Parlamentskorrespondenz Nr. 1023 vom 05.12.2012

Obsorge neu geregelt

Nationalrat stimmt für strengere Prüfung bei Fußfessel

Wien (PK) - Justizthemen bestimmten die ersten Tagesordnungspunkte im Nationalrat. Trotz der unterschiedlichen Auffassungen über die Neuregelung der Obsorge, die bei Streitfällen etwa eine Übergangsphase vorsieht, haben alle die Orientierung am Kindeswohl begrüßt. Beim Thema Fußfessel für Sexualstraftäter gab es einmal mehr eine prinzipielle Ablehnung von FPÖ und BZÖ.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) sah dringenden Handlungsbedarf in Bezug auf das Kindschaftsrecht, das es derzeit bei Auflösung der ehelichen Partnerschaft leider noch immer sehr oft vorkomme, dass das Kind als Waffe gegen den Ex-Partner verwendet wird. Der vorliegende Gesetzesentwurf in diesem Bereich enthalte zwar einige positive Aspekte, räumte der FP-Mandatar ein, könne die in der Praxis auftretenden  Probleme aber nicht umfassend lösen. Ein Fortschritt sei sicher, dass es nunmehr eine sehr klare gesetzliche Festschreibung des Begriffs Kindeswohl gibt. Er hätte sich jedoch eine Regelung wie in Deutschland gewünscht, wo beiden Elternteilen automatisch die Obsorge zugesprochen wird, wodurch zahlreiche Konflikte im Vorfeld verhindert werden könnten. Sollte sich einer der beiden Partner jedoch unqualifiziert verhalten, könne diesem Elternteil natürlich auch die Obsorge wieder entzogen werden, erläuterte Fichtenbauer.

Familienrecht analog zu gesellschaftlichen Veränderungen?

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) sprach im Gegensatz zu seinem Vorredner von einem richtigen Durchbruch im Familienrecht. Es sei eine Tatsache, dass sich die Beziehungsmodelle und –strukturen vor allem im urbanen Raum in den letzten zehn, zwanzig Jahren wesentlich verändert haben; darauf müsse auch der Gesetzgeber entsprechend reagieren. Bei den langwierigen Vorbereitungen der Regierungsvorlage ging es den Beteiligten primär darum, das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen, betonte Ikrath. Die im Zusammenhang mit dem Kindeswohl definierten Kriterien sollen sowohl den Gerichten als auch den Betroffenen eine Leitlinie vorgeben und als Orientierungshilfe fungieren. Ikrath merkte weiters an, dass auch die meisten Experten, die im Rahmen einer Enquete Stellungnahmen abgaben, die Novellierungsvorschläge zum Familienrecht positiv bewertet haben.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) sprach von einem "Gesetz der vergebenen Chancen", da u.a. keine grundlegende Änderung bei der Regelung der Obsorge erzielt wurde. Sein Ziel wäre es gewesen, die Obsorge- und Besuchsrechtsstreitigkeiten weg von den Gerichten, hin zu den Schlichtungsstellen zu verlagern. Gerichte sind einfach der falsche Ort, um Trennungskonflikte aufzuarbeiten, war Steinhauser überzeugt. Wie man auch beim System in Deutschland sehen könne, wäre es möglich, dass 90 % der Fälle in Schlichtungsstellen gelöst werden können. Positiv beurteilte er jedoch die Definition des Kindeswohls, die Neuregelung des Namensrechts sowie die Einführung von sogenannten Besuchsmittlern, die allerdings 200 Euro pro Partei für drei Monate kosten.

Im Gegensatz zu seinem Vorredner bezeichnete Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) das vorliegende Gesetz als eine ausgeglichene und gute Lösung. Vor allem habe man hinsichtlich der gemeinsamen Obsorge ein vernünftiges Modell erarbeitet, und zwar für jene 10 Prozent aller Scheidungsfälle, wo die Eltern sich nicht einigen können. Hier sei es das wesentlichste Anliegen gewesen, das Kindeswohl in den Vordergrund zu stellen und zu verhindern, dass das Kind von den Eltern als Waffe missbraucht wird. Jarolim unterstrich in diesem Zusammenhang, es sei erstmals gelungen, das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen und auch zu definieren, was darunter zu verstehen ist. Man setze künftig verstärkt auf Mediation, Familiengerichtshilfe und Besuchsvermittlung, erläuterte der Justizsprecher der SPÖ, um eine Basis dafür zu schaffen, dass Kinder nicht in die Streitigkeiten der Eltern miteinbezogen werden. Die Neuregelung der gemeinsamen Obsorge bezeichnete Jarolim als vernünftig. In jenen Fällen, in denen keine Gemeinsamkeit hergestellt werden kann, habe man zum Schutz der betreffenden Kinder das Modell der "besonderen elterlichen Verantwortung" vorgesehen. In dieser sogenannten Abkühlphase soll bei Konflikten eine Lösung für die hauptsächliche Betreuung, die Kontakte und den Unterhalt praktiziert werden.

Abgeordnete Ursula HAUBNER (B) wiederum befand das vorliegende Paket als unvollständig. Es sei notwendig gewesen, die Gesamtmaterie an die Realität des Lebens und die gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen, bemerkte sie, das BZÖ präferiere deshalb die gemeinsame Obsorge als gesetzlichen Regelfall unter dem Vorbehalt einer Kindeswohl-Überprüfung. Haubner brachte in diesem Sinne auch einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein. Die Regierung habe lediglich eine vom Verfassungsgerichtshof erzwungene Reparatur vorgelegt, bemängelte sie in weiterer Folge, auch habe man es verabsäumt, das Unterhaltsrecht neu zu gestalten. Trotz ihrer Kritik räumte die Rednerin Verbesserungen gegenüber der geltenden Gesetzeslage ein. Das betreffe vor allem die Möglichkeit des gemeinsamen Sorgerechts nicht-verheirateter Eltern, schnellere Verfahren und die zentrale Stellung des Kindeswohls.

