Parlamentskorrespondenz Nr. 825 vom 24.10.2012

Gesundheitsausschuss gibt grünes Licht für ELGA-Gesetz

Beschluss mit S-V-Mehrheit nach mehrstündigem Hearing

Wien (PK) – Ein öffentliches Expertenhearing zum Thema ELGA (Elektronisches Gesundheitsakte-Gesetz) stand heute am Beginn der Sitzung des Gesundheitsausschusses, die aufgrund der großen Teilnehmerzahl im Bundesratssitzungssaal abgehalten wurde. Nach ausführlichen Beratungen wurde das umfangreiche Gesetz schließlich in der Fassung eines S-V-Abänderungsantrags, der die weitere Absicherung von datenschutzrechtlichen Bestimmungen zum Inhalt hatte, mit den Stimmen der Koalitionsparteien angenommen. Allerdings war die Zustimmung innerhalb der ÖVP nicht einhellig, Abgeordnete Karin Hakl stimmte mit der Begründung dagegen, dass im Hearing nicht alle Bedenken ausgeräumt werden konnten.

Auch die Opposition hatte zuvor mehr Zeit für die Beratungen gefordert, da ihrer Meinung nach noch etliche offen Fragen sind, etwa was die Datenverschlüsselung, den Nutzen für die PatientInnen und die Konsequenzen eines Opt-out betrifft. Ein Vertagungsantrag der Grünen blieb aber in der Minderheit.

ELGA ist ein Informationssystem, das Patientinnen sowie Spitälern, niedergelassenen Ärzte, Apotheken und Pflegeeinrichtungen einen gesicherten, orts- und zeitunabhängigen Zugang zu wichtigen Gesundheitsdaten (Entlassungsbriefe, Labor- und Röntgenbefunde, Medikamentenverschreibungen) ermöglicht. Die vorhandenen Befunde werden somit – patientenbezogen - gebündelt, unabhängig davon wo diese in Österreich abgespeichert sind (z.B. Spitäler, Labors). Die e-card ist dabei der Schlüssel zum Abruf der Daten. Spätestens Ende 2013, Anfang 2014 sollen alle PatientInnen Zugang zu ELGA haben; ab 2015 müssen Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen teilnehmen, ab 2016 alle VertragsärztInnen und Apotheken und ab 2017 schließlich die Privatkrankenanstalten.

Stöger: Ein guter Tag für die österreichischen PatientInnen

"Ideen, deren Zeit gekommen sind, kann man nicht mehr aufhalten", leitete Bundesminister Alois Stöger seine Stellungnahme zum ELGA-Regierungsentwurf ein. Das neue Gesetz basiere auf langjährigen Vorarbeiten der Gesundheitspartner (Bund, Länder und Sozialversicherungen), die vom Bestreben geprägt waren, ein gemeinsames Informationsmanagement für Krankenanstalten, Allgemeinmediziner, Fachärzte und Apotheken zu schaffen. Außerdem habe man bereits im Sommer ein Hearing mit allen relevanten Gruppen veranstaltet, in das alle wichtigen Stakeholder eingebunden waren, erinnerte der Ressortchef. Der heute vorliegende Entwurf, in den noch wichtige Anregungen und Änderungswünsche einflossen, basiere auf folgenden Eckpunkten: dem Prinzip der Wahlfreiheit und der Freiwilligkeit für die Patienten, dem Verwendungsrecht für die Ärzte, der Speicherpflicht von bestimmten Gesundheitsdaten bei Einhaltung strengster Datenschutzbestimmungen, dem Widerspruchsrecht sowie den Strafbestimmungen bei missbräuchlicher Verwendung der Daten. Er sei jedenfalls überzeugt davon, dass ELGA nachhaltig dazu beitragen wird, die Behandlungsqualität für die Patienten zu verbessern. Sektionschef Clemens Martin Auer fügte noch hinzu, dass der Entwurf ein Balanceakt sei, und zwar zwischen den technischen Möglichkeiten, die auf dem schon bisher vorhandenem hohen Niveau aufbauen, sowie dem optimalen Schutz sensibler, personenbezogener Gesundheitsdaten; er glaube, dass diese Balance sehr gut gelungen ist. Besonders auf die rechtlichen Fragen ging sodann Sektionschef Gerhard Aigner ein, der unter Hinweis auf das geltende Ärztegesetz darauf hinwies, dass nichts Neues im Haftungsrecht geschaffen wird. Auch die Gefahr des "Zumüllens" der Ärzte mit medizinischen Informationen sehe er nicht, da nur bestimmte hochwertige Gesundheitsdaten in das System aufgenommen werden.

