Parlamentskorrespondenz Nr. 755 vom 10.10.2012

Rechnungshof: Kleines Budget, aber immer größere Aufgaben

Finanztransaktionssteuer: Kogler lobt Verhandlungsgeschick Fekters

Wien (PK) – Im heutigen Rechnungshofausschuss stand den Abgeordneten Rechnungshofpräsident Josef Moser im Rahmen einer Aktuellen Aussprache für Auskünfte zur Verfügung. Hauptthemen waren die Mitwirkung des Rechnungshofs in der Budgetkontrolle auf EU-Ebene, das Gemeinde-Monitoring des Rechnungshofs und dessen personelle Ressourcen vor dem Hintergrund der derzeitigen Sparpolitik. Ein Antrag der FPÖ auf Einführung einer Verpflichtung der Bundesregierung, die Nichtumsetzung von Rechnungshofempfehlungen speziell zu begründen, wurde ebenso vertagt wie eine Initiative des BZÖ für eine Generalkompetenz des Rechnungshofes zur Prüfung aller Gemeinden. Der Beschluss zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in elf europäischen Staaten veranlasste  Ausschussobmann Werner Kogler, die Kompetenz und das Verhandlungsgeschick von Finanzministerin Maria Fekter und ihrer Beamten ausdrücklich zu loben.      

RH-Präsident Moser plädiert für neue Kontrollarchitektur der EU

RH-Präsident eröffnete die Aktuelle Aussprache mit einer Darstellung der Themen, welche den Rechnungshof derzeit beschäftigen. Das sind vor allem Fragen der budgetären Kontrolle auf EU-Ebene. Durch die teilweise Verlagerung der Verantwortung für die Richtigkeit des EU-Budgets auf die nationale Ebene in Form der Nationalen Verwaltungserklärung werden auch die nationalen Rechnungshöfe in die Pflicht genommen. Sie haben die Verwaltungserklärung zu überprüfen, müssen die Haushaltsdaten kontrollieren und auch statistische Daten überprüfen, um Manipulationen zu vermeiden. Die Frage sei dabei, wie diese Mitwirkung der Rechnungshöfe erfolgen solle und welche Rolle den nationalen Parlamenten dabei zukomme, also wie die neue Kontrollarchitektur insgesamt aussehen werde. Für Moser könnte sich der Europäische Rechnungshof zu einer Leitstelle entwickeln, der die nationalen Rechnungshöfe zuarbeiten.

Die EU hat bereits mit dem so genannten Sixpack eine Reihe von Maßnahmen für eine verstärkte haushaltsrechtliche Kontrolle der Mitgliedsstaaten ergriffen. Auch dabei stellte sich die Frage nach der Rolle der nationalen Parlamente und der Rechnungshöfe. Dieses Thema werde bereits nächste Woche im Kontaktausschuss der 27 europäischen Rechnungshöfe diskutiert werden, informierte Moser die Abgeordneten. Österreich habe in der Diskussion über die neue Kontrollarchitektur bereits Initiativen ergriffen, berichtete Moser und bedankte sich ausdrücklich bei Finanzministerin Maria Fekter, die Anregungen des Kontaktausschusses zum Thema externe Kontrolle beim ESM erfolgreich in den Ecofin eingebracht habe. Der ESM erhalte nun ein fünfköpfiges Board, an dem auch zwei nationale Rechnungshöfe teilnehmen, wodurch der Kontrollkreislauf auch mit der nationalen Ebene geschlossen wird. Moser sah das als Beispiel dafür, wie wichtig die Zusammenarbeit von Rechnungshof, Parlament und Vollziehung auf der nationalen Ebene sei. Der Rechnungshof erarbeite dazu derzeit ein Positionspapier, das dem Nationalrat in den nächsten Wochen zugehen werde. Sein Standpunkt sei, dass der Rechnungshof ein Organ des Nationalrats bleiben und die nationalen Rechnungshöfe nicht an den nationalen Parlamenten vorbei arbeiten sollen.

Die Detailfragen der Abgeordneten betrafen die Rolle des RH auf EU-Ebene und im Kontaktausschuss. Seine Position, dass die Rechnungshöfe ihre Aufgabe nicht an den nationalen Parlamenten vorbei wahrnehmen sollen, wurde allgemein begrüßt. Die Abgeordneten Christine Lapp (S), Josef Singer (V) und Alois Gradauer (F) und Schenk (B) interessierten sich außerdem für die Erfahrungen mit der Kontrolle der Finanzen von Gemeinden über 10.000 Einwohner, welche der RH nun durchführe. Abgeordnete Schenk und Abgeordnete Lapp erkundigten sich auch, wie der Rechnungshof angesichts der Kürzungen im letzten Budget und knapper Personalressourcen seine zusätzlichen Aufgaben bewältigen könne. Abgeordnete Schenk thematisierte auch die Vorschläge des RH zur Verwaltungsreform.

