Parlamentskorrespondenz Nr. 993 vom 27.11.2012

Österreich unterstützt Beobachterstatus Palästinas bei UNO

Diskussion über Außenpolitischen Bericht im NR-Ausschuss

Wien (PK) – Österreich wird bei der kommenden UNO-Generalversammlung dafür stimmen, dass Palästina den Beobachterstatus erhält. Darüber informierte heute Vizekanzler Michael Spindelegger die Mitglieder des Außenpolitischen Ausschusses im Rahmen der Debatte über den Außenpolitischen und Europapolitischen Bericht 2011. Diese Vorgangsweise sei auch mit dem Bundespräsidenten abgestimmt, betonte er. Beobachterstatus bedeute weder Anerkennung Palästinas als eigener Staat noch Vollmitgliedschaft bei den Vereinten Nationen, unterstrich Spindelegger. Der neue Status ebne aber den Weg für die Aufnahme von Verhandlungen mit Israel ohne Vorbedingung. Dies habe Präsident Mahmud Abbas zugesagt.

Die Vorgangsweise wurde mit Ausnahme der FPÖ von allen anderen Fraktionen unterstützt. Ausschussvorsitzender Josef Cap (S) begrüßte die Haltung Österreichs ausdrücklich. Es entspreche der heimischen Tradition, sich im arabischen Raum sowie gegenüber Israel als Gesprächspartner anzubieten. Österreich erweise sich damit einmal mehr als Land, das sich nicht davor scheue, Standpunkt zu beziehen und eine gestaltende Außen- und Friedenspolitik zu betreiben. Die Existenzsicherung Israels stehe dabei im Zentrum der Überlegungen, sagte Cap. Er zeigte sich überzeugt davon, dass die Aufwertung Palästinas bei der UNO die gemäßigten Kräfte in Palästina stärken werde. Den Antrag bewertete der SPÖ Klubobmann als einen wichtigen Schritt in Richtung der angestrebten Zwei-Staaten-Lösung.

Dem stimmten die Abgeordneten Werner Amon (V), Alev Korun (G), Christine Muttonen (S) und Herbert Scheibner (B) vollinhaltlich zu. Amon meinte, Österreich habe immer eine klare politische Position vertreten, die dem Friedensprozess eine Chance gebe. Die Aussage von Präsident Abbas unterstreiche die Richtigkeit des österreichischen Weges. Muttonen sprach in diesem Zusammenhang von einer Symbolkraft für die arabische Welt. Abgeordnete Korun bekräftigte in ihrer Stellungnahme das Existenzrecht Israels als unumstrittenen Punkt und hielt auch die Zwei-Staaten-Lösung für das richtige Konzept. Es müsse eine nationalstaatliche Lösung für Palästina geben, ergänzte dazu Abgeordneter Scheibner, denn darin liege der Schlüssel für eine friedliche Koexistenz. Die Verhandlungen müssten aber gleichberechtigt und auf gleicher Augenhöhe geführt werden, so der B-Mandatar. Die Bevölkerung wolle auf beiden Seiten Frieden, sagte Scheibner, auf beiden Seiten gebe es aber auch "Zündler". Besorgnis äußerte er hinsichtlich des Erstarkens der Hamas und des schwindenden Einflusses von Präsident Abbas.

Lediglich die FPÖ meldete Bedenken an. So plädierte Abgeordneter Harald Vilimsky für eine Position der Äquidistanz und appellierte, bei der bevorstehenden Abstimmung in der Generalversammlung eine neutrale Position einzunehmen. Die Zwei-Staaten-Lösung habe bisher nicht funktioniert, weshalb Vilimsky dafür eintrat, die Ein-Staaten-Lösung zu forcieren, wo es nur eine Kategorie von Bürgerinnen und Bürgern mit gleichen Rechten und Pflichten gibt.  

Lage in Ägypten ist besorgniserregend

Der Außenpolitische Bericht wurde von allen Ausschussmitgliedern unisono gelobt und bei der Abstimmung mit S-V-G-B Mehrheit zur Kenntnis genommen. Die FPÖ begründete ihre Ablehnung mit inhaltlicher Divergenz zu außenpolitischen Schwerpunkten der österreichischen Bundesregierung. Für Abgeordneten Johannes Hübner (F) wird vor allem das europapolitische Bild zu einseitig positiv im Bericht gezeichnet.

In der Diskussion stand die Situation im arabischen Raum, vor allem in Ägypten und Syrien, im Vordergrund der Debatte. Als besorgniserregend bezeichnete der Außenminister die Lage in Ägypten. Dort sei der Tourismus eingebrochen, der Präsident regiere mit allen Vollmachten, was Spindelegger als äußerst bedenklich beurteilte. Der Plan sei, in nächster Zeit einen Entwurf für eine Verfassung vorzulegen, ein Referendum darüber abzuhalten und dann Wahlen auszuschreiben. Er reagierte damit auf Wortmeldungen der Abgeordneten Christine Muttonen (S), Andreas Karlsböck (F) und Herbert Scheibner (B). Scheibner hatte zuvor angemerkt, dass man hinsichtlich des arabischen Frühlings zu euphorisch gewesen sei. Man sollte sich die Gruppen sehr genau anschauen, die man unterstützt, merkte er an.

