Parlamentskorrespondenz Nr. 884 vom 08.11.2012

NR-Sondersitzung: Kampf gegen Korruption geht weiter

Dringliche Anfrage der Grünen, BZÖ-Antrag auf U-Ausschuss zur Hypo

Wien (PK) - Auch nach Ende des Untersuchungsausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen will die Opposition kolportierte Korruptionsfälle weiter im Nationalrat behandeln. Die Grünen verlangten heute daher eine Sondersitzung zum Thema "Politische Korruption in Österreich" und brachten dazu eine Dringliche Anfrage an Justizministerin Beatrix Karl ein. Mit 87 Detailfragen, bezogen auf Thematiken des U-Ausschusses, unterstrichen die Abgeordneten Peter Pilz und Gabriela Moser ihre Erwartungen an die Strafjustiz nach Aufklärung von Korruption in der Politik und Fällen verdeckter Parteienfinanzierung. Bundesministerin Beatrix Karl wurde im Verlauf der Debatte von allen Fraktionen für ihre detaillierte und sachliche Beantwortung gelobt.

Im Rahmen der Diskussion legte die Grüne Fraktion einen Entschließungsantrag vor, dem als Begründung ein 681 Seiten umfassender "Bericht der Grünen über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zur Klärung von Korruptionsvorwürfen" angeschlossen ist. Sie begründen diese Vorgangsweise damit, dass die Regierungsparteien einem schriftlichen Endbericht des Ausschusses nicht zugestimmt hatten. Mit dem gegenständlichen Entschließungsantrag wird die Bundesregierung aufgefordert, die in der Begründung genannten Untersuchungsergebnisse in ihrer Arbeit zu berücksichtigen und insbesondere die sich daraus ergebenden Empfehlungen umzusetzen.

Die Grünen wurden von zahlreichen RednerInnen dafür kritisiert, vertrauliche Unterlagen zu veröffentlichen. Nationalratspräsidentin Barbara PRAMMER stellte fest, aufgrund des Umfangs der Antragsbegründung sei es aus zeitlichen Gründen nicht möglich, rasch zu überprüfen, ob darin vertrauliche Unterlagen enthalten sind. Sie behalte sich daher vor, nach vorheriger Information der Mitglieder der Präsidialkonferenz von einer Veröffentlichung auf der Parlamentswebsite Abstand zu nehmen.

Der Antrag der Grünen verfehlte schließlich aufgrund der Ablehnung durch die anderen Fraktionen die erforderliche Mehrheit im Plenum.

Die Abgeordneten benützten die Debatte auch dazu, nochmals die Anerkennung des "Parlamentsklubs Team Stronach" sowie dessen Vorgeschichte zu thematisieren.

Im Anschluss daran wurde auf Verlangen des BZÖ die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Prüfung "der Notverstaatlichung der Hypo Alpe Adria, der Kommunalkredit AG und der Österreichischen Volksbanken AG" debattiert. Abgeordneter Stefan Petzner stellte den Antrag, die politischen Hintergründe der Notverstaatlichung, deren Sinnhaftigkeit er bezweifelte, in einem weiteren U-Ausschuss zu beleuchten. Dieser Antrag blieb ebenfalls in der Minderheit.

Grüne wollen alle Akten des U-Ausschusses veröffentlichen

Nach Ansicht des Grünen Abgeordneten Peter PILZ sind alle Mitglieder des Untersuchungsausschusses, die gegen einen schriftlichen Bericht über den Verlauf des Untersuchungsverfahrens und die Ergebnisse daraus gestimmt hatten, ihrer gesetzlichen Verpflichtung nicht nachgekommen. Die Geschäftsordnung des Nationalrates sei damit umgangen worden, so Pilz. Er warf außerdem den Regierungsparteien vor, durch das "Abdrehen" des Untersuchungsausschusses hätten sie auch die Durchsicht vieler Akten und Dokumente verhindert, wohl aus Angst, die Aufdeckungsarbeit könne ihnen schaden. Die Grüne Fraktion habe daher neben dem Überblick über die Untersuchungsergebnisse auch im U-Ausschuss unbehandelte Inhalte in eine eigene 680-seitige Zusammenfassung aufgenommen, um diese öffentlich zugänglich zu machen. Damit wolle man ein von allen Fraktionen getragenes Anti-Korruptionsgesetz initiieren und den Kampf gegen Korruption fortsetzen, so der G-Mandatar.