Daraufhin erläuterte Rechnungshofpräsident Moser, dass es zum Thema "neue Finanzarchitektur" Gespräche und gute Kontakte des RH mit den Mitgliedern der Visegrad-Gruppe und auch mit Deutschland und Frankreich gebe. Im ESM-Board solle es alle drei Jahre einen Wechsel geben, die Verfahrensregeln seien aber noch nicht endgültig festgelegt.

Das Gemeinde-Monitoring des RH werde sehr gut aufgenommen. Nach anfänglicher Skepsis werde es nun von den Vertretern des Gemeinde- und Städtebund sehr gelobt, unterstrich Moser. Der RH biete dazu Beratungsgespräche an und arbeite eng mit der Statistik Austria zusammen. In 18 der 48 Gemeinden über 10.000 Einwohner, die nun zusätzlich geprüft werden können, sind Prüfungen im Gange beziehungsweise in einigen Fällen schon abgeschlossen. Es zeige sich, dass die Kontrolle wichtig sei, um die finanzielle Situation der Gemeinden richtig einzuschätzen. So habe sich gezeigt, dass vielerorts Ausgliederungen nichts an der Finanzlage der Gemeinde verbessert haben. Das und andere Beispiele zeigten die Wichtigkeit eines Gesamtrechnungswesens deutlich auf. Auch im Sinne der Sicherung des ländlichen Raumes sei es unerlässlich, klare Aussagen über die finanzielle Lage der Gemeinden treffen zu können.

Die Dringlichkeit weiterer Fortschritte in der Verwaltungsreform erläuterte Moser am Beispiel der Neuen Mittelschule, wo Lehrer mit unterschiedlichen Gehaltsschemata und unterschiedlichen Regelungen bei der Fortbildung gemeinsam arbeiten sollen. Auch im Gesundheitswesen und in der Pflege gelte es die Verwaltung zu reformieren, sagte Moser und bedauerte den derzeitigen Stillstand in der Arbeitsgruppe Verwaltungsreform.

Mit dem neuen Parteiengesetz und dem Medientransparenzgesetz wurden dem Rechnungshof neue administrative Aufgaben übertragen, die große personelle und budgetäre Kapazitäten binden, sodass die Erfüllung des Kerngeschäfts, die Finanzkontrolle, beeinträchtigt werde, teilte der Rechnungshofpräsident den Abgeordneten mit. Mit einer Budgetsteigerung von 20 % habe der Rechnungshof seit 2001 den geringsten Wert unter allen Obersten Organen, berichtete der Rechnungshofpräsident und sprach die Befürchtung aus, der Budgetausblick bis 2016 könnte es trotz umfangreicher neuer Aufgaben notwendig machen, das bereits auf 318 Planstellen reduzierte Personal des Rechnungshofs um 30 weitere Planstellen zu reduzieren. 2013 fehlten dem Rechnungshof 600.000 € und bis 2016 insgesamt 3 Mio. €.

Bei den vom Rechnungshof gesamthaft zu prüfenden Kammern vertrete er die Auffassung, dass dieser Prüfauftrag auch für ausgegliederte Unternehmen der Kammern gelte. Diese Frage werde an einem konkreten Fall derzeit vom Verfassungsgerichtshof geprüft, teilte Präsident Moser mit.

In einer weiteren Diskussionsrunde befasste sich Abgeordneter Ewald Sacher (S) mit der Übernahme von EU-Aufgaben durch den Rechnungshof und mit der Frage, wie Informationen des Rechnungshofs im Zusammenhang mit dessen EU-Aufgaben an die Abgeordneten fließen werden. Sacher lobte die Rolle von Bundeskanzler Werner Faymann beim Beschluss zur Einführung einer Finanztransaktionssteuer in 11 EU-Ländern. Prüfen lassen wollte Sacher, ob die Bedarfszuweisung von Finanzmitteln an niederösterreichische Gemeinden im Einzelnen gerecht erfolge.

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (V) bewertete die Einbindung des Rechnungshofs beim ESM positiv, wollte aber wissen, wem der Rechnungshof in Fragen des ESM parlamentarisch Rede und Antwort stehe.

