Parlamentskorrespondenz Nr. 785 vom 16.10.2012

Rechte von LeiharbeiterInnen werden ausgeweitet

Nationalrat beschließt Gütesiegel für Alten- und Pflegeheime

Wien (PK) - Nach der Debatte über die Zukunft der Landesverteidigung widmeten sich die Abgeordneten in der heutigen Sitzung des Nationalrats sozialpolitischen Themenstellungen, wobei zunächst der Schutz von LeiharbeiterInnen im Mittelpunkt stand.

Durch die vorliegende Novellierung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und weiterer damit in Zusammenhang stehender Gesetze wird das Diskriminierungsverbot von LeiharbeiterInnen gesetzlich verankert sowie ein "Sozial- und Weiterbildungsfonds" für überlassene Arbeitskräfte eingerichtet. Der Fonds soll ab dem Jahr 2014 Unterstützungsleistungen erbringen und vor allem jenen LeiharbeiterInnen zugutekommen, die immer wieder "Stehzeiten" haben bzw. von Arbeitslosigkeit betroffen sind. Das Diskriminierungsverbot gilt nicht nur für die Bezahlung und für Arbeitszeit- und Urlaubsregelungen, sondern grundsätzlich auch für sonstige Betriebsvergünstigungen wie etwa den Zugang zu verbilligtem Kantinenessen, angebotenen Beförderungsmitteln und betrieblichen Kinderbetreuungseinrichtungen. Das Gesetzespaket passierte das Plenum mehrheitlich.

Mitverhandelt wurde ein – letztendlich abgelehnter -   Antrag der Grünen, in dem sich Abgeordnete Birgit Schatz und ihre FraktionskollegInnen unter anderem dafür aussprechen, die Leiharbeiterquote in Unternehmen zu deckeln und die Einsatzdauer von LeiharbeiterInnen zu begrenzen.

Gegen die vorliegende Fassung des Leiharbeitergesetzes sprach sich Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) aus. Aus seiner Sicht bewirkten die neuen Bestimmungen keine Verbesserung für die Situation der LeiharbeiterInnen. Doppler hielt fest, dass Leiharbeit in Österreich derzeit boome. Zwei bis drei Prozent der unselbständig Beschäftigten würden, von Firmen als Sachkosten verbucht, als Leihpersonal arbeiten, bekrittelte Doppler. Ursprünglich für die Abdeckung von Auftragsspitzen geschaffen, würden diese günstigen und jederzeit auflösbaren Arbeitsverhältnisse nunmehr oftmals in gefährlichen Bereichen ohne entsprechender Einschulung zu Anwendung kommen. Das stelle einen Verstoß gegen das Arbeitsrecht dar, kritisierte Doppler, weswegen laut Gewerbeordnung Unternehmen auch die Lizenz entzogen werden könne.

Entgegen ihrem Vorredner sah Abgeordnete Renate CSÖRGITS (S) im vorliegenden Gesetzesentwurf eine Verbesserung der Lage von Leiharbeitskräften. Sie sprach häufige Fälle von Diskriminierung der LeiharbeiterInnen an, gegen die durch die Regierungsvorlage jetzt ein Schutz geschaffen werde. Csörgits begrüßte auch die geplante Verpflichtung, spätestens 14 Tage vor Beendigung eines Zeitarbeitsverhältnisses die betroffene Person darüber zu informieren. Das gewährleiste für die Leiharbeitskraft eine gewisse Planungssicherheit. Ebenso hieß die S-Mandatarin den einzurichtenden Sozial- und Weiterbildungsfonds für Leihpersonal gut. Die dort angebotenen Qualifikationsmaßnahmen böten nicht nur den Arbeitskräften mehr Jobmöglichkeiten, sondern nützten auch den Firmen.