Missstände bei Privatisierungen – Stichwort BUWOG – oder bei öffentlichen Vergaben wie dem Blaulichtfunk sind Pilz zufolge ebenso im inoffiziellen Bericht der Grünen vorhanden wie Fälle mutmaßlicher Korruption und verdeckter Parteienfinanzierung, etwa im Zusammenhang mit der Telekom.

Pilz wertete den vergangenen Untersuchungsausschuss mit sieben Beweisthemen als Stichprobe des "Systems Korruption" in Österreich, das im gesamten Land über Netzwerke von Lobbyisten und PolitikerInnen Fuß gefasst habe. Korrupte Machenschaften seien nicht nur politisch und strafrechtlich verdächtig, sie hätten die Republik bereits um bis zu 10 Mrd. Euro geschädigt, zeigte sich Pilz erzürnt. Er forderte, politische Konsequenzen aus den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses zu ziehen. Angesichts der laufenden Ermittlungen gegen den Bundeskanzler und seinen Staatssekretär, sowie die Infrastrukturministerin und den Umweltminister, befand der Oppositionspolitiker, sei die persönliche politische Verantwortung dieser Mitglieder der Bundesregierung zu hinterfragen. Pilz verlangte daher von der Justizministerin, im Plenum Auskunft über sämtliche strafrechtliche Ermittlungen zu Themen des Untersuchungsausschusses zu geben und auch die dabei Beschuldigten anzuführen, selbst wenn Regierungsmitglieder darunter seien. Ministerin Karl solle Antworten darauf geben, wie korrupt die Republik tatsächlich ist, forderte der Abgeordnete.

Karl: keine Sonderbehandlung bei Korruptionsermittlungen

Sie sei zuallererst dem österreichischen Recht verpflichtet, erwiderte Justizministerin Beatrix KARL darauf, Ermittlungsdetails aus laufenden Verfahren der Staatsanwaltschaft könne sie daher mangels Ermächtigung nicht preisgeben. Veröffentlichungen personenbezogener Daten würden etwa gegen den Grundrechteschutz verstoßen. Insgesamt stelle die Bekanntgabe von Detailinformationen über Ermittlungen eine massive Behinderung der Untersuchungstätigkeit durch StaatsanwältInnen dar. Sie unterstütze die Gerichte bei ihrer lückenlosen Aufklärungsarbeit und sei von Gesetzes wegen für die Ergebniskontrolle bezüglich der korrekten Rechtsanwendung im Sinne eines fairen Verfahrens zuständig, erläuterte Karl.

Die Bundesministerin hielt fest, dass Korruption entschlossen und energisch zu bekämpfen sei und es bei der Aufklärung keine Sonderbehandlungen etwa für Personen des öffentlichen Lebens geben dürfe. Korruption schade nicht nur der Wirtschaft, betonte Karl, auch das Vertrauen der Bevölkerung in Politik und Justiz werde dadurch beschädigt. Das rüttle an zentralen Säulen einer funktionierenden Demokratie. Politik und Justiz müssten daher an einem Strang ziehen, appellierte die Justizministerin an die Abgeordneten und meinte, es liege an der Gesetzgebung, die Rahmenbedingungen für eine unabhängige Rechtsprechung zu schaffen.

Dem Untersuchungsausschuss des Nationalrats zu Korruptionsvorwürfen sei in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle zugekommen, bemerkte Karl, habe dieses Gremium doch den Handlungsbedarf aufgezeigt und zur Bewusstseinsbildung beigetragen. Sie erinnerte an die gute Zusammenarbeit des Ausschusses mit der Staatsanwaltschaft. Man habe beachtet, dass die strafrechtliche Verantwortung durch die Justiz, die politische Verantwortung aber vom Parlament zu klären ist. Als konkrete Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung nannte Karl die Verschärfung des Korruptionsstrafrechts, die Kompetenzausweitung und personelle Verstärkung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft sowie verstärkte Aus- und Fortbildung von RichterInnen und StaatsanwältInnen für komplexe Wirtschaftsverfahren. Mit dem Transparenzpaket, dem neuen Lobbying-Gesetz und dem Gesetz zur Parteienfinanzierung seien Normen geschaffen worden, die für mehr Ehrlichkeit und Anstand in der heimischen Politik und Wirtschaft sorgen sollen, sagte Karl.

