Parlamentskorrespondenz Nr. 1088 vom 20.12.2012

Entlastungen für Tourismus und KMU gefordert

Bundesrat diskutiert Wirtschaftsfragen

Wien (PK) – Tourismusbericht, Mittelstandsbericht, ElWOG und Familienlastenausgleich bildeten die nächsten Diskussionspunkte in der heutigen Sitzung des Bundesrats.

Investitionen bei Netzbetreibern erleichtern

Um Rechnungslegungsvorschriften von Netzbetreibern geht es bei der Novelle zum Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetz (EIWOG). Die verfassungskonforme Zustimmung des Bundesrates zu diesem Gesetzesbeschluss erfolgte einstimmig.

Bundesrat Magnus BRUNNER (V/V) begrüßte die Novelle für die bilanztechnische Unterstützung des 2 Mrd. € teuren Netzentwicklungsplans, der einerseits die Energiewende mit neuen Leitungen und Umspannwerken für den Ökostrom auf den Weg bringen sowie andererseits die Liberalisierung des Strommarktes voranzutreiben soll. Außerdem gelte es, die österreichischen Pumpspeicherwerke zur Speicherung von Strom aus norddeutschen Windkraftwerken zu nutzen, was ebenfalls den Bau neuer Leitungen voraussetze. 

Auch Bundesrat Klaus KONRAD (S/St) bekannte sich zur technischen Unterstützung der Übertragungsnetzbetreiber beim Leitungsausbau, der angesichts verständlicher Anrainerproteste nicht immer einfach sei, wie die Erfahrungen beim Bau der 380 KV-Leitung durch die Oststeiermark zeigten. Österreich brauche aber den Leitungsausbau, hielt der Redner fest, weil Strom sowohl von der Industrie also auch von den Haushalten in den Regionen gebraucht werde. Das setzt ein entsprechend funktionstüchtiges Stromnetz voraus. Die SPÖ wird der ElWOG-Novelle gerne zustimmen, sagte Konrad. 

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER ging auf Details des Gesetzesbeschlusses ein, der Netzbetreibern Infrastrukturinvestitionen durch bilanztechnische Veränderungen erleichtern werde. 

Tourismus entwickelt sich gut

Die Bedeutung des Tourismus für die österreichische Wirtschaft wurde einmal mehr im Rahmen der Debatte um den Tourismusbericht 2011 deutlich. Der Tourismusbericht 2011 wurde einhellig zur Kenntnis genommen.

Bundesrat Franz PERHAB (V/St) befasste sich mit der wirtschaftlichen Lage der Hotellerie, die im Berichtsjahr 2011 vom niedrigen Zinsniveau profitierte, vor allem Qualitätsbetriebe mit optimaler Betriebsgröße. Der Redner plädierte für die Förderung von Qualitätsangeboten und bekannte sich zur europäischen Zusammenarbeit bei der Zertifizierung der europäischen Hotellerie. Dies auch vor dem Hintergrund des immer stärker werdenden internationalen Preisdrucks. Bei der Qualitätsentwicklung empfahl der Redner insbesondere auf die österreichische Gastlichkeit zu setzen. Erfreut zeigte sich Perhab über das Verständnis des Arbeitsministers für ein aufgestocktes Saisonier-Kontingent bei der Schi-WM in Schladming.

Bundesrätin Susanne KURZ (S/S) berichtete von einem erfreulichen Tourismusjahr 2011 und konzentrierte sich auf die schwierige Situation der Beschäftigten in der Branche, die 5,6 % aller Arbeitnehmer in Österreich beschäftige. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sei wegen unregelmäßiger Arbeitszeiten schwierig und die Berufszufriedenheit der Beschäftigten nehme weiter ab, klagte die Rednerin, die insbesondere beim Jahresdurchschnittseinkommen Handlungsbedarf sah. Vor dem Hintergrund sensationeller Tourismuszuwachsraten in Salzburg gelinge es vielen Betrieben, erfolgreich auf Ganzjahrestourismus umzusteigen, schilderte Susanne Kurz und sprach die Erwartung aus, die zufriedenstellende Nächtigungs- und Umsatzentwicklung durch weitere Gästezuwächse aus neuen Märkten wie Russland und China fortsetzen zu können.

Auch Bundesrat Peter MITTERER (F/K) sprach von einer erfreulichen Entwicklung in einer schwierigen, dem internationalen Wettbewerb stark ausgesetzten Branche, die in Österreich über 600.000 MitarbeiterInnen beschäftigt. Die jüngsten Erfolge konnten "trotz der Bundesregierung" erzielt werden, meinte der Bundesrat kritisch und machte auf die vielen Probleme und unerfüllten Wünsche der TouristikerInnen aufmerksam: Beseitigung von Ticketsteuer und AMS-Manipulationsgebühren, Wiedereinführung der abgeschafften Energiekostenrückerstattung und Verkürzung der zu langen Abschreibdauer. Der Redner drängte auf Verbesserungen für die Branche, die zwar überdurchschnittlich wachse, aber Probleme habe, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, weil viele junge Menschen nach ihrer Ausbildung die Tourismuswirtschaft verlassen. Die Medien sollten nicht immer nur von Arbeitszeit- und Entlohnungsproblemen im Tourismus berichten, sondern auch einen Beitrag zu einem positiven Image des Arbeitgebers Tourismus sorgen, lautete der abschließende Appell Mitterers. 

