Parlamentskorrespondenz Nr. 995 vom 27.11.2012

Russland gibt Esterhazy-Büchersammlung zurück

Antrag zur Südtiroler faschistischen Mahnmälern vertagt

Wien (PK) - Auf der Tagesordnung des Außenpolitischen Ausschusses standen außerdem das Internationale Übereinkommen hinsichtlich der Haftung für Verschmutzungsschäden, die durch das Ausfließen von Bunkeröl aus Seeschiffen verursacht werden (Bunkeröl-Übereinkommen), ein Abkommen mit der Russischen Föderation über die Rückgabe der Esterházy'schen Büchersammlung an Österreich und ein Ernährungshilfe-Übereinkommen, durch das die Nahrungsmittelhilfe flexibler und bedarfsgerechter gestaltet werden soll. Die Vorlagen passierten den Ausschuss einstimmig.

Einstimmig angenommen wurden des Weiteren zwei Entschließungsanträge, in denen sich die Abgeordneten aller im Ausschuss vertretenen Parteien für Maßnahmen gegen modernen Landraub in Entwicklungsländern sowie für die Unterzeichnung des Berichts des Weltagrarrates einsetzen. Sie folgten dabei dem Bericht des Unterausschusses. Ebenso passierte die S-V-G-B-Initiative für die Rechte und Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung in der Entwicklungszusammenarbeit den Ausschuss einstimmig. Der Antrag betreffend Umwidmung und Umgestaltung der Südtiroler faschistischen Relikte in Mahnmäler wurde mit S-V-F-Mehrheit vertagt. Man will sich hier noch mit dem Südtiroler Landtag genauer abstimmen.

Büchersammlung Esterházy kommt nach Österreich zurück

Große Freude herrschte unter den Abgeordneten über die Rückgabe der Büchersammlung Esterházy. Zu Ende des Zweiten Weltkriegs wurden Bestände aus Sammlung aus österreichischem Territorium von der sowjetischen Armee ins Gebiet des heutigen Russland verbracht. In einem Abkommen mit Österreich, das 15 Jahre lang verhandelt worden war, verpflichtet sich die Russische Föderation nun, innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten die Bücher an Österreich zurückzugeben. Die Bibliothek, deren Bestände bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen und u.a. wertvolle Ausgaben der Schriften Martin Luthers umfassen, zählt zu den bedeutendsten Büchersammlungen Österreichs.

Außenminister Michael Spindelegger bestätigte Abgeordneter Christine Muttonen (S) und Abgeordneter Katharina Cortolezis-Schlager (V), dass die Sammlung auch öffentlich zugänglich sein werde. Das habe ihm die Stiftung versichert.

Ernährungshilfe-Übereinkommen wird flexibler und bedarfsgerechter

Das Abkommen erhielt ebenso einhellige Zustimmung wie das nunmehr unbefristet gestaltete Ernährungshilfe-Übereinkommen. Dieses trägt dem Umstand Rechnung, dass die landwirtschaftliche Erzeugung weltweit bis 2050 um 70 % gesteigert werden muss, um die erwarteten neun Milliarden Menschen zu ernähren. Angesichts der steigenden Zahl an unterernährten Menschen und neuer Herausforderungen durch den Klimawandel seien neue, bedarfsgerechte Lösungen gefragt, um den Notleidenden langfristig eine Perspektive zur Erreichung der Ernährungssouveränität zu bieten, betonte Abgeordneter Franz Glaser (V). In diesem Sinn markiert das Abkommen einen Übergang von einer geberorientierten Nahrungsmittelhilfe hin zu einer flexibleren, bedarfsorientierten Ernährungshilfe mit einem Produktkatalog und anrechenbaren Aktivitäten. Es ist zudem unbefristet konzipiert und sieht Möglichkeiten der Kündigung, des Rücktritts oder der Evaluierung vor.

Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber (G) bedauerte, dass es keine Minimalvereinbarungen gibt, worauf der Außenminister bemerkte, das Übereinkommen sei ein Kompromiss, mehr sei nicht erreichbar gewesen.

Antrag zu Südtiroler faschistischen Mahnmälern und Relikten vertagt

In weiterer Folge standen vier Entschließungsanträge zur Debatte, die im Südtirol-Unterausschuss bzw. im Unterausschuss zu Fragen der Entwicklungszusammenarbeit vorbehandelt wurden.