Auf die Dringlichen Anfrage bezugnehmend umriss Justizministerin Karl, welcher Verdacht beim jeweiligen Themenkomplex untersucht wird und welche Personen als Beschuldigte angeführt sind. In ihrer Darstellung der justizbehördlichen Tätigkeit machte die Bundesministerin klar, dass in mehreren Fällen Ermittlungen durch die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Untreue bzw. Bestechung laufen. Sie nannte unter anderem das Verfahren gegen die Telekom Gruppe, die verdächtigt wird, durch Zahlungen an PolitikerInnen Gesetze erwirkt zu haben und die Ermittlungen zum Glücksspielgesetz wegen des Verdachts der Bestechung. Im Visier der Justiz seien außerdem die Ostgeschäfte der Telekom und eine rechtswirksame Anklage gebe es gegen jene Personen, die der Kursmanipulationen mit Telekom-Aktien verdächtigt werden. Im Rahmen des Verkaufs der Bundeswohnbaugesellschaften ermittle die Justiz ebenfalls, der Verdacht laute in diesem Verfahren erneut auf Untreue und Bestechung. Karl nannte auch die Namen der Beschuldigten und die Themenfelder anderer Ermittlungsverfahren zu Korruptionsvorwürfen wie Geldwäsche und Schmiergeldzahlungen. So werden dubiose Projektfinanzierungen als Teilaspekte zum Eurofighter-Ankauf derzeit strafrechtlich verfolgt. Weitere Ermittlungsfelder stellen Karl zufolge Medienkooperationen und Werbeschaltungen der Bundesregierung dar, bei denen die Finanzierung über staatsnahe Betriebe getätigt wurde beziehungsweise nicht zu den bestmöglichen Konditionen erfolgt sei oder mutmaßlich zur verdeckten Parteienfinanzierung diente.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) brachte der Justizministerin ihren Dank und ihre Anerkennung für die Beantwortung der an sie gerichteten Fragen zum Ausdruck. Sie habe damit einen guten Beitrag zur Erhöhung des Vertrauens in die Justiz geleistet. Die Zusammenarbeit des Untersuchungsausschusses mit der Justiz habe gut funktioniert, erinnerte die ehemalige Ausschussvorsitzende und sicherte zu, dass sich die Grünen streng an die Vertraulichkeitsbestimmungen der Geschäftsordnung halten und in ihrem Bericht lediglich Zitate aus den Unterlagen des Untersuchungsausschusses verwenden. Diese Vorgangsweise entspreche den verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen. Formell bringen die Grünen ihren 680-Seiten starken Bericht als Entschließungsantrag ein, der die Forderung enthält, Konsequenzen aus den Ergebnissen des Untersuchungsausschusses zu ziehen. An Nationalratspräsidentin richtete Moser die Bitte, den Bericht unverzüglich auf der Homepage des Parlaments zu veröffentlichen.

Forderung nach Minderheitenrecht auf Untersuchungsausschüsse

Die Menschen erwarten sich, dass nach dem Ende des Untersuchungsausschusses nicht nur politische, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen gezogen werden, sagte Moser. Die Menschen wollen, dass Unrecht in einem rechtsstaatlichen Verfahren geahndet werde, daher sei es notwendig, über die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses zu berichten. Denn es wäre schade um die Arbeit des Parlaments und seiner Mitarbeiter, würden aus dem Untersuchungsausschuss keine Konsequenzen gezogen. Zu den politischen Konsequenzen sollten laut Moser die Einführung eines Minderheitenrechts auf Untersuchungsausschüsse sowie die Bereitstellung ausreichender Ressourcen für die Justiz zählen, damit Korruptionsfälle rascher aufgeklärt werden können.  

