Parlamentskorrespondenz Nr. 51 vom 30.01.2013

Nationalrat einig: Keine Privatisierung der Wasserversorgung

Debatte über Dringlichen Antrag des BZÖ

Wien (PK) – Die geplante EU-Richtlinie zur Konzessionsvergabe, durch die viele einen Privatisierungsdruck im Bereich der Wasserversorgung befürchten, stand am Nachmittag abermals zur Debatte im Nationalrat.   Grundlage dafür bot der Dringliche Antrag - eingebracht von BZÖ-Klubobmann Josef Bucher - betreffend Schutz des heimischen Wassers. Darin fordert das BZÖ die Bundesregierung auf, jegliche Beschlüsse auf EU-Ebene, die zu einer Liberalisierung der Wasserversorgung führen, abzulehnen sowie dem Nationalrat einen Entwurf zum verfassungsrechtlichen Schutz der heimischen Wasserversorgung vor Privatisierung vorzulegen.

Der Antrag fand keine Mehrheit. Im Rahmen der Debatte brachten jedoch SPÖ und ÖVP ihrerseits einen gemeinsamen Entschließungsantrag zur "Sicherstellung der Wasserversorgung durch die öffentliche Hand" ein. Dieser zielt darauf ab, dem Nationalrat möglichst rasch den Entwurf einer verfassungsrechtlichen Regelung zu unterbreiten, mit der die Republik Österreich ihre Kontrolle über die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser weiterhin sicherstellt und die Wasserversorgung als Ziel der öffentlichen Hand verankert. Dieser Antrag wurde schließlich mit Mehrheit angenommen.

Bucher wirft Bundesregierung Verwirrspiel vor

BZÖ-Klubobmann Josef BUCHER unterstrich im Rahmen der Begründung des Dringlichen Antrags die Notwendigkeit, die Wasserversorgung in Österreich in der öffentlichen Hand zu belassen, und warf der Bundesregierung ein "einzigartiges Verwirrspiel" vor, was ihre Haltung zur umstrittenen EU-Konzessionsrichtlinie betrifft. Es sei völlig unklar, wer welchen Standpunkt vertrete und wer im Haus für bzw. wer gegen einen Ausverkauf des Wassers sei, kritisierte er.

Bucher machte unter anderem darauf aufmerksam, dass Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner auf EU-Ebene für die EU-Richtlinie gestimmt habe und in einer heutigen Presseaussendung auf eine diesbezügliche Weisung von Bundeskanzler Werner Faymann verweist. Gleichzeitig habe der Wiener Bürgermeister Michael Häupl schon im vergangenen Jahr vor einem Anschlag auf die Selbstverwaltung der Gemeinden durch die EU gewarnt. Es liege auch eine einstimmige ablehnende Stellungnahme des Bundesrats zur EU-Richtlinie vor.

Für Bucher sind die Gefahren, die von der EU-Richtlinie ausgehen, "kein Hirngespinst ohne reale Grundlage". Er ortet vielmehr eine echte Bedrohung für Österreich, es gehe um einen Anschlag auf das heimische Trinkwasser. Seiner Meinung nach müssen alle Fraktionen zusammenstehen und zusammenhalten, damit es nicht wie in anderen EU-Ländern zu einer Privatisierung der Wasserversorgung kommt. Eine solche nutze nur den Konzernen und den finanzierenden Banken, ist Bucher überzeugt.

Faymann für verfassungsrechtliche Absicherung der öffentlichen Wasserversorgung

Bundeskanzler Werner FAYMANN sprach sich dafür aus, die öffentliche Wasserversorgung in Österreich durch eine Verfassungsbestimmung abzusichern, und zeigte sich zuversichtlich, dass ein entsprechender Beschluss zustande kommen wird, auch wenn es zuletzt einzelne "höhnische Bemerkungen" gegeben habe. Der Vorwurf des Populismus sei jedenfalls nicht angebracht, bekräftigte er. Wenn in der Verfassung deutlich gemacht werde, dass Österreich nicht bereit sei, die öffentliche Wasserversorgung in irgendeiner Form zu privatisieren, dann könne auch auf EU-Ebene kein gegensätzlicher Beschluss gefasst werden.

Was die EU-Konzessionsrichtlinie betrifft, machte Faymann geltend, dass es der EU nur um eine ordnungsgemäße Konzessionsvergabe gehe, wenn sich irgendjemand irgendwo in Europa dazu entschließen sollte, Teile des Wassernetzes zu verkaufen. Dagegen könne man nichts haben, meinte er. Wichtig sei, dass Österreich nicht gezwungen werden könne, auf die öffentliche Wasserversorgung zu verzichten. Er werde der Richtlinie jedenfalls nur dann zustimmen, wenn die Formulierung eindeutig sei und auch kein indirektes Privatisierungsgebot verankert werde, versicherte Faymann.

