachkommen.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) stellte fest, wenn der Antrag des Abgeordneten Kurzmann schon alt sei, so deshalb, weil die Bereitschaft gefehlt habe, ihn im Kulturausschuss früher auf die Tagesordnung zu setzen. Das sei also nicht der FPÖ zum Vorwurf zu machen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) sagte, es sei bedauerlich, dass ein so wichtiges Thema wie der Stellenwert der deutschen Sprache im Bildungssystem nicht ernsthaft behandelt wird. Auch das verpflichtende Kindergartenjahr diene nicht zur Vermittlung der deutschen Sprache. Der Antrag zur Verwendung der deutschen Sprache in der Öffentlichkeit sei sehr wenig durchdacht, er entspreche der Wichtigkeit des Anliegens nicht. (Fortsetzung Nationalrat)