Dabei ging es zunächst um den  Antrag der Abgeordneten Hermann Krist (S), Hermann Gahr (V), Alexander Van der Bellen (G) und Gerhard Huber (B), in dem der Außenminister ersucht wird, im Rahmen seiner bilateralen Kontakte mit Italien die Bemühungen der Südtiroler Landesregierung zur Umwidmung und Umgestaltung faschistischer Relikte in Gedenkstätten und Mahnmale zu unterstützen. Der Antrag wurde schließlich mit S-V-F-Mehrheit vertagt, nachdem Abgeordneter Werner Neubauer (F) darauf aufmerksam gemacht hatte, dass der Südtiroler Landtag inzwischen eine andere und weitreichendere Lösung präferiere. Die Abgeordneten Gisela Wurm (S) und Werner Amon (V) sprachen sich daraufhin für eine nochmalige Prüfung und Abstimmung mit Südtirol aus. Abgeordnete Alev Korun (S) sowie Abgeordneter Herbert Scheibner (B) wiederum meinten, der Antrag sei weit genug gefasst und sollte nicht noch länger hinausgezögert werden. 

Rechte von Menschen mit Behinderung in der EZA stärken

Die Abgeordneten Ulrike Königsberger-Ludwig (S), Franz-Joseph Huainigg (V), Judith Schwentner (G) und Gerhard Huber (B), Franz Glaser (V) und Petra Bayr (S) wiederum wollen im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) den Rechten und Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen auch besonderes Augenmerk schenken und ersuchen den Außenminister, weiterhin Initiativen im Rahmen der UNO zur Stärkung von Rechten dieser Menschen zu unterstützen. Sie halten es in diesem Zusammenhang für notwendig, das EZA-Gesetz 2003 zu überprüfen mit dem Ziel, die Rechte von Menschen mit Behinderung sinnvoll umzusetzen. (1900/A[E]) Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

Massive Kritik an modernem Landraub

Massiv kritisieren die Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G), Petra Bayr (S), Franz Glaser (V), Gerhard Huber (B) und Andreas Karlsböck (F) die neue Art der Landnahme, die als "Offshore Farming" oder "Land Grabbing" bezeichnet wird, wobei sich Länder wie Saudi-Arabien, Korea oder China riesige Flächen im Ausland sichern, um sie für die heimische Nahrungsmittel- und Agrarstoffproduktion zu nutzen. Auch private Investoren entdecken Land zunehmend als gewinnbringende Anlage. All dies hat eine massive Landverteilung zu Lasten der Ärmsten zur Folge und ist meist mit Menschenrechtsverletzungen verbunden, halten die ParlamentarierInnen in ihrem Entschließungsantrag fest.

Sie fordern daher die Bundesregierung auf, diesen negativen Formen der Landnahme aktiv und konsequent entgegen zu treten und sich auf UN-Ebene für international verbindliche Standards beim Ankauf und bei der Pacht von Land sowie für Sanktionsmöglichkeiten einzusetzen. Auch soll im Rahmen der EZA der Schwerpunkt "Ländliche Entwicklung" ausgebaut werden. Der zu diesem Antrag vorliegende Text, der auf einem ursprünglichen Antrag der Grünen beruht, wurde einstimmig angenommen.

Unterstützung für ökologische und sozial gerechte Landwirtschaft

Ebenfalls einhellige Zustimmung fand schließlich ein Antrag der Abgeordneten Wolfgang Pirklhuber (G), Petra Bayr (S), Franz Glaser (V), Gerhard Huber (B) und Andreas Karlsböck (F), zur Unterstützung des Weltagrarberichts. Auch diese Initiative war ursprünglich von den Grünen ausgegangen und fand in geänderter Form nun die Zustimmung aller im Ausschuss vertretenen Fraktionen.

Der von der Weltbank und der FAO initiierte Weltagrarbericht gilt als versuch, zur Umsetzung des Ansatzes einer ökologisch nachhaltigen und sozial gerechten Landwirtschaft im Hinblick auf die Absicherung der Existenzgrundlagen armer Bevölkerungsgruppen und vor allem von Frauen beizutragen. Die zuständigen Mitglieder der Bundesregierung werden daher aufgefordert, sich auf allen Ebenen für Nachhaltigkeit, Regionalität, Multifunktionalität und kleinbäuerliche Strukturen einzusetzen, sich im Follow-up-Prozess des seinerzeitigen Weltagrarberichts aktiv einzubringen und eine diesbezügliche entwicklungspolitisch kohärente, österreichische Position zu verfolgen. (Schluss Außenpolitischer Ausschuss)