Abgeordneter Sigisbert DOLINSCHEK (B) bekräftigte die Forderung des BZÖ, die Wasserversorgung in öffentlicher Hand zu belassen und zeigte sich in diesem Sinn über die von Bundeskanzler Faymann angekündigte Verfassungsbestimmung erfreut. Man könne die Wasserversorgung nicht mit anderen kommunalen Dienstleistungen wie Schneeräumung oder Müllentsorgung vergleichen, mahnte er. Einige Gemeinden hätten die Wasserversorgung zwar bereits ausgegliedert, die ausgegliederten Firmen seien aber alle im Besitz der Kommunen. Sollte die umstrittene EU-Konzessionsrichtlinie in Kraft treten, fürchtet Dolinschek, dass finanziell unter Druck stehende Gemeinden lukrative Angebote von Konzernen annehmen könnten. Bei einer Privatisierung der Wasserversorgung droht ihm zufolge aber eine Vernachlässigung des Leitungsnetzes, letztendlich müsste für daraus entstehende Kosten, wie bei der Bankenrettung, "wieder der Steuerzahler blechen".

SPÖ und ÖVP legen eigenen gemeinsamen Entschließungsantrag vor

SPÖ-Klubobmann Josef CAP wies darauf hin, dass die EU-Richtlinie noch nicht fertig sei und zahlreiche Abänderungsanträge am Tisch liegen. Er sprach sich aber dafür aus, in Österreich schon vorab einen Schritt zu setzen und die Trinkwasserversorgung verfassungsrechtlich abzusichern. In diesem Sinn legte Cap einen gemeinsamen Entschließungsantrag der Koalitionsparteien mit einer Aufforderung an die Bundesregierung vor, dem Nationalrat möglichst rasch einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Mit der Verfassungsbestimmung soll ihm zufolge die staatliche Kontrolle über die Versorgung der Bevölkerung mit Trinkwasser sichergestellt und die Wasserversorgung als Ziel der öffentlichen Hand verankert werden. Wasser sei eine unverzichtbare Lebensgrundlage der Menschen, bekräftigte Cap, Österreich könne stolz darauf sein, dass Leitungswasser hierzulande trinkbar sei.

ÖVP-Klubobmann Karlheinz KOPF unterstrich, die EU-Konzessionsrichtlinie zwinge niemanden zu einer Privatisierung von kommunalen Dienstleistungen. Es gehe lediglich um faire Konzessionsvergaben. Kopf warf der Opposition in diesem Sinn vor, "blanken Unsinn" zu verbreiten und der Bevölkerung in unverantwortlicher Weise Angst zu machen. Die nationale Verfügung über die Wasserressourcen ist ihm zufolge nicht zuletzt durch Art. 192 des Vertrags von Lissabon geschützt, dieser könne nur einstimmig abgeändert werden. Er sieht daher keinerlei Gefahr, dass die EU Österreich zwingen könnte, die Wasserversorgung zu privatisieren.

Kopf betonte, in Österreich herrsche Einigkeit darüber, dass die Wasserversorgung Aufgabe der öffentlichen Hand und unter staatlicher Kontrolle bleiben solle. Es sei aber nichts dagegen einzuwenden, wenn Gemeinden Genossenschaften mit der Wasserversorgung betrauten oder Private beauftragen würden, meinte er. Rund 100 Gemeinden bedienten sich bereits jetzt privater bzw. teilprivater Unternehmen, welche Teile der Wasserver- bzw. -entsorgung übernommen haben. Es sei, so Kopf, unsinnig, die Vergabe einer Dienstleistung an Private zu verbieten, wichtig sei jedoch, dass die Gemeinden die Kontrolle behalten.

Große Bedenken der Opposition

Abgeordneter Martin STRUTZ (F) wies den Vorwurf der Panikmache zurück und sprach von einer berechtigten Sorge der Abgeordneten. Er fürchtet, dass Österreich von der EU "hinters Licht geführt wird". Bei ihm haben spätestens dann die Alarmglocken geschrillt, als der ehemalige österreichische EU-Kommissar Franz Fischler Entwarnung gegeben habe, sagte Strutz. Schließlich habe Fischler seinerzeit auch versprochen, dass der starke Schilling nach einem EU-Beitritt Österreichs erhalten bleibe.