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) sprach einmal mehr von der Erfolgsgeschichte des Korruptionsuntersuchungsausschusses und wies dabei insbesondere auf die bereits beschlossenen Gesetze hin, die Korruption künftig zumindest erschweren sollen. Er sei für die Information der Bevölkerung über die Ergebnisse des Ausschusses, sagte der Abgeordnete, erinnerte die Grünen aber zugleich an den Berichtsentwurf, über den man am Ende des Untersuchungsausschusses debattiert habe.

Dann setzte sich Jarolim mit den Malversationen der Jahre 2000 bis 2006 auseinander, mit den Steuerhinterziehungen in Millionenhöhe und wies vor diesem Hintergrund die Darstellung des Abgeordneten Pilz zurück, derartige Straftaten mit den Medienverfahren in den Fällen Berlakovich, Faymann und Ostermayer auf eine Stufe zu stellen. Wer angezeigt werde, habe Beschuldigtenstatus und alle damit verbundenen Rechte. Es sei daher zurückzuweisen, Politiker nur deshalb anzuzeigen, um sie hinterher mit der Begründung zum Rücktritt aufzufordern, sie seien Beschuldigte. Kritisch äußerte sich Jarolim schließlich auch gegenüber der Justizministerin, die gegen die Auffassung eines Oberstaatsanwalts die Weisung erteilt habe, ein Verfahren nicht einzustellen.

Vertraulichkeit von Akten wahren

Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) forderte die Grünen dazu auf, die Verfahrensordnung des Untersuchungsausschusses einzuhalten und darauf zu verzichten, Akten zu veröffentlichen, die als vertraulich gelten. Die Grüne Klubobfrau solle sich von Abgeordnetem Pilz nicht ins Unrecht treiben lassen, formulierte der Redner pointiert. Es gehe nicht an, dass die Grünen darüber entscheiden wollen, wem verfassungsrechtliche Schutzrechte zukommen und wem nicht. "Grundrechte dürfen nicht mit Füßen getreten werden", sagte Gerstl. Die Trennung von Justiz, Verwaltung und Politik müsse aufrecht bleiben und dazu gehöre auch der Respekt vor den Rechten Beschuldigter.

Klubobmann Heinz-Christian STRACHE (F) verband seine Grußworte für den neuen Parlamentsklub "Team Stronach" mit Kritik an der Zuerkennung von 2 Mio. € an Klubförderung und sprach sich dafür aus, durch eine Änderung der Geschäftsordnung künftig zu verhindern, dass Klubs gegründet werden, die sich nie einer Wahl gestellt haben.

Er stimme mit Jarolim überein, dass man mit Vorverurteilungen vorsichtig umgehen sollte, sagte der FPÖ-Klubobmann, forderte Jarolim aber zugleich auf, diesen Grundsatz auch in Kärnten gelten zu lassen. Den Regierungsparteien warf Strache vor, den Untersuchungsausschuss abgedreht zu haben, als er ihnen selbst unangenehm wurde. SPÖ und ÖVP haben mit ihrer Mehrheit verhindert, dass die Untersuchung von Korruptionsfällen fortgesetzt werden konnte – das sei Machtmissbrauch. Daher sei es notwendig, ein Minderheitenrecht auf Untersuchungsausschüsse einzuführen und festzulegen, dass Untersuchungsausschüsse nur auf Grund eines Zweidrittelbeschlusses beendet werden können. In seinen weiteren Ausführungen setzte sich Abgeordneter Strache kritisch mit der Politik der Grünen Regierungspartei in Wien auseinander und hielt auch Verbindungen zwischen dem Wiener Echo-Verlag und der Telekom für untersuchungswürdig. Auch den Einfluss der Raiffeisengruppe auf die Gesetzgebung hielt Strache für untersuchungsbedürftig und erinnerte daran, dass es Raiffeisen gelungen sei, die Monopolstellung der Casinos Austria, an denen Raiffeisen beteiligt ist, auf dem österreichischen Glückspielsektor aufrecht zu erhalten. Abschließend brachte Klubobmann Strache einen Entschließungsantrag seiner Fraktion für eine Nulllohnrunde für PolitikerInnen ein. 