Als unerfreulich bezeichnete Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) die derzeitige Gesetzeslage, durch die verliehene Kräfte zu ArbeitnehmerInnen zweiter Klasse würden. Firmen ignorierten beziehungsweise umgingen Schatz zufolge bestehende Regelungen in diesem Bereich und auch die derzeitigen Kontrollstrukturen wiesen massive Mängel auf, so Schatz. Mit der vorliegenden Regierungsvorlage werde zwar eine diesbezügliche EU-Richtlinie umgesetzt, doch seien die im Gesetzesentwurf enthaltenen Ergebnisse der Sozialpartnerverhandlungen darüber nur "mager". Schatz brachte daher einen Abänderungsantrag und zwei Entschließungsanträge zur Vorlage ein. Geändert werden sollten aus Sicht der Grünen unter anderem die Bestimmungen zur Entlohnung und Stehzeiten für Leiharbeitskräfte, sodass Unterschiede zwischen Stamm- und Leihpersonal aufgehoben würden. Außerdem werden in dem Abänderungsantrag Sanktionen gefordert, falls sich eine Firma nicht an die 14-tägige Informationspflicht vor Beendigung des Dienstverhältnisses hält. Die Entschließungsanträge richteten sich an die Justizministerin sowie an den Sozialminister. Behandelt werden darin zum einen das Sichtbarmachen von Leiharbeitskräften im Jahresabschluss durch eine Novelle im Unternehmensgesetzbuch und zum anderen die Überprüfung der Kontrollstrukturen für Leiharbeit. Alle drei G-Anträge fanden bei der Abstimmung keine Mehrheit.

Abgeordneter August WÖGINGER (V) sah die Forderungen des ÖAAB durch die Regierungsvorlage erfüllt. Der ArbeitnehmerInnenschutz werde verbessert und auch weitere Aspekte der Gesetzesvorlage, wie etwa der Sozial- und Weiterbildungsfonds, das Diskriminierungsverbot, oder die 14-Tage Informationsfrist, wirkten sich positiv auf die Situation der LeiharbeiterInnen aus. Letztlich, so Wöginger, solle das Ziel sein, Leihpersonal nach einer gewissen Zeit zu Stammpersonal bei Unternehmen zu machen. Durch die neuen Bestimmungen ergäben sich bereits jetzt eine Reihe von Gleichstellungen der ZeitarbeiterInnen mit fix angestellten ArbeitnehmerInnen, sagte Wöginger und nannte Urlaubs- und Kinderbetreuungsansprüche als Beispiele.

Abgeordnete Dagmar BELAKOWITSCH-JENEWEIN (F) erklärte, ihre Fraktion werde der Regierungsvorlage keine Zustimmung erteilen, da die strukturellen Mängel der Leiharbeitsbranche dadurch nicht gelöst würden. In ihren Ausführungen bezog sich die F-Abgeordnete auf das Fehlen von Sanktionen im Gesetzestext, wenn Firmen etwa ihre Informationspflicht gegenüber LeiharbeiterInnen nicht erfüllen und auf die mangelnden Kontrollmöglichkeiten in diesem Zusammenhang. Immer noch würde Leihpersonal als Sachaufwand in den Bilanzen verbucht, mokierte sich Belakowitsch-Jenewein. Von den eingeplanten Fonds für Zeitarbeitskräfte erhoffte sich die Rednerin ebenfalls wenig Erfolg, da mit den Leiharbeitsfirmen die Arbeitslosigkeit nicht eingedämmt werden würde.

Der Arbeitsmarkt brauche Leiharbeitskräfte, um Arbeitsspitzen abzudecken, konstatierte Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B), viele Firmen würden aber auch Stamm- durch Leihpersonal ersetzen. Daher seien Regelungen für die von der Krise am ärgsten betroffene Leiharbeitsbranche dringend nötig gewesen. Durch die gegenständliche Regierungsvorlage werde tatsächlich weitgehend Gleichheit für alle ArbeitnehmerInnen geschaffen, befand der B-Mandatar und referenzierte auf die einzelnen Neuerungen im Gesetzestext.

Wie sein Vorredner machte auch Abgeordneter Josef MUCHITSCH (S) geltend, dass die Gesetzesnovelle eine Verbesserung für die LeiharbeiterInnen bewirke. Die Kluft zwischen Leiharbeits- und Stammpersonal werde durch die Angleichung der Ansprüche großteils geschlossen. Hinsichtlich des Sozial- und Weiterbildungsfonds zeigte sich Muchitsch erfreut, dass dieser zu 100 Prozent mit Arbeitgeberbeiträgen zu finanzieren sein wird. Der S-Mandatar kündigte außerdem an, Quotenregelungen für Leiharbeitskräfte bei künftigen Kollektivvertragsverhandlungen zu thematisieren.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER hielt in seiner Wortmeldung fest, Österreich habe mit seinem Kollektivvertrag für Leihpersonal in dieser Hinsicht eine arbeitsrechtlich gute Ausgangslage. Derzeit seien 2,8 % - zu Spitzenzeiten rund 3 % - der österreichischen ArbeitnehmerInnen Leiharbeitskräfte, beschrieb Hundstorfer die Arbeitsmarktsituation. Bedauerlich fand der Bundesminister, dass die FPÖ nicht bereit sei, auch für diese Berufsgruppe eine Verbesserung zu bewirken.