Abgeordneter Heinz-Peter Hackl (F) sprach sich dafür aus, bei der Prüfung der OeNB durch den Rechnungshof auch deren Goldbestände zu prüfen.

Abgeordneter Wolfgang Zanger (F) setzte sich kritisch mit dem Widerstand in Ländern und Gemeinden auseinander, das Haushaltsrecht des Bundes zu übernehmen. Weiters fragte er, ob die Fusion von Gemeinden dort tatsächlich zu Einsparungen für die BürgerInnen führe. Außerdem drängte Zanger auf den interkommunalen Finanzausgleich, um der Zersiedelung infolge einer unkoordinierten Betriebsansiedlungspolitik entgegenzuwirken.

Abgeordneter Werner Kogler (G) sprach großes Lob für Finanzministerin Maria Fekter und ihre kompetenten Beamten aus, die beim Thema Finanztransaktionssteuer in Brüssel äußerst geschickt verhandelt haben.

Dass die Verwaltungsreform bei den großen Themen wie Schule und Gesundheit eingeschlafen sei, bedauerte auch Kogler. Beim Thema Gesamtprüfungskompetenz des Rechnungshofs für Gemeinden meinte Kogler, es spreche offenbar nichts mehr dagegen, die Zuständigkeit des Rechnungshofes mit Zweidrittelmehrheit zu erweitern. Eine Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten sah Kogler auch in dem Fall gefordert, dass der Verfassungsgerichtshof beim Thema Kammer-Unternehmen zu der Erkenntnis gelange sollte, diese wären nicht zu prüfen. In diesem Zusammenhang mahnte Kogler auch die Prüfkompetenz des Rechnungshofs gegenüber den Landwirtschaftskammern und ihrer Präsidentenkonferenz ein, da diese Kammern weitgehend mit Landesmitteln, also mit Steuermitteln finanziert werden.

Rechnungshofpräsident Josef Moser sah sich bei der Erfüllung europäischer Aufgaben in einem Boot mit den nationalen Parlamenten und unterstrich die Notwendigkeit des Zusammenwirkens von Rechnungshöfen und nationalen Parlamenten. Über ihre Tätigkeit beim ESM werden die Rechnungshöfe den nationalen Parlamenten jährlich Berichte zuleiten. In welchem Ausschuss dieser Bericht behandelt werden soll, sei Sache der Parlamentarier, hielt Moser fest.

Die Bedarfszuweisungen an Gemeinden werden in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich gehandhabt, erfuhren die Ausschussmitglieder. Er werde sich das aber genauer anschauen, versprach Präsident Moser. Grundsätzlich schlug der RH-Präsident vor, das Transfergeflecht zwischen den Gebietskörperschaften zu lockern und zu einem aufgabenbezogenen Finanzausgleich zu gelangen.

Im Jahr 2013 wird der Rechnungshof die OeNB und dabei auch deren Geldbestände prüfen, kündigte der Rechnungshofpräsident an.

Beim Thema Haushaltsrecht kommentierte Präsident Moser die Absicht der Steiermark, das Haushaltsrecht des Bundes zu übernehmen, ebenso positiv wie den einstimmigen Beschluss des NÖ-Landtages, das Haushaltsrecht auch in diesem Bundesland weiter zu entwickeln. Im Jahr 2013 wird der Rechnungshof auch prüfen, inwieweit Gemeindefusionen dazu beitragen, bei kommunaler Infrastruktur, etwa bei Hallenbädern oder Sporthallen, Synergien zu nutzen. Der interkommunale Ausgleich funktioniere noch nicht ausreichend, pflichtete Präsident Moser Abgeordnetem Zanger bei und nannte dabei den Hochwasserschutz als Beispiel.

In seinen weiteren Ausführungen berichtete der Rechnungshofpräsident von der Arbeit an der Verwaltungsreform, wo einige Blöcke erledigt  wurden, die ausgearbeiteten Empfehlungen aber Großteils noch nicht umgesetzt seien. Unter anderem drängte Moser einmal mehr auf die Harmonisierung des Pensionsrechts bei der OeNB, in einigen Bundesländern und bei den ÖBB.

Erfreulicherweise sehen Gemeinden den Rechnungshof immer mehr als einen Partner, dessen Rat in budgetären und finanziellen Fragen für sie sehr wertvoll sei. Die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern wolle der Rechnungshof prüfen, ob dies auch möglich sei, müsse noch geklärt werden, teilte Moser mit.