Abgeordneter Stefan PETZNER (B) warf Abgeordnetem Pilz vor, mit seiner dringlichen Anfrage einen Weg in die Medien zu suchen, um seinen bei den Grünen umkämpften Listenplatz abzusichern. Auch er, Petzner, sei entschieden gegen die Veröffentlichung vertraulicher Akten mithilfe politischer Anträge. Eine solche Vorgangsweise schade der guten Zusammenarbeit zwischen dem Parlament und der Justiz.

Als einen untersuchungswürdigen Korruptionsfall bezeichnete Petzner einen Geldfluss von 240.000 € von Frank Stronach an eine "FPK-Agentur" im Zusammenhang mit einem Tourismusprojekt der Firma MAGNA in Reifnitz. Es stelle sich die Frage, warum die Herstellung eines Kontakts zwischen einer Firma und Mitgliedern der Landesregierung 240.000 € wert sein soll.

In seiner Würdigung der Arbeit des Untersuchungsausschusses wies Abgeordneter Petzner insbesondere darauf hin, dass die Befragung der Auskunftsperson in der Buwog-Affäre zu strafrechtlichen Ermittlungen seitens der Staatsanwaltschaft geführt habe.

In einer tatsächlichen Berichtigung führte Abgeordneter Martin STRUTZ (F) aus, dass die von Abgeordneten Petzner genannte Agentur nicht der FPK zuzuordnen sei, sondern vom BZÖ gegründet wurde.

Team Stronach wünscht sich gemeinsame Lösungen für Österreich

Klubobmann Robert LUGAR (T) reagierte zunächst auf die Anschuldigungen des Abgeordneten Petzner in Richtung Frank Stronach und forderte ihn auf, seine angeblichen Verdachtsmomente der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Petzners Vorgangsweise schade dem Ansehen der Politik. Auch die Diffamierungen des Abgeordneten Pilz, so der Ausdruck Lugars, seien zurückzuweisen: "Unsere Partei ist von niemandem abhängig". Die Finanzierung des neuen Klubs sei vollkommen transparent, legte Lugar dar und forderte die anderen Fraktionen dazu auf, ihre Finanzierungen ebenso offenzulegen, wie dies beim "Team Stronach" der Fall sei. Die Behauptung, Frank Stronach habe eine Partei gegründet, um Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen, sei schon deshalb falsch, weil es viel einfachere Wege gebe, als eine Partei zu gründen. Frank Stronach sei ein erfolgreicher Unternehmer, der weltweit 15.000 Arbeitsplätze geschaffen habe, 13.000 davon in Österreich, und jetzt gesellschaftspolitisch etwas für Österreich bewegen wolle. "Wir wollen zeigen, dass ein besseres Österreich möglich ist", sagte Klubobmann Lugar. Es gehe darum, den Reformstau aufzulösen für den die Großparteien verantwortlich seien. Lugar appellierte an alle Fraktionen, sich mit seinem Klub zusammenzusetzen und die durchaus nicht leichte Arbeit in Angriff zu nehmen, gemeinsam über die ideologischen Grenzen hinweg Lösungen für Österreich auszuarbeiten. Gelinge dies nicht, werden SPÖ und ÖVP weiterhin Stimmen verlieren und noch viele neue Parteien gegründet werden.

Abgeordneter Werner KOGLER (G) reagierte auf seinen Vorredner und bemerkte dazu, an sich sei nichts gegen die Gründung neuer Parteien einzuwenden, man wolle aber keinesfalls in Österreich amerikanische Verhältnisse haben.

