Parlamentskorrespondenz Nr. 882 vom 08.11.2012

Budgetausschuss befasst sich mit Kapitel Inneres

Mikl-Leitner sieht Exekutive für Herausforderungen gut gerüstet

Wien (PK) – Innenministerin Johanna Mikl-Leitner ist zuversichtlich, dass die Exekutive die sicherheitspolitischen Herausforderungen auch im kommenden Jahr gut bewältigen wird. Es gebe 2013 nicht nur mehr Budget für das Innenressort, auch bei der Aufstockung der ExekutivbeamtInnen sei man im Plan, betonte sie bei den Verhandlungen im Budgetausschuss des Nationalrats. Mikl-Leitner rechnet auch damit, dass sich die Präsenz der Polizei auf der Straße weiter erhöhen wird, Kritik an den nach Einschätzung einiger Abgeordneter wenig ambitionierten Wirkungszielen des Ressorts wies sie zurück.

Thema bei den Beratungen waren neben allgemeinen sicherheitspolitischen Fragen auch die bisherigen Erfahrungen mit dem digitalen Behördenfunknetz, das Internetüberwachungsprojekt "Clean IT" und der Kampf gegen die Schlepperkriminalität. Staatssekretär Sebastian Kurz informierte über die Arbeit des Integrationsstaatssekretariats, er sieht die Politik auf gutem Weg.

Erstmals mehr als 2,5 Mrd. € für Innere Sicherheit und Integration

Laut Budgetentwurf stehen für die Budgetuntergliederung Inneres im kommenden Jahr 2,51 Mrd. € zur Verfügung. Der größte Brocken der Mittel ist dabei für den Bereich Sicherheit reserviert (2,02 Mrd. €). Dazu kommen 213,53 Mio. € für Recht, Asyl und Integration, 213,02 Mio. € für Services und Kontrolle sowie 61,11 Mio. € für Steuerungsaufgaben. Die Einnahmen sind mit 114,88 Mio. € budgetiert. Stellt man auf den neuen "Ergebnishaushalt" ab, in dem erstmals auch Wertveränderungen im Vermögen der Ressorts veranschlagt werden, ergibt sich ein Minus im Ressort von 2,41 Mrd. € (Aufwendungen 2,52 Mrd. €, Erträge 112,19 Mio. €).

Was die "Wirkungsziele" der Budgetausgaben betrifft, soll im kommenden Jahr bei der Kriminalitätsbekämpfung unter anderem ein besonderer Fokus auf die "Optimierung der Tatortarbeit", sichtbare polizeiliche Präsenz und eine Intensivierung des "grenzüberschreitenden Sicherheitsmanagements" gelegt werden. Zudem gehört Gewaltprävention, insbesondere der Schutz von Frauen, Minderjährigen und SeniorInnen vor Gewalt, zu den Schwerpunkten des Ressorts für 2013.

Im Bereich Asyl und Migration will man noch mehr als bisher auf bedarfsorientierten Zuzug, die Bekämpfung von Asylmissbrauch und Integration achten. Im Konkreten strebt das Innenministerium etwa an, 80 % aller Verfahren beim Bundesasylsamt innerhalb von sechs Monaten zu erledigen (2011: 82,2 %) und den Anteil der freiwilligen RückkehrerInnen bei Außerlandesbringungen auf 60 % zu erhöhen (2011: 55 %). Weitere zentrale Wirkungsziele für das Budgetkapitel Inneres sind die Förderung des Vertrauens der BürgerInnen in die Leistungen der Sicherheitsexekutive und die Erhöhung der "Produktivität" des Innenministeriums, etwa durch effiziente Verfahrensabläufe und Mitarbeitermotivation.

Opposition wertet Wirkungsziele zum Teil als "skurril"

Die optimistische Einschätzung von Innenministerin Mikl-Leitner wollten nicht alle MandatarInnen teilen. So wiesen etwa die FPÖ-Abgeordneten Harald Vilimsky und Werner Herbert darauf hin, dass der Personalstand des Innenministeriums im kommenden Jahr insgesamt sinke. Ihrer Meinung nach wird es aus diesem Grund schwierig sein, die Polizeipräsenz auf der Straße zu erhöhen. Auch Abgeordneter Peter Westenthaler (B) brachte mit Hinweis auf eine Follow-Up-Prüfung des Rechnungshofs in Wien entsprechende Zweifel vor. Seitens der SPÖ äußerte Abgeordneter Hannes Fazekas den Wunsch, der Außenpräsenz der Polizei eine höhere Priorität einzuräumen.

Abgeordneter Westenthaler und Abgeordnete Alev Korun (G) kritisierten darüber hinaus die vom Innenministerium angestrebten Wirkungsziele als "wenig ambitioniert", "mehr als bescheiden" und sogar "skurril". So werte man es etwa bereits als Erfolg, wenn sich mehr als 80 % der BürgerInnen in Österreich sicher bzw. eher sicher fühlen, obwohl der zuletzt erhobene Wert bei 96 % liege, skizzierte Westenthaler. Auch bei den angezeigten Straftaten pro 100.000 Einwohner gehe man von schlechteren Zahlen aus als im Durchschnitt der letzten 10 Jahre zu verzeichnen waren.