Abgeordnete Elisabeth KAUFMANN-BRUCKBERGER (T) unterstützte seitens ihrer Fraktion das Gesetz als einen Schritt in die richtige Richtung. Auch sie zeigte sich zufrieden darüber, dass sich die Novelle speziell mit dem Kindeswohl auseinandersetzt. Die Phase der gemeinsamen elterlichen Verantwortung könne der Entfremdung des Kindes von einem Elternteil entgegenwirken, meinte sie. Kritik übte Kaufmann-Bruckberger jedoch an der Tatsache, dass Lebensgemeinschaften gegenüber Ehen noch immer ungleich behandelt werden. Sie forderte auch eine bessere Ausbildung der FamilienrichterInnen.

Karl: Durchbruch im Interesse des Kindeswohls

Sie habe von Anfang an ein umfassendes Gesetz angestrebt, das sich den neuen gesellschaftlichen Strukturen anpasst, betonte Bundesministerin Beatrix KARL eingangs ihrer Stellungnahme. Das sei man vor allem den Kindern schuldig, sagte sie. Den Vorwurf, das das Paket sei eine bloße Reparatur, stellte die Justizministerin entschieden in Abrede und wies darauf hin, dass dieses Bereiche von der Neuregelung der Obsorge über das Besuchsrecht, die Beschleunigung der Verfahren bis hin zum modernen Namensrecht umfasse. Die seit drei Jahren geführten intensiven Verhandlungen hätten zu einem Durchbruch im Interesse des Kindeswohls geführt, äußerte sich Karl zufrieden. Die neue ausführliche Definition des Kindeswohls biete auch für RichterInnen eine bessere Entscheidungsgrundlage.

Das Paket verfolgt laut Karl drei Hauptziele: die Beschleunigung der Verfahren, um einer Entfremdung entgegenzuwirken; die Kontinuität, die vor allem für die Kinder wichtig sei; und eine menschenrechtskonforme Lösung. Zentraler Punkt dabei bleibe, dass die gemeinsame Obsorge zum Regelfall werden wird, hielt Karl fest. Die Phase der elterlichen Verantwortung sieht sie nicht als eine Bewährungsphase für die Eltern, vielmehr sei es Ziel, dass beide Teile ihre Verantwortung wahrnehmen. Für die zusätzlichen Aufgaben der Gerichte sei personell vorgesorgt, betonte Karl abschließend.

Heinisch-Hosek: Unterhaltsrecht soll neu verhandelt werden

Auch ihrer Ministerkollegin Gabriele HEINISCH-HOSEK zufolge ist es gelungen, ein modernes Familienrecht zu schaffen. Jedes Kind müsse sich auf seine Eltern verlassen können, merkte sie an, und wenn ein respektvoller, wertschätzender Umgang nicht möglich sei, dann müsse man Hilfe zur Verfügung stellen. Es galt zu verhindern, dass Kinder als Druckmittel verwendet werden, skizzierte Heinisch-Hosek, weshalb sie das Modell der Abkühlphase begrüße. Sie bekräftigte, dass gemeinsame Obsorge nicht möglich sein werde, wenn Gewalt mit im Spiel ist. Darüber hinaus wies die Ministerin auf das Antragsrecht für ledige Väter und die Berücksichtigung von Regenbogenfamilien hin und befürwortete die Neuregelung des Namensrechts als einen modernen Schritt. Angesprochen auf das Unterhaltsrecht, kündigte Heinisch-Hosek Verhandlungen über dessen Neuregelung an.

Abgeordnete Gisela WURM (S) knüpfte daran an und hielt es für richtig, eine gemeinsame Obsorge auszuschließen, wenn ein Elternteil gewalttätig wird. Auch sie hielt die Festlegung des Kindeswohls als Maxime für einen großen Fortschritt und bewertete die Neuregelung des Besuchsrechts als gelungen.

Ähnlich argumentierte Abgeordnete Ridi Maria STEIBL (V), die von einer Reform zum Wohl des Kindes sprach. Sie ging in ihrem Redebeitrag auf die zentralen Punkte der Gesetze ein, insbesondere auf die Obsorgeregelung, die Abkühlphase und die Familiengerichtshilfe, und regte an, verstärkt Bildungsangebote für Eltern im Interesse einer Prävention anzubieten. Als einen weiteren wichtigen Schritt im Familienrecht nannte Steibl die Pflegefreistellung für nicht im gemeinsamen Haushalt lebende Elternteile.

Für Abgeordneten Johannes HÜBNER (F) schafft das Gesetz jedoch mehr Unklarheit für die Eltern, da man sich offensichtlich dafür entschieden habe, so Hübner, nichts zu regeln und alles den Gerichten zu überlassen. Die FPÖ werde aus diesem Grund die Neuregelung ablehnen, begründete Hübner die Haltung seiner Fraktion und forderte vorhersehbare klare gesetzliche Regelungen für die Betroffenen. Wie seine VorrednerInnen begrüßte er aber die zentrale Stellung des Kindeswohls.