Den von Abgeordnetem Cap eingebrachten Entschließungsantrag wird die FPÖ Strutz zufolge zustimmen. Seiner Ansicht nach steht außer Streit, dass Wasser die wichtigste Ressource Österreichs ist und ein Zugriff von Spekulanten und Investoren auf das heimische Wasser abgewehrt werden müsse. Er fürchtet allerdings, dass das in der Entschließung eingeforderte Verfassungsgesetz nicht mehr vor den Nationalratswahlen ins Parlament kommen wird.

Abgeordnete Christiane BRUNNER (G) führte aus, das Thema Wasser sei zurecht ein sehr emotionales. Für sie ist klar: die Trinkwasserversorgung muss in öffentlicher Hand bleiben. Die Grünen unterstützen Brunner zufolge daher auch eine Europäische Bürgerinitiative zum Thema Wasserversorgung und sprechen sich auf EU-Ebene dafür aus, die Wasserversorgung aus der Konzessionsrichtlinie herauszunehmen.

Brunner legte außerdem zwei Entschließungsanträge ihrer Fraktion vor. Zum einen fordern die Grünen die Regierung auf, sich in der EU für österreichische Interessen stark zu machen und dafür einzutreten, dass es bei Konzessionsvergaben für den öffentlichen Personenverkehr, für den Energiesektor, sowie für die Wasserver- und -entsorgung Ausnahmen gibt. Zum anderen urgieren sie eine gesetzliche Regelung in Österreich, die es Gemeinden verbietet, die Wasserversorgung an gewinnorientierte private Unternehmen auszulagern. Auch wenn die EU-Richtlinie keinen direkten Zwang zur Privatisierung der Wasserversorgung beinhalte, ziele sie doch darauf ab, den Markt für Trinkwasser zu öffnen und könnte eine Privatisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür bewirken, warnte Brunner.

Zur Versachlichung der Diskussion rief Abgeordneter Robert LUGAR (T) auf und forderte ein generelles Verbot von Privatisierungen in Bereichen der Daseinsvorsorge wie Wasser und Strom. Da KundInnen nicht wählen könnten, ob sie Trinkwasser benötigten, gälten hier die Regeln der Marktwirtschaft nicht. Potentielle Käufer würden zudem kaum Interesse daran haben, die notwendige Infrastruktur zu erhalten, sondern setzten lediglich auf Gewinnmaximierung, wodurch sich für die Bevölkerung kein Mehrwert ergäbe, vermutete er. Besorgt äußerte sich der Stronach-Politiker über die, wie er sagte, unzureichende Qualität des Trinkwassers in einigen Regionen Österreichs, wo ein zu hoher Nitrat-Anteil nachzuweisen sei, und er regte an, die EU solle gemäß der WHO-Richtlinien die entsprechenden Grenzwerte senken.

Abgeordneter Rainer WIDMANN (B) hielt der ÖVP vor, Wirtschaftsminister Mitterlehner habe sich auf EU-Ebene bei den Verhandlungen zur Konzessions-Richtlinie nicht ausreichend für das Verbleiben der Wasserversorgung in der öffentlichen Hand eingesetzt, obwohl dies mehr bewirkt hätte als der vorliegende Antrag der Regierungsparteien zu dieser Frage. Seine Fraktion verweigere daher die Zustimmung zur aktuellen SPÖ-ÖVP-Initiative. Dass die EU-Richtlinie mehr Transparenz zum Ziel habe, sei zwar generell zu begrüßen, meinte Widmann, er befürchtete jedoch, dass kleine Gemeinden massiv unter der niedrigen Ausschreibungsschwelle bei Vergabeverfahren zu leiden hätten und etwa die Gründung von Gemeindeverbänden für Versorgungsdienstleistungen unzulässig würden.

Gemeinsames Ziel mit unterschiedlichen Nuancen

Abgeordneter Christoph MATZNETTER (S) betonte, das marktwirtschaftliche Wechselspiel von Angebot und Nachfrage funktioniere bei Wasser als Lebensgrundlage nicht. Daher halte er die Zustimmung aller Fraktionen zum eingebrachten Entschließungsantrag für eine verfassungsrechtliche Regelung gegen europaweite Ausschreibungen der Wasserversorgung für notwendig, richtete der SPÖ-Mandatar dem BZÖ aus. Immerhin gelte es, Sorge zu tragen, dass diese Verfassungsbestimmung noch in dieser Legislaturperiode in Kraft trete.

