Parlamentskorrespondenz Nr. 19 vom 15.01.2013

EU-Unterausschuss zur Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik

Budgetmittel für Neugestaltung der GAP noch unklar

Wien (PK) – Wettbewerbsfähiger, ökologischer und nachhaltiger will die EU den Agrarsektor ihrer Mitgliedsländer machen. Diese Vorsätze wurden heute vom EU-Unterausschuss des Nationalrats im Themenblock Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union intensiv diskutiert. Vor dem Hintergrund des EU-Finanzrahmens 2014 bis 2020, dessen Abschluss für heuer geplant ist, strebe die Europäische Kommission eine Reform der GAP an, berichtete Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich dem Ausschuss. Die Zwei-Säulen-Förderstruktur soll zwar beibehalten werden, doch möchte die Kommission Agrarförderungen mit neuen Auflagen verbinden und die Prämienzahlungen einheitlicher gestalten. FPÖ und Grüne brachten in der Debatte jeweils einen Antrag ein, um die österreichische Position bei den GAP-Verhandlungen auf Ratsebene festzulegen; beide Anträge fanden bei der Abstimmung jedoch keine Mehrheit.

Berlakovich: Ökologische Landwirtschaft Österreichs sichern

Im Rat der LandwirtschaftsministerInnen kann laut Berlakovich erst dann ein Beschluss über die neue GAP gefasst werden, wenn Klarheit über die dafür bereitgestellten Finanzmittel besteht. Letztere Entscheidung liege jedoch nicht beim Landwirtschafts-Rat. Österreich sei bestrebt, so bald wie möglich Verhandlungsergebnisse herbeizuführen, sodass die neuen GAP-Bestimmungen ab 2014 gelten könnten, doch würde das "nicht um jeden Preis" geschehen. Bei den Kommissionsentwürfen zur ökologischen Landwirtschaft fehle es beispielsweise noch an zahlreichen Präzisierungen, merkte Berlakovich an. Sollten letztendlich nicht ausreichend EU-Mittel für das Weiterführen ökologischer Landwirtschaftsbetriebe in Österreich vorhanden sein, werde man mit nationalen Geldern aushelfen.

Zur Diskussion standen in der ersten EU-Unterausschusssitzung im neuen Jahr Verordnungsentwürfe der Europäischen Kommission über die Themenbereiche Direktzahlungen an Landwirtschaftsbetriebe, einheitliche Marktordnung für landwirtschaftliche Erzeugnisse, Förderung der ländlichen Entwicklung sowie zukünftige Finanzierung und Kontrolle der GAP. Angestrebt wird, mit dem neuen Rechtsrahmen die Ressourceneffizienz des Agrarbereichs in der EU zu steigern, um ein nachhaltiges Wachstum der Landwirtschaft und der ländlichen Gebiete im Einklang mit der Strategie "Europa 2020" zu erreichen. Wichtig ist der Kommission, die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors in der EU zu stärken, da dieser Wirtschaftsbereich gerade bei Fragen der (weltweiten) Ernährungssicherheit, des Umweltschutzes und der regionalen Entwicklung von großer strategischer Bedeutung sei.

Eine EU-weit einheitliche Basisprämienregelung soll an die Stelle der bisherigen Direktzahlungen (Betriebsprämienregelung und einheitliche Flächenzahlung) an Bäuerinnen und Bauern treten, schlägt die Kommission eine  neue Architektur der ersten Fördersäule vor (KOM (2011) 625 endg./2). Die EU-Kommission will zudem die bisher unterschiedlich hohen Zahlungen an und innerhalb von EU-Mitgliedsstaaten einander annähern und auf regional bzw. sektoral einheitliche Prämien umstellen, wobei das Förderausmaß großer Begünstigter stufenweise begrenzt werden soll. Eine obligatorische JunglandwirtInnenförderung und - als Ersatz der Direktzahlungen - das Angebot einer vereinfachten pauschalierten Förderung für KleinlandwirtInnen sind weitere Elemente des neuen Subventionsmodells. Zentral im Reformplan der GAP ist die Ökologisierung der Landwirtschaft. So wird im Verordnungsentwurf jedes Land verpflichtet, 30% seiner Direktfördermittel für Klima- und Umweltschutzmaßnahmen in landwirtschaftlichen Betrieben vorzusehen. Diese Zahlung zusätzlich zur Basisprämie zielt als "Ökologisierungskomponente" etwa auf Anbaudiversität zum Erhalt der Böden und Ökosysteme ab.