"Patienten-ELGA" soll kurzfristig umgesetzt werden

Gerald Bachinger (Patienten- und Pflegeanwaltschaft, Niederösterreich) leitete seine Wortmeldung mit dem Hinweis darauf ein, dass mit dem heutigen Beschluss von ELGA das Gesundheitssystem für die nächsten 20 bis 30 Jahre massiv beeinflusst werde. Der Einsatz moderner Informationstechnologien biete eine Reihe von Chancen, war Bachinger überzeugt, wenn damit eine bessere Behandlungsqualität, mehr Service und Autonomie für die Patienten sowie ein umfassender Schutz der sensiblen Daten verbunden sind. Ein großer Vorteil bestehe für ihn darin, dass die Betroffenen erstmals einen vollen Zugriff auf ihre Gesundheitsdaten haben und nicht mehr als Bittsteller auftreten müssen.

Gruber: Arbeit der Ärzte soll erleichtert und nicht behindert werden

Dem Tiroler Internisten Ludwig Gruber lag vor allem die Anwenderfreundlichkeit des neuen Systems am Herzen, zumal er aus jahrelanger Praxis in Krankenhäusern wisse, dass die Ärzte bereits jetzt sehr unter dem bürokratischen Aufwand leiden. Es müsse den Medizinern ein Tool in die Hand gegeben werden, dass ihre Arbeit erleichtert und nicht erschwert, unterstrich er mit Nachdruck. Was das konkrete Gesetz anbelangt, so beklagte Gruber, dass das Format und die Struktur der in ELGA abzuspeichernden Standarddokumente nicht gesetzlich festgeschrieben sind, sondern erst per Verordnung vom Minister erlassen werden. 

Herbek: Bessere Behandlungsqualität durch Vernetzung der Daten

Die Geschäftsführerin der ELGA GmbH, Susanne Herbek, befasste sich zunächst mit der Schnittstellenproblematik im Gesundheitssystem, die seit vielen Jahren diskutiert werde. Die elektronische Gesundheitsakte stelle gerade für chronisch Kranke eine enorme Verbesserung dar, weil damit der Informationsfluss zwischen den einzelnen Gesundheitsdiensteanbietern enorm verbessert werde und die Patienten auch jederzeit über ein Portal auf ihre Daten zugreifen könnten. Im Mittelpunkt bei der Umsetzung des neuen Systems steht natürlich die praktische Anwendbarkeit, was u.a. durch ein intuitives Bedienungssystem, ein eigenes technisches Format (clinical document architecture, CDA) oder ein einfaches Suchsystem gewährleistet werden soll.

Hutgrabner: ELGA ist "Eurofighter des Gesundheitssystems"

Nach Auffassung des praktischen Arztes aus Oberösterreich, Silvester Hutgrabner, werde beim Thema ELGA vieles schön geredet. Die Behandlungsqualität hänge nicht vorrangig vom Einsatz technischer Hilfsmittel ab, sondern vom persönlichen Umgang mit den Menschen, betonte er. Wenn aber immer mehr Zeit mit dem Computer verschwendet werde, dann kommen die persönlichen Kontakte zu kurz. Überdies könne man auch nicht von einer echten Freiwilligkeit sprechen, dies wäre nur bei einer Opting-in-Lösung gewährleistet. Zweifel äußerte Hutgrabner auch noch hinsichtlich der erwarteten Kosteneinsparungen sowie bezüglich der Datensicherheit.

Insgesamt bezeichnete Hutgrabner ELGA als "Eurofighter des Gesundheitssystems": teuer und wenig Nutzen.

