Parlamentskorrespondenz Nr. 676 vom 12.09.2012

Vorlagen: Soziales

Leiharbeit, Zertifizierung von Pflegeheimen, Bürgerinitiative

Leiharbeiter dürfen künftig nicht mehr benachteiligt werden

Wien (PK) – Die Regierung schlägt in einem Gesetzentwurf neue Bestimmungen für Leiharbeit vor (1903 d.B.). Zum einen soll damit die bereits 2008 beschlossene Leiharbeitsrichtlinie der EU umgesetzt, zum anderen der Arbeitnehmerschutz für LeiharbeiterInnen verbessert werden. Außerdem ist die Einrichtung eines Sozial- und Weiterbildungsfonds für LeiharbeiterInnen geplant.

Konkret wird mit dem Gesetzespaket die künftige Verpflichtung von Unternehmen festgeschrieben, in Bezug auf wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen keine Unterschiede mehr zwischen dem Stammpersonal und überlassenen Arbeitskräften zu machen. Das gilt nicht nur für die Bezahlung und für Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen, sondern auch für sonstige gewährte Vorteile wie etwa den Zugang zu vergünstigtem Kantinenessen, Beförderungsmitteln und betrieblichen Kinderbetreuungseinrichtungen. Außerdem werden die Informationspflichten von Leiharbeitsfirmen und Beschäftigerbetrieben betreffend Arbeitnehmerschutz verstärkt.

Zum Zweck der Förderung von Leiharbeitskräften wird ein "Sozial- und Weiterbildungsfonds" eingerichtet. Er soll ab dem Jahr 2014 Unterstützungsleistungen erbringen und vor allem jenen Leiharbeitskräften zugutekommen, die nicht längerfristig einem Beschäftigerbetrieb überlassen werden, sondern immer wieder "Stehzeiten" haben bzw. von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Gespeist werden soll der Fonds aus Mitteln der aktiven Arbeitsmarktpolitik und durch Beiträge von Leiharbeitsfirmen, wobei sich letztere am Bruttoentgelt von Leiharbeitskräften orientieren und in den Jahren 2013 bis 2016 stufenweise steigen. Im Endausbau sind 0,8 % der Bruttoentgelte von LeiharbeiterInnen abzuführen, für überlassene Angestellte gilt die Beitragspflicht allerdings erst ab 2017.

Wie aus den Erläuterungen hervorgeht, hätte Österreich die EU-Leiharbeitsrichtlinie bereits mit 5. Dezember 2011 in nationales Recht umsetzen müssen.

Alten- und Pflegeheime: Regierung will Zertifizierung fördern

In Österreich leben derzeit etwa 70.000 Menschen in rund 850 Alten- und Pflegeheimen. Zwar fallen die Bestimmungen über die Errichtung und den Betrieb dieser Heime sowie über deren Beaufsichtigung in die Kompetenz der Länder, die Regierung will gemäß den Empfehlungen des Bundesseniorenbeirats aber ein bundesweites Qualitätszertifikat (NQZ) fördern und hat einen entsprechenden Gesetzentwurf ausgearbeitet (1902 d.B.). Ziel ist es, Qualität zu forcieren und älteren Menschen bzw. ihren Angehörigen die Auswahl zu erleichtern.

Wie aus den Erläuterungen hervorgeht, wurde bereits in den Jahren 2008/09 eine Pilotphase zur österreichweit einheitlichen Zertifizierung von Alten- und Pflegeheimen gestartet. Nun soll das NQZ durch eine systematische Förderung durch das Sozialministerium in den Regelbetrieb übergeleitet werden. Die Einbindung der Länder ist sichergestellt, sie sollen auch den überwiegenden Teil der konkreten Zertifizierungskosten übernehmen.

Die Teilnahme am externen Bewertungsverfahren wird – wie bisher – freiwillig sein, das Zertifikat soll ein besonderes Qualitätsniveau von Alten- und Pflegeheimen und ein systematisches Bemühen um die größtmögliche Lebensqualität der BewohnerInnen bescheinigen. Zudem erwartet sich das Sozialministerium eine Verbesserung der Arbeitssituation und eine erhöhte Arbeitszufriedenheit der MitarbeiterInnen in zertifizierten Häusern und sieht in einem nationalen Gütesiegel auch einen wertvollen Beitrag zu einem besseren Image von Alten- und Pflegeheimen.

Gemäß den Erläuterungen haben bisher rund 25 % der Alten- und Pflegeheime ein Qualitätsmanagementsystem eingeführt, im Rahmen der NQZ-Pilotphase wurden rund zwei Dutzend Häuser zertifiziert bzw. rezertifiziert.

ÖZIV fordert Pflichtfach "Barrierefreiheit" für ArchitektInnen

Der Präsident des Österreichischen Zivil-Invalidenverbandes (ÖZIV) Klaus Voget hat dem Nationalrat eine Bürgerinitiative überreicht, die auf die Einführung eines Pflichtfachs "Barrierefreiheit" für angehende ArchitektInnen, BauingenieurInnen und VertreterInnen anderer bautechnischer Berufe abzielt (45/BI und 13/BI). Die UnterzeichnerInnen der Initiative drängen darauf, die Lehrpläne an Universitäten, Fachhochschulen und Höheren Technischen Lehranstalten (HTL) entsprechend zu adaptieren und verweisen in diesem Zusammenhang auch auf Empfehlungen im Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen sowie auf Empfehlungen des Baukultur-Beirats. (Schluss)