Parlamentskorrespondenz Nr. 992 vom 27.11.2012

Bundesverwaltungsgericht soll wie geplant Anfang 2014 starten

Einhellige Zustimmung im Verfassungsausschuss zu Organisationsgesetz

Wien (PK) – Der Nationalrat hat bereits im Mai beschlossen, die Verwaltungsgerichtsbarkeit zu reformieren und ab dem Jahr 2014 elf neue Verwaltungsgerichte erster Instanz – neun in den Ländern und zwei beim Bund – einzurichten. Damit das Bundesfinanzgericht und das Bundesverwaltungsgericht ihre Arbeit tatsächlich aufnehmen können, müssen aber noch konkrete organisations- und verfahrensrechtliche Bestimmungen sowie Überleitungsregelungen beschlossen werden. Das Organsiationsgesetz für das Bundesfinanzgericht hat den Finanzausschuss des Nationalrats schon in der vergangenen Woche passiert (siehe PK-Nr. 951/2012), heute gab der Verfassungsausschuss grünes Licht für das Bundesgesetz über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts.

Der Beschluss im Ausschuss fiel einstimmig, wobei ein mitberücksichtigter Abänderungsantrag vorwiegend gesetzestechnische Korrekturen enthält. Außerdem wird in Anlehnung an das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Kartellgesetz ausdrücklich festgeschrieben, dass die vorgesehenen fachkundigen Laien- und ErsatzrichterInnen in Ausübung ihres Amtes unabhängig sind und alle mit dem Richteramt verbundenen Befugnisse haben. Über einen weiteren Gesetzentwurf mit detaillierten Verfahrensregelungen und notwendigen Übergangsbestimmungen wollen die Ausschussmitglieder Ende kommender Woche beraten.

Abgeordnete: Qualität der RichterInnen besonders wichtig

Das Organisationsgesetz wurde im Rahmen der Debatte grundsätzlich von allen Fraktionen begrüßt. Allerdings äußerte Abgeordneter Herbert Scheibner (B) die Befürchtung, dass durch ein eigenes Organisationsgesetz für jedes Verwaltungsgericht das Dienst- und Organisationsrecht zersplittert werde. Damit trete genau das ein, was man eigentlich vermeinden wollte, beklagte er. Scheibner sprach sich überdies dafür aus, Druck auf die Länder auszuüben, damit das Ziel eines einheitlichen Richterbildes für Verwaltungsrichter und Richter an ordentlichen Gerichten nicht verloren geht. Wenn man dieser Frage nicht von Anfang an ausreichend Augenmerk schenke, werde es später schwer werden, Aufsplitterungstendenzen wieder umzukehren, mahnte er.

Ähnliche Gefahren sieht auch Abgeordneter Peter Fichtenbauer (F). Für ihn sind Aus- und Fortbildungsvorgaben für VerwaltungsrichterInnen in Anlehnung an die Richterausbildung ein unabdingbares Muss, um die Qualität an den Verwaltungsgerichten sicherzustellen. Vor allem in der Verhandlungsführung ortet er großen Nachschulungsbedarf für UVS-Mitglieder, die an die Verwaltungsgerichte wechseln wollen. Fichtenbauer wertete es in diesem Zusammenhang als vollkommen inakzeptabel, wie derzeit an manchen UVS mit Parteien umgegangen werde. Generell hob er hervor, dass eine mündliche Verhandlung und eine schriftliche Urteilsausfertigung zu den Wesensarten der österreichischen Rechtskultur gehörten.

Seitens der Grünen zeigte sich Abgeordnete Daniela Musiol darüber erfreut, dass auch einige Anregungen ihrer Fraktion, etwa die Einrichtung einer Kommission für die Auswahl des Gerichtspräsidenten, in die Gesetzesnovelle aufgenommen wurden. Bei der notwendigen Änderung der Materiengesetze wird man ihr zufolge darauf achten müssen, wie sich die fachspezifischen Senate zusammensetzen. Was das Dienstrecht betrifft, hofft Musiol, dass es zu keinen unterschiedlichen Regelungen für die Verwaltungsgerichte in den Ländern und das Bundesverwaltungsgericht kommt.

Ausschussobmann Peter Wittmann (S) bekräftigte das Ziel, möglichst rasch ein einheitliches Richterbild zu erreichen. Der Erfolg der Verwaltungsgerichte werde schließlich maßgeblich von der Qualität der RichterInnen abhängen, ist er überzeugt. Derzeit ortet Wittman zum Teil enorme Unterschiede bei den Unabhängigen Verwaltungssenaten, nicht alle Entscheidungen entsprechen seiner Meinung nach der von Gerichten geforderten Qualität.