Was das Thema Korruption betrifft so sei man derzeit dabei, die letzten zehn Jahre aufzuarbeiten. Kogler übte daher massive Kritik am "Abdrehen des Untersuchungsausschusses" und forderte eindringlich die Weiterführung der Aufklärung. Es sei beschämend, dass SPÖ und ÖVP vertuschen und damit die Aufklärung verhindern wollen, rief er in Richtung der beiden Koalitionsparteien und warf ihnen vor, durch ihr Vorgehen der Opposition die Möglichkeit genommen zu haben, einen Minderheitenbericht vorzulegen. Der G-Mandatar verteidigte den Entschließungsantrag als "größten Antikorruptionsbericht" und vertrat die Auffassung, dass dieser geschäftsordnungskonform ist, weil darin aus Akten zitiert und ein Zusammenhang hergestellt wird. Kogler gestand auch den Justizbehörden zu, nunmehr besser als früher zu arbeiten. "Wir werden weiter aufklären, und dann kann man in Österreich neu starten" kündigte Kogler an.

Reform des Untersuchungsausschusses notwendig

 

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) verwies auf den mündlichen Bericht über den Untersuchungsausschuss durch Abgeordneten Rosenkranz und forderte die Grünen auf, die Geschäftsordnung einzuhalten. Vertrauliche Akten sind vertraulich zu behandeln, forderte sie unmissverständlich. Harte Kritik übte Steßl-Mühlbacher am "System Pilz", der oftmals Fehlinformation verbreite, indem er entscheidende Passagen weglasse. Die ParlamentarierInnen hätten vielmehr die Aufgabe, so die S-Mandatarin, Aufklärung und Korruptionsbekämpfung zu betreiben, nicht aber sich gegenseitig zu "vernadern" und zu kriminalisieren. Die rechtlichen Grundlagen des Unterausschusses hält Steßl-Mühlbacher für antiquiert und regte an darüber nachzudenken, ob man nicht von vornherein eine Eingrenzung auf einen Untersuchungsgegenstand sowie ein zeitliches Limit für den Ausschuss vornehmen sollte.

Abgeordnete Gabriele TAMANDL (V) schloss sich der Kritik an Abgeordnetem Peter Pilz an und beschuldigte diesen, er sei nur an Kriminalisierung und Vorverurteilung interessiert. Pilz verstecke sich hinter seiner Immunität und trete den Rechtsstaat mit Füßen. Tamandl hält insbesondere den Umgang von Pilz mit Auskunftspersonen für inakzeptabel, da er diese wie Schwerverbrecher behandle. Abgeordneter Gabriela Moser warf sie vor, sich als Vorsitzende des Untersuchungsausschusses am Nasenring von Pilz habe führen zu lassen. Abgeordneten Walter Rosenkranz konzedierte sie, einen hervorragenden mündlichen Bericht geliefert zu haben. Tamandl erinnerte darüber hinaus an die zahlreichen Gesetze, die als Konsequenz des Untersuchungsausschusses beschlossen wurden. Man könne daher den Ausschuss nicht nur im Zusammenhang mit seiner Beendigung bewerten, schloss Tamandl.  

Auch Abgeordneter Walter ROSENKRANZ (F) ging zunächst auf den neuen Klub Team Stronach ein und warnte vor amerikanischen Verhältnissen. Offensichtlich liegen hier zwei BZÖ-Klubs vor, formulierte er, und zwar ein öffentlich rechtlicher Zweig unter Bucher und ein privatwirtschaftlicher Zweig unter Stronach, wobei er die Interpretation "pecunia causa" verwendete.

BZÖ-Abgeordnetem Petzner hielt er vor, bei der Werbeagentur Connect als geschäftsführender Obmann fungiert zu haben und dennoch zu behaupten, von nichts zu wissen. Dieser Vorwurf wurde später von dem Angesprochenen in einer Tatsächlichen Berichtigung zurückgewiesen, da er seinen Aussagen zufolge niemals für die wirtschaftlichen Geschäfte zuständig gewesen ist.

Rosenkranz konnte auch der Argumentation der Grünen nichts abgewinnen und hielt die Tatsache, dass diese ihren Bericht bereits vor der Prüfung durch die Nationalratspräsidentin auf die Website gestellt haben, als eine Desavouierung Prammers. Er räumte jedoch ein, dass man diese Situation hätte vermeiden können, hätte man den Ausschuss weitergeführt. Auch er nahm die Vorgangsweise von Peter Pilz im Untersuchungsausschuss ins Visier und appellierte an die Grünen, sich an die Unschuldsvermutung zu halten. Der Entschließungsantrag enthält seiner Meinung nach nichts als Verdächtigungen, und er konnte auch nicht verstehen, warum in dem gegenständlichen Bericht zwar verdeckte Spenden an ÖVP, FPÖ und BZÖ thematisiert werden, nicht jedoch an die SPÖ Wien.