Abgeordneter Günter Kößl (V) hielt demgegenüber fest, dass im kommenden Jahr erstmals mehr als 2,5 Mrd. € für Sicherheit und Integration zur Verfügung stehen werden. Er ist wie Innenministerin Mikl-Leitner davon überzeugt, dass damit aktuelle Herausforderungen im Sicherheitsbereich bewältigt werden können. Er und seine Fraktionskollegen Hermann Gahr und Johann Singer interessierten sich vor allem für den Kampf des Innenressorts gegen die zunehmende Schlepperkriminalität, den Einsatz der "Soko Ost" und der "Soko Kfz" sowie das Integrationsprojekt "Zusammen Österreich".

Seitens der SPÖ wurden von den Abgeordneten Johann Maier, Rudolf Plessl, Ulrike Königsberger-Ludwig und Gisela Wurm unter anderem die Maßnahmen zur Gewaltprävention, die österreichische Unterstützung von Frontex, das Projekt "Clean IT" und der Frauenanteil bei der Polizei angesprochen. Grün-Abgeordnete Korun erkundigte sich unter anderem nach der Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge in Österreich und der geplanten Ausweitung der Sprachkurse für MigrantInnen. Ihrer Meinung nach müssten die Integrationsbemühungen der Regierung noch verstärkt werden.

Mikl-Leitner: Österreich gehört zu den sichersten Ländern Europas

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wies in Beantwortung der Fragen Kritik an den Wirkungszielen des Innenministeriums zurück. Oberstes Ziel des Innenministeriums sei es, den sozialen Frieden in Österreich auch in Zukunft zu garantieren, daran habe man sich bei der Formulierung der Wirkungsziele orientiert, sagte sie. Sie räumte ein, dass man einzelne Kennziffern auch ambitionierter formulieren hätte können, die angegebenen Werte seien aber als Korridor zu verstehen und basierten auf realistischen Erwartungen. "Wir wollen uns in keinster Weise verschlechtern", bekräftigte Mikl-Leitner, allerdings hingen Werte wie das subjektive Sicherheitsgefühl nicht nur von der Polizeiarbeit, sondern von vielen anderen Faktoren wie etwa der wirtschaftlichen Lage ab.

Stolz zeigte sich Mikl-Leitner darüber, dass Österreich bei der Sicherheit im europaweiten Vergleich den vierten Platz und weltweit den sechsten Platz einnimmt.

Die von FPÖ-Abgeordnetem Herbert geäußerte Befürchtung, dass aufgrund von Pensionierungen das Aufstockungsziel bei den ExekutivbeamtInnen nicht erreicht werden kann, teilte Mikl-Leitner nicht. Sie machte in diesem Zusammenhang nicht nur auf laufende Grundlehrgänge aufmerksam, auch die in die Wege geleitete Behördenreform soll ihr zufolge dazu beitragen, die Präsenz der Polizei auf der Straße zu erhöhen. Auch knapp 400 ehemalige MitarbeiterInnen der Telekom würden die Polizei vor Ort entlasten.

Frauenanteil in der Exekutive liegt bei knapp 14 %

Der Frauenanteil in der Exekutive entwickle sich positiv, teilte Mikl-Leitner SPÖ-Abgeordneter Wurm mit. Mittlerweile seien fast 14 % der ExekutivbeamtInnen weiblich. In einzelnen Lehrgängen gebe es schon 50 % Frauen. Noch "dünn" ist laut Mikl-Leitner allerdings der Anteil der Frauen in Führungspositionen, immerhin gebe es nun aber erstmals eine Landespolizeipräsidentin in Kärnten.

Um die Schlepperkriminalität effizienter zu bekämpfen, wurde eine eigene Task-Force und eine Schlepperdatenbank eingerichtet, berichtete Mikl-Leitner. Überdies will das Innenressort die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern weiter verstärken. Bewährt hat sich der Innenministerin zufolge auch der internationale Datenaustausch über das Schengener Informationssystem. Die "Soko Ost" und die "Soko Kfz" wertete sie als wichtige Einheiten, um grenzüberschreitende Kriminalität zu bekämpfen.

Bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex sind derzeit 30 österreichische Beamte eingesetzt, vor allem in Griechenland und in Italien. Insgesamt sind für 2013 10.000 Einsatztage budgetiert. Als nach wie vor besondere Herausforderung bezeichnete Mikl-Leitner in diesem Zusammenhang die Überwachung der türkisch-griechischen Grenze.

Zum Thema Gewaltprävention merkte Mikl-Leitner an, das Innenressort habe es sich zum Ziel gesetzt, die Zahl jener Personen, die Betretungsverbote missachten, zu senken. Derzeit liegt der Wert demnach bei 11 %. Eine Task-Force soll in den nächsten Wochen Maßnahmen vorschlagen. Die geplante Notwohnung für zwangsverheiratete Frauen soll laut Mikl-Leitner spätestens im Mai bezugsfertig sein. Sie hofft aber, dass zumindest ein Teil der Wohnung schon früher genutzt werden kann.