Abgeordnete Daniela MUSIOL (G) erläuterte nochmals die Bedenken der Grünen. Sollten sich Eltern nicht einigen können, dann könne es nicht Aufgabe eines Gerichts sein, die Entscheidungen zu treffen, stellte sie fest. Vielmehr gehe es darum, jeden einzelnen individuellen Fall durch eine Schlichtungsstelle im Vorfeld zu lösen. Trotz dieser Kritik zeigte sich Musiol aber zufrieden darüber, dass im Fall von Gewaltanwendung eine gemeinsame Obsorge nicht möglich ist.

Das BZÖ werde für die Neuregelung des Namensrechts stimmen, kündigte Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (B) an, er kritisierte jedoch scharf, dass das Gesetz bei der gemeinsamen Obsorge noch immer zwischen Eltern mit und ohne Trauschein unterscheidet. Da wehe noch der Geist des über 100 Jahre alten ABGB, sagt er, den man zwar abgemildert aber nicht umgestoßen habe.

Für Abgeordnete Anneliese KITZMÜLLER (F) liegt kein großer Wurf vor. Das Kindeswohl hätte ihrer Ansicht nach stärker ausformuliert werden sollen, außerdem wandte sie sich dagegen, dass es Haushalt erster und zweiter Ordnung geben soll. Ebenso wenig dienen zwei Mütter oder zwei Väter dem Kindeswohl, so Kitzmüller, die auch durch die Neuregelung des Namensrechts eine Aushöhlung der traditionellen Familienstrukturen befürchtete. Die Forderung nach der gemeinsamen Obsorge werde nur teilweise umgesetzt, führte die Rednerin als weiteren Kritikpunkt an, die Verfahren werden nicht kürzer werden und Väter, die ihre Kinder bisher nicht sehen durften, werden diese Möglichkeit auch in Zukunft nicht haben, ist sie überzeugt. Kitzmüller lehnte weiters die Abkühlphase als wenig sinnvolle Maßnahme ab und vermisste Mindestbesuchsrechte.

Als einen weiteren Schritt in Richtung mehr Rechtssicherheit für die Betroffenen wertete Abgeordnete Karin HAKL (V) das vorliegende Gesetzespaket. Sie hätte sich die gemeinsame Obsorge als Regelfall gewünscht, räumte sie ein, denn in den meisten Fällen hätten die Streitereien unter den Eltern nichts mit deren Beziehungen zu ihren Kindern zu tun. Sie appellierte daher an alle Eltern, ihre Streitereien nicht auf dem Rücken der Kinder auszutragen, denn der Gesetzgeber könne nur die zweitbeste Krücke zur Verfügung stellen.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) fasste die Kritikpunkte ihrer Fraktion zusammen und nannte das Gesetzespaket ein Flickwerk. Essentielle Fragen seien ungelöst geblieben, die Beurteilungskriterien für das Kindeswohl nicht ausreichend. Bei der gemeinsamen Obsorge als Regelfall hätte man, nach Meinung Gartelgrubers, viel Schaden abwenden und Druck herausnehmen können. Ihr fehlt darüber hinaus auch die volle Berücksichtigung der Großeltern, denen man das Besuchsrecht nicht untersagen dürfe. 

Rahmenbedingungen für alle Familienformen schaffen

Abgeordnete Sonja STESSL-MÜHLBACHER (S) meinte, der Gesetzgeber müsse Rahmenbedingungen für alle Familienformen schaffen, die es in der Realität gebe, also neben traditionellen Familienformen auch für Scheidungs-, Patchwork- und Regenbogenfamilien. Das neue, moderne Namensrecht sichere die Wahlfreiheit, betonte sie. Die Regelung der Obsorge beziehe sich auf jene 10% der Fälle, in denen es aufgrund von Streitigkeiten Probleme gebe. Die Sozialdemokratie vertrete den Standpunkt, dass stets das Interesse der Kinder im Vordergrund stehen müsse. Diesem Anliegen dienen Familiengerichtshilfe und das Instrument der Besuchsmittler. Insgesamt sei es ein gutes Gesetz, meinte der Abgeordnete, Reformbedarf gäbe es noch beim Unterhaltsvorschuss und im Namensrecht für gleichgeschlechtliche Paare.

Auch Abgeordnete Eva-Maria HIMMELBAUER (V)unterstrich, das Ziel der Novelle sei es, bei Trennungen das Kindeswohl in den Mittelpunkt zu stellen. Im Probelauf habe die Familiengerichtshilfe sich als positive Einrichtung erwiesen. Die gemeinsame Obsorge solle weiterhin der Regelfall bleiben, man schaffe aber Lösungen für Fälle, wo es Streitigkeiten gebe. Die Novelle schaffe auch Flexibilität im Namensrecht, bringe die Gleichstellung von ehelichen und unehelichen Kindern voran und trage zur Sicherung des Kindeswohls bei.

Abgeordnete Gabriele BINDER-MAIER (S)verwies ebenfalls darauf, dass es in zehn Prozent der Scheidungsfälle Handlungsbedarf bei der Obsorge gebe. Hier biete das Gesetz nun eine Reihe von Lösungen an. Erstmals sei das Kindeswohl explizit im Gesetz festgehalten und definiert worden. Sie habe sich selbst überzeugen können, dass die Familiengerichtshilfe gute Arbeit leiste und in Konfliktfällen zwischen Eltern eine Deeskalation ermögliche.