Eine dynamische Volkswirtschaft benötige Regulative, sowohl auf ArbeitgeberInnen- als auch auf ArbeitnehmerInnenseite, erklärte Abgeordneter Karl DONABAUER (V). Mit wesentlichen Veränderungen, beispielsweise im Bereich des ArbeitnehmerInnenschutzes, werde diesem Umstand durch die Gesetzesnovelle Rechnung getragen, meinte der Redner. Auch die Annäherung der Rechtsposition sämtlicher Arbeitskräfte, wie sie die vorliegende Realisierung der entsprechenden EU-Richtlinie vorsehe, hieß Donabauer gut.

Abgeordneter Walter SCHOPF (S) bedauerte, dass die FPÖ trotz wesentlicher Verbesserungen für LeiharbeiterInnen der vorliegenden Novelle nicht zustimmt und sprach den Wunsch nach weiteren Verbesserungen zugunsten dieser Gruppe von ArbeitnehmerInnen für die Zukunft aus. Der heutige Beschluss ermögliche es, LeiharbeiterInnen etwa, ihre Kinder in Betriebskindergärten betreuen lassen und die Angebote von Betriebskantinen in Anspruch zu nehmen – "das ist eine gute Vorlage, der wir gerne zustimmen", schloss er.

Die Änderung des Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes und damit verbundener anderer Gesetzesänderungen wurde - nach Ablehnung des Abänderungsantrags der Grünen - mit Mehrheit angenommen. Auch alle anderen in der Debatte von den Grünen eingebrachten Anträge blieben in der Minderheit und wurden abgelehnt.

Ein Gütesiegel für Alten- und Pflegheime

Alten- und Pflegeheimen werden in Zukunft die Möglichkeit erhalten, freiwillig an einem externen Bewertungsverfahren teilzunehmen, um ein bundesweit geltendes Qualitätszertifikat zu erhalten. Das Zertifikat soll ein besonderes Qualitätsniveau von Alten- und Pflegeheimen und ein systematisches Bemühen um größtmögliche Lebensqualität der BewohnerInnen bescheinigen. Ziel des Vorhabens ist es, Qualität zu forcieren und nebenbei auch das Image von Alten- und Pflegeheimen anzuheben. Zudem erwartet sich die Politik eine Verbesserung der Arbeitssituation für Pflegekräfte in zertifizierten Häusern. Damit folgt man den Empfehlungen des Bundesseniorenbeirats. Der Nationalrat gab der entsprechenden Änderung des Bundes-Seniorengesetzes einhellig seine Zustimmung.

Abgeordneter Johann HECHTL (S) begrüßte die Schaffung eines einheitlichen Gütesiegels für Alten- und Pflegeheime. Mit diesem Gesetz rücke die Qualität der Betreuung in den Heimen weiter in den Vordergrund, sagte der Abgeordnete und sprach von deutlichen Verbesserungen, die Menschen erwarten können, die in Altenheimen und Pflegeinrichtungen leben. Allen, die an der Ausarbeitung dieses neuen Gesetzes mitgewirkt haben, sei Dank auszusprechen.

Abgeordneter Gertrude AUBAUER (V) stimmte ihrem Vorredner zu, dass die Betreuungsqualität in den österreichischen Alten- und Pflegeheimen gut sei, es aber dennoch wichtig sei, eine einheitliche Qualitätszertifizierung für ganz Österreich einzuführen. Denn eine  optimale Betreuungsqualität für die 70.000 Menschen, die in Alten- und Pflegeeinrichtungen leben, sei ihr eine Herzensangelegenheit.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) kündigte an, dem Bundes-Seniorengesetz "mit Bauchweh" zuzustimmen. Positiv sei die einheitliche Linie, die bei der Qualitätszertifizierung eingeschlagen werde, die Strukturen blieben aber weiterhin in der Kompetenz der Länder und es könne nicht geprüft werden, ob etwa jemandem zu viele Beruhigungsmittel verabreicht werden. Dafür seien weiterhin ausschließlich Ärzte zuständig. Kontrolliert werden räumliche Gegebenheiten, die Dienstpläne des Personals, die Verpflegung und technische Fragen. Man sollte nur die Errichtung und den Betrieb der Heime den Ländern überlassen, nicht aber die Kontrolle, meinte Hofer. 