Positiv bewertete Rosenkranz die Arbeit der Justiz und gab zu bedenken, dass die Sachverhalte in Bezug auf die Wirtschaftskorruption außerordentlich komplex sind, was sehr viel an Zeit koste.

Der U-Ausschuss hat gut gearbeitet

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) kam auf die Werbeagentur Connect zu sprechen und bemerkte dazu, dass in diesem Zusammenhang nur FPK-Politiker als Beschuldigte geführt werden. Er nahm, wie viele seiner VorrednerInnen auch, Bezug auf den neuen Klub, der mit dem Vorwurf des Stimmenkaufs konfrontiert ist, und meinte, es sei bezeichnend, wenn dieser an einem Tag anerkannt werde, wo über Korruption diskutiert wird.

Was den Untersuchungsausschuss betrifft, so hat dieser Widmann zufolge gute Arbeit geleistet. Es sei aber zu bedauern, dass man nicht alles restlos habe aufklären können. Für ihn steht jedenfalls fest, dass man eine Geschäftsordnungsreform braucht und die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu einem Minderheitenrecht werden soll. Den Grünen warf er vor, in unzulässiger und gesetzwidriger Weise aus vertraulichen Akten zu zitieren. Das Verhalten von Peter Pilz stieß bei Widmann auf völlige Ablehnung. Dieser patze nur andere an, vernadere, verhetze und agiere mit Unterstellungen, so Widmann. Im Untersuchungsausschuss habe sich Pilz "diktatorisch aufgeführt", deshalb sei es nicht verwunderlich, dass SPÖ und ÖVP hinsichtlich des Minderheitenrechts zögern.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) stellte sich hinter seinen Klubkollegen Pilz und sah darin einen Ausdruck der "Ohnmacht des politischen Establishments". "Sie machen die Aufdecker zu Tätern", hielt er den anderen Parteien entgegen. Es sei die unermüdliche Arbeit der Grünen und deren Druck gewesen, dass man nun gesetzliche Grundlagen für die Transparenz der Parteispenden geschaffen habe sowie Regelung zu Korruptionsbekämpfung und zum Anfütterungsverbot. Die Aufräumungsarbeiten seien aber noch nicht zu Ende, betonte Steinhauser und verwies auf den Entschließungsantrag und den Bericht der Grünen. Darin werde gefordert, die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht zu gestalten, Vergehen gegen die Bestimmungen über die Parteispenden strafbar zu machen und die Korruptionsstaatsanwaltschaft besser auszustatten.

Abgeordneter Johann MAIER (S) reagierte auf die Ausführungen von Klubobmann Strache hinsichtlich der Vergabe für die Glücksspielkonzession und stellte dazu fest, dass die Konkurrenten mit ihrer Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof nicht durchgekommen sind. Strache versuche sich auch aus der politischen Verantwortung zu stehlen, bemerkte Maier und nannte in diesem Zusammenhang Zahlungen an die Neue Freie Zeitung und an die mediaConnection (Gernot Rumpold). Maier machte auch auf die Möglichkeit aufmerksam, dass in all den laufenden Verfahren ein Privatbeteiligungsanschluss erklärt wird, insbesondere im Fall der BUWOG, des Terminal Tower in Linz und des Justiz Tower. Grundsätzlich warnte Maier vor Korruption als eine eminente Gefahr für die Demokratie.

