Parlamentskorrespondenz Nr. 596 vom 05.07.2012

Gewerbeordnung bringt Neuerungen für Fotografen und andere Gewerbe

Familiendebatte am Schluss der Nationalratssitzung

Wien (PK) – Den Abschluss der heutigen Plenardebatte bildeten Themen, die zum Wirtschafts- und Familienminister, Reinhold Mitterlehner, ressortieren. Zunächst ging es um die Anpassung des Erdölbevorratungsgesetzes an EU-Richtlinien sowie um eine Änderung der Gewerbeordnung, die Neuerungen für Baumeister, Fotografen und Floristen bringt. Beide Vorlagen erhielten ausreichende Unterstützung. Die Anträge der FPÖ hinsichtlich einer besseren Unterstützung von Mehrlingsfamilien sowie für Familien mit Folgegeburten im Bezugszeitraum des Kinderbetreuungsgeldes blieben jedoch in der Minderheit.

Mitterlehner drängt auf mehr Energieeffizienz

Gemäß den neuen und einstimmig angenommenen Bestimmungen im Erdölbevorratungsgesetz 2012 verpflichten sich die Mitgliedstaaten im Wesentlichen dazu, ab dem 31.12.2012 ständig Erdölvorräte zu halten, die mindestens den täglichen durchschnittlichen Erdöleinfuhren für 90 Tage oder dem täglichen durchschnittlichen Inlandsverbrauch für 61 Tage entsprechen. Die Länder haben auch die physische Verfügbarkeit dieser Vorräte sicherzustellen.

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) unterstrich die Bedeutung der Versorgungssicherheit bei Erdölprodukten, die durch das vorliegende Gesetz aufrechterhalten wird. Konkret wies Haubner darauf hin, dass etwa Notstromaggregate in Spitälern mit Diesel betrieben werden und es angesichts schwindender Ölreserven daher notwendig sei, staatlicherseits Reserven zu halten. Diese Aufgabe werde von der Bevorratungsgesellschaft erfüllt und die internationale Vorgabe einer Reservehaltung für 90 Tage, 2011 waren das 2,9 Mio. t, gewährleistet. Das vorliegende Gesetz diene der Aufrechterhaltung dieser Versorgungssicherheit, so Haubner.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) erinnerte an Erfahrungen mit Gaslieferungsengpässen in Wintermonaten bei großem Heizbedarf und betonte dabei die Notwendigkeit strategischer Vorräte. Österreich habe ein international vorbildliches System aufgebaut, führte Katzian aus und erläuterte die vorliegende Integration aller Energiebevorratungsnormen gemäß einer EU-Richtlinie. Die Energiesicherheit sei auch im Falle eines Versorgungsengpasses über 90 Tage gewährleistet, unterstrich der Redner.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) schloss sich den Ausführungen seiner Vorredner an und schilderte seinerseits Erfahrungen beim Gaslieferstopp, von dem kein Österreicher etwas gemerkt habe, weil das Bevorratungssystem hervorragend funktioniert habe.

Auch Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) ging auf die Notwendigkeit ein, strategische Ölreserven zu bilden. Diese Vorräte dienten kurzfristigen Versorgungsengpässen, davon unberührt sah Brunner die Strategie "Raus aus fossilen Energieträgern" und das Ziel einer Energiewende in Richtung erneuerbare Energieträger, um die Ziele des Klimaschutzes zu erreichen. In diesem Zusammenhang sprach die Abgeordnete die Hoffnung aus, dass die Umsetzung des kürzlich in Kraft getretenen Ökostromgesetzes zu einem neuen Boom bei den erneuerbaren Energieträgern führt. Außerdem appellierte Brunner an die Regierung, Fortschritte bei der Erhöhung der Energieeffizienz zu erzielen.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, weil alles für und nichts gegen eine effiziente Erdölbevorratung spreche. 

Abgeordnete Adelheid Irina FÜRNTRATH-MORETTI (V) erinnerte an den Energieengpass und an die Vervierfachung des Ölpreises nach dem Jom-Kippur-Krieg im Herbst 1973, die Anlass gegeben haben, ein System der Energiebevorratung in Österreich zu schaffen.