Eine Rechtsextremistendatei ist Mikl-Leitner zufolge in Österreich nicht in Planung, eine solche wäre ihrer Ansicht nach aus datenschutzrechtlichen Gründen äußerst bedenklich.

Ausbau des digitalen Behördenfunknetzes soll 2018 abgeschlossen sein

In Bezug auf das digitale Behördenfunknetz ist Mikl-Leitner zuversichtlich, dass der Ausbau 2018 abgeschlossen werden kann. Man sei in äußerst konstruktiven Gesprächen mit den Bundesländern, erklärte sie gegenüber Abgeordnetem Walter Rosenkranz (F). So sei etwa die Planung im Burgenland fertig und nur mehr die politische Entscheidung offen. Die Erfahrungen mit dem Digitalfunk sind nach Auskunft der Innenministerin äußerst positiv, auch die Betriebskosten seien im europäischen Vergleich niedrig.

SPÖ-Abgeordnetem Maier teilte Mikl-Leitner mit, dass Österreich nicht am von den Niederlanden initiierten Projekt "Clean IT" teilnehme und daher auch kein Geld in das Projekt investiere. Es werde aber von außen beobachtet, sagte sie. Ziel des Projekts sei es, die missbräuchliche Verwendung des Internet für Terrorzwecke einzuschränken. Maier hatte sich zuvor kritisch zu einer flächendeckenden Überwachung des Internet geäußert.

Ob eine von Abgeordnetem Maier angeregte Änderung des Vereinsgesetzes notwendig ist, will Mikl-Leitner prüfen und bei der "Behördenkonferenz" diskutieren. Grundsätzlich gelte aber der Grundsatz, dass sich der Staat in Vereinsangelegenheiten so wenig wie möglich einmischen wolle, betonte sie. Bei strafrechtlichem Verhalten sei die Justiz zuständig.

Gegenüber Grün-Abgeordneter Korun versicherte Mikl-Leitner, das Innenministerium werde ein vor kurzem ergangenes EuGH-Urteil betreffend Familienzusammenführungen von AsylwerberInnen beachten. Die Zahl der mündigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen bezifferte sich mit 530 zum Stichtag 7. November. Dazu kommen 15 unmündige Minderjährige. Sie spüre zwar den Willen der Bundesländer, hier ihre Zuständigkeit wahrzunehmen, meinte Mikl-Leitner, an "Tatkraft" fehle es aber noch. Um allen Kindern, die das wollten, einen Schulbesuch zu ermöglichen, werden kommende Woche in Traiskirchen zwei Klassen eingerichtet, wobei, wie die Ministerin betonte, keiner der 60 angemeldeten Jugendlichen schulpflichtig ist.

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (G) wurde von Mikl-Leitner darüber informiert, dass für die Förderung des Gedenkdienstes im nächsten Jahr 720.000 € zur Verfügung stehen.

Kurz: Integrationsstaatssekretariat ist auf gutem Weg

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz verwies darauf, dass von den 20 Maßnahmen, die der Expertenrat zur Umsetzung des "Nationalen Aktionsplans Integration" vorgeschlagen hat, bereits zehn umgesetzt seien. Bei weiteren neun Maßnahmen sei die Umsetzung in die Wege geleitet worden. Ein Schwerpunkt des Staatssekretariats sind laut Kurz Investitionen in Sprache und Bildung, so würden die Deutschkurse laufend ausgebaut. Zur frühzeitigen Vermittlung österreichischer Werte arbeite man an einer Rot-Weiß-Rot-Fibel. Kurz plant auch, MitarbeiterInnen direkt in Ländern einzusetzen, aus denen traditionell viele MigrantInnen nach Österreich kommen. In einem ersten Probelauf sei bereits ein Mitarbeiter in der österreichischen Botschaft in der Türkei tätig.

Inwieweit die Integrationspolitik erfolgreich ist, soll, so Kurz, durch 25 Integrationsindikatoren überprüft werden. 24 dieser Indikatoren, etwa die Situation am Arbeitsmarkt und die Wohnsituation, sind objektiv messbar und werden von der Statistik Austria erhoben. Dazu komme noch die Entwicklung des Migrationsklimas.

Das Projekt "Zusammen Österreich" wertete Kurz als sehr erfolgreich. Mehr als 150 Rolemodels seien in Schulen unterwegs. Ziel des Projekts ist es, Vorurteile bei der Mehrheitsbevölkerung abzubauen und MigrantInnen zu motivieren. Ausdrücklich verurteilt wurde von Kurz der Satire-Beitrag der Kabarettisten Dirk Stermann und Christoph Grissemann in der ORF-Sendung "Willkommen Österreich", in dem Fußballstar David Alaba verunglimpft wurde. Er habe das alles andere als lustig gefunden, bekräftigte Kurz. (Fortsetzung Budgetausschuss)