Die Novelle zum Kindschafts- und Namensrecht wurde in getrennter Abstimmung in Zweiter Lesung teils mit S-V-G-B-Mehrheit, teils mit S-V-Mehrheit beschlossen. In Dritter Lesung erfolgte die Zustimmung mit S-V-Mehrheit. Eine Entschließung zur Neuregelung des Kindschaftsrechts wurde ebenfalls mit S-V-G-B-Mehrheit angenommen. Ein Entschließungsantrag des BZÖ betreffend die automatische Obsorge fand nur die Zustimmung von FPÖ und BZÖ.

Die Entschließung des Justizausschusses betreffend Mittel für die Fortbildung der Familienrichter wurde einstimmig angenommen, ebenso erhalten Großeltern Erleichterungen beim Besuchsrecht .

Fußfessel für Sexualstraftäter wird restriktiver gehandhabt

Abgeordneter Christian LAUSCH (F) kündigte die vehemente Ablehnung der Novelle seitens seiner Fraktion an. Es dürfe prinzipiell keine Möglichkeit für Sexualstraftäter geben, durch den elektronischen Hausarrest eine Straferleichterung zu erhalten. Das sei vom Aspekt der Generalprävention her gesehen der völlig falsche Weg, meinte Lausch. Die verfassungsrechtliche Begründung, mit der die Justizministerin stets argumentiere, wonach man eine einzelne Tätergruppe nicht von den Bestimmungen über die Fußfessel ausnehmen könne, sei nicht haltbar, sagte der Abgeordnete. Die Bevölkerung lehne die Möglichkeit der Fußfessel für Sexualstraftäter ganz klar ab. Ein weiteres Thema für eine Strafrechtsreform sei die Behebung des Missverhältnisses der Schwere der Strafen für Eigentumsdelikte verglichen mit den viel zu geringen Strafmaßen für Vergehen gegen Leib und Leben.

Abgeordnete Anna FRANZ (V) hielt fest, es werde eine rechtlich notwendige Anpassung der Bestimmungen über den elektronischen Hausarrest vorgenommen. Außerdem werde die Videoüberwachung für Justizanstalten in einer datenschutzrechtlich einwandfreien Weise geregelt. Die unabhängigen Gerichte können zwar grundsätzlich die Fußfessel auch für Sexualstraftäter anordnen, das aber nur mit rigorosen Einschränkungen und bei Erfüllung äußerst strenger Auflagen. Es werde damit sichergestellt, dass Sexualstraftäter einen Teil der Haftstrafe in einer Justizanstalt verbüßen müssen. Es sei verfassungsrechtlich aber nicht möglich, eine Tätergruppe von einer allgemeinen Regelung gänzlich auszuschließen.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) meinte, der elektronische Hausarrest sei an sich eine gute Maßnahme. Es stelle sich aber die Frage, ob die aufgrund eines medial sehr prominenten Falles nun übereilt getroffene Regelung den Interessen der Opfer tatsächlich entgegenkomme. Den Betroffenen komme es nämlich vor allem auf eine angemessene Entschädigung und auf die Tateinsicht der Täter an. Auf solche Fragen gebe auch das vorliegende Gesetz keine Antwort. Der Maßnahmenvollzug, in dem sich immer mehr Menschen befinden, habe dringenden Reformbedarf. Es sei daher zu begrüßen, dass nun über eine Debatte darüber in Gang komme.

Auch Abgeordneter Otto PENDL (S) sah eine Anlassgesetzgebung als grundsätzlich fragwürdig an. Er finde es zudem problematisch, dass Eigentumsdelikte schwerer bestraft werden als Verbrechen gegen Leib und Leben, sagte der Abgeordnete. Das sei eine bedenkliche Verkehrung der Wertigkeiten. Der Maßnahmenvollzug müsse grundsätzlich debattiert werden. Vor allem gehe es um die Frage, ob die medizinische Betreuung innerhalb oder außerhalb des Vollzugssystems geschehen soll. Es sei bedauerlich, dass die zahlreichen organisatorischen Probleme, die im Verhältnis von Maßnahmenvollzug und Normalvollzug bestehen, vor allem zu Lasten des Justizpersonals gehen, kritisierte Pendl.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) begrüßte, dass man die Strafen für Sexualstraftäter anheben und falsche Relationen beim Strafmaß bereinigen wolle. Seine Fraktion könne aber aufgrund der geplanten Fußfesselregelung der Novelle nicht zustimmen. Es sei leider so, dass Sexualstraftäter heute wenig zu befürchten hätten. Die Hälfte der Verurteilten erhalte nur eine bedingte Strafe, und auch zu bedingten Haftstrafen Verurteilte müssten oft kaum die Hälfte der Zeit absitzen. Das BZÖ verlange daher, dass es keine Fußfesseln für Sexualstraftäter geben dürfe, keine vorzeitige bedingte Entlassung sowie ein lebenslanges Berufsverbot für Sexualstraftäter in allen Berufen, wo sie mit Kindern in Kontakt kommen könnten. Vor allem Täter, die sich an Unmündigen vergehen, müssten rigoros bestraft werden. Die Forderung, auch ihnen eine "zweite Chance" zu geben, sei völlig abzulehnen. Kinder müssten als besonders schützenswerte Gruppe definiert werden. Derzeit spreche das Gesetz von einem "normalen" und von "schwerem" Missbrauch. Jeder Missbrauch von Kindern müsse aber als schwerwiegend eingestuft werden, forderte Westenthaler.