Bundesrat Marco SCHREUDER (G/W) lobte die Gestaltung des aktuellen Tourismusberichts, der dankenswerterweise auch auf den Aspekt der Nachhaltigkeit in der Tourismuswirtschaft eingeht. Auch die zunehmende Bedeutung des Gesundheitstourismus und des Kongresstourismus werde zutreffend behandelt. Als Wiener Mandatar befasste sich Schreuder insbesondere auch mit dem Städtetourismus, der sich in Wien und in den Landeshauptstädten hervorragend entwickle. Dabei zeige sich, dass die Zahl der Touristen aus Europa relativ abnehme, während immer mehr Menschen aus Russland, Brasilien, Indien und China nach Österreich kommen. Da der globale Wettbewerb im Tourismus stärker werde, seien neue Werbe- und Marketingmethoden gefragt, wie sie in Wien erfolgreich eingesetzt werden. 

Bundesrat Anneliese JUNKER (V/T) wies darauf hin, dass Tirol ohne Tourismus um 43.000 Arbeitsplätze weniger und um 14 % weniger Wirtschaftsleistung hätte. Die Bauwirtschaft, viele Handwerker und der Handel profitierten unmittelbar von den Investitionen der Betriebe. "Viele Alpentäler wären ohne Tourismus menschenleer wie zu Ötzis Zeiten", formulierte die Rednerin pointiert. Der Tourismus wirke in Österreich wie eine "Wohlstandszentrifuge", er schaffe Freizeit- und Verkehrsinfrastruktur, von der auch die Einheimischen profitierten. Der Tourismus schafft Prosperität und wirtschaftliche Stabilität, schloss Anneliese Junker.

Auch Bundesrat Klaus KONRAD (S/St) unterstrich den Beitrag des Tourismus zur Beschäftigung und Lebensqualität der Menschen in den Fremdenverkehrsorten. Die mehrfach angesprochenen Arbeitszeitprobleme gebe es auch in anderen Branchen, das Hauptproblem im Tourismus sei die Entlohnung, meinte der Redner. Hier gelte es Verbesserungen zu erreichen, denn "es wird nicht ausreichen, die Situation der Kellner und Köche besser darzustellen als sie ist", sagte Konrad. Weiters drängte der Redner auf Verbesserung der Anmeldemoral der Arbeitgeber. Es sei nicht akzeptabel, wenn Arbeitnehmer bei einem Arztbesuch sechs Wochen nach Arbeitsantritt feststellen müssen, dass sie bei der Sozialversicherung nicht angemeldet sind. Ohne verschärfte Kontrollen werde man dieses Problem nicht lösen können, zeigte sich Bundesrat Konrad überzeugt.

Wirtschaftsminister Reinhold MITTERLEHNER bestätigte den Befund einer Erfolgsstory Österreichs im internationalen Tourismus. So schlecht, wie manche meinten, könnten die Rahmenbedingungen dieser Branche nicht sein, meinte der Minister und zeigte sich stolz auf 43,6 Millionen Gäste, ein Plus von 3,7 % gleichermaßen bei Inländern und Ausländern, einen neuen Rekord bei den Inländernächtigungen, eine positive Entwicklung beim Städtetourismus und zunehmende Investitionen. Mitterlehner plädierte für die Förderung des Qualitätstourismus, weil es nur dort gelingen werde, für höhere Einkommen der Beschäftigten zu sorgen und begrüßte in diesem Zusammenhang die Zunahme des Ganzjahrestourismus.

Auch das Jahr 2012 laufe gut, berichtete der Minister, Erfolge werden durch gebündelte Angebote in den einzelnen Tourismusregionen erzielt, wobei Österreich Werbung und Landestourismusorganisationen gut kooperierten. Die neue Tourismusstrategie werde umgesetzt und mit entsprechenden Marketingkonzepten unterstützt, wobei die derzeit aktuellen Themen "Kultur" und "Städte" darstellten. Positiv vermerkte Mitterlehner auch, dass es zuletzt gelungen sei, bewährte Österreichurlauber wie die Deutschen wieder verstärkt anzusprechen und zugleich neue Gäste aus Russland oder Brasilien zu gewinnen. Österreich wird seinen guten Weg beim Marketing und im Qualitätstourismus fortsetzen, kündigte der Minister an.

Kleine Unternehmen haben es schwer

Einstimmig wurde auch der Mittelstandsbericht 2012 zur Kenntnis genommen.