Auch Abgeordneter Hubert KUZDAS (S) unterstrich die Bedeutung der Erdölbevorratung und des diesbezüglichen Gesetzes, begrüßte die Einrichtung der ELG als zentrale Bevorratungsstelle und lobte die geringen Bevorratungstarife. 

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER erläuterte die Regierungsvorlage im Zusammenhang mit der Umsetzung der Erdölbevorratungsrichtlinie, was ohne gravierende Änderungen möglich ist. Der Minister wies auf die Einrichtung einer zentralen Stelle hin sowie darauf, dass die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energieträger bedeute, dass Österreich geringere Erdölreserven brauche. Interesse zeigte der Minister an zielgerichteten Verhandlungen beim Thema Energieeffizienz.

Abgeordneter Franz GLASER (V) erinnerte daran, dass Biokraftstoffe bei der Ölkrise 1973/74 noch keine Rolle gespielt haben, heute aber auch Biokraftstoffe bevorratet werden müssen. Der Abgeordnete trat der mancherorts herrschenden Skepsis gegenüber Biokraftstoffen entgegen, weil er es nicht für argumentierbar hielt, Biokraftstoffen die Verdrängung der Nahrungsmittelproduktion anzulasten, solange Nahrungsmittel in erheblicher Menge weggeworfen werden.

Schließlich besprach auch Abgeordneter Kurt GARTLEHNER (S) die Vorlage positiv und warb um die dafür erforderliche Zweidrittelmehrheit.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig, also mit der erforderlichen Verfassungsmehrheit angenommen.

Gewerbeordnung: Das richtige Maß an Liberalisierung?

Die Novelle zur Gewerbeordnung bringt neben Anpassungen an das EU-Gemeinschaftsrecht auch Neuerungen für einzelne Berufsgruppen. So soll Berufsfotografie in Zukunft ein freies Gewerbe sein, das Pressefotografengewerbe wird Pressefotografie und Fotodesign genannt. Gleichzeitig räumt die Novelle die Möglichkeit ein, dass Pressefotografen und Fotodesigner sowie Berufsfotografen mit eingeschränktem Berechtigungsumfang nach Ausübung dieser Tätigkeiten für eine Zeit von drei Jahren das Berufsfotografengewerbe mit vollem Berechtigungsumfang ohne weitere Restriktion anmelden können.

Die Berufsbezeichnung des Baumeisters wiederum soll nur jenen Gewerbetreibenden vorbehalten sein, denen auch das Recht der umfassenden Planung zukommt. Für die Tätigkeit der Zimmermeister wird durch die Novelle die Berufsbezeichnung "Holzbau-Meister" geschaffen. Baugewerbetreibende, die eine eingeschränkte Berechtigung erwerben und denen das Recht der umfassenden Planung nicht zukommt, dürfen hingegen die Bezeichnung "Baugewerbetreibender" unter Beifügung der entsprechenden Einschränkung führen. Mit Blick auf die besonderen Gefahren, die beim Errichten von Bauwerken sowie bei Bautätigkeiten generell bestehen, soll eine Haftpflichtversicherung für das Baumeistergewerbe einschließlich der dem Baumeistergewerbe entstammenden Teilgewerbe etabliert werden. Hinsichtlich des Berufs der Gärtner und Blumenbinder (Floristen) schließlich soll die auch im internationalen geschäftlichen Verkehr allgemein gebräuchliche Bezeichnung Florist die Bezeichnung Blumenbinder gänzlich ersetzen. Die Gewerbeordnungsnovelle passierte den Nationalrat mehrheitlich.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) teilte eingangs mit, seine Fraktion hätte der ursprünglichen Regierungsvorlage zugestimmt, könne dem nun vorliegenden Gesetzentwurf, der von den Regierungsparteien verändert wurde, aber nicht zustimmen. Es reiche nicht aus, die Gewerbeordnung "zitzerlweise" zu verändern, die großen Probleme bei den Sattlern, Fußpflegern, technischen Büros und bei der grenzüberschreitenden Anerkennung der Berufsbefähigung nicht anzugehen. In diesem Zusammenhang bedankte sich der Redner beim Bundesminister ausdrücklich für dessen Engagement im Interesse österreichischer Handwerker, die in der Schweiz arbeiten. Einen Graubereich ortete der Redner auch im Handelsvertreterbereich, wo eine Aufhebung des Gesetzes durch den Obersten Gerichtshof drohe. Themessl verlangte eine grundlegende Überarbeitung der Gewerbeordnung, weil sie der Dienstleistungsrichtlinie in vielen Bereichen widerspreche.