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) schloss sich der Analyse seines Vorredners an und ortete ebenfalls Probleme durch einen falsch verstandenen Föderalismus. Wesentliche Probleme würden auch mit diesem Gesetzt nicht gelöst, sagte Öllinger. Sein Appell an den Minister lautete, für alle Bundesländer einheitliche Qualitätskriterien in der Pflege einzuführen.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) erinnerte daran, dass 80 % der betagten und pflegebedürftigen Menschen zu Hause und hauptsächlich in der Familie gepflegt werden. Der Großteil der Alten- und Pflegeheime leiste hervorragende Arbeit und biete hohe Betreuungsqualität, sagte auch Abgeordnete Haubner und kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zum vorliegenden Gesetz an. Es gehe darum, die Situation der BewohnerInnen, aber auch der MitarbeiterInnen in den Heimen weiter zu verbessern. Haubner drängte auf ein klares Gesamtpflegekonzept mit klaren Zuständigkeiten und auf die Klärung der Pflegefinanzierung für die Zeit nach 2014. Das Gütesiegel dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Pflegegeld nicht jährlich angepasst werde. Außerdem stünden die Pflegeheime und die mobilen Dienste nach wie vor unter großem Kostendruck. Es fehlten Fachkräfte, weil die Dropout-Quote hoch und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie in dieser Branche sehr schwierig sei und die belastende Arbeit mit wenig attraktiven Gehältern abgegolten werde. Die Rednerin drängte auf eine höhere Wertschätzung der Arbeit am Menschen und forderte die Einrichtung von Schulen mit Pflegeschwerpunkt für junge Menschen.

Abgeordneter Johann HÖFINGER (V) sprach von einem wichtigen Thema, dem die Politik verstärkt Aufmerksamkeit widmen sollte. Die Menschen in den Alten- und Pflegeheimen brauchen intensive menschliche Zuwendung, sagte er. Darüber hinaus gehe es um Anliegen der Angehörigen und um die Anerkennung der Leistungen der MitarbeiterInnen in den Heimen. Vorhandene Zeitressourcen sollten von der Verwaltung zur Arbeit mit den Menschen hingelenkt werden. Das Zertifikat werde die Transparenz in den Alten- und Pflegeheimen erhöhen und ihr Image verbessern, zeigte sich Höfinger überzeugt.

Abgeordneter Johann SINGER (V) fasste die Vorteile des nationalen Zertifikats für Alten- und Pflegeheime zusammen und sprach von einer Verbesserung für 70.000 BewohnerInnen und 30.000 MitarbeiterInnen in den Heimen. Die ausgewiesenen Qualitätsstandards gäben den Menschen in den Heimen Sicherheit und dokumentierten die Leistungen der MitarbeiterInnen nach außen. Auch werde die Optimierung der Abläufe dazu führen, dass die MitarbeiterInnen mehr Zeit für die pflegebedürftigen Menschen haben werden. Abgeordneter Singer dankte den MitarbeiterInnen in den Heimen für ihre verantwortungsvolle Tätigkeit für die Menschen.

Bundesminister Rudolf HUNDSTORFER machte in einer kurzen Wortmeldung darauf aufmerksam, dass die Hauspflege vom Bodensee bis zum Neusiedlersee bereits kontrolliert werde. An einer einheitlichen Kontrolle in den Heimen sei noch zu arbeiten.

Verbesserungen für BezieherInnen von Kleinstpensionen

Um Leistungskürzungen nach dem Kriegsopferversorgungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem Heeresversorgungsgesetz und dem Impfschadengesetz infolge der mit 1. Oktober außertourlich erfolgten Erhöhung von Kleinstpensionen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz um 1,1 % zu vermeiden, wird eine Ausnahmeregelung geschaffen, die ca. 4.300 Versorgungsberechtigten zugutekommt. Diese endet mit der nächsten regulären Pensionsanpassung im Jänner 2013.

Der diesbezügliche S-V-Antrag wurde einstimmig angenommen, die Anträge des BZÖ und der FPÖ, den BezieherInnen von Kleinstpensionen zusätzlich zur außertourlichen Pensionserhöhung einen finanziellen Ausgleich für Benachteiligungen in den Jahren 2009 bis 2012 zu gewähren, blieben hingegen in der Minderheit.