"Das Wasser bleibt in unserer Hand", erklärte Abgeordneter Hermann SCHULTES (V) und fügte an, da das derzeitige Wasserrechtsgesetz mit einfacher Mehrheit im Nationalrat zu ändern sei, mache es Sinn, dieses Gesetz in Verfassungsrang zu heben. Tatsächlich, führte der ÖVP-Mandatar aus, sicherten das Wassergesetz und zahlreiche andere Gesetze die qualitätsvolle Wasserversorgung der Bevölkerung. Schultes merkte allerdings an, gegen die Privatisierung von Trinkwassernetzen sei nichts einzuwenden, falls die Dienstleistung in Folge von heimischen Unternehmen mit profunder Expertise zu geringeren Kosten erbracht werde.

Abgeordneter Maximilian LINDER (F) räumte zwar ein, Wasserversorgung durch Unternehmen sei unter Umständen denkbar, doch berge eine Privatisierung vor dem Hintergrund einer globalisierten Wirtschaft die Gefahr, dass diese Art der Daseinsvorsorge in die Hände internationaler Konzerne gerate. Besonders im ländlichen Raum solle man weitere Privatisierungen hintanhalten, um die ausreichende Versorgung entlegener Ortschaften zu gewährleisten. Großkonzerne hätten nämlich keinen Versorgungsauftrag, erläuterte der F-Mandatar, sondern strebten lediglich nach Gewinn. Deswegen müsse die öffentliche Hand die Oberhoheit in der Wasserbewirtschaftung behalten.

Mit der Konzessions-Richtlinie würden die Wettbewerbskriterien der EU für die Daseinsvorsorge anzuwenden sein, warnte Abgeordneter Wolfgang PIRKLHUBER (G), daher habe sich die Grüne Fraktion auf EU-Ebene als einzige gegen den Richtlinienentwurf ausgesprochen. Auch wenn die Kommission keine Privatisierungen vorschreibe, müsse zumindest eine Verfassungsbestimmung absichern, dass die öffentliche Hand auch weiterhin für die Versorgung hauptsächlich einstehe. Derzeit werde Österreichs Wasserversorgung zu 92% öffentlich organisiert, wodurch sich ein hoher Kostenaufwand zum Erhalt der Infrastruktur und der Wasserqualität für die Gemeinden ergebe, skizzierte Pirklhuber. Um diese Dienstleistungen dennoch im öffentlichen Sektor halten zu können, wären verstärkte kommunale Zusammenarbeit und moderne Strukturen nötig, schlug der Grüne Mandatar vor.

Schlechte Erfahrungen im Ausland mit der Privatisierung der Wasserversorgung

Wasser, das "weiße Gold Österreichs", dürfe nicht zum Spekulationsobjekt wie Erdöl werden, plädierte Abgeordneter Christoph HAGEN (T). Privatisierungen der Wasserversorgung im Ausland hätten horrende Preiserhöhungen zur Folge gehabt. Bolivien etwa, vom IWF zur Privatisierung des Trinkwassers gedrängt, habe letztendlich einen Rückkauf dieser Dienstleistung vornehmen müssen. Die Konzessions-Richtlinie übe ähnlich wie der IWF "sanften Druck" zum Verkauf der Wasserrechte auf die EU-Mitglieder aus, mutmaßte Hagen. Selbst ein Verfassungsgesetz gegen die Privatisierung der Daseinsvorsorge werde vor dem EU-Recht kein Gewicht haben, kritisierte der Stronach-Mandatar.

Abgeordneter Gerhard HUBER (B) appellierte an das Plenum, dem Dringlichen Antrag seiner Fraktion zum Schutz des heimischen Wassers zuzustimmen, denn von Seiten der Bundesregierung habe es keine diesbezüglichen Anstrengungen bei den EU-Verhandlungen gegeben. Der ÖVP warf Huber vor, nicht aufrichtig mit der Problematik umzugehen, da die Tiroler Volkspartei schon sämtliche Wasserkraftwerke in Tirol an "amerikanische Finanzhaie" verkauft habe. Einzig mit dem vorliegenden BZÖ-Antrag sei es zu vermeiden, unterstrich Huber, dass Österreichs Wasser "durch die Hintertüre" privatisiert werde.

Abgeordneter Kurt GASSNER (S) erinnerte, dass die Beratungen über die Konzessions-Richtlinie noch nicht in allen EU-Gremien abgeschlossen seien. Dennoch sei es wichtig, mittels des Entschließungsantrags der Regierungsparteien die Wasserversorgung Österreichs durch die öffentliche Hand verfassungsrechtlich zu verankern. Somit würde verhindert, dass Gemeinden in Finanznot sich angehalten sähen, ihr Trinkwasser zu verkaufen. Der SPÖ-Politiker forderte außerdem die Bevölkerung auf, die EU-Bürgerinitiative gegen die private Bewirtschaftung der Wasserressourcen zu unterschreiben. An BZÖ-Obmann Bucher gewandt meinte Gassner, er begrüße natürlich dessen Einsatz zum Schutz des österreichischen Wassers, doch sei zu hinterfragen, warum sich das BZÖ 2012 für eine Privatisierung der Bundesforste ausgesprochen habe.