Österreich gegen Stilllegung von Agrarflächen

Wie im Bericht (RAT: 8949/12) des zypriotischen Ratsvorsitzes vom zweiten Halbjahr 2012 aufgezeigt, waren allerdings gerade Ökologisierungsvorgaben strittige Punkte in den Ratsverhandlungen zur neuen GAP. Die von der Kommission angestrebte Bestimmung, zumindest 7% einer landwirtschaftlichen Fläche als "ökologische Vorrangfläche" dem Erhalt der biologischen Vielfalt zu widmen und Förderleistungen daran zu binden, stieß auf Vorbehalte bei den LandwirtschaftsministerInnen auf Grund des befürchteten Verwaltungsaufwandes. Österreich sei entschieden gegen Flächenstilllegungen, machte Bundesminister Berlakovich klar und erklärte, zwar seien die als "Greening" umschriebenen neuen Ökologisierungsauflagen der EU als solche nicht abzulehnen, doch lebe Österreich mit seinen Umweltprogrammen bereits die ökologische Landwirtschaft.

Für FPÖ-Europasprecher Johannes Hübner ist generell die "Zentralisierung der Subventionswirtschaft" durch die EU nicht sinnvoll. Die Landwirtschaftsförderung der Union sei komplex, teuer und werde nun nur noch weiter verbürokratisiert, bemängelte Hübner. Konkret vermisste er eine Deckelung der Förderungen für Großbetriebe und brachte daher einen Antrag auf Stellungnahme ein, in dem er darauf drängt, die Landwirtschaftsförderung zu renationalisieren. Dem hielt ÖVP-Abgeordneter Karl Donabauer entgegen, vor dem EU-Beitritt Österreichs habe es innerstaatlich konfliktreiche Debatten zwischen Produktsparten und Gebieten über die Verteilung von Förderungen gegeben. Jetzt gelte es, den EU-Plan mit nationalen Maßnahmen umzusetzen, wobei Donabauer vor allem darauf pochte, entsprechende Ausgleichszahlungen für die heimischen Bergbauern auszuverhandeln.

Da die EU die Neugestaltung der GAP erst ab 2014 plant, hält die Kommission in einem separaten Verordnungsentwurf (KOM (2011) 630 endg.) die Verlängerung der derzeitig geltenden Regelungen im Bereich der Direktzahlungen für das Jahr 2013 fest. Die Neuregelung der Direktzahlungen im Weinbereich (KOM (2011) 631 endg.) ist für Österreich nicht relevant, da das heimische Programm der Weinförderung keine Direktzahlungen vorsieht.

Förderung der ländlichen Entwicklung entscheidend

Den Großteil seiner GAP-Mittel, nämlich zwei Drittel, erhält Österreich für seine ländliche Entwicklung. Diese Zahlungen stammen aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER), wobei den Mitgliedsstaaten eine Co-Finanzierung mit nationalen Geldern vorgeschrieben ist. Der EU-Anteil in dieser zweiten Säule der Agrarförderung beträgt maximal 50%, nur bei weniger entwickelten Gebieten ist eine höhere EU-Beteiligung möglich. Berlakovich erinnerte, es liege nun an den Verhandlungen der Staats- und RegierungschefInnen, eine ordentliche Finanzierung der Förderungen für den ländlichen Raum sicherzustellen. Im Ministerrat habe man bereits einen Konsens zur österreichischen Position in den EU-Budgetverhandlungen, bei denen Bundeskanzler Werner Faymann Österreich vertritt, gefunden, erwiderte der Minister eine diesbezügliche Frage des SPÖ-Landwirtschaftssprechers Kurt Gaßner. Abgeordneter Hermann Schultes (V) fügte hinzu, bei den Debatten gehe es auch darum, Österreich weiterhin als "Hotspot" der ökologisierten Landwirtschaft darzustellen, die heimischen Anstrengungen in diesem Bereich müssten auch auf EU-Ebene anerkannt werden.

Politische Ziele des Förderbereichs zur ländlichen Entwicklung, die mit national erstellten Entwicklungsprogrammen für den ländlichen Raum erreicht werden sollen, sind die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, nachhaltige Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen sowie die Klimapolitik und eine ausgewogene räumliche und soziale Entwicklung der ländlichen Gebiete. Außer den bisherigen Maßnahmen zur Zielerreichung, wie etwa der Förderung von Ressourceneffizienz und des Wissenstransfers in der Land- und Forstwirtschaft, regt die EU-Kommission im entsprechenden Verordnungsentwurf (KOM (2011) 627 endg./2) auch ein Risikomanagement in der Landwirtschaft an. SPÖ-Mandatar Kurt Gaßner wies darauf hin, für seine Fraktion sei nicht zuletzt die soziale Förderung ländlicher Gebiete wichtig, etwa durch arbeitsmarktpolitische Initiativen, reine Agrarförderung sei bei der ländlichen Entwicklung zu wenig, meinte er.