Abgeordneter Konrad STEINDL (V) erinnert an die hohen beruflichen Standards im Gewerbe und Handwerk in Österreich. Die Abänderungen an der vorliegenden Regierungsvorlage im Wirtschaftsausschuss verteidigte Steindl, sie beruhe auf einem guten Konsens bei den Fotografen, wo ein großer Schritt in Richtung Liberalisierung gesetzt werde. Zugleich werden Verwaltungsvereinfachungen ermöglicht. Zur Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie seien die erforderlichen Regelungen bereits geschaffen, hielt Steindl seinem Vorredner entgegen. 

Auch Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) hielt den ursprünglichen Entwurf zur Gewerbeordnung für die Liberalisierung für unterstützungswürdig, die im Wirtschaftsausschuss durch die Regierungsparteien veränderte Fassung verdiene diese Unterstützung nicht mehr. Die Abänderung gehe in die falsche Richtung, Matznetter und Steindl hätten mit ihren Abänderungen die längst notwendige Liberalisierung des Fotografengewerbes konterkariert. Der Minister wollte in die richtige Richtung gehen, SPÖ und ÖVP gingen aber einen Schritt zurück. Abschließend brachte Windholz einen Antrag auf Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft bei der Wirtschaftskammer ein.

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) forderte seinen Vorredner auf, vollständig zu lesen, was vom Ausschuss zur Annahme empfohlen wurde, und brachte einen weiteren Abänderungsantrag zur Gleichstellung eingetragener Partnerschaften in der Gewerbeordnung und zum Thema Haftpflichtversicherungen bei Bauunternehmen und Maklern ein. Die Liberalisierung finde ebenso statt wie der Interessensausgleich, sagte er. Man habe sich mit allen Betroffenen an einen Tisch gesetzt, um zu liberalisieren, ohne den Beruf des gewerblichen Fotografen gänzlich aufzuheben, wobei Matznetter das Anliegen des Konsumentenschutzes hervorhob.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) warf Matznetter Reformunwillen vor und bestritt den behaupteten Konsens zwischen den einzelnen Berufsgruppen. Es gebe keinen Grund, die Liberalisierung zu beschränken, weil es seit der Digitalisierung keinen Bedarf an Konsumentenschutz bei den Fotografen mehr gebe. Geschützt würden lediglich die Wirtschaftskämmerer, warf Widmann ÖVP und SPÖ vor. "Die Zwangskämmerer Steindl und Matznetter haben dafür gesorgt, dass die Berufsfotografen ein reglementiertes Gewerbe bleiben", obwohl der Minister ein freies Gewerbe schaffen wollte, legte Widmann dar. 

Abgeordnete Ruperta LICHTENECKER (G) schilderte die Debatte, die zur Liberalisierung und zum Entwurf des Wirtschaftsministers führte. Man habe einen gangbaren Kompromiss zwischen freien Fotografen und Berufsfotografen gefunden. Die Grünen stimmen den vielen Verbesserungen für AbsolventInnen von Hochschulen und Kollegs ebenso zu wie der Modernisierung der Gewerbeordnung und der Gleichstellung eingetragener Partnerschaften in diesem Gesetz. Der Wettbewerb werde belebt und Rechtssicherheit geschaffen, sagte sie, nun gelte es zu beurteilen, ob sich der Kompromiss in der Praxis bewährt. Ziel sei jedenfalls eine schlanke, moderne und offene Gewerbeordnung. 

Abgeordneter Peter HAUBNER (V) sprach von einer guten Lösung, die Konrad Steindl und Christoph Matznetter im Fotografengewerbe zustande gebracht haben. Ein Entwurf von hoher Qualität liege vor, sagte Haubner, der seiner Freude über die Schaffung der neuen Berufsbezeichnung "Holz-Baumeister" Ausdruck gab.