Koderhold weist auf negative Erfahrungen in anderen Ländern hin

Günter Koderhold (Oberarzt am Krankenhaus Hietzing und Mitglied des Komitees unabhängiger Wiener Ärztinnen und Ärzte) machte darauf aufmerksam, dass erste Schritte in Richtung digitalisierte Patientenakte 2004 in den USA und Kanada unternommen wurden. Aufgrund zahlreicher Probleme wurden derartige Projekte, auch in anderen Ländern, allerdings wieder reduziert oder sogar beendet, zeigte er auf. In den USA sei etwa das Problem des Identitätsdiebstahls aufgetaucht, zumal neben den Gesundheitsdaten oftmals auch Informationen über das soziale Umfeld, Kontaktpersonen, Wohnadresse, Fotos etc. gespeichert werden. Auch der medizinische Mehrwert, der durch ELGA möglich sein soll, sei ihm nicht ganz nachvollziehbar, da chronisch Kranke am liebsten zu jenen Ärzten und Spitälern gehen, wo sie von Anfang an behandelt wurden. Er frage sich, inwieweit die angesprochenen Probleme in Österreich gelöst werden können.

Löffler meldet datenschutzrechtliche Bedenken an

Michael Löffler (e-commerce monitoring gmbh) beurteilte den Gesetzentwurf aus datenschutzrechtlicher Sicht und meldete einige Bedenken an. So stelle etwa eine Opt-out-Lösung keine freiwillige Zustimmung dar und könne nicht als Ausdruck des Selbstbestimmungsrechtes der Patienten betrachtet werden. Außerdem war er der Auffassung, dass keine ausreichende Rechtsgrundlage gegeben ist, was aber durch minimalste Änderungen (hin zu einem Opt-in-System) korrigiert werden könnte. Löffler schlug weiters vor, die Daten anonym und komplett zu sammeln, was zu einer besseren Datenbasis, die Grundlage für medizinische Behandlungen ist, führen würde. Er setzte sich auch dafür ein, dass die Weitergabe und die Speicherung von Gesundheitsdaten verschlüsselt werden müssen.

Pilz: Länder an guter Zusammenarbeit aller Beteiligten interessiert

Als Vertreterin der Bundesländer, die zu einem Drittel am ELGA-Projekt beteiligt sind, hob Sigrid Pilz (Wiener Patienten- und Pflegeanwaltschaft) die Verbesserung der Zusammenarbeit aller Gesundheitsdiensteanbieter im intra- und extramuralen Bereich hervor. Derzeit gebe es zwar einige positive Pilotprojekte in den Ländern – z.B. in Wien: Gesundheitsnetz und Entlassungsmanagement -, die aber Insellösungen darstellen und in die die Patienten noch nicht ausreichend eingebunden sind. Mit dem ELGA werde nun die Mündigkeit der Patienten gestärkt, unterstrich sie, die Behandlungsqualität verbessert und die Kostentransparenz erhöht.

Schörghofer: Positive Erfahrungen mit E-Medikation-Pilotprojekt

Auch Volker Schörghofer (Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger) war überzeugt davon, dass mit der elektronischen Gesundheitsakte die Behandlungsqualität enorm verbessert werden könne. Der Hauptverband wurde zudem beauftragt, auf Basis der e-card bis Ende 2014 ein Informationssystem über verordnete sowie abgegebene Arzneimittel einzurichten ("e-Medikation"), informierte Schörghofer. Ein seit 2011 laufendes Pilotprojekt sei auf große Zustimmung gestoßen und wurde von über 85 % der Patienten und 70 % der Ärzte positiv bewertet.

Walcher: Sorgen und Bedenken von Seiten der Ärzteschaft

Der Facharzt für Innere Medizin Gerhard Walcher (Obmann des Komitees unabhängiger Wiener Ärzte) ging noch einmal auf die Bedenken von Seiten der Ärzteschaft ein, die über den Umweg von ELGA die Einführung von gewissen Kontrollmechanismen sowie generell eine Einmischung in das Arzt-Patientenverhältnis befürchten. Er wolle nicht bestreiten, dass mit diesem groß angelegten Projekt gute Absichten verfolgt werden, an den Details müsse aber sicher noch sorgfältig gefeilt werden.

Walla besorgt bezüglich Usability des Systems

Der Vorarlberger Internist Burkhard Walla konnte grundsätzlich dem Einsatz von EDV-Systemen zur Unterstützung der ärztlichen Tätigkeit viel abgewinnen. Die bisherigen Erfahrungen mit den KIS-Systemen in den Krankenhäusern sowie die mangelhafte Umsetzung von Usability-Zielen im vorliegenden Entwurf stimmen ihn allerdings nicht sehr optimistisch. Die hohen Erwartungshaltungen, nämlich dass nun per Knopfdruck alle wichtigen Patientendaten verfügbar sind, müsse man sicher sehr relativieren, merkte Walla an. Skeptisch zeigte er sich auch hinsichtlich der Tatsache, dass nur vier Befundarten gespeichert werden und es noch keine zentrale Suchmöglichkeit gibt.