Abgeordneter Wolfgang Gerstl (V) drängte darauf, die Personalauswahl bei den Verwaltungsgerichten der Länder nach gleichen objektiven Kriterien zu gestalten wie beim Bundesverwaltungsgericht.

Ostermayer: Mehr als 100 Materiengesetze müssen geändert werden

Staatssekretär Josef Ostermayer unterstrich, man sei mit der Einrichtung der Verwaltungsgerichte erster Instanz "insgesamt gut in der Zeit". Die Organisation des Bundesverwaltungsgerichts sei aufgrund positiver Erfahrungen jener des Asylgerichtshofs nachgebildet, skizzierte er. Ostermayer ist zuversichtlich, dass das Gericht am 1. Jänner 2014 voll funktionsfähig sein wird. Die Anmietung eines Gebäudes stehe unmittelbar bevor, nächster Schwerpunkt seien die Personalaufnahmen.

Bis Ende 2013 müssen laut Ostermayer darüber hinaus mehr als 100 Materiengesetze geändert werden. Was die VerwaltungsrichterInnen betrifft, sieht der Staatssekretär die Gleichwertigkeit mit RichterInnen an ordentlichen Gerichten als Ziel, um auch einen Wechsel zwischen ordentlichen Gerichten und Verwaltungsgerichten zu ermöglichen.

Der Leiter des Asylgerichtshofs Harald Perl wies darauf hin, dass beim Asylgerichtshof bereits jetzt großer Wert auf Qualitätsmanagement und Weiterbildung gelegt werde.

Bundesverwaltungsgericht wird drei Außenstellen haben

Laut Bundesverwaltungsgerichtsgesetz wird das Bundesverwaltungsgericht, das auch die Aufgaben des Asylgerichtshofs übernimmt, seinen Sitz in Wien haben sowie über Außenstellen in Graz, Innsbruck und Linz verfügen. Der Präsident, der Vizepräsident und die übrigen RichterInnen werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Regierung ernannt, wobei im Falle des Präsidenten und des Vizepräsidenten ein zwingendes Hearing vor einer Kommission, der unter anderem auch die PräsidentInnen der Höchstgerichte angehören, vorgesehen ist. Für die sonstigen Mitglieder muss die Regierung einen Dreiervorschlag des Personalsenats des Gerichts einholen. Die Mitglieder des Asylgerichtshofs werden mit 1. Jänner 2014 automatisch zu Mitgliedern des Bundesverwaltungsgerichts, weitere Sonderbestimmungen gibt es für die Mitglieder des Bundesvergabeamtes.

Das Bundesverwaltungsgericht soll in der Regel durch EinzelrichterInnen entscheiden. Für bestimmte Materien können aber auch Senatsentscheidungen vorgesehen werden. Ebenso ist die Einbeziehung fachkundiger LaienrichterInnen – sie werden für jeweils sechs Jahre bestellt und üben ihr Amt ehrenamtlich aus –, sowie der Einsatz von RechtspflegerInnen gestattet. Erkenntnisse und Beschlüsse, die nicht bloß verfahrensleitend sind, sind in anonymisierter Form im Rechtsinformationssystem des Bundes (RIS) zu veröffentlichen.

Regierung rechnet mit rund 33.000 Rechtssachen jährlich

Die Regierung geht laut Erläuterungen von einem jährlichen Anfall von rund 33.000 Rechtssachen beim Bundesverwaltungsgericht aus, darunter 10.000 aus dem Bereich Asyl und 8.000 aus dem Bereich Fremdenwesen. Basierend auf diesen Annahmen ist ein Personalstand von 450 Personen vorgesehen. Gleichzeitig werden bei den aufgelösten unabhängigen Bundesbehörden 144 Personen eingespart. Als einmalige "Anstoßfinanzierung" für das Bundesverwaltungsgericht sind 4 Mio. € eingeplant.

In einer Ausschussfeststellung wird ausdrücklich festgehalten, dass der Entwurf der Geschäftsverteilung auch den fachkundigen LaienrichterInnen zur Verfügung gestellt werden soll, um ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Zudem geht der Verfassungsausschuss davon aus, dass RechtspflegerInnen am Bundesverwaltungsgerichts hauptsächlich zur Unterstützung der rechtsprechenden Tätigkeit des Gerichts herangezogen werden. In Fragen kommen demnach vorrangig der Schriftverkehr mit Berhörden und anderen Gerichten sowie Aktenvorlagen und die Erledigung von Gebührenangelegenheiten.  (Schluss Verfassungsausschuss)