Abgeordneter Franz KIRCHGATTERER (S) sprach sein Bedauern darüber aus, dass das BZÖ eine Gewerbeordnungsdebatte dazu missbrauche, die österreichische Sozialpartnerschaft in Frage zu stellen. Wenn man die Qualität im Handwerk und im Gewerbe sichern wolle, müsse man Ausbildung und Dienstleistungsstandards aufrechterhalten, stellte er fest. Dem diene unter anderem auch das Gütesiegel "Meisterbetrieb", für das sich der Redner einsetzte. Im Kreativbereich, wo viele Kleinstbetriebe tätig sind, sei soziale Absicherung notwendig, diesem Anliegen sei künftig verstärktes Augenmerk zu schenken, so Kirchgatterer.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER schickte an die Adresse der FPÖ gerichtet voraus, dass die Gewerbeordnung ständig modernisiert und an die aktuellen Gegebenheiten angepasst werde, und kündigte eine neuerliche Weiterentwicklung an. Bei der vorliegenden Novelle gehe es um mehr als nur um die Fotografen, meinte er und wies vor allem auf die Anerkennung ausländischer Ausbildungsnachweise hin. Was nun die Fotografen betrifft, stelle er klar, er habe von seiner Position in Richtung Liberalisierung nichts zurückgenommen. Man habe aber aus Rücksicht auf die Bedenken aus der Branche einen Kompromiss geschlossen, der letztlich auf eine höhere Qualität hinauslaufe. Es sei aber noch nicht das Ende aller Tage, bemerkte Mitterlehner und zeigte sich überzeugt, dass in Hinkunft weitere Fortschritte erzielt werden können.

Abgeordneter Josef LETTENBICHLER (V) brachte das Thema der Werbefahrten in Grenzregionen zur Sprache und begrüßte es, dass die Novelle nunmehr eine entsprechende Gesetzeslücke schließt, die Werbeveranstaltungen betrifft, die in Österreich beworben, aber im Ausland durchgeführt wurden.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) hob die Regelungen betreffend Fotografen und Baumeister hervor und erwartete sich erhebliche Qualitätssteigerungen. Wichtig war für Hechtl dabei vor allem die mit den einzelnen Gewerben verbundene Lehrlingsausbildung.

Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) wandte ein, angesichts der drohenden Wirtschaftskrise wäre es wichtig, die Gewerbeordnung zu entrümpeln und die Gewerbe von ihren Fesseln zu befreien. Reglementierungen von Gewerben seien heute nicht mehr zeitgemäß und würden nur noch das Ziel verfolgen, Reformunwillige vor Konkurrenz absichern. Irritiert zeigte sich Lugar auch über heute noch geltende  Bestimmungen aus 1859 wie das Verbot des Küssens am Arbeitsplatz.

Abgeordneter Gabriel OBERNOSTERER (V) bezeichnete die Qualität in Produktion und Dienstleistung als eine der größten Stärken der österreichischen Wirtschaft. Es gelte daher, die hohen Standards zu halten, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Die Bestimmungen der Gewerbeordnung bieten in diesem Sinn Schutz sowohl für die Unternehmen als auch für die KonsumentInnen, war sich Obernosterer sicher.

Abgeordnete Elisabeth HAKEL (S) führte die Bestimmungen über die Fotografen auf einen Kompromiss zurück und meinte, einige der besten Fotografen Österreichs würden damit nun "aus dem Kriminal geholt".

Abgeordneter Franz HÖRL (V) sprach sich gegen eine volle Liberalisierung der Gewerbeordnung aus und trat hingegen für regelmäßige Aktualisierungen ein. Der Kritik von FPÖ und BZÖ hielt er entgegen, man habe bei den Fotografen einen Kompromiss gefunden, "der allen passt". Dem BZÖ warf Hörl vor, einem "Liberalisierungsexzess" das Wort zu reden.

Abgeordneter Bernhard THEMESSL (F) untermauerte in einer zweiten Wortmeldung seine Kritik an der Novelle und sprach sich überdies vehement gegen eine Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer aus.

Abgeordneter Ernest WINDHOLZ (B) kam noch einmal auf die Fotografen-Regelung zurück und bedauerte, der Wirtschaftsminister habe ursprünglich eine liberale Lösung gefunden, die auch die Zustimmung des BZÖ gefunden hätte, sei aber in der Folge davon abgegangen.