Wellan: E-Medikation ist sinnvolles Tool

Der Präsident der Österreichischen Apothekerkammer Max Wellan bezeichnete die geplante e-Medikation als sinnvolles Tool; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Generell plädierte er dafür, die Compliance zu verbessern, was nur interdisziplinär möglich ist.

Die Stellungnahmen und Fragen der Abgeordneten

Von Seiten der Freiheitlichen sprach sich Abgeordneter Martin Strutz für eine Opt-in-Regelung für PatientInnen aus und erkundigte sich danach, warum man mit ELGA ein neues Modell entwickeln musste und nicht auf die bestehenden Systeme aufgebaut habe. Weitere Fragen betrafen die dezentrale versus zentrale Speicherung, den medizinischen Nutzen von ELGA, die aktuellen Kostenschätzungen sowie Haftungskonstellationen. Nach dem Hearing stellte Strutz fest, seiner Meinung nach seien nun noch mehr Fragen offen.

Abgeordneter Erwin Rasinger (V) zeigte sich hingegen erfreut darüber, dass gegenüber dem ursprünglichen Entwurf noch Verbesserungen erzielt werden konnten. Seiner Meinung nach wurde letztendlich die richtige Balance gefunden. Im Mittelpunkt seiner Bestrebungen sei immer das Prinzip gestanden, dass ELGA die Ärzte in ihrer Tätigkeit unterstützen und nicht behindern soll, betonte er, das System werde dann erfolgreich sein, wenn es als Zusatztool für die ärztliche Behandlung und nicht als zusätzliche Bürokratie gesehen werde. Von den ExpertInnen wollte Rasinger wissen, warum in manchen Ländern die Umsetzung eines so genannten electronic health record nicht funktioniert habe und ob der österreichische Entwurf besser sei.

Rasingers Fraktionskollegin Karin Hakl thematisierte unter anderem die Einbeziehung der Bürgerkarte in das System, die anonyme Verwendung von Daten und die Frage der Inhaltsverschlüsselung. Wie sie im Anschluss an das Hearing festhielt, konnten nicht alle ihre Bedenken ausgeräumt werden.

Aus der Sicht der Grünen wies Abgeordneter Kurt Grünewald auf mögliche Vorteile und Nachteile des ELGA-Systems hin. Sein Fraktionskollege Karl Öllinger (G) drängte darauf, die Architektur von ELGA näher beim Patienten anzusetzen und nicht "mit dem Bau des vierten Stock" zu beginnen. Es brauche ein versichertenfreundliches System, das sofort Nutzen für die PatientInnen bringe, sagte er. Abgeordneter Albert Steinhauser wiederum brachte vor allem datenschutzrechtliche Bedenken vor.

Die Fragen der Grünen galten unter anderem der Priorisierung der Befunde sowie der Tatsache, dass nur Entlassungsbriefe aus dem stationären Bereich aufgenommen werden. Abgeordneter Öllinger hinterfragte zudem, warum von Anfang an eine Opt-in-Variante ausgeschlossen wurde. Nachdem die Grünen auch nach dem Hearing noch etliche ungeklärte Fragen sahen, forderten sie eine Vertagung der Beratungen, konnten sich mit einem entsprechenden Antrag aber nicht durchsetzen.

Abgeordneter Johann Maier (S) machte darauf aufmerksam, dass ELGA einen großen Fortschritt im Bereich des Datenschutzes bringe, weil es zu einer Vereinheitlichung und Absicherung von hohen Schutzstandards komme. Was nämlich derzeit in den Bundesländern in diesem Bereich vorgehe, könne nur als datenschutzrechtlicher Notstand bezeichnet werden, meinte er. Zudem machte er geltend, dass nun erstmals auch gerichtliche Strafen für den Missbrauch von Gesundheitsdaten vorgesehen seien.

Abgeordneter Wolfgang Spadiut (B) erinnerte daran, dass die praktischen Ärzte zahlreiche Bedenken bezüglich der Einführung von ELGA angemeldet haben. Er interessierte sich zudem dafür, ob die gespeicherten Daten für Forschungszwecke verwendet werden können. Auch für Spadiut blieben letztendlich zu viele Fragen offen, er stimmte daher für den Vertagungsantrag.