Karl: Bedürfnisse der Opfer stärker berücksichtigen

Bundesministerin Beatrix KARL meinte, es sei sicher schwierig, ein emotional so stark besetztes Thema sachlich zu diskutieren. Es sei sicher richtig, dass derzeit der Aspekt der seelischen Verletzungen von Opfern vom Gesetz nicht genug berücksichtigt werde. Die Ministerin kündigte deshalb die Anhebung der Mindeststrafdrohung bei Vergewaltigung, qualifizierter sexueller Nötigung und sexuellem Missbrauch geistig behinderter und wehrloser Personen an. Damit wolle sie ein Signal setzen, dass man die Bedürfnisse der Opfer ernst nehme.

Durch die vorliegende Novelle werde sichergestellt, dass die Fußfessel für Sexualstraftäter nur in sehr eingeschränkten Fällen gewährt werden könne und Missbrauch ausgeschlossen sei. Die Opfer erhalten, wenn sie es wollen, ein Äußerungsrecht. Für Sexualstraftäter ist auch die Möglichkeit einer weitere Einschränkung des Bewegungsradius durch Einsatz einer GPS-Fußfessel vorgesehen. Allerdings könne aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken keine Ausnahme für eine gesamte Tätergruppe gemacht werden. Es sei aber sichergestellt, dass die Fußfessel die Gefängnisstrafe nicht ersetze, sondern nur für den letzten Teil gelte, wobei dafür noch eigene Auflagen gemacht werden können.

Die Fußfessel sei in den zwei Jahren seit ihrer Einführung bei 1.100 Personen angewandt worden. Derzeit wird sie von 200 Personen getragen. Auch bisher galten für Sexualstraftäter schon besonders strenge Auflagen. Die Maßnahme sei erfolgreich, nur in 5 % der Fälle musste sie vorzeitig abgebrochen werden. Die Ministerin betonte, dass jede Regelung die unabhängigen Rechtsprechung respektieren müsse. Dem Strafvollzug, der oft unbedankt eine schwierige Aufgabe erfülle, gebühre besondere Anerkennung, unterstrich Karl.

Abgeordneter Johann MAIER (S) meinte, es sei eine über den Anlassfall hinausgehende justizpolitische Debatte zu führen. Er begrüße die von der Ministerin angekündigten Reformen, diese seien deshalb notwendig, weil gerade bei Sexualstraftaten die Gerichte die vorgesehenen Strafrahmen nicht ausschöpfen. Maier stimmte Abgeordnetem Steinhauser zu, dass eine Auseinandersetzung mit den Anliegen der Opfer notwendig sei. Die Videoüberwachung für Justizanstalten sei ebenfalls positiv zu werten. Sie schaffe Sicherheit sowohl für Insassen als auch für Beschäftigte.

Abgeordnete Christoph HAGEN (T) meinte ebenfalls, die bessere Videoüberwachung von Justizanstalten sei zu begrüßen. Die Regelung der Fußfessel gehe aber in eine gänzlich falsche Richtung und laufe dem Interesse an einer abschreckenden Wirkung auf Täter zuwider. Die Anträge des BZÖ würden hingegen den richtigen Weg aufzeigen, diesen werde seine Fraktion daher auch zustimmen. Der Aspekt der Prävention müsse auch im Bereich des Sexualstrafrechts viel mehr Berücksichtigung finden. Der Abgeordnete schloss mit einem klaren Nein zur Möglichkeit einer Fußfessel für Sexualstraftäter.

Abgeordneter Hannes FAZEKAS (S) begrüßte die Einführung der Videobeobachtung in Haftanstalten, weil dies Häftlinge, Justizwachebedienstete und Besucher in Strafanstalten schütze. Beim Thema Sexualdelikte zeigte sich der Redner offen für Diskussion über eine Erhöhung des Strafrahmens, warnte zugleich aber vor der Vorstellung, dieses gesellschaftliche Problem nur mit dem Strafrecht lösen zu wollen. Der Redner plädierte für zusätzliche Maßnahmen und riet, auch therapeutische Möglichkeiten ins Auge zu fassen.

Abgeordnete Carmen GARTELGRUBER (F) erwartete den Strafrechtsentwurf der Justizministerin mit großer Spannung und verwahrte sich einmal mehr und entschieden dagegen, die Fußfessel bei Sexualdelikten einzusetzen. In diesem Deliktsbereich gelte es vielmehr, Präventionsmaßnahmen zu verstärken und nicht zu übersehen, dass die Opfer von Sexualtätern oft ein Leben lang mit Angst leben müssen. Rückfälle seien zu verhindern, sagte die Rednerin, übte Kritik am Verein "Neustart" der mit einem fragwürdigen Gutachten zur vorzeitigen Entlassung eines rückfälligen Sexualstraftäters beigetragen habe und schloss mit dem Appell: "Keine Vollzugsgeschenke für Sexualstraftäter". 

Bei der Abstimmung wurde die Änderung des Strafvollzugsgesetzes

und anderer Justiznormen mehrheitlich angenommen. Der elektronisch überwachte Hausarrest("Fußfessel") wird für Sexualstraftäter in Zukunft nur bei Vorliegen zusätzlicher und strengerer Kriterien bewilligt. Oppositionsanträge zu den Themen "Gerichtliche Aufsicht bei Sexualstraftätern und bei sexuell motivierten Gewalttätern nach der Haftentlassung und zur Ausweitung des Tätigkeitsverbots sowie gegen die prinzipielle Anwendung der Fußfessel bei Sexualstraftätern wurden auf Empfehlung des Justizausschusses mit Mehrheit abgelehnt. 