Abgeordneter Erwin HORNEK (V) erinnerte anhand von Statistiken an die umfangreiche Arbeit und Tätigkeit des Untersuchungsausschusses und thematisierte das Problem der Parallelität von Ausschuss und Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Hinblick auf das Entschlagungsrecht. Die ÖVP habe auch von vornherein Bedenken gegen Abgeordnete Moser als Ausschussvorsitzende gehegt und sei insofern bestätigt worden, als diese am Gängelband von Peter Pilz gehangen sei. Dessen Vorgangsweise bezeichnete Hornek als einen Missbrauch, nur um eine politische Show zu liefern. Seine Behandlung der Auskunftspersonen komme einer Missachtung der Menschenrechte gleich, im Gegensatz dazu habe der Ausschuss großteils sachliche Arbeit geleistet, stellte Hornek fest. Um die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht zu verankern, bedarf es ihm zufolge einer ganzheitlichen Betrachtung. Deutschland könne man nur zum Teil heranziehen, da dort eine andere Diskussionskultur herrsche, argumentierte Hornek. Dort halte man sich an die Vertraulichkeit und dort werde auch ein respektvoller Umgang miteinander gepflogen.

Unschuldsvermutung respektieren

Abgeordneter Gerhard DEIMEK (F) schloss sich der Kritik an Peter Pilz an und nannte dessen Verhalten als "Show des Großinquisitors". Recherchiere man seinen Vorhaltungen nach, dann falle man ohnehin nicht auf ihn herein, meinte Deimek. Der Redner zeigte auch kein Verständnis für Stefan Petzner, der behauptet, als geschäftsführender Obmann von Connect nichts getan zu haben. Abschließend thematisierte Deimek kurz die ÖBB-Inserate und sah die Gefahr, dass es ein paar Bauernopfer geben könne, damit ein Staatssekretär und der Bundeskanzler davonkommen.

Für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses als Minderheitenrecht sprach sich auch Abgeordnete Martina SCHENK (B) aus. Das Verhalten von SPÖ und ÖVP in der Schlussphase bezeichnete sie als fatal. Kritik übte sie überdies an der Veröffentlichung geheimer Akten durch die Grünen unter dem Deckmantel der Immunität. Schenk verteidigte vehement ihre Fraktion gegenüber dem Vorwurf, einer ihrer Mandatare habe Geld erhalten. "Haider und das BZÖ haben keinen Cent bekommen", stellte sie mit Nachdruck fest.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) zeigte sich von der laufenden Debatte enttäuscht. Diese diene keineswegs dem Ansehen der Politik und stärke auch nicht das Vertrauen der Bevölkerung. Anstatt Sachargumente zu bringen, habe es über weite Strecken nur gegenseitige Vorhaltungen gegeben, eine ernsthafte Diskussion über Korruptionsbekämpfung habe nicht stattgefunden. Musiol mutmaßte, dass die anderen mit dieser Vorgangsweise nur ablenken und vertuschen wollen. Dass der Untersuchungsausschuss abgedreht worden ist, daran sind ihrer Meinung nach nicht nur SPÖ und ÖVP schuld, sondern auch FPÖ und BZÖ hätten dazu beigetragen. Die Grünen blieben jedenfalls an der Aufklärung dran, versicherte sie.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) hielt ein Plädoyer für die Respektierung der Unschuldsvermutung sowohl im Untersuchungsausschuss als auch im Strafprozess. Genauso wie in einem strafrechtlichen Prozess ein Angeklagter nicht als Verurteilter gelte, sei eine Auskunftsperson im Untersuchungsausschuss nicht mit einem Täter gleichzusetzen, betonte er. In der Realität laufe es aber so, dass derjenige, der als Beschuldigter geführt wird, gleichzeitig auch als verurteilt gelte, und davon müsse man weg. Man müsse wieder anerkennen, dass Gerichte entscheiden, nicht aber die Staatsanwaltschaft und auch nicht der Untersuchungsausschuss, appellierte er.

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag der Grünen betreffend Konsequenzen aus dem Untersuchungsausschuss zur Klärung von Korruptionsvorwürfen von den anderen Parteien abgelehnt und blieb somit in der Minderheit.

Auch der Entschließungsantrag der FPÖ, in dem gefordert wird, die Politikerbezüge einzufrieren, wurde nur von FPÖ, BZÖ und Team Stronach unterstützt und verpasste somit die erforderliche Mehrheit. (Schluss Dringliche Anfrage/Fortsetzung Sondersitzung)