Abgeordneter Werner NEUBAUER (F) reagierte mit Empörung auf die Aussage der Finanzministerin, die sich in der Budgetrede stolz darauf gezeigt habe, dass die Sparpolitik auf Kosten der PensionistInnen keine Proteste hervorgerufen habe. Der Redner kritisierte den "Pensionspfusch" von 2008, der vielen PensionistInnen schwere finanziellen Einbrüche beschert habe, und erinnerte daran, das viele PensionistInnen nicht mehr wüssten, wie sie ihr Leben finanzieren sollen. Daher beantragte der Redner, PensionistInnen zu unterstützen, die wegen des "Pensionspfuschs" von 2008 nicht in den Genuss einer Pensionserhöhung gekommen sind.

Abgeordneter Erwin SPINDELBERGER (S) wies die Ausführungen seines Vorredners scharf zurück und erläuterte die unterschiedlichen Pensionserhöhungen im Jahr 2008, die zu Klagen beim OGH geführt haben. Da eine Diskriminierung festgestellt wurde, habe man sich darauf geeinigt, allen PensionistInnen eine außertourliche Pensionserhöhung von 1,1 % zuzugestehen. Das sei herzeigbar, sagte Spindelberger und dankte dem Sozialminister für sein Engagement. Die FPÖ hingegen sollte sich daran erinnern, dass sie in der Zeit ihrer Regierungsbeteiligung den PensionistInnen lediglich Einmalzahlungen gewährt habe - Die Rolle eines "Robin Hood" der PensionistInnen stehe FPÖ-Abgeordneten nicht gut an.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) beklagte, dass auch mit der außertourlichen Pensionsanpassung die Pensionsverluste der PensionistInnen seit 2008 nicht abgegolten werden. Das BZÖ verlange daher, den Menschen, die unter der geringeren Pensionserhöhung zu leiden hatten, mit der Pensionserhöhung 2013 eine zusätzliche Vergütung zuzuerkennen. In der Zeit der Regierungsbeteiligung seiner Fraktion sei der Ausgleichszulagenrichtsatz zugunsten der kleinsten Pensionen überdurchschnittlich erhöht worden, erinnerte Dolinschek.

Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V) führte aus, der Antrag des BZÖ sei nicht umsetzbar, weil er dazu zwingen würde, hunderttausende Pensionsansprüche aufzurollen. Die Rednerin begrüßte den vorliegenden Antrag zugunsten von Kleinstpensionen und wies die Kritik des Abgeordneten Neubauer an der Finanzministerin zurück. Es gelte, eine Balance zwischen den großen Leistungen der SeniorInnen und den Leistungen junger Menschen zu finden, sagte die Abgeordnete, die der vorliegenden Lösung für die PensionistInnen gerne zustimme.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER riet Abgeordnetem Neubauer, die "Kirche beim Dorf zu lassen" und zu beachten, dass die Pensionen, um die es heute gehe, Zusatzpensionen seien. Es sei falsch zu behaupten, dass Menschen in Österreich von einer Pension in der Höhe von 25 oder 100 Euro leben müssen. 

Abgeordneter Karl ÖLLINGER (G) erinnerte an die Pensionserhöhung des Jahres 2008, als niedrige Pensionen weniger erhöht wurden als höhere Pensionen. Die Grünen haben damals schon darauf hingewiesen, dass diese Regelung nicht halten werde. Ehepaare, die gemeinsam nicht die Grenze für den Ausgleichszulagenrichtsatz erreichten, fühlten sich zu Recht benachteiligt. Da eine Einzelberechnung für 500.000 Menschen nicht in Frage gekommen sei, stehen die die Grünen zu dem gefundenen Kompromiss. "Das ist eine vertretbare Lösung", schloss Öllinger.

Arbeitsgruppe zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts

Die Abgeordneten befassten sich in der Folge mit Anträgen der Opposition, die teils abgelehnt wurden, teils in einen einstimmigen Antrag mündeten.