Abgeordneter Robert LUGAR (o.F.) bekräftigte abermals seine Forderung nach Abschaffung der Pflichtmitgliedschaft in der Wirtschaftskammer.

Bei der Abstimmung wurde die Novelle in unter Berücksichtigung des Abänderungsantrags mehrheitlich angenommen. Der B-Entschließungsantrag blieb in der Minderheit.

Freiheitliche Familien-Initiativen abgelehnt

Erfolglos blieb Abgeordnete Anneliese Kitzmüller (F) mit ihren beiden Initiativen zum Kinderbetreuungsgeld. In ihrem ersten Entschließungsantrag kritisiert sie, das derzeitige Kinderbetreuungsgeld entspreche nicht dem erhöhten finanziellen Aufwand bei Mehrlingsgeburten, da für das zweite und jedes weitere Kind nur ein 50-prozentiger Zuschlag vorgesehen ist. Die F-Mandatarin fordert daher die volle Höhe des Kinderbetreuungsgelds für jedes Kind einer Mehrlingsgeburt. Ein weiteres Anliegen der F-Mandatarin zielt darauf ab, die Auszahlung des Kinderbetreuungsgeldes für ein Kind nicht automatisch zu beenden, falls kurz darauf ein Geschwisterkind folgt.

Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) forderte eine bessere Unterstützung für Mehrkindfamilien und zeigte sich irritiert über die zu erwartende Ablehnung seitens der Koalition. In einem Entschließungsantrag verlangte sie die Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes.

Abgeordnete Christine MAREK (V) stellte klar, das Kinderbetreuungsgeld sei als Ersatz für die Betreuungsbelastung der Eltern konzipiert. Nicht anfreunden konnte sie sich auch mit der Forderung nach Abschaffung der Zuverdienstgrenze, wobei sie argumentierte, es gehe darum, Zeit für die Familie zu schaffen, eine Abschaffung bringe nichts für die Kinder.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) konnte sich Verbesserungen beim Kinderbetreuungsgeld nach Folgegeburten vorstellen und meinte, Familien als Leistungsträger hätten schon genug bezahlt, jedes Kind sollte gleich viel wert sein. Das Kinderbetreuungsgeld betrachtete sie vor allem auch in seiner Langzeitvariante als Erfolgsmodell, in einem Entschließungsantrag forderte Haubner allerdings eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S) betonte, die österreichischen Familienleistungen könnten sich sehen lassen, der Zugang zu den Leistungen sei aber oft sehr undurchsichtig und unklar. Die F-Anträge lehnte sie ab unter Hinweis auf bereits erfolgte Anhebungen des Kinderbetreuungsgeldes für Mehrkindfamilien. Priorität räumte die Rednerin vor allem dem Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch der Forcierung der Väterkarenz ein.

Abgeordnete Martina SCHENK (B) sprach sich für eine bessere finanzielle Unterstützung der Eltern bei Mehrlingsgeburten aus. Sie will in diesem Sinn den vorliegenden Antrag der FPÖ unterstützen. Ein von Schenk eingebrachter Entschließungsantrag zielt auf eine Verbesserung der Pflegefreistellung ab. Geht es nach dem BZÖ, soll die Anzahl der Pflegefreistellungstage an die Anzahl der Kinder geknüpft sein.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) warf der FPÖ vor, in ihren Anträgen die Mutter als "Gebärmaschine" in den Mittelpunkt zu stellen. Die Grünen würden die Anträge daher "aus vollem Herzen ablehnen", sagte sie. Im Zusammenhang mit dem Kinderbetreuungsgeld trat Musiol gegen eine Abschaffung der Zuverdienstgrenze ein. Sie will außerdem nur noch eine Variante von Kinderbetreuungsgeld, nämlich die einkommensabhängige Form.

Auch Familienminister Reinhold MITTERLEHNER äußerte sich kritisch zu den in Verhandlung stehenden Anträgen der FPÖ. Das Kinderbetreuungsgeld habe eine andere Aufgabe als die Familienbeihilfe, argumentierte er. Generell wies Mitterlehner auf die notwendige Sanierung des Familienlastenausgleichsfonds hin und sprach sich für eine Vereinfachung bei den Familienleistungen aus.

Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) bekräftigte, die FPÖ habe einen anderen Familienbegriff als die Grünen. Für eine Familie braucht es seiner Meinung nach Mann und Frau sowie zumindest ein Kind. Die FPÖ wolle auch keine "Gebärmaschinen", meinte Rosenkranz, sondern Mütter, die ihre Kinder lieben und bei ihren Kindern sein wollen. Das gelte auch für Väter.

Abgeordneter Nikolaus PRINZ (V) gab zu bedenken, je mehr Kinder eine Familie habe, desto höher seien die Kosten. Die österreichische Familienpolitik nehme darauf Rücksicht, unterstrich er. So gebe es bei Mehrlingsgeburten einen 50%igen Zuschlag zum Kinderbetreuungsgeld. Eine "Einheitsförderung" bei den Familienleistungen erachtet Prinz als nicht sinnvoll.

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) meinte in Richtung Abgeordnetem Rosenkranz: "In welchem Jahrhundert leben Sie?" Die Politik müsse die Lebensrealität zur Kenntnis nehmen und auf neue Formen von familiärem Zusammenleben reagieren, bekräftigte er. Petzner machte geltend, dass auch viele Väter hervorragende Kindererziehungsarbeit leisten. Im Mittelpunkt muss ihm zufolge stets das Kindeswohl stehen.

Die gleiche Frage wie Petzner richtete auch Abgeordnete Angela LUEGER (S) an die FPÖ. Sie zeigte kein Verständnis für die Verurteilung von Müttern, die ihre Kinder in eine qualitätsvolle Betreuungs- und Bildungseinrichtung geben, und sprach von "Realitätsverweigerung". Die Sozialdemokratie stehe für transparente, einheitliche Familienleistungen, betonte Lueger.

Abgeordneter Wolfgang ZANGER (F) meinte im Hinblick auf die hohe Scheidungsrate, ein bisschen mehr Beziehungsarbeit würde der Gesellschaft in Österreich gut tun. Man müsse nicht beim ersten Zeichen von Sturm "gleich die Segel streichen", erklärte er. Gleichzeitig betonte Zanger, dass auch AlleinerzieherInnen große Wertschätzung von Seiten der FPÖ genießen.

Abgeordnete Gisela WURM (S) wies darauf hin, dass der Ferienbeginn für viele Familien auch ein großes Problem mit sich bringe. In vielen Bundesländern gebe es keine ausreichende Sommerbetreuung von Kindern, monierte sie. Das stelle vor allem AlleinerzieherInnen vor große Herausforderungen. Vorrang vor einem weiteren Ausbau von finanziellen Familienleistungen muss nach Meinung Wurms daher der Ausbau von Infrastruktur haben.

In einer zweiten Wortmeldung erinnerte Abgeordneter Stefan PETZNER (B) daran, dass die in der schwarz-orangen Regierungszeit geschaffenen Familienleistungen dazu geführt hätten, dass Familie wieder leistbar sei.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) führte aus, nicht in jeder Region Österreichs sei die Wahlfreiheit für Mütter gesichert. Seiner Meinung nach fehlt es an ausreichenden Kinderbetreuungseinrichtungen. Hinterfragen sollte man Riepl zufolge die Treffsicherheit der bestehenden Familienleistungen.

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) setzte sich kritisch mit einer Bemerkung von Abgeordnetem Zanger in Richtung Abgeordnetem Petzner auseinander. "Was ist für Sie eine Familie?" fragte er und bekräftigte, es gebe die Freiheit der Art zu leben und der Art zusammenzuleben.

Die ablehnenden Berichte des Familienausschusses über die beiden FPÖ-Anträge wurden vom Nationalrat mehrheitlich zur Kenntnis genommen. Die Entschließungsanträge der FPÖ und des BZÖ betreffend Abschaffung der Zuverdienstgrenze bei Inanspruchnahme des Kinderbetreuungsgeldes fanden keine Mehrheit. Auch der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend Verbesserung der Pflegefreistellung blieb in der Minderheit. (Schluss Nationalrat)