Kartellrecht heftig umstritten

Abgeordneter Wolfgang ZINGGL (G) bekannte sich grundsätzlich dazu, Marktmissbrauch und Korruption zu bekämpfen und konzedierte der Regierung, beim ursprünglich schärferen Entwurf, dem die Grünen zugestimmt hätten, gute Absichten. Dem nach Intervention mächtiger Gruppen abgeänderten Gesetz könne seine Fraktion aber nicht zustimmen. Die Begründungspflicht für Energieversorger, die höhere Preise verlangen als die Konkurrenz, sei gefallen, weil im Hintergrund interveniert wurde – das sei abzulehnen. Überdies kritisierte Zinggl die im europäischen Vergleich unterdurchschnittliche Ausstattung der heimischen Bundeswettbewerbsbehörde.

Abgeordneter Peter Michael IKRATH (V) erinnerte an die Bemühungen des Wirtschafts- und des Justizministeriums sowie von Experten zur Verbesserung des Wettbewerbsrechts. Die Aufsicht über marktbeherrschende Unternehmen wird verschärft, dabei die bewährte Regelung Deutschlands übernommen, im Bundeswettbewerbsgesetz die Befugnisse der Behörde gegenüber den Unternehmen erweitert und Hausdurchsuchungen erleichtert. Ikrath begrüßte die deutliche Weiterentwicklung des Wettbewerbsrecht und erinnerte Kritiker daran, dass die Abänderung im Justizausschusses der Aufgaben des Ausschusses entsprechen, die Übereinstimmung von Vorlagen mit der Rechtsordnung zu prüfen und nötigenfalls herzustellen.

Abgeordneter Peter WESTENTHALER (B) sprach an dieser Stelle von einem handfesten Skandal. Um Menschen zu helfen, die sich ihr Leben wegen überhöhter Preise nicht mehr leisten können, sollten Energieversorger verpflichtet werden, Preiserhöhungen erklären müssen. ÖVP und SPÖ haben dieses Herzstück der Kartellrechtsänderung aber gestrichen, kritisierte Westenthaler und sagte: "Ein Schelm der hier nichts Böses denkt". Während Gesetzeskauf im Untersuchungsausschuss behandelt wurde, sei es Lobbyisten gelungen, ein Gesetz zum Schutz von Stromkonsumenten zu verhindern, obwohl eine entsprechende Regelung in Deutschland sehr gut funktioniere. "Ein Schlag in das Gesicht der Konsumenten", schloss der Redner. 

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) trat dieser Aussage seines Vorredners entschieden entgegen und führte in seiner Erläuterung der vorliegenden Kartellgesetznovelle aus, die angesprochene Beweislastumkehr soll nicht nur für öffentliche Energieanbieter, sondern auch für private Unternehmen und für die Lebensmittelbranche gelten. Jarolim zeigte sich überzeugt, dass es bald gelingen werde,  dieses Problem im Interesse der Konsumenten vernünftig zu lösen.

Abgeordneter Robert LUGAR (T) kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, sprach aber auch seinerseits den Wunsch nach weitergehenden Regelungen aus. Zusammenschlüsse von Energieunternehmen sind für die BürgerInnen sehr teuer, sagte Lugar und wies bei dieser Gelegenheit auf die Preisdiktate der OPEC hin, die der Wirtschaft und den Gaskonsumenten Schaden bringen. Über dieses offizielle Kartell sollte auf internationaler Ebene diskutiert werden. Der Redner problematisierte auch Gefälligkeitsangebote bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand und bezifferte den Schaden, der aus solchen Absprachen in Österreich entstehe, mit 26 Mrd. € - ein Bruchteil dieser Summe würde es erlauben, die Lösung vieler Probleme im Bildungssektor zu finanzieren.

Mehr Rechtssicherheit für Kfz-Betriebe

Dann befasste sich Abgeordneter Konrad STEINDL (V) mit dem Kraftfahrzeugsektor-Schutzgesetz und erläuterte den hohen Investitionsbedarf dieser Branche bei der Absicherung von Garantie- und die Gewährleistungsverpflichtungen. Im Interesse des Wirtschaftsstandortes sei es daher zu begrüßen, den Werkstätten  mehr Rechtssicherheit beim Verkauf und bei der Weitergabe von Betriebsstätten zu geben.

Abgeordneter Bernd SCHÖNEGGER (V) hielt es im Zeichen der Globalisierung für wichtig, die Balance zwischen den Ordnungsinteressen des Staates und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen zu wahren. Diesen Anspruch erfülle die vorliegende Novelle in einem besonders hohem Ausmaß. Gegen die Beweislastumkehr bei den Energieversorgern haben verfassungsrechtliche Bedenken bestanden, merkte auch Schönegger an. Diesen Bedenken sei im Ausschuss Rechnung getragen worden, das habe nichts mit Korruption zu tun, hielt der Redner entschieden fest. 

Justizministerin Beatrix KARL erinnerte an eine Studie zur Zukunft der Wettbewerbspolitik, auf deren Basis das Wirtschafts- und Justizressort Änderungsvorschläge unterbreitete haben, über die heute diskutiert werde. Dazu gehören die Übernahme das deutschen Konzepts für die kollektive Dominanz mehrerer Unternehmen und - ebenfalls nach deutschem Vorbild - neue Schadenersatzregelungen. Gleichzeitig wurden Defizite im Geldbussenverfahren behoben und die Transparenz im Bereich der Kartellrechtssprechung erhöht. Diese Neuerungen verbessern den Kartellrechtsvollzug im Interesse der Unternehmen und Verbraucher, führt die Ressortleiterin aus.