So bildete der Entschließungsantrag der Grünen (1955/A[E]) betreffend die Reform des Behindertengleichstellungsrechts die Grundlage für einen bereits im Sozialausschuss einstimmig angenommenen Antrag, der auch die volle Unterstützung des Plenums fand. Dieser zielt darauf ab, zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts auf Basis der im Nationalen Aktionsplan enthaltenen Zielsetzungen und Maßnahmen eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen einzurichten. Im Konkreten geht es dabei auch um Verbesserungen im Bereich der Verbandsklage sowie die Verankerung eines Beseitigungs- und Unterlassungsanspruchs, um der Verpflichtung zur Barrierefreiheit Nachdruck zu verleihen. Für beide Maßnahmen wird als Zeithorizont das Jahr 2014 angegeben.

Keine Mehrheit fanden jedoch die anderen noch auf der Tagesordnung stehenden oppositionellen Anträge. So fordert das BZÖ einen gesetzlichen Mindestlohn von monatlich 1.300 € brutto für eine Vollzeitbeschäftigung (1611/A[E].) Der FPÖ ist es wiederum ein Anliegen, dass auch leitende Angestellte von Konzernen, die in einer Tochtergesellschaft eine Geschäftsführerfunktion ausüben, das Recht erhalten, eine Kündigung oder Entlassung anzufechten (1922/A). Das BZÖ fordert eine bundeseinheitliche Regelungen für die Berufsausübung, Ausbildung und Besoldung von SozialarbeiterInnen (1153/A[E]). Auch der Entschließungsantrag der Grünen (1956/A[E]) betreffend Behandlung des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderung im Nationalrat fand nicht die erforderliche Mehrheit.

Abgeordneter Norbert HOFER (F) würdigte den Beitrag behinderter Menschen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise. Sie würden durch die Abschaffung der Nova-Rückerstattung und durch Verschlechterungen beim Pflegegeld belastet, klagte der Redner und forderte eine automatische Wertanpassung des Pflegegeldes, wie es dies in vielen anderen Bereichen auch gebe. Der Abgeordnete brachte dazu einen Entschließungsantrag seiner Fraktion ein, der darauf abzielt, den Behinderten die finanziellen Verluste abzugelten. Große Bedeutung maß Hofer auch der Barrierefreiheit für die Behinderten zu, wobei er insbesondere die öffentliche Hand gefordert sah. Auf eine Lösung drängte Abgeordneter Hofer bei der "eugenischen Indikation" in der Fristenlösung, eine Regelung, die laut Hofer nicht weit von NS-Bestimmungen über unwertes Leben entfernt sei. Der Antrag blieb jedoch in der Mnderheit.

Abgeordneter Franz RIEPL (S) widmete sich dem Thema gesetzlicher Mindestlohn. Das Anliegen des BZÖ sei an sich richtig, der vorgeschlagene Zugang, Mindestlöhne auf gesetzlichem Weg vorzuschreiben, sei aber falsch. Besser werde das Anliegen über die Kollektivverträge erreicht, da stets viele zusätzliche Faktoren berücksichtigt werden müssten und nicht nur der reine Monatsverdienst.

Abgeordnete Birgit SCHATZ (G) nahm ebenfalls kurz zum Mindestlohn Stellung und stellte fest, die Grünen unterstützten einen Mindestlohn, der den Lebensunterhalt sichere. Auch viele Kollektivverträge würden diesen nicht gewährleisten, hielt sie fest. Es gebe zwar Fortschritte, aber ein existenzsichernder Lohn für Vollzeitbeschäftigte müsse, auf welchem Weg auch immer, geschaffen werden.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) wies darauf hin, dass Behinderte im Alltag mit vielen Barrieren konfrontiert seien. Das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz habe aber dazu beigetragen, dass diese allmählich abgebaut würden und zu einem breiten gesellschaftlichen Wandel bei den Themen Barrierefreiheit und Gleichstellung geführt. Auch ein gutes Gesetz könne noch verbessert werden. Huainigg sprach sich auch dafür aus, dass die Frage einer Änderung der derzeit geltenden Regeln für Abtreibungen bei eugenischer Indikation diskutiert werden sollten. Es gehe um Gewissensfragen, er spreche sich bei einer Gesetzesänderung für eine geheime Abstimmung aus.

Auch Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) nahm zum Behinderten-Gleichstellungsgesetz Stellung und erinnerte daran, dass dieses nicht einfach zu erreichen gewesen sei. In der Frage der Barrierefreiheit sei noch nicht alles umgesetzt, es sei wichtig, hier an Verbesserungen zu arbeiten, da jeder und jede, und sei es auch nur vorübergehend, in der Mobilität beeinträchtigt sein könne. Der Rechtsschutz von Behinderten bei Diskriminierung müsse verbessert werden, forderte Dolinschek. Was den Mindestlohn betreffe, so müsse dieser auch für Beschäftigungsverhältnisse im kollektivvertragsfreien Raum gesetzlich festgelegt werden, darum gehe es im Antrag des BZÖ.