Der Landwirtschaftssprecher der Grünen, Wolfgang Pirklhuber, forderte, durch ausreichend Mittel für die ländliche Entwicklung umweltpolitische Maßnahmen in diesem Feld voranzutreiben und die Beschäftigung in ländlichen Regionen sicherzustellen. Flexiblere Umschichtungsmöglichkeiten der Gelder zwischen erster und zweiter Fördersäule wären dazu ratsam, befand Pirklhuber und brachte gemeinsam mit Abgeordneter Christiane Brunner (G) einen diesbezüglichen Antrag auf Stellungnahme ein. Die Mitglieder der Bundesregierung werden darin außerdem aufgefordert, für einen europäischen Eiweißplan im Sinne der Lebens- und Futtermittelversorgung sowie des Klimaschutzes, für die bestmögliche Umsetzung der Greening-Maßnahmen, einen EU-weiten Aktionsplan für den Ausbau der Biolandwirtschaft und die Beibehaltung des Milchquotensystems einzutreten.

Im Rahmen der gemeinsamen Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse (GMO) beabsichtigt die EU nämlich, bestimmte sektorale Beihilfen abzuschaffen (KOM (2011) 626 endg.). Unter anderem sollen die Zuckerquote und die Milchquote auslaufen. Während viele Mitgliedsstaaten sich klar für ein Beibehalten der Zuckermarktregelung aussprächen, um dadurch die Zuckerproduktion in der EU zu sichern, wie Berlakovich festhielt, habe Österreich bei der Frage der Milchquoten-Verlängerung keine Partner gefunden. BZÖ-Agrarsprecher Gerhard Huber warnte in diesem Zusammenhang, ein Auslaufen der Milchquote würde die Existenz vieler kleiner Landwirtschaftsbetriebe gefährden. Das EU-Fördersystem biete nicht die geeigneten Rahmenbedingungen für eine kleinstrukturierte Landwirtschaft wie die österreichische. Konfrontiert mit dem heimischen "Bauernsterben" sei es an der Politik, unterstrich der BZÖ-Mandatar, den Ausbau des Arbeitsplatzes Bauernhof wieder zu ermöglichen und etwa mit Förderdeckelungen die Subventionen für Großbetriebe zu begrenzen. Derzeit flössen 50% der Förderungen an nur 15% der Betriebe, kritisierte Huber.

EU will Förderungen effizienter verwalten

Um den effizienten Einsatz der Fördermittel sicherzustellen und eine fundierte Grundlage für die Leistungsmessung der GAP zu haben, will die Kommission der Verordnung zur GAP-Finanzierung u.a. auch Bestimmungen zur landwirtschaftlichen Betriebsberatung, zu Kontrollsystemen und zur Auflagenbindung beifügen (KOM (2011) 628 endg./2). Außerdem sollen Verwaltungs- und Kontrollvorschriften beider Fördersäulen zusammengeführt werden, woraus sich laut Kommissionspapier mehr Rechtssicherheit, einheitliche Verfahren sowie weniger Verwaltungsaufwand ergäben. Mittels der Veröffentlichung von Daten juristischer und natürlicher Personen setzt der Kommissionsvorschlag auf verbesserte Transparenz bei der Verteilung von Förderleistungen. Mit der Transparenzdatenbank werde Österreich auch Daten der Förderungen von Bäuerinnen und Bauern erfassen, eine gleichartige Datenbank auf EU-Ebene stelle eine unnötige Doppelgleisigkeit dar, bemerkte Berlakovich dazu.

Weiters in der GMO Neu angedacht sind zusätzliche Bestimmungen zur Hilfe für LandwirtInnen bei drohenden Marktstörungen, Tierseuchen beziehungsweise einem Vertrauensverlust der VerbraucherInnen. Die Verhandlungsposition von Erzeugerorganisationen am Markt, etwa beim Aushandeln von Verträgen und Preisen, wird gemäß Verordnungsentwurf gestärkt. Derzeit, so machte Abgeordneter Franz Windisch (V) aufmerksam, erhielten LandwirtInnen nur 30% der Preise, die in Supermarktketten für ihre Produkte verlangt werden. Angesichts dieser "Machtkonzentration bei Ketten" sei es klug, die Erzeugerorganisationen zu stärken. Abgeordneter Huber (B) sprach zudem auch Wettbewerbsverzerrungen am europäischen Agrarmarkt durch unterschiedlichen Rückvergütungen, etwa bei Diesel, in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten an.

Im Zusammenhang mit der gemeinsamen landwirtschaftlichen Marktorganisation ist auch die Verordnung zur Festsetzung bestimmter Beihilfen und Erstattungen zu erneuern, heißt es in einem weiteren Verordnungsentwurf (KOM (2011) 629 endg.), um das reibungslose Funktionieren der Agrarmärkte zu gewährleisten. (Fortsetzung EU-Unterausschuss) rei