Bei der Abstimmung wurden beide Gesetzentwürfe jeweils mit Mehrheit angenommen.

Grundbuchsgebühren mit Ausnahmen für Familien und Unternehmer

Abgeordneter Harald STEFAN (F) erinnerte an die letzte Anhebung der Grundbuchseintragungsgebühr um 10% und kritisierte die Umstellung auf die Gebührenberechnung nach dem Verkehrswert statt wie bisher nach dem Einheitswert. Einerseits werde dadurch der Bürger mit Gebührenerhöhungen um bis zu 1000 % belastet und zugleich die Administrationskosten stark erhöht, weil der Verkehrswert ermittelt werden müsse. Der Redner räumte Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Entwurf ein, hielt an seiner Kritik aber grundsätzlich fest und lehnte die vorliegende Gesetzesänderung ab.

Abgeordneter Franz GLASER (V) sprach demgegenüber von einer gut gelungenen Novelle, die einem Erkenntnis des VfGH Rechnung trage, der eine Neuregelung verlangt habe. Es brauche keine komplizierte Berechnung der Liegenschaftswerte, erklärte der Abgeordnete seinem Vorredner und wies auf die Möglichkeiten einer begünstigten Eigentumsübertragungen hin. Erleichterungen für Betriebe dienten dem Wirtschaftsstandort, sagte Glaser, der von einer guten und praktikablen Regelung sprach. 

Abgeordneter Herbert SCHEIBNER (V) schloss sich hingegen der Kritik Stefans am administrativen Mehraufwand an und sprach von der Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer im Wege einer Erhöhung von Grundbuchseintragungsgebühren, die erst durch Ausnahmen für Eigentumsübertragungen im familiären Bereich abgemildert wurde. Was bleibe, seien aber immer noch erhebliche Belastungen im Nachbarschaftsbereich und in der Landwirtschaft, wo Scheibner zusätzliche Probleme bei der Suche nach Betriebsnachfolgern befürchtete. Das BZÖ lehne derartige Belastungen ab.

Abgeordnete Ruth BECHER (S) kündigte die Zustimmung der SPÖ an, weil es grundsätzlich wünschenswert sei, bei der Berechnung der Grundbuchseintragungsgebühr vom Einheitswert zum Verkehrswert überzugehen. Künftig sollte man noch weitere Schritte in Richtung mehr Gerechtigkeit bei der Einhebung von Grundbucheintragungsgebühren setzen, sagte die Abgeordnete. Diskussionsbedarf sah Ruth Becher beim Überschuss aus den Einnahmen von Gerichtsgebühren auf Kosten der rechtssuchenden Bevölkerung.

Abgeordneter Christoph HAGEN (T) kritisierte die Erhöhung der Gerichts- und Grundbucheintragungsgebühren unter dem Deckmantel der Verfassungskonformität. Er rechne mit weiteren Gesetzesaufhebungen durch den Verfassungsgerichtshof, sagte der Redner und lehnte es ab, die Bevölkerung durch Beschlüsse über Berechnungsmethoden zu belasten, die der Verfassungsgerichtshof aufheben werde.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) stimmte mit Vorrednern in der Kritik an den hohen Gerichtsgebühren überein. Eine Senkung der Grundbuchseintragungsgebühr sei aber nicht gerechtfertigt, weil diese Gebühr nicht die kleinen Leute, sondern jene treffe, die etwas besitzen. Dennoch seien nicht die Gerichtsgebühren, sondern die Vermögensbesteuerung der richtige Ort für Umverteilungsmaßnahmen, sagte Abgeordneter Steinhauser.

Abgeordneter Peter FICHTENBAUER (F) hielt es nicht für notwendig, Änderungen bei der Berechnung von Gerichtsgebühren mit einer Erhöhung zu verbinden. Warum sollen Häuslbauer höhere Gebühren zahlen, nur weil sie sich Eigentum geschaffen haben, fragte der Redner und plädierte für Pauschalgebühren, die ohne komplizierte Berechnung eingehoben werden zu können.

Abgeordnete Eva-Maria HIMMELBAUER (V) gab zu bedenken, dass die Berechnung der Grundbuchseintragungsgebühr ohne die vorliegende Gesetzesänderung auf Basis der Verkehrswerte in Kraft getreten wäre. Das hätte viele Betriebe massiv belastet, unabhängig davon, ob es sich um eine entgeltliche oder eine unentgeltliche Übertragung handelt. Die vorliegende Regelung erleichtere Betriebsübergaben und sei daher zu begrüßen.

Abgeordneter Peter WITTMANN (S) legte Wert darauf festzuhalten, im Sinne der Umverteilung wäre eine Vermögensteuer in Österreich angebracht. Die Grundbuchsgebühr stelle allerdings keine Vermögensteuer dar, bemerkte der S-Mandatar, diese Abgabe sei vielmehr eine Art von Bearbeitungsgebühr, die dem Staat für seine Leistung zu erbringen ist. Insgesamt bewertete Wittmann die vorliegende Fassung des Gesetzesentwurfs positiv, er äußerte nur leichte Bedenken, ob es mit der Neuregelung, die Überprüfung der Verkehrswerte durch Kostenbeamte durchführen zur lassen, nicht zu einem vermehrten Verwaltungsaufwand kommen könnte. Zu den Gerichtsgebühren meinte der Redner, es ginge nicht an, dass aus diesem Leistungsentgelt über 70 Mio. € Gewinne erwirtschaftet werden.