Abgeordneter Wolfgang GERSTL (V) hielt es für unseriös, den Eindruck zu erwecken, die EU-Konzessionsrichtlinie bringe einen Privatisierungszwang mit sich. Die Daseinsvorsorge sei durch den EU-Vertrag gesichert und werde durch die EU-Richtlinie nicht in Frage gestellt. Die Konzessionsrichtlinie bringe lediglich Vorgaben für die Privatisierung von Dienstleistungen und Anti-Korruptionsbestimmungen im Interesse der Transparenz und des Steuerzahlers. Den Regierungsparteien gehe es zudem um die Absicherung der Daseinsvorsorge und um eine qualitativ hochstehende Wasserversorgung. Beim Thema Transparenz bei den Gemeinden erinnerte der Redner an die 40 Verträge der Stadt Wien im Bereich der Wasserwirtschaft und an Empfehlungen des Rechnungshofs, durch mehr Kontrolle in den Bereichen Kanal und Wasser die Erhöhung von Gebühren zu verhindern, obwohl Gewinne erzielt werden. Es gelte sicherzustellen, dass der Bürger und die Bürgerin bei gleichbleibender Qualität nicht mehr zahlen müsse, als notwendig ist, sagte Gerstl.

Abgeordnete Petra BAYR (S) erinnerte an schlechte Erfahrungen mit der Privatisierung von Einrichtungen der Daseinsvorsorge in Ländern der Dritten Welt, nachdem dort Konzerne die Wasserversorgung übernommen haben. In Wien unterliege die Wasserversorgung verfassungsrechtlichem Schutz. Zudem habe der Gemeinderat die Bundesregierung aufgefordert, das Wasser unter Schutz zu stellen. Dem entspreche der Antrag, den die Regierungsparteien vorgelegt haben. Petra Bayr würdigte die Investitionen Wiens in Sicherheit und Qualität seiner Wasserversorgung und die im internationalen Vergleich niedrigen Wassergebühren für die WienerInnen. Es wäre ein Verbrechen, das Trinkwasser, diesen Schatz der ÖsterreicherInnen, der Profitgier internationaler Konzerne in den Rachen zu werfen, schloss Bayr.

Abgeordneter Wolfgang KATZIAN (S) lud die Oppositionsparteien dazu ein, eine europäische Bürgerinitiative der europäischen Gewerkschaften zum Schutz des Trinkwassers zu unterstützen. Katzian wandte sich entschieden gegen die Tendenz, öffentliche Dienstleistungen zu privatisieren und warnte davor, den Schutz lebenswichtiger Ressourcen auf dem Altar des Profits zu opfern: "Die Wasserversorgung muss eine öffentliche Aufgabe bleiben". Die Verfassung sei der richtige Ort, um öffentliche Dienstleistungen und grundlegende Lebensinteressen der Menschen abzusichern, fügte der Redner hinzu. Katzian wandte sich dagegen, Dienstleistungen von öffentlichem Interesse den Marktmechanismen zu unterwerfen, weil dies die Qualität der Dienstleistung beeinträchtige.

Abgeordnete Gabriela MOSER (G) registrierte breiten Konsens darüber, dass die Wasserversorgung nicht in private Hände gehöre. Da sie die EU-Konzessionsrichtlinie mit ihren Regeln für wettbewerbsgerechtes Privatisieren als Hintertür sah, um die Privatisierung der Wasserversorgung in der EU zu fördern, richte sich einer der beiden Entschließungsanträge der Grünen zum Schutz der Wasserreserven an die EU-Ebene. Dies sei umso wichtiger, weil die Sozialdemokraten und die Mehrheit der Volkspartei die EU-Konzessionsrichtlinie im Europäischen Parlament mittrügen. Vorsorge für den Schutz der heimischen Wasserreserven seien sowohl in der österreichischen Verfassung als auch auf europäischer Ebene zu treffen.

Bei der Abstimmung wurde der Dringliche Antrag des BZÖ zum Schutz des heimischen Wassers mehrheitlich abgelehnt, der Entschließungsantrag der Koalitionsparteien hingegen mit Mehrheit angenommen. Die beiden Entschließungsanträge der Grünen verfielen der Ablehnung durch die Mehrheit des Nationalrates.

(Ende Dringlicher Antrag/Fortsetzung Nationalrat) jan