Bundesrat Reinhard PISEC (F/W) unterstrich die Bedeutung von Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie von Ein-Personen-Unternehmen (EPU) für die österreichische Volkswirtschaft. Der Bericht stelle deren Situation hervorragend dar, lobte der Bundesrat, verlangte aber zugleich, nicht nur das WIFO, sondern auch andere Prognoseinstitute heranzuziehen. Der Redner setzte sich im Detail mit dem Text des Berichts auseinander und nahm Korrekturen an einigen Daten vor. Die Hauptforderung Pisec lautete, den Betrieben Investitionen zu erleichtern, was in Zeiten von Basel III immer schwieriger werde. Als eine vorrangige wirtschaftspolitische Aufgabe sah der Redner die Stärkung des Eigenkapitals, um den Zugang zu Bankkrediten zu erleichtern. Pisec machte sich auch für eine Verbesserung der Zahlungsmoral stark und drängte darauf, es Firmen zu erleichtern, Geld steuervergünstigt für schlechte Zeiten zu thesaurieren. Auch sollte die Investition von Gewinnen steuerlich gefördert und die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Denn es seien die hohen Lohnnebenkosten, die EPU daran hinderten, Personal anzustellen, klagte der Redner. Angesichts dieser Probleme biete der Bericht zu wenige Lösungsansätze.

Bundesrätin Anneliese JUNKER (V/T) würdigte die KMU als Rückgrat der österreichischen Wirtschaft und hob in diesem Zusammenhang auch die Rolle der klein- und mittelständischen Betriebe bei der Lehrlingsausbildung hervor. Die Rednerin wies auf die im internationalen Vergleich äußerst hohe Belastung der Betriebe durch Steuern und Abgaben hin und warnte vor weiteren Steuererhöhungen. Das Limit in Österreich sei erreicht, die Unternehmen brauchen Rückendeckung durch Förderungen, nicht aber "Abzocke", meinte sie.

Bundesrat Klaus KONRAD (S/St) sprach den Aspekt der Standortsicherheit an und erinnerte, Österreich sei in diesem Bereich gut aufgestellt. Die von der FPÖ kritisierten Lohnnebenkosten verteidigte er mit dem Argument, es handle sich dabei vorwiegend um Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie um Entgeltfortzahlung. Handlungsbedarf sah Konrad aber angesichts der vom Bericht aufgezeigten Probleme der Ein-Personen-Unternehmen.

Bundesrätin Elisabeth KERSCHBAUM (G/N) forderte ebenfalls Problemlösungen für die EPU, insbesondere hinsichtlich der Sozialversicherung sowie der Möglichkeit, Mitarbeiter einzustellen. Sie drängte weiters auch auf Finanzierungsmodelle für KMU als Alternative zu den Banken und verwies in diesem Zusammenhang auf den Streit zwischen der FMA und dem Waldviertler Schuhfabrikanten Staudinger.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER stellte fest, Österreich würde international wegen seiner hervorragenden KMU beneidet. Er plädierte für eine breite Unterstützung der unternehmerischen Orientierung in Österreich und gab zu bedenken, nur die Unternehmer würden Arbeitsplätze sichern. Was alternative Unternehmensfinanzierung betrifft, warnte Mitterlehner vor den Risiken für die privaten Geldgeber und wies auf die Notwendigkeit klarer Regelungen hin.

Jugendticket für Öffis in ganz Österreich?

Das TOP-Jugendticket, das der Verkehrsverbund Ostregion (VOR) seit September 2012 anbietet, soll Vorbild für ein bundesweites Angebot sein. Die gesetzliche Grundlage dafür bildet die vorliegende

Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes, die einstimmig angenommen wurde.

Bundesrätin Bettina RAUSCH (V/N) begrüßte das Jugendticket und erwartete sich davon ein Plus an Mobilität für SchülerInnen und Lehrlinge. Für den Familienlastenausgleichsfonds bedeute die Finanzierung keine Mehrkosten, sondern bloß eine technische Umstellung, betonte sie. Rausch erinnerte an die guten Erfahrungen mit dem diesbezüglichen Pilotprojekt in der Ostregion und unterstrich, Ziel müsse neben einer Ausdehnung auf das ganze Bundesgebiet auch eine generelle Ermäßigung für Studierende sein.

Bundesrätin Inge POSCH-GRUSKA (S/B) unterstützte ebenfalls das Jugendticket, hob die Kostenneutralität, den besonderen Nutzen für Patchwork-Familien und die umweltpolitische Bedeutung hervor, forderte aber eine Ausweitung des Tickets auch auf die sogenannten Bedarfslinien.

Bundesrätin Cornelia MICHALKE (F/V) kündigte die Zustimmung ihrer Fraktion zum Jugendticket an, erinnerte an das bereits bestehende Plus-Ticket in Vorarlberg und wünschte bei der bundesweiten Ausgestaltung die Möglichkeit einer regionalen und preislichen Differenzierung.

Bundesminister Reinhold MITTERLEHNER erwartete sich vom Jugend-Ticket eine Besserstellung und administrative Vereinfachung für die Familien und sprach sich für ein bundeseinheitliches Modell mit Kosten von 60 € aus. Die Erweiterung in Richtung der Studierenden sei derzeit nicht finanzierbar, bedauerte er. (Fortsetzung Bundesrat)


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