Wenig Hoffnung auf baldige Lösung des Syrien-Konflikts

Was Syrien betrifft, so zeigte sich der Außenminister gegenüber Zweitem Nationalratspräsidenten Fritz Neugebauer wenig zuversichtlich, zumal er im UNO-Sicherheitsrat keine große Bewegung von China und Russland erkennen kann. Es genüge auch nicht allein, einen Diktator abzusetzen, hielt Spindelegger fest und fügte hinzu, das syrische Oppositionsbündnis sei aus seiner Sicht nicht als die alleinige Vertretung Syriens anzusehen, sondern nur als eine Vertretung diese Landes. Das Bündnis habe keine ausreichende Verbreitung innerhalb aller syrischen Bevölkerungsgruppen, begründete er seine Haltung.

Sorge bereiten ihm auch die UNO-Soldaten am Golan. Gemeinsam mit dem Verteidigungsminister habe er mit den heimischen Soldaten direkten Kontakt aufgenommen und man werde sehr genau beobachten, wann und ob es noch zu verantworten ist, diese dort zu belassen.

Vizekanzler Spindelegger verteidigte im Rahmen der Diskussion abermals das König-Abdullah-Zentrum in Wien und sah darin eine Chance, Wien als Drehscheibe für interkulturellen und interreligiösen Dialog zu positionieren. Selbstverständlich müsse man dafür ein strategisches Konzept entwickeln, wobei die Zivilgesellschaft eingebunden werden sollte.

EZA-Mittel sollen angehoben werden

Die Abgeordneten Christine Muttonen (S) und Judith Schwentner (G) thematisierten auch die Rolle und die Rechte von Frauen in Entwicklungsländern und Krisengebieten, wobei der Außenminister bestätigte, dass man bei Projekten ein besonderes Augenmerk auf diesen Punkt lege. Er sagte auch zu, sich im Sinne des einstimmig angenommenen Entschließungsantrags im Nationalrat für eine Erhöhung der Mittel für die Entwicklungszusammenarbeit einzusetzen. Dies sei aber nur innerhalb des Budgetrahmens möglich, bemerkte er gegenüber Abgeordneter Judith Schwentner (G). Er bekräftigte darüber hinaus, dass man in Zukunft bei der EZA noch mehr um politische Kohärenz bemüht sein werde, insbesondere auch was die Landwirtschaft und die Umwelt betrifft. Alle Entschließungsanträge, die das Parlament fasse, würden sehr ernst genommen, versicherte Spindelegger, auch jene zu Syrien, Nigeria und dem Iran. Man versuche nach Möglichkeit, diese umzusetzen. Auch in Bezug auf den Klimaschutz müsse man sich national und international stärker vernetzen, meinte er gegenüber Abgeordnetem Hannes Weninger (S).

Nachdem Abgeordnete Alev Korun (G) von einer Schieflage im Verhältnis von Wirtschaftsbeziehungen und Menschenrechten gesprochen hatte – sie nannte dabei insbesondere China, Russland, Kasachstan und Aserbeidschan – hielt der Außenminister fest, die österreichische Außenpolitik berücksichtige immer beide Aspekte. Die Fragen der Menschenrechte hätten bei den bilateralen Gesprächen immer Priorität. In diesem Zusammenhang wurde einmal mehr das Urteil über die Gruppe Pussy Riot thematisiert. Spindelegger hatte dieses als unverhältnismäßig kritisiert, und er wiederholte unter Hinweis auf die EMRK seine Auffassung auch im Ausschuss als Reaktion auf die Wortmeldungen der FPÖ-Abgeordneten Johannes Hübner und Andreas Karlsböck. Beide gaben zu bedenken, dass die Frauen nicht wegen ihrer Kritik an Putin verurteilt worden seien, sondern weil sie vor dem Altar etwas mit obszönem und blasphemischem Inhalt zum besten gegeben hätten.

Der Vizekanzler bekräftigte in der Debatte auch das österreichische Engagement zur weltweiten Abrüstung und berichtete über einen erfolgreichen Antrag auf Initiative Österreichs in der UNO-Generalversammlung. Hier sei auch der amerikanische Präsident beim Wort zu nehmen, der sich bereits vor zwei Jahren dafür eingesetzt habe, meinte Spindelegger.

Den kürzlich im Nationalrat angenommenen Antrag zum Waffenhandelsvertrag bezeichnete der Außenminister als eine gute Grundlage für weitere Verhandlungen.

Europapolitische Themen kamen in der Debatte ebenfalls nicht zu kurz. Besonderen Wert lege man auf kulturelle und wissenschaftliche Zusammenarbeit auch im Rahmen der Donauraumstrategie, bemerkte er gegenüber Abgeordneter Katharina Cortolezis-Schlager (V). Der Pakt für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung, den Abgeordnete Renate Csörgits (S) angesprochen hatte, werde in Österreich umgesetzt, sagte er. Man werde aber in Hinkunft darüber nachdenken müssen, ob man nicht solche Übereinkommen verbindlich gestaltet. Hinsichtlich des EU-Budgets unterstrich der Außenminister gegenüber den Abgeordneten Andreas Karlsböck (F) und Herbert Scheibner (B) seine Position, wonach sich die EU im Bereich ländliche Entwicklung und Rabatt bewegen muss. (Fortsetzung Außenpolitischer Ausschuss)