Justizministerin Beatrix KARL unterstrich, weder Grundbuchs- noch Gerichtsgebühren seien Formen der Vermögenssteuer, gegen die sie sich dezidiert aussprach. Die behandelte Regierungsvorlage beruhe auf einer Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes, wonach die Grundbuchsgebühr nach dem Verkehrswert einer Liegenschaft zu bemessen ist, erläuterte Karl den Kern der Novelle. Mit der Gesetzesänderung werde sowohl den Anforderungen des Verfassungsrechts als auch den Bedürfnissen der BürgerInnen am besten entsprochen.

Der Verfassungsgerichtshof habe dem Gesetzgeber jedoch Gestaltungsspielraum gegeben, um bestimmte Liegenschaften durch Ausnahmen zu begünstigen, betonte die Justizministerin. Sie beschrieb in diesem Zusammenhang die Ausnahmeregelungen bei Übertragungen privater oder betrieblicher Liegenschaften, die als entgeltliche oder unentgeltliche Rechtsgeschäfte im weiteren Familienkreis stattfinden, sowie bestimmte gesellschaftsrechtliche Vorgänge zur Änderung von Unternehmensstrukturen.

Der Gesetzesentwurf wurde mehrheitlich angenommen.

Gleiche Versicherungsverträge für alle

Die Änderungen im Versicherungsgesetz, die eine Unisex-Regel beinhaltet und Diskriminierungen Behinderter ausdrücklich verbietet, wurden fraktionsübergreifend positiv bewertet.

Abgeordneter Franz-Joseph HUAINIGG (V) begrüßte vor allem, Menschen mit Behinderung hätten nun nicht länger eine Verweigerung der Versicherungsleistung bzw. erhöhte Prämienzahlungen beim Abschluss von Kranken-, Unfall-, oder Lebensversicherungen zu befürchten, ohne dass die Versicherungsgesellschaft eine fundierte Erklärung dafür liefere. Mit der Verankerung des Verbandsklagerechts im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz könnten auch Unterlassungsklagen als Verbandsklagen fixiert werden. Der V-Mandatar schloss, die Novelle entspreche der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und beseitige mit der geschlechtsneutralen Unisex-Regelung zudem Fälle von Geschlechter-Diskriminierung. 

Abgeordneter Johannes JAROLIM (S) befand ebenfalls, mit der Gesetzesnovelle würden "gravierende Lücken" in der Gesetzgebung geschlossen und hob wie sein Vorredner die Möglichkeit der Verbandsklage durch Diskriminierungsopfer hervor.

Bezugnehmend auf eine zuvor aufgekommene Geschäftsordnungsfrage bezüglich der Form einer tatsächlichen Berichtigung verwies der S-Mandatar an den Dritten Nationalratspräsidenten gerichtet auf den § 58, Abs.3 der Geschäftsordnung des Nationalrates. Dort werde Abgeordneten die Darlegung eines Sachverhaltes, in den sie persönlich einbezogen wurden, zugestanden.

Abgeordneter Albert STEINHAUSER (G) bekräftigte, bei dem behandelten Gesetzesentwurf zum Versicherungsrecht handle es sich um eine "Konsensmaterie". Es sei allerdings zu beobachten, ob die Versicherungswirtschaft etwa die Unisex-Regelung nicht zur Verteuerung von Prämien für das jeweils derzeit bevorteilte Geschlecht nütze. Grundsätzlich befürwortete Steinhauser auch, dass Behinderung an sich mit der Gesetzesänderung nicht mehr als Verwehrungsgrund einer Versicherung gelten darf, zur Präzisierung des Vorschlags brachte er allerdings einen Abänderungsantrag ein. Demnach sollten Versicherungen verpflichtet werden, die Ablehnungen einer Versicherung von Personen mit Behinderung oder chronischer Krankheit schriftlich zu begründen.

Abgeordneter Erich TADLER (T) hielt fest, ein EuGH-Urteil habe die Novelle zum Versicherungsrechtsgesetz notwendig gemacht. Tatsächlich sei diese Gesetzesänderung längst überfällig, so Tadler, sei doch eine Differenzierung der Prämien nach Geschlecht nicht mehr zeitgemäß. Auch dass der Diskriminierung von Menschen mit Behinderung beim Abschluss bzw. bei der Weiterführung von Versicherungsverträgen mit den neuen Bestimmungen Einhalt geboten werde, lobte der T-Mandatar.

Justizministerin Beatrix KARL erinnerte, gemäß der EuGH-Rechtssprechung habe Österreich die Unisex-Regel im Versicherungsvertragsrecht bis 21. Dezember 2012 einzuführen. Die langjährige Frage, wie Versicherungsleistungen für Menschen mit Behinderung oder mit chronischen Erkrankungen auszusehen haben, werde mit der Gesetzesnovelle ebenso gelöst, hob die Bundesministerin hervor. Künftig sei der Gesundheitszustand einer Person ausschlaggebend für einen Versicherungsvertrag, damit würden die Grundsätze des Behindertengleichstellungsgesetzes und des Privatversicherungsrechts gewahrt. Karl skizzierte außerdem neue Bestimmungen bei Prämienverzug und das Verbot einer Zahlscheingebühr, die Versicherten mit Beschluss der Vorlage zu Gute kämen.

Bei der Abstimmung blieb der Abänderungsantrag der Grünen in der Minderheit, die Novelle zum Versicherungsrechtsgesetz wurde aber in zweiter und dritter Lesung einstimmig angenommen.(Fortsetzung Nationalrat)