In Beantwortung der aufgeworfenen Fragen ging Volker Schörghofer vom Hauptverband auf die internationalen Erfahrungen mit der Umsetzung einer elektronisches Gesundheitsakte ein. In Österreich gebe es den großen Vorteil, dass auf die bereits gut eingeführte und etablierte e-card aufgebaut werden könne, strich er heraus. Außerdem werden keine Daten über das Internet transportiert, höchste Sicherheitsstandards angewandt und die Informationen nur dezentral gespeichert.

ELGA-Geschäftsführerin Susanne Herbek informierte darüber, dass bereits jetzt sehr viele Daten von den Krankenanstalten erfasst und gespeichert werden müssen; daran ändere sich auch durch ELGA nichts. Die ELGA-Daten dienen als Basis für die Tätigkeit der Ärzte und sind nicht für Forschungszwecke gedacht, versicherte sie.

Bundesminister Alois Stöger stellte gegenüber Grün-Mandatar Karl Öllinger klar, dass die Forcierung des Opt-out-Modells, ähnlich wie bei der Organspende, auf einer politischen Entscheidung basiere.

Ärztevertreter bekräftigen: ELGA muss benutzerfreundlich werden

Im Zuge der weiteren Diskussion ging es vor allem um die Frage des Opt-in bzw. Opt-out für PatientInnen, die Benutzerfreundlichkeit von ELGA und Datenschutzfragen. So drängte Ärztevertreter Burkhard Walla auf eine zentrale Suchfunktion in ELGA und sprach sich für eine verpflichtende Erprobungsphase aus, um Anwenderprobleme zu verhindern. Überdies trat er dafür ein, die Erweiterung von ELGA, etwa um Pathologiebefunde oder Patentenverfügungen, ausschließlich gesetzlich und nicht im Verordnungsweg zu ermöglichen. Auch Ludwig Gruber appellierte an die Abgeordneten, auf die Usability des Systems besonderes Augenmerk zu legen. Er fürchtet generell, dass der direkte Arzt-Patienten-Kontakt durch ELGA weiter leiden könnte, wobei er auf in der Vergangenheit gemachte Erfahrungen im Krankenhausalltag verwies.

Auch die Ärzte Günter Koderhold und Gerhard Walcher äußerten die Befürchtung, dass ELGA dazu beitragen könnte, bestehende Befunde nicht zu hinterfragen.

Sektionschef Clemens Auer versuchte als Vertreter des Gesundheitsministeriums die Bedenken der ÄrztInnen zu zerstreuen und bekräftigte, dass dem Ressort die Benutzerfreundlichkeit von ELGA ein großes Anliegen sei. Auch das Gesetz enthalte zahlreiche Vorgaben in diese Richtung. Er zeigte sich außerdem überzeugt, dass ELGA verfassungskonform ist, da das öffentliche Interesse an ELGA im Gesetz genau determiniert werde.

Auer widersprach darüber hinaus den Ausführungen des Datenschutzexperten Michael Löffler, wonach im Gesetz nicht klar geregelt ist, wofür ELGA-Daten verwendet werden dürfen. Es sei eindeutig festgelegt, dass ELGA nur im Behandlungs- und Betreuungszusammenhang von Gesundheitsdienstleistern genutzt werden dürfen, sagte er. Sektionschef Gerhard Aigner ergänzte, dass im Falle von Datenmissbrauch auch gerichtliche Strafen vorgesehen seien.

Opt-in versus Opt-out

Von den Abgeordneten darauf angesprochen, ob sie persönlich für eine Opt-in- oder eine Opt-out-Regelung plädieren, sprachen sich unter anderem Volker Schörghofer als Vertreter der Sozialversicherung, Susanne Herbek von der ELGA-GesmbH und die beiden PatientenantwältInnen Sigrid Pilz und Gerald Bachinger ausdrücklich für die Opt-out-Variante aus. Schörghofer gab zu bedenken, dass viel Geld in das Projekt investiert werde und es grundsätzlich nicht möglich sei, Befunde nachträglich über ELGA zugänglich zu machen. Nach Ansicht von Bachinger wäre eine Opt-in-Lösung gerade für jene, die von ELGA besonders profitieren, nämlich ältere und chronisch kranke Menschen eine große Hürde. Für ihn ist ein gut funktionierendes Gesundheitsinformationssystem außerdem ein wichtiger Bestandteil des Gesundheitssystems.

