Parlamentskorrespondenz Nr. 951 vom 21.11.2012

Finanzausschuss legt Basis für Bundesfinanzgericht

Weitere Beschlüsse: Zertifikatshandel und Euro-Zahlungsverkehr

Wien (PK) – Das neue Bundesfinanzgericht wird seine Pforten im Jahr 2014 öffnen und in zweitinstanzlichen Rechtsmittelverfahren im Abgaben-, Zoll- und Finanzstrafrecht an die Stelle des Unabhängigen Finanzsenats treten. Weitere Beschlüsse des Finanzausschusses betrafen Maßnahmen gegen den Missbrauch von Klimaschutzzertifikaten sowie Vorkehrungen für die Einrichtung des Eurozahlungsverkehrsraums SEPA. Unter Hinweis auf noch zu klärende Fragen unterbrach Ausschussobmann Günter Stummvoll (V) danach die Sitzung und kündigte die Wiederaufnahme und Behandlung der restlichen elf Tagesordnungspunkte für 29. November um 10 Uhr an.     

Das Bundesfinanzgericht öffnet seine Pforten im Jänner 2014

  

Im Zuge der Reform der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll das Bundesfinanzgericht am 1. Jänner 2014 seine Tätigkeit aufnehmen. Das neue Gericht soll an die Stelle des unabhängigen Finanzsenates treten und das zweitinstanzliche Rechtsmittelverfahren für das vom Bund zu vollziehende Abgabenrecht, Zollrecht und Finanzstrafrecht wahrnehmen. Der Entwurf für ein Bundesfinanzgerichtsbarkeitsgesetz (2007 d.B.) mit Zielsetzungen und Organisationsregeln für das Bundesfinanzgericht passierte den Ausschuss mit den Stimmen der Regierungsparteien.

Kritik an der Vorlage kam in der Debatte von den Vertretern der Oppositionsparteien. Abgeordneter Peter Westenthaler (B) sah in der Einführung des Bundesfinanzgerichts keinerlei echte Reform in Richtung einer Vereinheitlichung der Verfahren und erinnerte zudem an diesbezügliche Bedenken, die der Verwaltungsgerichtshof in seiner Stellungnahme geäußert hatte. Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) ortete Defizite bei der Transparenz und befürchtete überdies eine weitere Aufblähung der Verwaltung. Ablehnend äußerte sich auch Abgeordneter Bruno Rossmann (G), der zwar grundsätzlich die Einführung des zweistufigen Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht begrüßte, die Objektivierung der Bestellung des Präsidenten aber nicht gewährleistet sah und vor zu geringer Unabhängigkeit des Gerichts und zu großer Machtakkumulation beim Finanzministerium warnte.

Staatssekretär Andreas Schieder wertete die Umwandlung des unabhängigen Finanzsenates in ein Bundesfinanzgericht hingegen als großen Schritt bei der Verwaltungsreform und erwartete sich vor allem bessere und schnellere Entscheidungen. Mit Nachdruck betonte er, die Vorlage sei sehr wohl auf die Kritikpunkte des Verwaltungsgerichtshofs eingegangen.

Maßnahmen gegen Marktmissbrauch bei Klimazertifikaten

Eine mit S-V-G-B-Mehrheit verabschiedete Änderung des Börsegesetzes (2006 d.B.) dient der Anwendung der EU-Verordnung über den zeitlichen und administrativen Ablauf der Versteigerung von Treibhausgasemissionszertifikaten. Geregelt wird auch die Bekämpfung von Marktmissbrauch beim Handel von Treibhausgasemissionszertifikaten. Zwei-Tage-Spots und Fünf-Tage-Futures können entweder auf einer EU-Auktionsplattform oder auf nationalen Auktionsplattformen versteigert werden. Für die Aufsicht ist die Finanzmarktaufsicht (FMA) zuständig.

Begrüßt wurde die Vorlage seitens der Vertreter von SPÖ, ÖVP, BZÖ und Grünen. Abgeordnete Petra Bayr (S) hob die Einführung eines europaweiten, transparenten Systems als positiv hervor, während Abgeordneter Hermann Schultes (V) vor allem den Sicherheitsaspekt beim Emissionshandel ansprach. Abgeordneter Bruno Rossmann (G) unterstützte die Änderungen ebenso wie Abgeordneter Rainer Widmann (B), beklagte aber, die Hauptemittenten Eisen und Stahl, Zement und Papier wären von den Bestimmungen nach wie vor ausgenommen.

Einheitlicher Euro-Zahlungsverkehrsraum mit IBAN und BIC

Einstimmigkeit bestand bezüglich einer Änderung des Zahlungsdienstegesetzes (1987 d.B.), die nationale Begleitmaßnahmen zur Einrichtung des Euro-Zahlungsverkehrsraums SEPA (Single Euro Payment Area) vorsieht und rechtliche und technische Anforderungen regelt. Konkret bildet die Novelle u.a. die Grundlage für IBAN und BIC.

Staatssekretär Andreas Schieder erwiderte auf entsprechende Bedenken des Abgeordneten Rainer Widmann (B), IBAN und BIC seien zwar mühsam, die Bankkunden würden sich aber schnell daran gewöhnen, zumal die Systematik bloß in einer Zusammenführung von Kontonummer und Bankleitzahl bestehe. Im Übrigen ging Schieder nicht davon aus, dass es, wie Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) befürchtete, nun zu einer Erhöhung der Kontoführungskosten kommen werde. Durch Vereinfachungen bei den internationalen Überweisungen sei eher mit einer Kostensenkung zu rechnen, meinte er.

Verärgerung der Opposition über Terminplanung von Ausschüssen

Die Entscheidung, die Sitzung nach den ersten drei Tagesordnungspunkten zu unterbrechen und am 29. 11. wieder aufzunehmen, sorgte für Verärgerung bei den Oppositionsparteien. Abgeordneter Werner Kogler (G) übte heftige Kritik an der Terminplanung, führte die ständigen Änderungen der Tagesordnungen auf Drängen der Regierung zurück und sprach von einem "Nasenringparlament". Abgeordneter Peter Westenthaler (B) zeigte sich ebenso wie Abgeordneter Elmar Podgorschek (F) empört über die Vorgangsweise hinsichtlich der Tagesordnungen bei Ausschusssitzungen und stellte fest, das Parlament schaffe sich selbst ab und hänge bloß am Gängelband der Regierung.

Abgeordneter Peter Michael Ikrath (V) wies die Vorwürfe zurück, meinte aber, in einer Regierungskoalition sei das Spannungsverhältnis eben größer als in einer Oppositionspartei. Abgeordneter Kai Jan Krainer (S) erklärte die Verschiebung der restlichen Tagesordnungspunkte mit einem erst gestern eingelangten Vorschlag der Regierung betreffend die Bereiche Ausfuhrförderung und Trafikanten. Verständnis für die Verärgerung der Opposition äußerte Ausschussobmann Günter Stummvoll (V), der allerdings den Ausdruck  "Nasenringparlament" scharf zurückwies. Die Schwierigkeiten, die letztlich zur Unterbrechung der Sitzung geführt haben, würden sich bei zwei Initiativen des Parlaments ergeben. Dies allein sei schon Zeichen für die Eigenständigkeit der Abgeordneten, meinte er.

(Schluss)