FPÖ: Wer RH-Empfehlungen missachtet, soll dafür Gründe nennen müssen

Da der Rechnungshof im Zuge von Follow-up-Überprüfungen immer wieder feststellen müsse, dass Bundesregierung und Verantwortliche in geprüften Stellen Empfehlungen des Rechnungshofes "in keinster Weise nähertreten", obwohl dies aus Effizienz- und Kostengründen geboten wäre, fordert Abgeordneter Wolfgang Zanger, die Bundesregierung solle dem Nationalrat alljährlich in einem Bericht die Gründe darlegen, warum sie Anregungen des Rechnungshofes nicht nachkomme (1015/A(E)).

Abgeordneter Hermann Gahr (V) zeigte sich skeptisch gegenüber dem Vorschlag der FPÖ und wies auf die RH-Tätigkeitsberichte und auf Follow-up-Prüfungen hin, in denen dargestellt werde, welche Empfehlungen umgesetzt werden und welche nicht. Gahrs Vertagungsantrag fand auch die Unterstützung der Abgeordneten Christine Lapp (S).

Demgegenüber verstand Abgeordneter Werner Kogler den Antrag Zangers im Sinne einer neuen Begründungspflicht für die Bundesregierung, die erklären solle, warum sie Empfehlungen des Rechnungshofs ablehne. Dem könne er etwas abgewinnen, sagte Kogler. Rechnungshofpräsident Josef Moser merkte an, eine solche Begründungspflicht für die Nichtumsetzung von Rechnungshofempfehlungen bestehe bereits in manchen Bundesländern.

BZÖ: Rechnungshof soll auch kleine Gemeinden prüfen können

Abgeordnete Martina Schenk (B) beantragte, die Prüfkompetenzen des Rechnungshofs zu erweitern (768/A ) und diesem die Möglichkeit zu geben, künftig sämtliche Gemeinden zu prüfen, wenn ihn die zuständige Landesregierung begründet darum ersuche. Derzeit kann der Rechnungshof nur 73 der 2.356 österreichischen Gemeinden prüfen, obwohl diese zum Teil über ein erhebliches Budget verfügten, ihre Aufgaben immer komplexer werden und etliche Gemeinden durch fehlgeschlagene Spekulationsgeschäfte finanziell schwer geschädigt wurden, argumentierte die Antragstellerin.

Abgeordnete Christine Lapp (S) begründete ihren Vertagungsantrag mit der Notwendigkeit, zunächst die Auswirkungen der jüngsten Kompetenzerweiterung des Rechnungshofs bei der Gemeindeprüfung zu evaluieren und dabei auch die personellen und budgetären Ressourcen des Rechnungshofs im Auge zu behalten.

Abgeordneter Werner Kogler (G) plädierte dafür, Gemeindebundpräsidenten Mödlhammer als Auskunftsperson zu diesem Thema in den Ausschuss zu laden. Für die angesprochene Evaluierung sollte ein konkreter Fahrplan ausgearbeitet werden, schlug der Ausschussobmann vor.

RH-Präsident Josef Moser unterstrich das Anliegen, auch kleinen Gemeinden die Möglichkeit zu geben, von der Beratung durch den Rechnungshof in budgetären und finanziellen Fragen zu profitieren.

Schließlich wurde der Rechnungshofbericht III-351 d.B., der auch Prüfergebnisse zum Bankenpaket enthält, formell – zur Fristwahrung – in Verhandlung genommen. Der Ausschuss vertagte die Beratungen darüber einstimmig.

Besuch des südafrikanischen Rechnungshofausschusses  

Parallel zur Sitzung des Rechnungshofausschusses fand eine Aussprache österreichischer Abgeordneter mit einer Delegation des Rechnungshofausschusses des Südafrikanischen Parlaments statt. Im Mittelpunkt der Unterredung standen der Umfang der Prüfkompetenzen des Österreichischen Rechnungshofes und die Arbeitsweise des Rechnungshofausschusses. Morgen werden die Gäste aus Südafrika die für 17 Uhr im Parlament anberaumte Veranstaltung "Change and Challenges for Development Cooperation" besuchen. Bei dieser Veranstaltung zum Thema "Globale Entwicklungszusammenarbeit" wird auch die wachsende Bedeutung der Rechnungshöfe beim Bemühen um eine möglichst effiziente Verwendung von EZA-Geldern diskutiert werden. (Schluss)