Generell warnte Buchinger davor, ELGA zum Sündenbock für bestehende Probleme im Gesundheitssystem zu machen, etwa mangelnden Arzt-Patienten-Kontakt. Er appellierte an die Abgeordneten, ELGA eine Chance zu geben. Es gehe nicht zuletzt um eine bessere Informationsvernetzung zwischen dem stationären und dem niedergelassenen Bereich sowie den Apotheken. Für Patientenanwältin Pilz bedeutet ELGA auch mehr Augenhöhe der PatientInnen mit den ÄrztInnen.

Ärzte-Vertreter Ludwig Gruber hielt den Opt-out-Befürwortern entgegen, man könne nicht auf der einen Seite vom mündigen PatientInnen sprechen und diese auf der anderen Seite für nicht mündig genug halten, selbst zu entscheiden, ob sie bei ELGA dabei sein wollen oder nicht. Auch Silvester Hutgrabner wertete es als "schmerzlich", dass diese wichtige Frage rein politisch entschieden werde. Für ihn ist es überdies unverständlich, dass in Anbetracht der Sparvorgaben im Gesundheitsbereich 150 Mio. € für ELGA zu Verfügung stehen.

SPÖ-Abgeordneter Johann Maier hielt zur Frage des Widerrufsrechts fest, eine Opt-in-Regelung wäre aus datenschutzrechtlicher Sicht grundsätzlich besser gewesen, seiner Meinung nach ist das Selbstbestimmungsrecht der PatientInnen aber auch bei der Opt-out-Regelung gewährleistet. So hätten diese auch die Möglichkeit, nur einzelne Befunde auszublenden. Bei einer Opt-in-Regelung würde sich ihm zufolge außerdem das Problem verstärken, dass Krankendaten fehlen.

ELGA-Daten sollen über Gesundheitsportal abrufbar sein

Wie Susanne Herbek erklärte, werden die PatientInnen ihre ELGA-Daten voraussichtlich über das bereits bestehende Gesundheitsportal www.gesundheit.gv.at abrufen können. ELGA werde schrittweise wachsen, auch mobile und stationäre Pflegeeinrichtungen würden teilnehmen, betonte sie. Ein wesentlicher Vorteil von ELGA ist für sie, dass eine zielgerichtete Behandlung von PatientInnen ermöglicht wird, egal wo sie sich gerade aufhalten. Apothekerkammer-Präsident Max Wellan erwartet sich von ELGA eine bessere Datenqualität.

Vor der letzten Expertenrunde hatte die Opposition nochmals bemängelt, dass ELGA zu wenig auf den Nutzen von PatientInnen abgestellt sei. So kritisierte Abgeordneter Andreas Karlsböck (F) etwa, dass der Fokus des Systems weniger auf den Bedürfnissen der PatientInnen als vielmehr auf der Kontrolle der Ärzteschaft liege. Abgeordnete Ursula Haubner (B) gab zu bedenken, dass viele PatientInnen nicht wüssten, was ELGA sei, und es diesen vorrangig darum gehe, dass der Arzt genug Zeit für sie habe.

Abgeordnete Gertrude Aubauer (V) hob dem gegenüber hervor, dass gerade ältere Menschen eine Datenvernetzung wünschten, um optimal behandelt zu werden. Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) wies darauf hin, dass Ärztekammer und Datenschützer seinerzeit auch massiv vor der E-Card gewarnt hätten.

Gesundheitsminister Alois Stöger nannte ELGA in einem abschließenden Statement nochmals einen wichtigen Baustein für die Zukunft des österreichischen Gesundheitssystems und machte geltend, dass die ÄrztInnen immer wieder in die Gesetzwerdung eingebunden gewesen seien. "Wir haben uns viel Zeit gelassen", der Gesetzestext sei dadurch "in der Qualität auch gereift". Für Stöger ist ELGA ein nützliches Hilfsinstrument für ÄrztInnen. Generell erachtet er es, wie er sagte, für wichtig, ständig die Frage der Qualität zu stellen.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf mit den Stimmen der SPÖ und der überwiegenden Zustimmung von Seiten der ÖVP angenommen. Der Abänderungsantrag erhielt auch die teilweise Zustimmung der Grünen. Der Vertagungsantrag der Grünen hatte zuvor keine Mehrheit gefunden (Fortsetzung Gesundheitsausschuss).