Abgeordnete Sabine OBERHAUSER (S) erinnerte an frühere BZÖ-Aussagen zum Mindestlohn, in denen man mehr Vertrauen in die Sozialpartner gezeigt hätten, als der aktuelle Antrag des BZÖ zum Ausdruck bringe. Das Thema sei bei den Gewerkschaften und Sozialpartnern sicher gut aufgehoben, zeigte sie sich überzeugt.

Abgeordneter Rupert DOPPLER (F) forderte eine einheitliche Regelung für Beschäftigungsbehältnisse von SozialarbeiterInnen. Diese würden in sehr unterschiedlichen Bereich sehr vielfältig eingesetzt und bräuchten dringend Verbesserungen in arbeits- und sozialrechtlicher Hinsicht.

Abgeordnete Ulrike KÖNGIGSBERGER-LUDWIG (S) stimmte Abgeordnetem Huainigg zu, dass es Fortschritte bei der Barrierefreiheit geben müsse. Dazu bedürfe es einer Bewusstseinsänderung, sodass man künftig bei allen Menschen ihre Befähigungen anstelle ihrer Behinderungen wahrnehme. Der Nationale Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen werde sicherlich Verbesserungen bringen, war sie überzeugt. Zur eugenischen Indikation stellte sie fest, dass das ein sehr sensibles Thema sei, in der verschiedene Interessen aufeinandertreffen. Eine rein moralisierende Debatte sei hier nicht zielführend.

Abgeordnete Helene JARMER (G) konzedierte, es gebe zwar gewisse Fortschritte in der Barrierefreiheit, aber es sei bedauerlich, dass man die Menschen mit Behinderungen immer wieder auf die Zukunft vertröste, was die volle Umsetzung dieser Forderung betrifft. Sie hielt es für unbedingt notwendig, den Nationalen Aktionsplan im Plenum zu behandeln. Man dürfe ihn nicht "im Ausschuss verstecken", unterstrich sie. Die Öffentlichkeit habe ein Interesse daran, zu erfahren, was geplant sei. Dazu brauche es ein öffentliches Hearing. Was dazu bisher gemacht wurde, sei viel zu wenig. Es müsse echte Partizipation geben, forderte Jarmer.

Sozialminister Rudolf HUNDSTORFER meinte, er könne die Ungeduld von Abgeordneter Jarmer verstehen, betonte aber auch, dass der Nationale Aktionsplan vom Ministerium vollständig öffentlich gemacht worden sei. Es werde nichts an den geplanten Maßnahmen verheimlicht. Alle anstehenden Themen würden im Monitoring-Ausschuss Schritt für Schritt abgearbeitet. Ohne Übergangsfristen werde es aber leider nicht gehen, es gebe einfach nicht genügend Geld, um beispielsweise sofort alle Schulen barrierefrei umzubauen.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) meinte, er habe in seiner Naivität geglaubt, dass man im Sozialausschuss eine seriöse Debatte über die Frage der Geschäftsführer führen könne. Ihm gehe es um den Typus des entsendeten Geschäftsführers, der keinen Einfluss auf die Unternehmensführung habe, erläuterte er. Auch dieser solle die Möglichkeit erhalten, eine ungerechtfertigte Kündigung anzufechten. Hier bestehe derzeit eine eklatante Ungerechtigkeit. Die Debatte darüber sei aber vom Sozialminister kurzweg abgeschnitten worden. Zum Thema Eugenik widersprach er Abgeordneter Königsberger-Ludwig vehement, er verstehe nicht, wie man sagen könne, dass man so ein dramatisches Thema wie die Tötung behinderter Ungeborener nicht moralisierend behandeln dürfe. Wie sonst solle man daran herangehen, meinte Fichtenbauer.

Abgeordnete Ulrike KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) stellte in einer Tatsächlichen Berichtigung fest, sie habe niemals gesagt, die Tötung behinderter Kinder solle nicht moralisiert werden, sondern die Debatte über die derzeitige gesetzliche Regelung solle sachlich und nicht moralisierend geführt werden. (Fortsetzung Nationalrat)